Protokoll der Sitzung vom 17.12.2003

Bei der Anwendung der Standards kommt es bei uns auf die Schulpraxis an. Hier wünschen wir uns entsprechende Informationen vom Kultusministerium für die konzeptio

nelle Umsetzung. Es ist noch nicht geklärt, wann und wie häufig landesweite und Länder übergreifende Orientierungs- und Vergleichsarbeiten durchgeführt werden sollen, und es ist auch noch nicht klar, ob es zentrale oder dezentrale Prüfungen geben wird. Dazu erbitten wir möglichst schnell Informationen vom Kultusministerium.

(Beifall bei der FDP)

Die KMK hat beschlossen, zur Überprüfung der Standards ein unabhängiges wissenschaftliches Institut einzurichten. Gründungsvorstand ist Prof. Baumert, was uns hoffnungsfroh stimmt. Von daher halten wir von einer Qualitätsagentur zusätzlich dazu nicht sehr viel.Ich denke überhaupt, bevor wir irgendwelche weiteren Bildungsinstitute oder Qualitätsagenturen oder Einrichtungen auf Bundesebene zur Überprüfung der Bildung in den Ländern einrichten, sollten wir uns über die Strukturen unterhalten. Es gibt die BLK, es gibt die KMK.Wir haben dazu im nächsten Jahr eine Anhörung. Dann wird man weitersehen, was man wirklich braucht.

(Beifall bei der FDP)

Frau Henzler, die Redezeit ist abgelaufen. Ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

Ich bin auch sofort fertig. – Die von den GRÜNEN geforderte Landtagsanhörung halten wir für überflüssig. Es hat eine hoch qualifizierte Anhörung auf Bundesebene gegeben. Diese Unterlagen kann man einsehen, und ihnen kann man entnehmen, was gesagt worden ist.Wir müssen im Land nicht alles wiederholen, was der Bund bereits durchgeführt hat. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Priska Hinz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Sie sind doch sonst immer für Bildungsanhörungen!)

Ich darf Frau Kultusministerin Wolff das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage noch einmal an dieser Stelle: Das, was die Kultusministerkonferenz in diesem Jahr geleistet hat, ist nicht deswegen, weil ich vorne saß – ich habe es natürlich sehr beglückend empfunden, dass ich zu diesem Zeitpunkt vorne saß –, ein Meilenstein für die Bildungspolitik in unserem Lande.

(Beifall bei der CDU)

Denn zum einen greift eine enorme Maßnahme der Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung, und dies geht über die partikularen Interessen der einzelnen Länder hinaus. Es ist eine klare Vereinbarung der Kultusminister gefunden worden, die mit 16 : 0 einvernehmlich war. Das ist sehr bezeichnend. Dass über die einvernehmliche Einigung aller 16 Bundesländer dann plötzlich die Bundesministerin den Spaß an diesem Thema verliert, zeigt im Grunde das Gelingen dieser Angelegenheit. Ich denke, das ist ganz gut so.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, alle Länder, die bei internationalen Untersuchungen erfolgreich sind, haben einen Dreiklang. Sie haben Bildungsstandards, klare Bemessungen von Ergebnissen. Sie haben Vergleichsarbeiten, und sie haben das, was sie Inspektion nennen, also eine klare Schulaufsicht, die aus Kontrolle und Beratung besteht.

Herr Dr. Reuter, Sie winken ab. Selbst wenn Sie, wie in Finnland, die Schulaufsicht formal abschaffen, dann haben Sie immer noch ein Landesverwaltungsamt obendrüber und über Vergleichsarbeiten die Höchststrafe für das, was Schulaufsicht jemals bieten kann.

Meine Damen und Herren, das ist der große Maßstab. Deswegen ist die Vergleichsarbeit konstitutiv mit den Bildungsstandards verbunden. Natürlich hängt daran auch alles, was im Zusammenhang mit Lehrerfort- und -weiterbildung beschrieben worden ist.Aber wir haben in Hessen den Einstieg schon gefunden. Auch das will ich durchaus sagen: durch Vergleichsarbeiten, durch schulinterne Vergleichsarbeiten, durch die Orientierungsarbeiten in der Grundschule und auch die Abschlussprüfungen, die wir jetzt an den Haupt- und Realschulen eingeführt haben. Dahin sind schon wesentliche Schritte geführt worden, und daran werden wir weiterarbeiten.

Meine Damen und Herren, die Verpflichtung auf Bildungsstandards – darauf will ich allerdings bestehen – ist die Voraussetzung, Schulen eine größere Selbstständigkeit geben zu können. Beides hängt unabdingbar miteinander zusammen.

Das eine geht nicht ohne das andere. Den Schulen mehr Selbstständigkeit zu gewähren, ohne klare Standards vorzugeben, und ohne dass am Schluss Rechenschaft abzulegen ist, ist schlicht nicht möglich. Dieses Modell ist in der Diskussion schon mehrfach gescheitert.

Dann kommt immer wieder der Verdacht auf – auch Frau Hinz hat ihn wieder vorgebracht –, es solle selektiert werden. Wenn wir es nicht hinbekommen, zu definieren, was in einem bestimmten Abschnitt der Schulzeit erreicht werden soll, und der Bevölkerung gegenüber Rechenschaft abzulegen, was eine Schule als System in einem bestimmten Zeitraum erreichen will, versagt die Bildungspolitik ganz entschieden. Wir müssen diese Ziele darlegen.

(Beifall bei der CDU – Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das habe ich überhaupt nicht bestritten! Gerade das habe ich gesagt!)

Deswegen legen wir sie für die Klasse 4 sowie für den mittleren Abschluss dar. Auch für den Hauptschulabschluss wird es noch dazu kommen.

Im nächsten Jahr ist es so weit. Im ersten Halbjahr wird es in der Hauptschule Bildungsstandards für Deutsch und Mathematik geben. Beim mittleren Abschluss wird es Bildungsstandards für die Naturwissenschaften geben. Auch für die Grundschule werden im ersten Halbjahr 2004 von der Kultusministerkonferenz Bildungsstandards beschlossen werden.

Diese Bildungsstandards werden als Vorgabe für das Bildungssystem beschlossen.Zu überprüfen ist,ob es gelingt, sie im Bildungssystem, d. h. im Schulsystem, umzusetzen. Nicht für den einzelnen Schüler bzw. die einzelne Schülerin, sondern für das Schulsystem als Ganzes ist zu überprüfen, ob am Ende dieses Prozesses die verschiedenen Bundesländer nicht mehr so weit auseinander driften, was

die Leistungen der Schüler betrifft. Bei der PISA-Studie hat sich herausgestellt, dass Schüler in Bayern Schülern derselben Jahrgangsstufe in Bremen um zwei Schuljahre voraus waren. Ein Unterschied von zwei Jahren kann nicht geduldet werden. Deswegen brauchen wir die Bildungsstandards.

(Beifall bei der CDU)

Ich sage sehr bewusst: Wir wollen keine Mindeststandards. Keines der Bundesländer – 16 : 0 – wollte diese Mindeststandards.

Mindeststandards müssen im Sinne der Kompetenzstufen hinzukommen. Dafür brauchen wir eine Qualitätsagentur. Aber von vornherein auf Mindeststandards zu setzen heißt, am untersten Ende anzufangen und dieses Niveau für normal zu erklären.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist aber falsch!)

So wird das aber in der Regel verstanden. – Wenn die Bundesministerin jetzt sagt: „Basisstandards, die möglichst von keinem Kind und keinem Jugendlichen unterschritten,aber von möglichst vielen überschritten werden, sind die Grundlage für Bildungsstandards“, kann ich nur erwidern: Das ist wesentlich zu kurz gesprungen. Wir brauchen Regelstandards und Kompetenzstufen als Ergänzung dafür.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Kultusministerkonferenz hat es entgegen ihrem Ruf in Windeseile geschafft – begonnen hat das mit der Veröffentlichung der Ergebnisse der PISA-Studie vor zwei Jahren; dann wurde es innerhalb von 13 Monaten erarbeitet –, die ersten Bildungsstandards zu beschließen. Das geschah nach einer Anhörung, nach einem breiten Beteiligungsverfahren. Ich glaube, das kann man wahrlich als Meilenstein betrachten.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Es ist vorgesehen, den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Einführung nationaler Bildungsstandards an den Kulturpolitischen Ausschuss zur weiteren Beratung zu überweisen. – Dem wird nicht widersprochen. Dann können wir so verfahren.

Ich darf auf zwei Punkte hinweisen. Zum einen wird Präsident Kartmann gleich im Foyer die Ausstellung der Baunataler Werkstätten eröffnen. Zum anderen wird der Haushaltsausschuss in der Mittagspause im Sitzungssaal 119 M tagen.Wir treffen uns hier um 15 Uhr zur weiteren Beratung wieder. – Ich bekomme gerade Hinweise von den Geschäftsführern.

Die Fraktionen müssen wegen des Haushaltsausschusses auch noch tagen. Am liebsten wäre uns ein Beginn um 15.30 Uhr.

Wir sprechen uns für 15.15 Uhr aus.

Wir treffen uns um 15.15 Uhr im Plenarsaal wieder.

(Unterbrechung von 13.14 bis 15.17 Uhr)

Wir setzen die unterbrochene Plenarsitzung fort.

Vereinbarungsgemäß rufe ich Tagesordnungspunkt 15 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend Zwischenlager für ausgebrannte Brennelemente – Drucks. 16/1166 –

Dazu rufe ich Tagesordnungspunkt 43 auf:

Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Ende der Blockade einer sachgerechten Endlagerung radioaktiver Abfälle – Drucks. 16/1676 –

Erste Wortmeldung, Herr Abg. Heidel für die FDP-Fraktion. Redezeit: zehn Minuten.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion um den so genannten Atomausstieg der rot-grünen Bundesregierung hat ein weiteres interessantes Kapitel erhalten, das man unter den Titel stellen könnte: Will der Dosenkönig sein Land nun mit dauerhaften Zwischenlagern überziehen?

(Beifall bei der FDP)

Ist es denn wahr, dass oberirdische Zwischenlager sicherer sind als eine unterirdische Endlagerstätte? Ist das die Wahrheit? Ist es rechtens, zu sagen, dort, wo heute die Kernkraftwerke stehen, stelle man einfach noch etwas dazu und mache sich keine großen Gedanken darüber, wie es weitergeht? Für Biblis würde das bedeuten, dass dort 135 Castorbehälter 40 Jahre lang zu lagern wären.

Für die FDP ist die Atomenergie eine Übergangsenergie. Wir diskutieren aber auch in diesem Hause sehr viel und sehr oft über alternative Energien, sei es Windkraft, sei es Biomasse, sei es Solarenergie. Wir alle wissen, dass diese Ressourcen derzeit noch begrenzt sind, sodass es im Moment keine Alternativen zu den Kernkraftwerken gibt.

Dann kann man es sich aber nicht so einfach machen, wie es Bundesumweltminister Trittin tut. Er tut nämlich relativ wenig, und deshalb ist es umso verständlicher, was Landrat Wilkes vom Kreis Bergstraße gesagt hat: Wir genehmigen die Lagerung nur für die Zeit, solange der Reaktor läuft. – Dies alles wird durch die Antwort des BMU auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion an das BMU bestätigt, in der es heißt: Solange die Kraftwerke laufen, hat der Betreiber für ein Zwischenlager zu sorgen. – Aber was soll danach geschehen? Welche Gedanken macht sich Herr Trittin, wie es dann weitergeht?

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Machen Sie sich Gedanken? – Dr. Walter Arnold (CDU): Trittin macht sich überhaupt keine Gedanken!)

Richtig, Herr Kollege Arnold, Trittin macht sich überhaupt keine Gedanken. – Auf eine weitere Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hat Herr Trittin erklärt, er wolle die Richtlinie der EU zur Endlagerung erst im Jahre 2030 – erst im Jahre 2030! – umsetzen. Die Mehrheit der EU