Protokoll der Sitzung vom 17.12.2003

und dass hier nachzuarbeiten ist, dann zeigt das die Debatte, die wir gerade eben führen.

Diese Aufgeregtheiten – Herr Kollege Gotthardt und ein Stück weit auch von der Kollegin Beer – zeigen doch nur, dass der Haushalt überhaupt nicht beschlussreif ist, und zwar aus zwei Gründen, aus inhaltlichen und aus formalen.

Uns wurde ein Zahlenwirrwarr präsentiert. Herr Kollege Gotthardt, ich finde es ein bisschen schofel, sich hinter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Finanzministeriums zu verstecken. Das ist das Problem der politischen Führung – dass nicht klar ist, worum es hier geht,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

und dass hier insbesondere eingeräumt werden musste, dass der Haushalt verfassungswidrig ist, nämlich um den stattlichen Betrag von 255,5 Millionen € – und das vor dem Hintergrund, dass der Ministerpräsident dieses Landes einer derjenigen war, der Steuerfragen so massiv vor sich hergeschoben hat, dass wir jetzt in Zeitdruck sind. Er hat sich auch verweigert, den erforderlichen Subventionsabbau mitzumachen. Ich erinnere an die Entfernungspauschale und anderes. Das hätte die Möglichkeit geschaffen, den Haushalt verfassungsgemäß zu fahren.

390 Millionen € waren als Maßnahmen aus Berlin eingeplant. Es sind nur 295 Millionen € gekommen. Das ist einer der Punkte. Dann zu sagen, in Berlin muss eine Neuverschuldung von 25 % das Maximum sein;hier in Hessen aber wird alles, was aus der Steuerreform kommt, durch die Neuaufnahme zusätzlicher Schulden – über die Verfassungsgrenze hinaus – finanziert: Das geht in der Tat nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, gerade an die Adresse der Mehrheitsfraktion und an den Ministerpräsidenten gerichtet: Es gibt keine Unterscheidung zwischen guten und schlechten Schulden, wenn man argumentiert, man dürfe zugunsten unserer Kinder und Kindeskinder die Verschuldung nicht weiter hoch treiben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, deswegen ist in der Tat eine Verschiebung notwendig.

Zu dem Argument, warum das sinnvollerweise heute schon geschehen soll: Herr Kollege Gotthardt, wenn Sie auch alles andere hintanstellen, so wäre es ein schlichtes Gebot der Fairness gegenüber den Kolleginnen und Kollegen. Denn wenn man heute Klarheit hat, dann müssen die Kolleginnen und Kollegen, die heute im Haushaltsausschuss waren und morgen zum Haushalt sprechen sollen, nicht noch die Nacht über dasitzen, um dies wenigstens ein Stück weit aufzuarbeiten, damit sie es morgen hier präsentieren können.

(Zuruf des Abg. Frank Gotthardt (CDU))

Natürlich könnte man das heute entscheiden. Dann wüsste jeder Bescheid, ob diese Arbeit sinnvoll ist oder nicht. Ich sage Ihnen, inhaltlich hat die Arbeit an diesem verkorksten Haushalt keinen Sinn. Wir werden uns – wenn Sie bei Ihrer sturen Haltung bleiben – sehr früh im neuen Jahr bei der Debatte um einen Nachtrag Nummer eins für das Jahr 2004 wieder finden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe der Abg. Michael Bodden- berg und Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU))

Meine Damen und Herren, alle vier Fraktionen haben die Dringlichkeit dieses Antrags begründet und damit bejaht. Muss ich noch über die Dringlichkeit abstimmen lassen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag dringlich. Er steht damit unter Punkt 48 auf unserer Tagesordnung.

Jetzt behandeln wir den zweiten Geschäftsordnungsantrag. Mir liegen dazu zwei unterschiedliche Anträge vor. Der eine heißt sofortige Behandlung. Den lasse ich zuerst abstimmen, denn er ist der weiter gehende. Der Zweite lautet: Behandlung morgen, nach der Aktuellen Stunde, vor den Tagesordnungspunkten 6 a und 6 b, also mit 6 a und 6 b. Dann würde der Dringliche Antrag zu Punkt 6 a,

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Vorher!)

das andere 6 b und 6 c, damit das in der richtigen Reihenfolge ist.

(Nicola Beer (FDP) und Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, vorher!)

Ja natürlich, zwischen Aktueller Stunde und der Behandlung des Haushaltsgesetzes 2004.Es ist der Vorschlag der CDU-Fraktion, diesen Tagesordnungspunkt dort zu platzieren. Ich sage es gleich, dann haben wir es mitbehandelt: mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion. Das hätte dann zur Folge – –

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Frank Gotthardt (CDU): Zehn Minuten!)

Zehn Minuten habt ihr beschlossen? – Also, dann wären es 10 Minuten und 15 bei – –

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, 20 Minuten!)

20 Minuten. Also 10 und 20 Minuten. – Jeder weiß, worüber abzustimmen ist.

Meine Damen und Herren, ich frage also: Wer wünscht die sofortige Behandlung des Antrags der SPD-Fraktion, Tagesordnungspunkt 48? – Das sind die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen der CDU und der FDP. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall.

Dann lasse ich über den Vorschlag der CDU-Fraktion abstimmen, das morgen an der entsprechenden Stelle – wie vorgetragen – zu behandeln.Wer ist für diesen Vorschlag? – Das sind die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion.Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Das ist bei Enthaltung von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jetzt so beschlossen. Das heißt, neuer Punkt zwischen Tagesordnungspunkt 36 und 6 a wird der Dringliche Antrag der SPD.

Vielen Dank, meine Damen und Herren. Damit kehren wir zurück in die heutige Tagesordnung. Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend unverständliche Verschiebung der UN-Konvention gegen das Klonen von Menschen und das dazu führende Verhalten der Bundesregierung – Drucks. 16/1160 –

mit Tagesordnungspunkt 44:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend wirksames internationales Verbot des Klonens menschlicher Embryonen durchsetzen – Drucks. 16/1695 –

mit einer Redezeit von fünf Minuten. Ich rufe zunächst Herrn Wintermeyer für die Fraktion der CDU auf.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Jetzt kommen die Klone!)

Frau Präsidentin,meine Damen und Herren! Von der Verfassungswidrigkeit zu Menschenrechten, zur Menschenwürde. Es wäre vielleicht ganz schön, wenn man darüber nachdenken könnte, ob man Geld klonen kann. Dann wäre das Problem des Staates vielleicht nicht ganz so groß.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann gäbe es eine Inflation, Herr Kollege!)

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat den vorliegenden Antrag eingebracht, weil wir meinen, dass sich der Hessische Landtag angesichts der ungeheuerlichen Vorgänge um die internationale Konvention gegen das Klonen erneut mit dem Thema der Bioethik befassen muss. Wir haben uns im Hessischen Landtag parteiübergreifend in einem Beschluss vom 21. März des letzten Jahres mit breiter Mehrheit gegen jegliche Form des Klonens von Menschen ausgesprochen und waren mehrheitlich der Auffassung, dass sich die hessische Landespolitik gegen das Klonen auch auf internationaler Ebene wenden muss.

Der Bundestag hat sich eingedenk seiner früheren Entscheidung zur Bioethik ebenfalls über die Parteigrenzen hinweg angeschlossen. Die Bundesregierung wurde aufgefordert, sich für ein schnellstmögliches internationales Verbot des Klonens von Menschen einzusetzen, um die bereits seit dem letzten Jahr sich dahinschleppenden Verhandlungen auf UN-Ebene wieder in Gang zu setzen.

Am 6. November 2003 war allerdings ein Lehrstück des erneuten Versagens deutscher Außenpolitik zu beobachten. Mit 80 : 79 Stimmen wurde in der Generalversammlung ein Vorschlag abgelehnt, der das sofortige Verbot des Klonens von Menschen zum Inhalt hatte. Die Sache wurde zunächst in das Jahr 2005 verschoben. Meine Damen und Herren, die 80. Stimme war die deutsche Stimme. In unverantwortlicher Weise hat die Bundesregierung nicht nur den internationalen Schutz der Menschenwürde, sondern auch die bindenden Beschlüsse des eigenen Bundestages missachtet. Wir wurden erstaunte Zeugen, als uns die Staatsministerin im Auswärtigen Amt Müller von den Bündnisgrünen das noch als weise verkaufen wollte. Sie wollte sich damit herausreden, man habe sich eine breitere Mehrheit gewünscht und deshalb nach Kompromissen gesucht.

Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, das Gleiche versuchen Sie jetzt mit Ihrem Änderungsantrag. Da hilft es auch nicht, dass die Verhandlungen im nächsten Jahr wieder aufgenommen werden sollen. In ethischen Fragen kann es keine Kompromisse geben. Ich kann durchaus sagen: Ihre eigene Bundestagsabgeordnete, die GRÜNE Christa Nickels, hat sehr deutlich im „Tagesspiegel“ gemacht:

Das Auswärtige Amt unter Minister Joschka Fischer hat 23 Jahre grüne Arbeit global konterkariert.

Ich stelle für meine Fraktion fest, was den Schutz menschlichen Lebens von Anfang an – ob künstlich oder auf natürlichem Wege gezeugt – angeht, so darf es keine faulen Kompromisse geben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich frage auch die GRÜNEN hier im Hause: Wie stehen Sie zu Ihren eigenen Worten, die Sie damals bei unserem gemeinsamen Antrag für den Schutz ganz jungen menschlichen Lebens, für die Menschenwürde, zugesagt haben? – Sie können hier nicht mit gespaltener Zunge reden, denn was in Wiesbaden gesagt wird, muss als Grundsatzfrage auch in Berlin und in New York gelten. Das ist eine Sache politischer Glaubwürdigkeit.

Wir bekennen uns mit diesem Antrag, den wir heute vorlegen, zur Menschenwürde und lehnen das Klonen von Menschen in allen Formen als Verstoß gegen die christlich-abendländischen Grundwerte der europäischen Völkergemeinschaft ab. Das Klonen von Menschen ist eine furchtbare Methode, die niemals Realität werden darf, und ist eine widernatürliche Forschungsrichtung,

(Beifall der Abg. Evelin Schönhut-Keil (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

die den Menschen und sein Erbgut zum Objekt und zur bloßen Verfügungsmasse degradiert. Wir wollen mit dem Antrag auch das Verhalten der Bundesregierung missbilligen, das in dieser Sache kontraproduktiv war. Es hat ohne Not zu einer Verschiebung dieser dringend notwendigen Konvention geführt und damit unerträgliche Unsicherheit in diesem existenziellen Bereich verursacht. Wir sind es uns als Parlament schuldig, diesen heute vorliegenden Beschluss zu fassen. SPD und GRÜNE fordern immer ein, dass sich die Landesregierung an Beschlüsse des Landtages halten soll. Dasselbe gilt auch für den Bundestag und die Bundesregierung. Was hier gefordert wird, gilt auch in Berlin. Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung bindende Bundestagsbeschlüsse übergeht. Das gehört zur politischen Glaubwürdigkeit und auch zum Respekt vor dem höchsten Verfassungsorgan.

Meine Damen und Herren, ich kann Sie nur herzlich bitten, in der bisher in diesen Fragen im Parlament verfolgten Tradition fortzufahren, sich zur Unveräußerlichkeit der Menschenrechte klar zu äußern.Das Recht auf Würde und Leben ist das höchste Gut, das es gibt.Wir sollten uns deshalb zu dem Ablehnen des Klonens bekennen – kompromisslos und, wie ich meine, ohne Wenn und Aber. – Danke.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Beifall bei der CDU! – Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat Frau Schulz-Asche, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Wintermeyer, nachdem mir berichtet wurde, dass gerade Ihre Fraktion und die meinige in der letzten Legislaturperiode eine gemeinsame Position zur Bioethik erarbeitet, umgesetzt und hier ein

gebracht haben, und man mir versichert hat, das sei sehr ernsthaft und fachbezogen geschehen, muss ich gestehen, dass ich selber über Ihren Entschließungsantrag etwas schockiert war,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)