Bis zum Kollegen Reif ist diese Kritik vielleicht nicht gedrungen, aber es gibt ja in der Regionaldebatte profilierte Akteure, die sich dazu äußern.
Sie können ja gerne an dieses Pult kommen und den Beweis dafür antreten, dass Sie auch zu diesem Thema etwas beizutragen haben. Dass Sie etwas beizutragen haben, das stellen wir nicht infrage; ob es profiliert ist, würden wir nach Ihrer Rede feststellen.
Die Kritik geht weit in die Reihen der Union. So lesen wir im „Wiesbadener Kurier“ vom 18. November 2003, dass sich die Regionalkonferenz der Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte des Rhein-Main-Gebietes inklusive Petra Roth, CDU, und inklusive Hildebrand Diehl, CDU, für die Bildung – man höre und staune – eines Regionalkreises ausspricht.
Noch interessanter ist, was auf dieser Konferenz zum Ballungsraumgesetz der Landesregierung gesagt wurde. Ich zitiere aus dem „Wiesbadener Kurier“:
Das Ballungsraumgesetz, das von der Landesregierung vor drei Jahren beschlossen wurde, lehnen die Oberbürgermeister von Frankfurt, Offenbach und Wiesbaden ab. Die Bewertungen gehen von „der
Herr Staatsminister Dr. Rhiel, da sagen Sie: „Die Landesregierung sieht keine Veranlassung zur Änderung ihrer Politik für den Rhein-Main-Raum.“ – In Wirklichkeit ist Ihre Politik für das Rhein-Main-Gebiet, ist das Ballungsraumgesetz, sind Ihre Ansätze zur wirtschaftlichen Entwicklung dieser Region auf ganzer Linie gescheitert.
Wenn Sie es uns nicht glauben, dann glauben Sie es doch bitte Ihren eigenen Parteifreundinnen und -freunden.Warum hat denn die Frankfurter Oberbürgermeisterin ein Stadtkreismodell vorgelegt?
Weil alles prima ist? Weil es keine Veranlassung gibt, etwas zu ändern? Nein, sie tun es, weil durch das vor drei Jahren verabschiedete Ballungsraumgesetz die Probleme der Region größer und nicht kleiner geworden sind. Deshalb gibt es aus Ihren eigenen Reihen den Druck, endlich etwas zu verändern.
Alle Fakten, was wir hier in der Rhein-Main-Region tun müssen, liegen doch auf dem Tisch. Jetzt muss endlich entschieden werden, auch gegen manche Kirchturmegoismen. Jetzt müssen endlich Entscheidungen getroffen werden. Sonst rühmen Sie sich doch immer für Ihre Entscheidungsfreude. Warum passiert dann im Rhein-Main-Gebiet nichts?
Wir GRÜNE haben sehr konkret gesagt, was passieren müsste. Wir haben einen Dreistufenplan vorgelegt, nach dem wir die verfassten Strukturen im Rhein-Main-Gebiet endlich schaffen können.
Erster Punkt: Stärkung des Planungsverbandes und eine klare Zuständigkeit des Planungsverbandes für die Wirtschaftsförderung, eine klare Zuständigkeit für die Entwicklung der weichen Standortfaktoren, eine Zuständigkeit für die Verkehrs- und Umweltpolitik in der Region – als erste Sofortmaßnahme auf dem Weg hin zu einem Regionalkreis. Das haben wir Ihnen vorgeschlagen. Da müssen Sie nur Ihren CDU-Fraktionsvorsitzenden im Planungsverband anschauen. Er hat vor einer Woche genau das Gleiche gesagt – dass man diese Maßnahmen jetzt
Zweiter Punkt: Bis 2004 müsste die Landesregierung überprüfen, wie wir die Zuständigkeit von Kommunen, Landkreisen und Regierungspräsidien neu ordnen müssen – mit dem Ziel, zu einem klaren dreistufigen Verwaltungsaufbau in Hessen zu kommen,mit den Ebenen Kommune, Regionalkreis und Land. Dazu müssen Sie die Kraft aufbringen. Das müssen Sie jetzt angehen.
Dann ist es auch kein Problem, mit der Kommunalwahl 2006 endlich das zu schaffen,was diese Region braucht:einen Regionalkreis mit einem direkt gewählten Parlament bei der Kommunalwahl 2006. Das ist die dritte Stufe des Dreipunkteplans der GRÜNEN.
Im Interesse der Sache gehen wir GRÜNE auch großzügig mit dem Urheberrecht für dieses Modell um. Aber eine Anmerkung zur SPD kann ich mir doch nicht verkneifen. Lieber Herr Kollege Walter, wer – wie die hessische SPD – noch vor kurzem aus dem ohnehin schon zu komplizierten vierstufigen Verwaltungsaufbau durch die Schaffung einer regionalen Struktur einen fünfstufigen Verwaltungsaufbau machen wollte, der sollte jetzt wirklich heilfroh sein, dass er hoffentlich eine andere Beschlussfassung hat. Er sollte aber nicht sagen, dass sich die GRÜNEN auf ihn zubewegen. Lieber Kollege Walter, tun Sie das bitte nicht. Am Ende gibt es doch einen SPDLandrat,
der sagt, dass es mit dem wirklich klaren dreistufigen Verwaltungsaufbau bei der SPD so weit nicht her ist.
Für uns GRÜNE ist klar: Ein klarer dreistufiger Verwaltungsaufbau – Kommune, Regionalkreis und Land –, das ist das, was wir wollen.
Herr Staatsminister Dr. Rhiel, wir laden Sie herzlich ein, diesen Weg mit uns zu gehen. Ich glaube, es wäre sogar in Ihrem eigenen Interesse, um endlich etwas Profil in Ihrem Amt zu gewinnen. Denn die Spatzen pfeifen es längst von den Dächern: Spätestens nach dem für die Landesregierung unangenehmen Rauswurf von Herrn Staatsekretär Dr.Hirschler ist Ihr Kredit bei Ministerpräsident Koch erschöpft. Sie sind nur noch Minister auf Bewährung.
Ihr Nachfolger wird gerade aufgebaut. Man braucht sich nur den Lebenslauf von Herr Kollegen Arnold anzuschauen, um zu wissen: Herr Kollege Boddenberg, wenn es überhaupt sinnvoll ist, Herrn Arnold in die Landesregierung zu berufen,dann im Wirtschaftsministerium – und nicht im Finanzministerium. Noch sitzt Herr Arnold in den Reihen der Abgeordneten. Herr Kollege Arnold, ich grüße Sie. Ab Februar sitzt er dann auf dem Platz von Herrn Abeln, hinter Staatsminister Weimar.
Lieber Herr Staatsminister Rhiel, wenn Sie nicht aufpassen, sitzt er bald auf Ihrem Platz. Insofern laden wir Sie herzlich ein: Tun Sie etwas für die Region. Gehen Sie unseren Dreistufenplan mit. Denn in diesem Fall ist das, was gut für die Region ist,auch gut für Sie,Herr Staatsminister Dr. Rhiel. Manchmal sind wir auch um Ihr Wohl besorgt.
(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ein bisschen scheinheilig!)
(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Im Protokoll steht: „Anhaltende Randale des Abg. Kaufmann“! – Gegenruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Jörg-Uwe Hahn (FDP): „Anhaltende Randale des Abg. Kaufmann“ steht im Protokoll, jetzt schon!)
Erstens reduzieren sie die Ursache für bundesweite Stagnationsfolgen, die wir im Rhein-Main-Gebiet jetzt sehr stark spüren, auf die Frage einer Gebietsorganisation.
Zweitens unterbreiten sie Lösungsvorschläge, um diese Gebietsorganisation zu ändern, in denen sie zwei Drittel des Landes Hessen ausblenden.
Beides funktioniert nicht. Mein lieber Herr Wagner, Sie haben eben Oberbürgermeister und Landräte aus dem Ballungsraum als Kronzeugen aufgerufen.Ich kann Ihnen aber nur sagen: Es sind schlechte Kronzeugen, die drei Jahre lang alle Chancen, die sie hatten, bisher nicht erkennbar genutzt haben,um diesen Zustand zu verbessern, was Organisationsabläufe und Zusammenarbeit angeht.
Auf die würde ich mich am wenigsten berufen. Ich würde mich in dieser Frage auch nicht auf Frau Petra Roth berufen und auch nicht – obwohl ich ihn sonst schätze – auf Herrn Grandke. Denn beide verspüren ein massives Interesse ihrer Städte hinter sich, und daraus abgeleitet haben sie ein Modell vorgeschlagen, dem ansonsten keiner folgen kann.