Protokoll der Sitzung vom 13.05.2004

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Andrea Ypsilanti (SPD): Sie auch nicht, Frau Henzler!)

Ich verstehe sehr gut den Unterschied zwischen einem Ganztagsangebot und einer Ganztagsschule. – Es wird auch nicht besser, dass die SPD bereits in dieser Legislaturperiode – innerhalb eines guten Jahres – 37 parlamentarische Initiativen zum Thema Ganztagsschule eingebracht hat, Kleine Anfragen, Aktuelle Stunden und Anträge.

(Zurufe von der SPD)

Sie haben es trotzdem für Hessen überhaupt noch nicht verstanden. Alleine der Titel „Etikettenschwindel Ganztagsschulen“ zeigt, dass Sie nichts kapiert haben.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Richtig!)

Wir haben in der letzten Legislaturperiode nie gesagt, dass wir in Hessen Ganztagsschulen einrichten wollen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Das war nie gewollt, und das war auch nie Ziel dieser Koalition.Wir wollten ein Netz von Ganztagsangeboten ausbauen. Das war das Konzept der FDP.

(Beifall des Abg. Roland von Hunnius (FDP))

Ich will betonen: Auch hier haben wir die Vorreiterrolle, ähnlich wie bei den beruflichen Schulen. Das Ziel war ein Netz von Ganztagsangeboten, und zwar da, wo die Eltern und die Schulgemeinde es möchten, und nicht, wo das Land Hessen und die SPD aufzwingen, dass Ganztagsschulen und Ganztagsangebote eingerichtet werden sollen.

Von diesem Konzept,das wir begonnen haben und das wir mit Angeboten – auch an Lehrerstunden – gefüllt haben, sind wir und die jetzige Regierung von der Nachfrage in den letzten vier Jahren schlicht und ergreifend überrollt worden. Denn dieses Angebot kam dermaßen gut bei den Schulen an,

(Andrea Ypsilanti (SPD): Hört, hört!)

dass es eine unglaubliche Nachfrage danach gab. Man könnte das etwas flotter umsetzen. Aber ich sage klipp und klar: Da spricht der Wunsch gegen den Finanzminister. Da stehen Sie wieder in dem Dilemma der beiden Aktuellen Stunden, zum einen zu sagen, die Regierung soll sparen, und zum anderen ständig mehr Lehrer zu fordern.

Also ganz besonders empfinde ich die Rolle der GEW. Dass die Gewerkschaften nicht gerade der Motor des Vorwärtskommens und der Reformen sind, das wussten wir schon.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Richtig!)

Aber wie sich die GEW jetzt zu diesen Ganztagsangeboten verhält, dazu kann ich nur sagen: Entweder stellen Sie sich absichtlich dumm, oder Sie sind von einer Arroganz und Ignoranz gegenüber Ihren eigenen Leuten, das ist schon wirklich toll.

(Beifall bei der FDP – Priska Hinz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Die sitzen aber nicht im Landtag!)

Ein Zitat aus der „FAZ“: „Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft appellierte dagegen an Kommunen und Länder,nicht beim Ausbau von Angeboten zweiter Klasse stehen zu bleiben.“ – Das ist schon diskriminierend genug.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Richtig!)

Halbtagsschulen mit Suppenküche und Verwahrangebot reichten nicht. – Ich will Ihnen einmal eines sagen: Es ist eine schallende Ohrfeige für die Schule „Auf der Au“ in Münster. Gehen Sie dort einmal hin, und sehen Sie sich an, was diese Schule für ein Zusatzangebot am Nachmittag und für Konzepte entwickelt hat. Es ist ebenso eine Ohrfeige für die John-F.-Kennedy-Schule in Bad Vilbel. Dort sind viele Lehrer,die Mitglied in der GEW sind – das werden Sie sich vielleicht auch irgendwann einmal überlegen –, die dort engagiert, mit Fantasie und mit vielen, vielen zusätzlichen Überstunden ein Nachmittagsangebot auf die Beine gestellt haben, das man wirklich nicht als Verwahrangebot bezeichnen kann.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Sie fordern ein pädagogisches Konzept ein. Ist es kein pädagogisches Konzept, wenn es ein Nachmittagsangebot mit drei verschiedenen Fremdsprachen gibt? Ist es kein pädagogisches Konzept, wenn man fünf verschiedene Sportarten am Nachmittag anbietet? Wenn man Ballett anbietet, wenn man Musikunterricht mit vielen verschiedenen Instrumenten anbietet? Nennen Sie das alles kein pädagogisches Angebot? Ist das alles Verwahren? – Ich finde, das ist wirklich eine Beleidigung der Schulen in Hessen, die schon viel gemacht haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Frau Kollegin Henzler, Sie müssen zum Schluss kommen.

Zum Abschluss appelliere ich an die Landesregierung.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir werden mehr Angebote schaffen müssen, insbesondere bei den Gymnasien,die verkürzen.Frau Habermann, da finde ich es sehr verräterisch, wenn Sie sich beschweren,dass man auch den Gymnasien die Chance gibt,Nachmittagsunterricht mit einer pädagogischen Mittagsbetreuung durch die Verkürzung zu verbinden. Das zeigt, dass Sie einfach gegen die Verkürzung und letztendlich gegen die Gymnasien sind und diese Angebote lieber an anderen Schulen hätten.

(Beifall bei der FDP)

Der Weg ist richtig,dennoch müsste man ihn etwas schneller gehen.

(Norbert Schmitt (SPD):Gnadenlose Opposition! – Michael Siebel (SPD): Knallhart!)

Vor allen Dingen müsste man noch einmal überdenken, ob man die Richtlinie für die Einrichtung von Ganztagsangeboten, die letztendlich Gelder aus Berlin verhindern, nicht viel flexibler gestalten kann und den Schulen auch in der Umsetzung der Ganztagsangebote sehr viel mehr Selbstständigkeit geben kann.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Vielen Dank.– Das Wort hat nun Frau Abg.Kölsch für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht mir so wie Frau Henzler. Es ist schon etwas verwunderlich,wenn man heute diesen Antrag erneut auf der Tagesordnung hat. Dritte Ausbaustufe des Ganztagsangebots nach Maß mit 61 neuen Ganztagsschulen trotz schwieriger Haushaltslage – davon haben wir heute auch schon einiges gehört –, das zeigt die Verlässlichkeit dieser Regierung und unserer Politik,Versprechen zu halten.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ab September werden damit über 290 Schulen in ganz Hessen über Ganztagsangebote verfügen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Bei der Auswahl wurde auf eine regional ausgewogene Verteilung Wert gelegt. Sie umfasst auch alle Schulformen.Mit dem Ganztagsschulprogramm werden wir für jeden ein Angebot in räumlicher Nähe erreichbar machen. Das ist es, was die Eltern und die Schüler wollen. Das ist es auch, was die CDU in ihrem Regierungsprogramm angekündigt hat: Den Ausbau von Betreuungs- und freiwilligen Ganztagsangeboten in Kooperation mit den Kommunen, den Schul- und Jugendhilfeträgern und den freien Trägern.

Sie klagen an, dass sich die Anträge stauen. Das hat natürlich auch etwas mit dem Rückstau aus der rot-grünen Vergangenheit zu tun.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Ach ja!)

Seit 1995 wurden unter Ihrer Regierungsverantwortung überhaupt keine Ganztagsangebote mehr genehmigt. Gemeinsam mit der FDP haben wir im Jahr 2002 das Ganztagsschulprogramm gestartet und gleich um 100 % erhöht. Inzwischen haben wir 226 Schulen unterschiedlichster Schulformen mit einem ganztägigen Angebot.

Frau Kollegin Kölsch,Kollegin Habermann möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Bei fünf Minuten Redezeit – ich habe heute außerdem Schwierigkeiten mit meiner Stimme – geht das leider nicht.

In Hessen nehmen 13,7 % der Schülerinnen und Schüler an Ganztagsangeboten teil. Das ist der Stand vom Januar 2004 nach einer Erhebung der KMK. Somit liegen die Hessen auf dem zweiten Platz der westdeutschen Bundesländer. Der Durchschnitt lag bei 9,6 %.

(Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der westdeutschen Bundesländer!)

Ich will Ihnen nur ein paar Zahlen nennen: Der Durchschnitt bei der Hauptschule liegt in Deutschland bei 10,2 %, in Hessen bei 20,4 %, bei den Realschulen bundesweit bei 4 %, in Hessen bei 16 %, bei Gymnasien bundesweit bei 3,9 %, in Hessen bei 16,7 %. Wir haben heute auch schon darüber gesprochen: Es ist eine Frage der Finanzierung, und da hilft der Hinweis auf den Bund relativ wenig, weil der Bund sich an den Investitionen beteiligt, die wiederum den Schulträgern zugute kommt. Der Bund beteiligt sich eben nicht an den Personalkosten.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das darf er auch nicht!)

Das war ja das, worum unsere Kultusministerin so gekämpft hat. Das ist immer der Hinweis, wenn Sie hier von Pädagogik sprechen. Allein die Kosten für die 67 neuen Lehrerstellen für die dritte Ausbaustufe nach Maß wird mit ungefähr 3,9 Millionen c beziffert.

(Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dank dieser Bundesregierung sind wir in einer extrem schlechten wirtschaftlichen Situation, sonst wäre es sicher leichter,noch mehr in die Bildung zu investieren.Die neuesten Steuerschätzungen – wir werden sie heute erhalten – werden uns weiter zum Sparen zwingen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Heinrich Heidel (FDP))