Protokoll der Sitzung vom 13.05.2004

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Diese CDU-Landesregierung leistet angesichts der angespannten Haushaltslage das Optimale in der Bildungspolitik.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ach du liebe Zeit!)

Die Einzige, die hier Etikettenschwindel betreibt, ist die SPD. Frau Henzler hat schon darauf hingewiesen. Zuerst genehmigen Sie überhaupt keine Ganztagsschulen, dann versprechen Sie im Wahlkampf 500 Ganztagsschulen ohne Konzept, und bis heute wissen Sie eigentlich nicht, was Sie wollen.

(Beifall bei der CDU)

Einmal ist es das Ganztagsangebot, einmal ist es die gebundene Ganztagsschule. Der neueste Hit ist die Zwangsgesamtschule. Soll das dann auch eine Ganztagsschule sein? Was haben Sie hier für ein Konzept? – Es ist einfach wieder einmal eine Luftblase.

Dies erinnert mich schon sehr an die bildungspolitischen Auseinandersetzungen der Siebzigerjahre. Dagegen habe ich damals schon mit Überzeugung gekämpft und es war für mich wie für viele andere der Anlass für den Eintritt in die CDU.

(Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Sehr gut!)

Sie können diese Regierung und diese Kultusministerin in ihrem zuverlässigen Handeln nicht beirren. Wir bleiben bei der Vielfalt im Schulwesen, auch bei der Freiwilligkeit bei den Ganztagsangeboten, bei einem schrittweisen Ausbau, damit wir Eltern und Schüler auch ohne Zwang mitnehmen können.

Dieses Thema, das die SPD heute zum wiederholten Male auf die Tagesordnung gesetzt hat, dient nur der Ablenkung von Ihrer derzeitigen desaströsen Politik.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Vielen Dank, Frau Kollegin Kölsch. – Das Wort hat Frau Abg. Hinz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Jetzt kommt die Krönung!)

Herr Irmer, das ist ja ein erstaunlicher Morgen, an dem Sie mich als „Krönung“ bezeichnen. Danke schön für dieses Kompliment.

(Allgemeine Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Natürlich haben sich die Probleme gegenüber den vorherigen Debat

ten in den letzten Plenarsitzungen nicht geändert. Es gibt eigentlich eine Problemvielfalt bei dem Ausbau des hessischen Ganztagsprogramms, und eines davon ist tatsächlich der Etikettenschwindel.

Frau Kölsch, Sie haben eben darauf hingewiesen, dass Sie keine Ganztagsschulen versprochen haben. Frau Henzler hat ebenso darauf hingewiesen, dass nie Ganztagsschulen versprochen worden sind. Erstaunlicherweise verkündet Frau Wolff immer, dass Ganztagsschulen eingerichtet werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das letzte Mal hat sie dies am 7.April 2004 getan: 61 neue Ganztagsschulen im Jahr 2004.

Aber, die Ganztagsschulen sind eben keine. Denn für 61 Schulen werden nur 67 Stellen zur Verfügung gestellt. Man kann sich leicht ausrechnen, dass das mit einer solch geringen Personaldichte gar nicht funktionieren kann. Wenn ein Teil der Stellen in Geld ausgezahlt werden kann und die Schulen damit flexibel umgehen können, ist das schön.Trotzdem reicht es nicht für Ganztagsangebote und offene Ganztagsschulen, sondern nur für eine pädagogische Mittagsbetreuung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie immer behaupten, angesichts der schwierigen Haushaltslage gehe nichts anderes, kann ich nur sagen: Schauen Sie sich unsere Anträge für den Haushalt 2004 an. Da haben wir Ihnen gezeigt, dass es möglich gewesen wäre, für 100 Schulen in Hessen echte Ganztagsangebote einzurichten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Natürlich ist eine pädagogische Mittagsbetreuung mehr als nichts.Aber es sind eben zu wenig Mittel für qualitätsorientierte Bildungsangebote.

(Michael Siebel (SPD): Das ist der Punkt!)

Richtig verstandene Ganztagsangebote müssen allen Kindern einer Schule die Möglichkeit geben, daran teilzunehmen. Es muss eine Möglichkeit geben, Kindern, die Hausaufgabenprobleme haben, Unterstützung anzubieten. Es muss ein Förderunterricht eingerichtet werden. Es muss Projektunterricht vorhanden sein. Hinzu kommen noch die Freizeitangebote für Musik und Sport in Kooperation mit den Vereinen. Das bedeutet, dass es an fünf Tagen ein Angebot bis in den späten Nachmittag hinein geben muss. Es ist nicht ausreichend, dass die Klassen 5 und 6 bis um 14.30 Uhr ein Angebot erhalten. Diesen qualitativen Unterschied müssten selbst Sie verstehen, Frau Kölsch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Die Lehrer und Lehrerinnen in Hessen bieten mit den wenigen Mitteln, die sie haben, in der pädagogischen Mittagsbetreuung sehr viel.Ohne deren Engagement ginge es überhaupt nicht.Auf Dauer reicht das aber nicht aus. Das Hauptproblem ist, dass viele Schulen sagen: Wir haben zwar angefangen, aber wir wollen auch weitermachen. – Dieses „Weitermachen“ verwehren Sie ihnen, weil keine Anträge für echte Ganztagsangebote genehmigt werden. Das ist nämlich das zweite Problem, über das wir zu reden haben: der Stufenplan, den die Ministerin verordnet hat. Alle Schulen müssen erst einmal eine pädagogische Mittagsbetreuung anbieten, bevor sie Anträge stellen können

oder bevor sie Anträge für eine Schule in offener Ganztagskonzeption genehmigt bekommen. Frau Kölsch, auch wir wollen nichts überstülpen. Auch die Schulen wollen nichts überstülpen, sondern sie beantragen es bereits. Knapp 100 Schulträger haben für das kommende Schuljahr eine Ganztagsschule in offener Konzeption mit Zustimmung der Eltern beantragt. Es wird aber keine genehmigt – das ist doch der Skandal –, weil Sie kein Geld zur Verfügung stellen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Selbst die Schulen, die schon mehrere Jahre mit pädagogischer Mittagsbetreuung arbeiten, sind angeschmiert. Diese sagen: Bei uns sind schon 200 Kinder in der pädagogischen Mittagsbetreuung.Weitere 400 stehen aber vor der Tür.– Denen müssen Sie sagen,dass Sie sie nicht mehr aufnehmen können. Seit mehreren Jahren stellen die Schulen Anträge und kommen auf Ihrem Stufenplan nicht weiter. Deswegen können Sie Ihren Stufenplan einstampfen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das dritte Problem sind die fehlenden Richtlinien für das „Ganztagsprogramm nach Maß in Hessen“. Seit Dezember 2002 gibt es einen Richtlinienentwurf. Ausweislich dieses Entwurfs sollte er am 1. August 2003 in Kraft treten. Jetzt haben wir Mai 2004. Er ist immer noch nicht in Kraft. Ich kann Ihnen auch sagen, warum er immer noch nicht in Kraft ist.Er enthält nämlich Zahlen,wie die Schulen gefördert werden sollen. Die Schulen in offener Ganztagskonzeption sollen mit bis zu 20 % der Grundunterrichtsversorgung gefördert werden.

Frau Kollegin Hinz, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. – Die Schulen mit gebundener Konzeption sollen mit bis zu 30 % der Grundunterrichtsversorgung gefördert werden.

(Zurufe der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP) und Brigitte Kölsch (CDU))

Die Tatsache, dass Sie in diesem Jahr 50 Lehrerstellen für die pädagogische Mittagsbetreuung aus der Grundunterrichtsversorgung herausnehmen, bedeutet, dass Sie diese Richtlinie nicht in Kraft setzen können, weil Sie das Ganze überhaupt nicht finanzieren könnten.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Machen Sie in Berlin eine andere Politik! Sie in Berlin sind daran schuld! – Zuruf der Abg. Brigitte Kölsch (CDU))

Also, stampfen Sie die Richtlinien doch bitte ein. Es nützt doch nichts, dass sie bei Ihnen auf der Homepage stehen, wenn sich keiner daran hält, wenn die Schulen keine offenen Ganztagsschulen werden können und Sie das Ganze nicht finanzieren können.

Frau Kollegin Hinz, Sie müssen zum Schluss kommen.

Das ist der letzte Satz. – Das Hauptproblem dieser Kultusministerin ist, dass sie kein Landesprogramm konzipiert und durchbekommen hat, das für die Dauer von fünf Jahren, für diese Wahlperiode, die Sicherheit gibt, in welchem Jahr wie viele Schulen mit wie viel Geld gefördert werden, damit die Schulen, die Eltern und die Schulträger Planungssicherheit haben. Deswegen wird uns das Thema noch weiter begleiten. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Vielen Dank, Frau Kollegin Hinz. Wir waren jetzt sehr nachsichtig mit der Redezeit. – Das Wort hat die Kultusministerin, Frau Wolff.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Habermann hat mit der Feststellung eingeleitet, es gebe nichts wirklich Neues. Das ist der typische Anlass für eine Aktuelle Stunde in diesem Haus. Ich kann allerdings sagen, es gibt durchaus einiges Neues. Im nächsten Schuljahr gibt es 61 neue Angebote für neue Schulen. Es gibt immerhin einen Gesetzentwurf zur Änderung des Schulgesetzes, der demnächst den Landtag beschäftigen wird. Er sieht erstmals überhaupt vor, dass es Ganztagsschulen gebundener Art geben kann und

(Ministerpräsident Roland Koch: Wie war das bei Rot-Grün?)

dass Grundschulen in ein Ganztagsschulprogramm hineingenommen werden können. Ich frage mich, warum Sie das aus früheren Gesetzen herausgenommen haben und erst wir dafür sorgen müssen, dass dies gesetzlich möglich ist. Das ist eine Leistung dieser Landesregierung.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Meine Damen und Herren, in Berlin werden potemkinsche Dörfer aufgebaut. Wenn man sich die Pressekonferenzen anschaut, die die Bundesministerin zu den Ganztagsschulen macht, die jetzt angeblich durch Berliner Hilfe zusätzlich gefördert werden, dann kommen einem gelegentlich die Tränen.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Das Gleiche gilt für die Berechnungen von Frau Habermann. Sie hat am Anfang gesagt, es lägen über 260 Anträge vor. Ich sage Ihnen: Es sind exakt 143 Anträge für neue Ganztagsangebote in Hessen auf dem Tisch. Davon haben wir 43 % genehmigt und haben dafür das Geld bereitgestellt. Frau Hinz, außerdem werden den Schulen zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer zur Abdeckung der Angebote zur Verfügung gestellt.