Die Zeiten der Kohl-Regierung, in der Verkehrsplanung nach Wunsch und Gefälligkeit vorgenommen wurde, sind vorbei. Wer also Aufstufungswünsche hat, der muss auch sagen, welche Projekte denn herausgenommen werden sollen. Wenn die hessische CDU den Bau der A 4 zwischen Olpe und Hattenbach im vordringlichen Bedarf haben will, so wollen wir von Ihnen wissen, welche anderen Verkehrsprojekte Sie denn herausnehmen wollen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Der Bau der A 4 mit einer Länge von 87 km alleine im hessischen Teil erfordert Mittel in einer Höhe von rund 1 Milliarde c. Das hieße, mehr als ein Viertel des gesamten vordringlichen Investitionsbedarfs müsste herausfallen, unter anderem zahlreiche Ortsumgehungen im Zuge der B 252 wie die um Bottendorf,Ernsthausen,Münchhausen, Simtshausen, Wetter, Niederwetter, Lahntal-Göttingen und Umgehungen im Zuge der B 253. Jetzt sind sie im vordringlichen Bedarf und auch vorgesehen zum Bau.Die Menschen dort wollen jetzt eine Entlastung vom Durchgangsverkehr und nicht am Sankt-Nimmerleins-Tag.
Selbst die FDP in diesem Lande sieht das so wie wir und hält Ihre Forderung für vollkommen unrealistisch.
Das solide Finanzfundament ist, wie ich bereits sagte, der entscheidende Unterschied zum Bundesverkehrswegeplan von 1992. Der 92er-Plan war mit sage und schreibe rund 40 Milliarden c oder 80 Milliarden DM unterfinanziert. Außerdem befanden sich viele Projekte als reine Luftbuchungen im vordringlichen Bedarf,
politische Gefälligkeitsprojekte, die nie und nimmer gebaut werden konnten.Ursache der Unterfinanzierung waren insbesondere die viel zu geringen Haushaltsansätze in den Jahren bis 1998 und die zu gering angesetzten Kosten vieler Projekte schon bei der Aufstellung des Planes.
Fazit: In der ersten Hälfte der Laufzeit des 92er-Planes wurden gerade einmal 44 % des gesamten Investitionsvolumens umgesetzt. Angesichts dieser Tatsachen hat die Union keinerlei Berechtigung, hier von Unterfinanzierung zu reden und großartige, unrealistische Forderungen aufzustellen.
Im eigenen Land reden Sie viel von Visionen, wie der Ministerpräsident in der Regierungserklärung, haben aber
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Clemens Reif (CDU): Das müssen Sie gerade sagen!)
Im Übrigen hat die rot-grüne Bundesregierung seit 1999 die Investitionsmittel für den Verkehrsbereich kontinuierlich aufgestockt. Ich nenne das Investitionsprogramm 1999 bis 2002, das Anti-Stau-Programm und das Zukunftsprogramm, das aus Zinsersparnissen durch die UMTS-Versteigerung finanziert wurde. Auch das Aufkommen aus der Maut wird gemäß dem Autobahnmautgesetz zum überwiegenden Teil in die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur fließen, während ein kleinerer Teil zur Finanzierung des Systems selbst vorgesehen ist.
Meine Damen und Herren von der CDU, wenn Sie Ihren eigenen Antrag wirklich ernst nehmen würden, nach dem die gesamte Maut in den Verkehrsbereich fließen soll, dann müssten Sie Ihre Forderung aufgeben, nach der das Transportgewerbe Kompensationen für steuerliche Benachteiligungen erhalten soll. Sie fordern, 600 Millionen c pro Jahr aus dem Mautaufkommen dem Transportgewerbe zur Verfügung zu stellen.
Nein, Herr Kollege Irmer, das werden wir nicht und das wollen wir nicht.Wir sind der Auffassung, dass 300 Millionen c als Kompensation dafür ein faires Angebot sind und dass das Transportgewerbe dieses Angebot auch annehmen sollte.
Ebenso zeigt die Kritik an der modernisierten Bewertungsmethodik mit der Aufnahme von Umweltrisiko- und FFH-Verträglichkeitseinschätzungen, dass Sie aus dem gerichtlich verhängten Baustopp an der A 44 bis heute nichts gelernt haben.
Die Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht hatte doch nur deswegen Erfolg, weil die Landesregierung im Planungs- und Genehmigungsverfahren die Pflicht zur Alternativenprüfung gemäß FFH-Richtlinie nicht erfüllt hat. Insofern hat die Hessische Landesregierung gerade an diesem Punkt bereits Lehrgeld bezahlt und müsste Instrumente zur Früherkennung von Konflikten mit dem Naturschutz und dem Umweltschutz begrüßen.
Ich bin jedenfalls überzeugt, dass diese neue Methodik im Vorfeld des eigentlichen Planungs- und Genehmigungsverfahrens auf der Landesebene als Früherkennungssystem einen wichtigen Beitrag leistet, um Verfahrensicherheit zu bringen und um das Prozessrisiko zu reduzieren.
Die Einschätzung des Umweltrisikos und der FFH-Verträglichkeit ist somit kein ideologischer Hebel, um Verkehrsprojekte zu Fall zu bringen, wie Sie sagen, sondern eine sinnvolle Verfahrensverbesserung.
Im Übrigen erhalten umweltproblematische Straßenprojekte im Gegensatz zum Plan von 1992 eine Chance auf Realisierung. Noch 1992 wurden sie in den weiteren Bedarf gesetzt und waren damit aus der Planung verschwun
den.Im neuen Plan erhalten sie nun einen besonderen naturschutzfachlichen Planungsauftrag. Werden die Umweltprobleme gelöst, können sie in den vordringlichen Bedarf aufgenommen und in der Laufzeit des Plans gebaut werden.
Der Kern der gesamtwirtschaftlichen Bewertung bleibt jedoch die Kosten-Nutzen-Analyse als entscheidender Einstufungsparameter.
Ein paar Sätze noch, Herr Präsident. – Zur Abstufungsproblematik von autobahnparallelen Bundesstraßen sollten Sie wissen: Das war keine Idee der Bundesregierung, sondern das ist eine Forderung des Bundesrechnungshofes, der der Bundestag nachgekommen ist.
Die Umwidmung dieser Straßen ist kein Automatismus. Ganz im Gegenteil, darüber wird mit den Bundesländern geredet.
Die Bundesländer haben ihre Zustimmung dazu zu geben. Diese Maßnahmen wurden aber untersucht und bei Erfüllung der Voraussetzungen in den vordringlichen Bedarf aufgenommen.
Ich komme zum Schluss. Dieser Antrag wird dem Ausschuss überwiesen werden. Wir können uns dort gern im Detail darüber auseinander setzen. Für die SPD-Fraktion steht jedenfalls fest:Wir werden diesen unsinnigen Antrag ablehnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hatte den Eindruck, dass die Kollegin Pfaff quasi mit einer Entschuldigung begonnen oder die Hoffnung auf Besserung an den Anfang ihrer Rede gestellt hat, als sie ausdrücklich darauf hinwies, dass das nur ein erster Entwurf sei, der noch der Ressortabstimmung unterliege und mit den Ländern verhandelbar sei. So weit, so gut, liebe Frau Pfaff.
Im weiteren Teil Ihrer Rede haben Sie gemeint, diesen ersten Entwurf mit Zähnen und Klauen verteidigen zu müssen. Ich muss Ihnen sagen – und muss dabei den Kollegen Dr. Lübcke ein bisschen korrigieren –: Der Bund bremst Hessen nicht aus; der Bund bremst sich selbst und unsere gesamte Verkehrsinfrastruktur in den nächsten 15 Jahren aus.
Zutreffend ist – auch Frau Pfaff hat das festgestellt –, dass der relative Anteil Hessens gestiegen ist. Genauso zutreffend ist aber die Feststellung in dem CDU-Antrag, dass die Höhe der Mittel absolut unzureichend ist. Es geht ja nicht um 150 Milliarden c zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, sondern es geht darum, dass nur etwa 66 Milliarden c – das entspricht zwischen 44 und 46 % der Gesamtmittel – für den Aus- und Neubau zur Verfügung stehen.Wenn wir das auf die Jahresbauleistung herunterbrechen,dann kommen wir im Aus- und Neubau auf eine Jahresbauleistung von etwa 4,5 Milliarden c.Ich erinnere Sie daran, dass allein aus der Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer ein Aufkommen von 50 bis 55 Milliarden c im Jahr zum überwiegenden Teil in die Bundeskassen geht.
Es gibt hier keinen politischen Streit in der Frage eines integrierten Ansatzes in der Verkehrspolitik. Dieser Ansatz ist absolut richtig, und nur mit ihm kommen wir weiter. Wir wissen,dass wir mit einer Erhöhung des Aufkommens von über 60 % im Güterverkehr und von über 20 % im Personenverkehr zu rechnen haben, nicht nur deshalb, weil gerade uns Hessen die Osterweiterung in Form des Ost-West-Verkehrs stärker tangieren wird als andere Bundesländer, sondern auch deshalb, weil sich die Mobilität insgesamt noch erhöhen und die Welt zu einem Schmelztiegel werden wird, auch wenn der Globalisierungsprozess im Moment gestoppt ist.
Umso schlimmer ist es, dass diesem Entwurf jede Fantasie fehlt, dass hier keine Konzeptionen entwickelt werden, dass nicht auf Zukunftstechnologien gesetzt wird, dass die Frage nicht beantwortet wird, wie man die europäischen Metropolen miteinander verbinden kann. In diesem Zusammenhang sollte z. B. eine intensive Prüfung der Transrapid-Technologie erfolgen und die Weiterentwicklung anderer Technologien unterstützt werden.
Dieser Plan sagt dazu überhaupt nichts. Wissen Sie, was das heißt? Der Plan basiert auf einer weit zurückliegenden verkehrspolitischen Ideologie, die jedes Verkehrssystem auf den ihm früher einmal zugewiesenen Bereich festlegt.