Protokoll der Sitzung vom 07.05.2003

(Beifall bei der FDP)

Das heißt im Klartext – das sollten sich die GRÜNEN einmal durch den Kopf gehen lassen –: Die Verkehrsströme, die in Europa zunehmen werden, werden sich in die Luft verlagern,weil es keine Alternativen gibt und weil auf den Straßen mittlerweile keiner mehr durchkommt. Insofern ist es, auf Hessen bezogen, bezüglich der Ausbaumaßnahmen natürlich richtig, dass wir bei der A 66 endlich vorankommen.

Verehrte Frau Pfaff, Sie haben eben am Schluss Ihrer Rede noch einmal die angeblich besonderen Leistungen des Bundes – das Investitionsprogramm, das Anti-StauProgramm, das Zukunftsinvestitionsprogramm und die Mautgebühr – angesprochen.Alle diese Programme sind Bestandteile des Gesamtrahmens, der bundesweit pro Jahr nicht mehr als 4,4 Milliarden c an Neu- und Ausbaumitteln für alle Verkehrsträger hergibt. Für den Schienenverkehr und den Verkehr auf dem Wasser stehen nominell 50 % der Ausgaben zur Verfügung. Der Kollege Dr. Lübcke hat schon darauf hingewiesen, dass das nicht stimmt, weil die Regionalisierungsmittel und die GVFGMittel damit verrechnet werden.Aber selbst diesen Anteil kann die Bundesbahn nach eigener Aussage nicht umsetzen.Deshalb müssen wir anfangen,grundlegend über eine

Neukonzeptionierung der Verkehrspolitik nachzudenken.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Dieser Plan ist eine außerordentlich schwache Fortschreibung von eingefahrenen Verkehrsdoktrinen, die wir endlich überwinden müssen, um überhaupt weiterzukommen.

Dieser Plan ist aber ein Meisterwerk,wenn es darum geht, sich selbst zu verkaufen. Das Wenige, das materiell und finanziell bis 2015 – wir reden ja stets über einen Planungshorizont bis 2015 – hier vorgelegt wird, wird in fantastischer Weise verkauft.

(Hildegard Pfaff (SPD): Er ist ja auch hervorragend!)

Der Bundesverkehrsminister spricht von einer „integrierten Verkehrspolitik“. Ich habe Ihnen gerade eben gesagt, wie weit wir damit sind, nämlich überhaupt keinen Schritt weiter. Es wird gesagt, alles, was aus dem Mautaufkommen zusätzlich an Geld hereinkomme, fließe in den Verkehrswegebau. Man kann darüber streiten, ob diese Aussage haltbar ist. Ich bin gespannt, wie die EU im weiteren Verfahren – seit gestern haben wir eine Entscheidung – die Entscheidungen beurteilen wird, was die Mauthöhe und die Umlenkung der Mautmittel in andere Verkehrsträger angeht. Das ist sicherlich noch nicht endgültig entschieden.Aber selbst wenn ich das unterstelle,dann bleibt genau ein Drittel der Mittel aus dem Mautaufkommen für Investitionen übrig. Selbst wenn die 600 Millionen c für „Sonstiges“ ausgewiesenen Mittel hinzukämen, lägen wir immer noch unter der Hälfte dessen, was der Staat jetzt zusätzlich abgreift, obwohl diese Einnahmen zweckgebunden sind und sein müssen.

(Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Eine große Abführung ist an den Bundeshaushalt in der Höhe von etwa 800 Millionen c vorgesehen und allein für das System zur Erhebung dieser Maut jährlich über 600 Millionen c. Ich habe heute Morgen gelesen, dass dafür 600 Leute bei der Gesellschaft eingestellt werden sollen. Ich kaufe Anteilsscheine dieser Gesellschaft: eine jährliche Garantie von rund 650 Millionen c an Einnahmen, von denen Lediglich die Abschreibungen und die Kosten für 600 Mitarbeiter abzuziehen sind – dabei kann jeder reich werden. Ich weiß nicht, ob all das, was jetzt auf uns zukommt, ausgereift ist.

(Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Herr Ministerpräsident, nachdem ich gelesen habe, was im Bundesrat in Sachen Verkehrswegeplan zur Diskussion steht, und, Herr ehemaliger Minister Dieter Posch und Herr Minister Rhiel, nachdem ich mir die Protokolle der Verkehrsministerkonferenz angesehen habe, die sehr einhellig und einmütig die Linie vertreten, wie Sie sie hier in etwa skizziert haben, kann ich Sie nur darin bestärken, dass Sie fest bleiben und alles tun, damit wir in der Verkehrspolitik wirklich den notwendigen Mindestschritt nach vorne machen, um überhaupt mit den vor uns liegenden Herausforderungen fertig zu werden.

Sie erfahren und ergehen das jeden Tag, ob das nun in den Städten, auf den Autobahnen, wenn Sie im Stau stehen, oder in teilweise völlig überfüllten Zügen ist. Dann, wenn die Züge angenommen werden – auf den interessanten Strecken –,sind sie nämlich überfüllt.Die Kapazitäten der

Bahn reichen nicht aus, weder bei der Schiene noch beim Material.

Wenn Sie das jeden Tag erleben, können Sie sich schnell ausrechnen,wie das aussieht,wenn der Verkehr weiter zunimmt, wenn die Beziehungen innerhalb Europas enger werden, wenn es zu der Osterweiterung kommt und wenn der Anteil des Güterverkehrs auf der Straße steigt. Aber die Alternativen greifen nicht; das ist das Schlimme. Schlimm ist, wohin wir geraten, wenn uns nicht etwas Besseres einfällt als das, was hier vorgelegt worden ist. Insofern war es richtig, diesen Antrag zu stellen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Wagner für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin zwar neu in diesem hohen Hause, aber wenn mich nicht alles täuscht, ist das, was die CDU hier vorgelegt hat, der klassische Fall eines Schaufensterantrags.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Na, na, na!)

Die gebetsmühlenartige Aufzählung unzähliger Straßenbauprojekte durch den Kollegen Dr. Lübcke hat das einmal wieder eindrucksvoll gezeigt.

(Frank Gotthardt (CDU): Das wollt ihr nicht hören!)

Schauen wir uns einmal das an,was die CDU kritisiert.Sie behaupten, die neue Umweltrisikoeinschätzung verkompliziere die Planung. Ich kann nur sagen: Das ist eine gewagte Aussage für eine Partei, deren Landesregierung in der letzten Legislaturperiode mit so mancher Planung Schiffbruch erlitten hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie erregen sich über das Abstufungskriterium „autobahnparallele Bundesstraße“. Ich kann nur sagen: Wer in diesem Punkt seine hessischen Hausaufgaben nicht gemacht hat, sollte nicht mit dem Finger auf Berlin zeigen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie werfen der Bundesregierung vor, der Bundesverkehrswegeplan sei „unterfinanziert“ und „insgesamt nicht ausreichend“. Ich kann nur sagen: Verglichen mit dem, was Sie 16 Jahre lang in Berlin

(Zuruf von der CDU: Bonn und Berlin!)

verantwortet haben, können sich SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN mit ihrer Politik in Berlin wirklich sehen lassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bevor ich auf Ihre Kritik im Einzelnen eingehe, möchte ich zunächst die Gemeinsamkeiten betonen. Wir sind uns in der Analyse völlig einig. Der Personenverkehr wird nach den derzeitigen Prognosen bis zum Jahr 2015 um 20 % steigen, der Güterverkehr um 60 %. Die Zahlen, auf

die auch Sie sich beziehen, stammen aus dem Verkehrsbericht 2000 der Bundesregierung.

Nur, Sie lassen einen Punkt aus diesem Verkehrsbericht weg. Dort heißt es nämlich weiter:

Der Ausbau des Autobahnnetzes ist nicht unbegrenzt möglich. Schon heute stoßen wir an enge Grenzen.

Weiter:

Angesichts der überdeutlichen Kapazitätsgrenzen müssen die jeweiligen Stärken der einzelnen Verkehrsträger besser genutzt werden.

Genau darum geht es. Es ist die Aufgabe einer innovativen Verkehrspolitik, das Mobilitätsbedürfnis der Menschen im Einklang mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen zu gestalten.

(Zuruf von der CDU: Auf dem Fahrrad durch Deutschland!)

Radfahren würde manchen in diesem Hause sicher nicht schaden.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frank Gotthardt (CDU): Sie sind heute Morgen mit dem Fahrrad gekommen, nicht wahr?)

Herr Kollege Gotthardt, ich bin sogar zu Fuß gekommen. Ich muss Sie leider enttäuschen.

Genau das hat die Bundesregierung begonnen, und genau das ist der Unterschied zu Ihrer Politik. Die Bundesregierung aus SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat seit 1999 die Verkehrswende auf Bundesebene eingeleitet.

(Zuruf von der CDU:Wohl wahr,aber in die falsche Richtung!)

Das meinen Sie, ich sehe das anders. Ich komme gleich noch auf die Ökosteuer zu sprechen. Bereiten Sie sich schon einmal darauf vor.

Mit der Angleichung der Entfernungspauschale für Auto, Bus und Bahn haben wir in diesem Bereich Chancengleichheit zwischen den Verkehrsmitteln geschaffen. Die Ökosteuer hat eines ihrer wesentlichen Ziele erreicht: Der Spritverbrauch ist gesunken, der CO2-Ausstoß ist geringer geworden, und somit konnte ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Durch mehr Geld für die Bahn kann das Schienennetz endlich wieder in Schuss gebracht werden. Die CDU hat es 16 Jahre lang verlottern lassen.

(Zuruf von der CDU: Na, na, na! – Weitere Zurufe von der CDU)

Ich weiß, das tut weh. Es kommt aber noch besser, denn wir kommen jetzt zur Landespolitik.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Den Bundesländern stehen Regionalisierungsmittel für den öffentlichen Personennahverkehr in Rekordhöhe zur Verfügung. Ich frage die Landesregierung: Wohin sind eigentlich die 40 Millionen c, die Hessen jährlich mehr erhält, geflossen? Welche Verbesserungen hat das für den öffentlichen Personennahverkehr in Hessen gebracht?