Wenn man sich den Gesetzentwurf genauer ansieht, muss man aber feststellen, dass er in einigen Punkten ziemlich unkonkret und recht lieblos zusammengestellt ist.
Die Helferinnenausbildung ist im Prinzip eine etwas zweischneidige Angelegenheit. Zum einen ist die Bezahlung dieser Helferinnen, die bei rund 1.000 c brutto im Monat liegt, sehr gering.Was die Bezahlung betrifft, bleibt dieser Beruf also ein Frauenberuf im negativen Sinne dieser Bezeichnung.Zum anderen ermöglicht es der Gesetzentwurf auch Hauptschulabsolventinnen, in diese Berufe zu gehen und eine Fachausbildung zu erhalten.Die Frage ist nur,ob sich das tatsächlich so entwickelt.Bei der Altenpflegehilfe lässt sich bisher noch nicht deutlich feststellen, ob sich diese Möglichkeiten tatsächlich eröffnen. Aber es ist natürlich zu wünschen, dass sich das so entwickelt.
Generell müssen wir uns überlegen, welche Anforderungen in der heutigen Zeit an eine qualitätsorientierte Pflege gestellt werden müssen. Dabei spielt die Frage eines Mixes zwischen Fachkräften auf der einen Seite und Assistenzkräften auf der anderen Seite eine wichtige Rolle.
Ich weiß nicht, warum Sie alle sich jetzt unterhalten. Im Prinzip sind das Themen, die Sie alle in 15 Jahren betreffen werden. Es geht nämlich um die Frage, von welcher Qualität die Krankenpflege und die Altenhilfe sind, de
nen Sie ausgesetzt sein werden.Von daher würde ich mich freuen, wenn Sie meinem Vortrag etwas mehr folgten.
Bereits heute ist der Fachkräftemangel in den Einrichtungen eklatant. Wenn wir berücksichtigen, wie sich die Gesellschaft in Zukunft entwickeln wird, wird uns klar, dass wir über die Pflege insgesamt neu nachdenken müssen.
Wenn es zutreffend ist, dass die Anforderungen steigen, stellt sich die Frage, ob die Verzahnung zwischen Altenpflege und Krankenpflege nicht einer der wesentlichen Punkte ist, die momentan auf der Tagesordnung stehen. Sie beziehen sich auch auf die Gestaltung der Ausbildung. Von daher ist nicht klar, warum die Landesregierung die Trennung zwischen Krankenpflege und Altenpflege zum zweiten Mal durch die Vorlage getrennter Gesetzentwürfe zementiert, anstatt für eine Verzahnung dieser beiden Bereiche zu sorgen. Sie haben das bereits bei der Altenpflege unterlassen. Jetzt tun Sie das erneut.
Um auf einen weiteren Aspekt einzugehen: Auf Bundesebene ist nicht umsonst die Berufsbezeichnung „Gesundheits- und Krankenpflege“ eingeführt worden. Das Problem ist, dass uns nicht nur die wissenschaftlichen Erkenntnisse, sondern auch die Kenntnisse der gesellschaftlichen Entwicklung erkennen lassen, dass die Trennung zwischen der Krankenpflege auf der einen Seite und einer stärkeren Beachtung von Prävention und Gesundheitsförderung auf der anderen Seite – –
Ganz herzlichen Dank. – Auch das Thema Gesundheitsförderung und Prävention betrifft Sie jetzt schon; denn wenn Sie dies beachten, können Sie den eventuellen Eintritt der Pflegebedürftigkeit möglicherweise etwas hinauszögern. Es lohnt sich also auch in dieser Hinsicht, meinen Vortrag anzuhören.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Landesregierung ist pflegebedürftig! – Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Kürzere Reden sind gesundheitsfördernd!)
Wie gesagt, auch Gesundheitsförderung und Prävention werden in Zukunft eine größere Rolle spielen. Es stellt sich die Frage, warum wir solche Momente in der Pflegeausbildung nicht stärker berücksichtigen. Für die Ausgebildeten werden sich die Vermittlungschancen in diesen Bereichen dadurch nämlich verbessern.
Daher lautet die Frage: Warum kann man nicht eine modulare Ausbildung für die Bereiche Krankenpflege, Altenpflege, Gesundheitsförderung und Prävention entwickeln, wodurch man auch den Assistenzen, d. h. den Helferinnen, weitere Zukunftschancen eröffnen würde?
Die Formulierung in § 3 des vorliegenden Gesetzentwurfs macht deutlich,dass die Landesregierung von einem solch komplexen Ansatz, der meiner Meinung nach zukunftsträchtig ist und den Schülerinnen und Schülern in diesem
Bereich helfen würde, weit entfernt ist. Dort heißt es, es sei Ziel der Ausbildung, „die fachlichen, personalen und sozialen Kompetenzen (zu) vermitteln“. Für ein Landesgesetz, in dem man Gesundheitsziele vorgeben und die Ausbildung an den Zukunftsaufgaben ausrichten kann, ist das eine recht dürftige Formulierung.
Ich komme zum Schluss. – Wenn wir im Ausschuss über diesen Gesetzentwurf beraten, müssen wir meiner Meinung nach gerade über eine Erweiterung des Pflegebegriffs diskutieren.Ich würde mich freuen,wenn es möglich wäre, diesen Gesetzentwurf besser an die Bedürfnisse der Zukunft anzupassen. – Danke schön.
Vielen Dank, Frau Schulz-Asche. – Frau Oppermann, ich darf Ihnen für die CDU-Fraktion das Wort erteilen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Hessische Landesregierung die einjährige Krankenpflegehilfeausbildung nach dem Wegfall der bundesrechtlichen Regelung gesetzlich regelt. Frau Schulz-Asche, ich kann nicht erkennen, an welcher Stelle dieser Gesetzentwurf unkonkret oder, wie Sie gesagt haben, „lieblos“ ist.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie müssen ihn vielleicht einmal lesen! – Reinhard Kahl (SPD): Für einen solchen Gesetzentwurf haben Sie so lange gebraucht!)
Herr Kollege Frömmrich, ich habe den Gesetzentwurf gelesen. Ich weiß nicht, ob Sie ihn genauso intensiv gelesen haben.Wir können gleich einmal einen Test machen.
Die KPH-Ausbildung hat nach ihrem Boom Ende der Sechziger-/Anfang der Siebzigerjahre – übrigens analog zur Altenpflegehilfeausbildung – in den letzten 20 Jahren eher ein Schattendasein geführt. Ich will nicht in die Fachdiskussion einsteigen, weil es nicht die richtige Zeit und der richtige Ort dafür ist. Aber wir werden in Zukunft nicht nur aufgrund ökonomischer, sondern auch aufgrund struktureller Veränderungen mehr Krankenpflegehelferinnen und -helfer benötigen. Es gibt in der Pflege viele
Bereiche, in denen Krankenpflegehelferinnen und -helfer die dreijährig ausgebildeten Krankenschwestern bzw. Krankenpfleger in ihrer Arbeit unterstützen bzw. entlasten können.
Frau Ministerin Lautenschläger hat schon darauf hingewiesen: Mit der einjährigen Ausbildung zur KPH werden viele Hauptschülerinnen die Möglichkeit haben,eine Ausbildung zu beginnen, und nicht zuletzt dadurch, dass in dem Gesetzentwurf das Mindestalter weggefallen ist, direkt von der Schule in die Ausbildung gelangen. Aber auch Ältere, insbesondere Frauen – das ist in der Tat so, Frau Schulz-Asche –, haben mit einer KPH-Ausbildung eine gute Chance, in der Pflege zu arbeiten.
Hier ist zu begrüßen, dass die Möglichkeit einer Teilzeitausbildung eröffnet wird. Dadurch dass die Anzahl der theoretischen Stunden erhöht wurde, besteht eine größere Möglichkeit, als das nach der alten bundesgesetzlichen Regelung der Fall war,nach dem Abschluss der einjährigen Ausbildung in die dreijährige Ausbildung zu wechseln.
Frau Kollegin, vielleicht haben Sie diesen Passus im Gesetzentwurf nicht gelesen, sonst hätten Sie nämlich die Modellklausel gesehen, die außerordentlich zu begrüßen ist, nämlich dass gemeinsame Ausbildungsstrukturen in der Altenpflegeausbildung und in der Krankenpflegeausbildung erprobt werden können. Hier gibt es meines Erachtens mehr gemeinsame Schnittstellen, als das bei der dreijährigen Altenpflege- bzw. Krankenpflegeausbildung der Fall ist. Gerade Sie, Frau Schulz-Asche, die Sie sich sehr intensiv mit dem Thema beschäftigen, müssten eigentlich wissen, wie die fachliche Diskussion bundesweit läuft, was die Verzahnung der Altenpflege- und der Krankenpflegeausbildung angeht. Das wird unter Fachleuten sehr, sehr differenziert gesehen.
Sie haben das Thema Gesundheitsförderung und Prävention angesprochen. Ich weiß nicht, wie dieses Thema in einer einjährigen Ausbildung vernünftig untergebracht werden kann. Damit würde die einjährige Ausbildung überfrachtet.
Mit dem niedrigschwelligen Angebot werden die Ausbildungschancen benachteiligter Personengruppen erhöht. So trägt auch dieser Gesetzentwurf der demographischen Entwicklung im Bereich der Pflege Rechnung. Die CDUFraktion unterstützt nachdrücklich diesen Gesetzentwurf. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Oppermann, ich kann Ihre Eingangsausführungen voll und ganz teilen. Auch ich begrüße es ganz ausdrücklich, dass diese Landesregierung endlich einen Gesetzentwurf vorgelegt hat.
Meine Damen und Herren, wenn ich mir diesen Gesetzentwurf angucke, mit Verlaub: Das hätte man wirklich ein bisschen schneller machen können – dieses Wunderwerk landespolitischer Erkenntnis, na danke. Was wurde stattdessen erreicht? Wochen-, monatelanges Chaos an den Pflegeschulen, weil sie nicht wussten, wohin es geht, weil sie keine Ausführungsbestimmungen zum Krankenpflegeausbildungsgesetz des Bundes hatten und weil das Landesgesetz für die Pflegehilfeausbildung nicht beikam.
Frau Ministerin, wenn Sie uns erzählen, welche Zielgruppe besonders davon profitieren soll: Ausgerechnet denen sollte man ein solches Durcheinander nicht zumuten. Das sind Menschen mit schlechten Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Sie haben ein Recht darauf, dass sich die Regierung Mühe gibt, dass sie frühzeitig ordentliche Regelungen haben.
Meine Damen und Herren, diese Verzögerung, diese Trödelei hätte man durchaus verkraften können, wenn dieser Gesetzentwurf nicht so unglaublich langweilig wäre, denn die Regierung weiß nichts Besseres zu tun, als den Zustand,den es schon vorher gab,in ein Landesgesetz zu gießen – sonst nichts.
Meine Damen und Herren, in der Frage zukunftsweisender Strukturen für das Gesundheitswesen, gerade bei der Ausbildung, hat diese Landesregierung nichts zu bieten.
Frau Oppermann, wenn Sie sagen, die modulare Ausbildung in der Alten- und Krankenpflegehilfe, wie es Frau Schulz-Asche vorgetragen hat, würde von den Fachleuten sehr differenziert gesehen und Prävention würde da nicht mehr hereinpassen: Das ist doch alles ein bisschen arg kurz gesprungen. Hat denn diese Landesregierung überhaupt keine Vorstellung, wie sie auf die Entwicklung des Zukunftsmarktes Gesundheit reagieren muss?