Protokoll der Sitzung vom 15.09.2004

(Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt doch gar nicht!)

Gerade hinsichtlich des Themas Frauenhäuser will ich Ihnen auch sehr deutlich sagen:Wir haben genau dazu beim Hessischen Städtetag angefragt.Wir wollten wissen, ob es Probleme bei der Unterbringung gegeben hat. Der Hessische Städtetag hat mitgeteilt, dass es bisher trotz der Reduzierung des Angebots keine Probleme bei der Unterbringung der Frauen gegeben hat.

Auch da sollten Sie genauer hinschauen. Ich weiß, dass es Schwierigkeiten gibt. Aber es ist nicht so, dass wir nicht mehr fördern würden oder dass wir uns aus der Förderung komplett zurückgezogen hätten. Es ist auch nicht so, dass der Schutz der Frauen nicht mehr gewährleistet ist. Das müssen Sie sich schon anhören.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich will Ihnen noch einen Bereich nennen. Ich meine den Menschenhandel, der gerade die Frauen betrifft. Bei den Mitteln zu dessen Bekämpfung wurde im Jahr 2004 kein Cent gekürzt. Die Mittel wurden sogar mehr. Um dieses Aufgabengebiet werden wir uns auch weiter kümmern. Denn wir haben gesagt: Da ist es besonders schwierig. Wenn wir uns da komplett aus der Förderung zurückziehen würden, würden Frauen tatsächlich – ich möchte es einmal so nennen – unter die Räder kommen.– Deswegen haben wir diesen Schwerpunkt beibehalten und sind dort weiter aktiv.

Wenn Sie dann sagen, wir kümmerten uns in anderen Bereichen nicht mehr um die Prävention, dann müssen wir auch dort im Detail hinschauen. Es war z. B. bei den Mütterzentren für mich keine ganz einfache Entscheidung: Wie gehen wir in diesem Bereich vor? Wir haben gesagt, wir stärken vor Ort die unterschiedlichen Mütterzentren weiter, stocken dort sogar ein kleines bisschen auf – immerhin 33 Mütterzentren werden im Jahr 2004 mit 220.000 c gefördert –, aber wir können die hessische Einrichtung nicht gleichzeitig als übergeordnete Einrichtung aufrechterhalten und werden diese Beratung im Ministerium mit übernehmen.

Das war eine schwierige Entscheidung, aber sie hat gezeigt, dass wir dort, wo viel Engagement vor Ort besteht, wo ehrenamtliche Arbeit geleistet wird, die Struktur erhalten und dass wir sehr genau hingeschaut haben. Denn wir wissen – das auch an Sie, Herr Kollege Rentsch –, dass in den Mütterzentren vor Ort die Mittel sehr effektiv eingesetzt werden. Dort wird eine große Anzahl von Betroffenen erreicht und prima präventive Arbeit, vor allem aber Zusammenarbeit mit Eltern und Müttern betrieben. Das kommt vor Ort richtig an. Deswegen wollen wir dort das Angebot vollkommen aufrechterhalten.

Ich will Ihnen noch etwas sagen.Wenn es um die Mütterzentren geht, sind wir sehr schnell bei der Kinderbetreuung.Sie fordern ein,wir sollten mehr machen,beschweren sich gleichzeitig darüber, dass wir überhaupt irgendwo etwas gestrichen haben.Aber seit 1999 bauen wir genau bei den unter Dreijährigen jährlich aus. Wir haben im letzten Jahr die Fördersumme in der gleichen Höhe erhalten können, um dort weiterzumachen. Denn wir wissen, es ist ein Schwerpunkt, und es ist dringend notwendig für viele Familien, für viele Mütter, dass gerade bei den unter Dreijährigen Angebote vorhanden sind und mehr Angebote geschaffen werden,

(Zurufe der Abg. Petra Fuhrmann (SPD) und Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

weil sie sonst möglicherweise auch noch den Teilzeitarbeitsplatz verlieren. Deswegen halte ich es nach wie vor für einen Schwerpunkt, der auch in diesem Jahr und im nächsten Jahr weiter ausgebaut wird.

(Beifall bei der CDU)

Es kommt nicht von ungefähr, dass gerade dort, wo Plätze für Dreijährige in bestimmten Bereichen nicht besetzt werden können, inzwischen altersübergreifende Gruppen

geschaffen werden.Denn wir als Land haben das als einen Schwerpunkt definiert und alle Kommunen darauf hingewiesen, dass sie Kindergruppen nicht schließen sollen, sondern möglicherweise solche Plätze in Plätze für unter Dreijährige umwandeln sollen. Auch dadurch werden weitere Plätze geschaffen.

(Petra Fuhrmann (SPD): Das sollen die Kommunen bezahlen?)

Wenn Sie dann behaupten, wir würden in diesen Bereichen zurückhängen, dann sage ich Ihnen: Ja, die westlichen Bundesländer haben hier Nachholbedarf. Aber Hessen hat unter den westlichen Bundesländern eine gute Stellung inne, die wir auch im nächsten Jahr weiter ausbauen werden mit der Offensive für Kinderbetreuung,mit dem Tagesmütterprogramm. Denn es geht darum, kindgerechte Angebote zu schaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Petra Fuhr- mann (SPD): Das ist die Unwahrheit, und das wissen Sie auch!)

Frau Fuhrmann, ich weiß, Sie hören das nicht gerne, wenn wir über diese Punkte sprechen. Aber Sie müssen durchaus hinschauen und sagen,wie Sie es anders machen wollen. Das habe ich aber bei Ihrem Gemäkel bisher noch nicht gehört.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Schauen wir uns den Bereich der Jugendarbeit an. Auch dort haben wir schwierige Entscheidungen getroffen. Ich will Ihnen aber auch sagen, dass wir die Lottomittel völlig unangetastet gelassen haben. Es sind die freien Träger, die davon profitieren. Sie sind die Direktbezieher dieser Mittel und hatten die Möglichkeit, planbar weiter zu wirtschaften. Die freien Träger erhalten die Gelder, und das kommt direkt der örtlichen Jugendarbeit, der freien Verbandsarbeit vor Ort zugute. Diese Mittel sind nicht gekürzt worden, sondern auch in den vergangenen Jahren weiter gestiegen.

Die internationale Jugendarbeit wurde ausgebaut. Es handelt sich im Übrigen oftmals um Jugendliche, die benachteiligt sind, die wir mit in andere Regionen nehmen, weil sie keinerlei Chancen haben, das alleine mit ihren Eltern zu machen. Das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts in der Jugendarbeit – Sie behaupten,gerade in diesem Bereich hätten wir irgendetwas zerschlagen – haben wir eingeführt. Die vorherige Regelung hat unter Ihrer Regierung überhaupt nicht funktioniert; denn kein Mensch hat sich freistellen lassen,weil die Firmen das hätten bezahlen müssen. – Jedes Jahr haben wir einen Anstieg im Landeshaushalt zu verzeichnen, auch im vergangenen Jahr. Denn wir wissen genau, dass das örtliche Strukturen sind, die aufrechterhalten werden müssen, Ehrenamtlichkeit, die gefördert werden muss. Genau dort haben wir keinerlei Kürzungen vorgenommen. Das müssen Sie sich schon genauer anschauen, wenn wir über die Einschnitte des letzten Jahres sprechen, meine sehr geehrten Damen und Herren der Opposition.

(Beifall bei den Abgeordneten der CDU)

Sehr geehrte Frau Fuhrmann, wenn Sie dann Beispiele bringen, z. B. dass die AWO in Südhessen bei der Migrationsberatung Insolvenz anmelden musste, dann sage ich Ihnen deutlich: Das ist bedauerlich, aber Sie wissen, über Jahre hinweg waren dort Probleme vorhanden. Dieser Punkt hat nichts mit dem Sparprogramm der Landesregierung zu tun, sondern ist seit Jahren in der Diskussion, weil es interne Probleme in der Finanzierung, in der Ab

rechnung und vieles mehr gab. Sie müssen schon bei der Wahrheit bleiben, dass das nichts mit dem Sparprogramm der Landesregierung zu tun hatte.

Bei der Prävention ging es im Übrigen immer darum:Wo setzen wir an? Ich glaube, hier ist nach wie vor die Ausbildung einer der wichtigsten Bereiche. Warum haben wir die Altenpflegeausbildung weiter verstärkt und ausgebaut? Warum stärken wir die Ausbildung in der Migration, die Ausbildung für schwer vermittelbare Jugendliche, für allein erziehende junge Mütter? All das sind Bereiche, die im letzten Jahr unverändert in den Haushalt eingestellt wurden und die in diesem Jahr fortgeführt werden konnten, weil es die benachteiligten Gruppen betrifft und weil es darum ging, sowohl für Frauen als auch für ausländische oder andere benachteiligte Jugendliche Plätze zu schaffen und ihnen Zukunftschancen zu ermöglichen.

Dort haben wir nach wie vor einen Schwerpunkt gesetzt. Das war aus meiner Überzeugung richtig, und das werde ich für den nächsten Haushalt so beibehalten. Denn junge Menschen bekommen Zukunftschancen, wenn sie die Möglichkeit haben, einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Deshalb muss ich schauen, in welchen Bereichen wir Schwerpunkte setzen. Es war richtig, dass dies einer der Schwerpunktbereiche war, meine Damen und Herren der Opposition.

Ein letzter Punkt. Wir bieten gerade für den nächsten Haushalt – weil ich weiß, wie schwierig es ist, auf kommunaler Ebene und bei den freien Trägern zu planen – einen Vertrag im Zusammenhang mit der Kommunalisierung an, damit sie über einige Jahre hinweg feste, planbare Größen haben.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Das hatten wir im Übrigen schon im Vorfeld probiert. Aber wir sagen jetzt zur Kommunalisierung: Wir wollen euch einen planbaren Rahmen geben, um dort weiterzukommen. Denn wir wissen, dass sich die finanzielle Situation, die Einnahmesituation des Landes momentan dank Ihrer Bundesregierung

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

längst noch nicht wieder verbessert. Deswegen spielt Planbarkeit auf der kommunalen Ebene auch aus unserer Sicht eine ganz wichtige Rolle.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Deswegen kann ich nur als Fazit ziehen: Es war im letzten Jahr ein schmerzlicher Schritt, aber das soziale Netz in Hessen besteht fort, und Sie versuchen nur, Zerrbilder zu zeichnen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Petra Fuhr- mann (SPD))

Frau Ministerin, herzlichen Dank. – Das Wort zur Kurzintervention hat Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie sind in Ihrer

Rede leider überhaupt nicht auf die Sachen eingegangen, die von der Opposition kritisiert worden sind. Das war denkbar schwach.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Da stellen Sie sich hin und erzählen, was alles geblieben ist. Das ist nicht Diskussionspunkt heute. Heute sollte Diskussionspunkt sein, was gestrichen worden ist.An dieser Stelle haben Sie sich gedrückt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Sie haben auch nichts zu den Kriterien gesagt, nach denen gekürzt worden ist. Sie haben nicht über die Jugend- und Drogenberatung gesprochen, warum die Prävention dort gestrichen worden ist. Sie haben nichts zur Schuldnerberatung gesagt. Sie haben nichts zu den sozialen Brennpunkten gesagt.

Es ist ein Armutszeugnis, wenn Sie hier als Ministerin stehen und mit keinem Wort erwähnen, warum diese Kürzungen so ausgefallen sind.– Wenn ich an die neuen Haushaltsberatungen denke, dann kann es mich nur grausen. Denn anscheinend standen Sie schon im letzten Jahr mit dem Rücken zur Wand. Das lässt mich das Schlimmste befürchten für die soziale Landschaft in Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ihr ewiges Gerede vom Netz – suchen Sie sich ein neues Bild. Denn das Netz, das bei den sozialen Einrichtungen in Hessen gespannt ist, hat inzwischen solche Löcher, dass ein Walfisch durchpasst.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Von daher kann ich zu dem Gerede, dass es in Hessen ein Netz gebe, nur sagen: Ein Netz gibt es.Wenn Sie Walfische fangen wollen, dann könnten Sie sie mit diesem Netz vielleicht noch erwischen.

Das gilt auch für das Frauenhaus im Vogelsberg, für das die Mittel gestrichen worden sind. Sie sagen, da gibt es jetzt ein Telefon und Beratungsmöglichkeiten. Aber Frauen, die in ein Frauenhaus wollen, brauchen ein Dach über dem Kopf. Sie brauchen Wände, die sie vor Gewalt schützen, und nichts anderes. Aber genau das haben Sie ihnen genommen. Dazu kann ich nur sagen: Armes Hessen, was die soziale Landschaft betrifft.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat Kollegin Schulz-Asche.

Ich bin etwas verwirrt, weil ich davon ausgegangen bin, dass auf eine Kurzintervention vonseiten der Regierung geantwortet wird.

Frau Kollegin, es muss nicht geantwortet werden.

Ich nehme zur Kenntnis, dass nicht geantwortet wurde. Das ist ja auch nicht schlecht und sagt einiges aus.