Protokoll der Sitzung vom 07.10.2004

(Beifall der Abg. Gottfried Milde (Griesheim) und Anne Oppermann (CDU) – Zuruf des Abg. FrankPeter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Es wird eine Überprüfung geben. Herr Kollege Kaufmann, auch Ihnen dürfte das nicht entgangen sein. Der Landkreis Groß-Gerau hat die Entscheidung beklagt. Demnach wird es also eine Klärung geben.

Wir haben uns heute zum dritten Mal mit der von Ihnen andauernd gestellten Frage zu beschäftigen,nach welchen Kriterien dort entschieden wurde.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben es noch nie dargestellt! Sie haben es immer vertuscht!)

Wir haben das während einer regulären Ausschusssitzung erörtert. Weil Sie ein bisschen Klamauk machen wollten, hatten wir dazu am vergangenen Montag eine Sondersitzung des entsprechenden Ausschusses.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Sie haben Nebelkerzen geworfen,aber nichts erklärt!)

Während dieser Sitzung hat Ihnen die Ministerin erneut erklärt, dass es unterschiedliche Kriterien gegeben hat, dass die Kommunen gefragt wurden, wie es bei ihnen mit den räumlichen Bedingungen aussieht, und dass die Kommunen gefragt wurden, welchen Personalschlüssel sie für die Betreuung vorsehen wollen. Wir alle wissen, dass das ein sehr wesentliches Entscheidungskriterium ist. An die Kommunen wurde die Frage gestellt:Wie sehen denn ihre Konzepte zur eigenen Personalgewinnung aus? Wir haben die Kommunen gefragt: Wie sieht denn die bisher geleistete Einzelfallarbeit aus? Welche Qualifizierungsmaßnahmen werden sie unternehmen? Wie sieht ihr Case Management aus? Wir alle, die wir uns damit beschäftigen, wissen, was damit gemeint ist. Wir haben die Kommunen außerdem gefragt: Welche Kooperationen bestehen bis heute, und welche sind geplant, mit den Wohlfahrtsverbänden, mit den Kirchen, mit privaten Trägern usw.? Meine Damen und Herren, all das gibt ein Konglomerat von Entscheidungskriterien, die am Ende von den Fachleuten im Sozialministerium zu einer Reihenfolge zusammengeführt wurden.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was ist herausgekommen? – Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Ergebnis ist doch entscheidend für eine Rangfolge!)

Das ist Ihnen so oft erklärt worden, dass ich wirklich nur noch unterstellen kann,dass Sie Klamauk machen wollen.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist völliger Quatsch! Ich lasse mir von Ihnen keinen Klamauk unterstellen, wenn Sie die Informationsrechte der Parlamentarier missachten!)

Eine letzte Bemerkung will ich machen. Wenn ich schon ein bisschen Verständnis für diesen Klamauk habe, weil ich mir vorstellen kann, dass man als so schwache Oppositionspartei nichts anderes als solche Themen findet, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, dann ist das die eine Seite.

(Zuruf der Abg.Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Aber wer kein Verständnis für eine solche Art von Politik hat, das sind die Menschen,

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Hören Sie auf mit den Menschen! Sie machen hier Chaos auf Kosten der Langzeitarbeitslosen!)

die befürchten müssen, dass sie, wenn sie es nicht schon sind, arbeitslos werden. Keiner dieser 5 Millionen Men

schen hat Verständnis dafür, dass Sie hier anfangen, Krümel zu zählen bei einem solch gewaltigen und gewichtigen Thema, das vor uns liegt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da müssen Sie arg was zu vertuschen haben!)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Schäfer-Gümbel, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Boddenberg, Sie haben zum zweiten Mal in dieser Woche das Thema verfehlt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Herr Boddenberg, ich habe Ihnen aufmerksam zugehört, weil ich gehofft habe, dass Sie intellektuell in der Lage sind, heute zum Gegenstand der Aktuellen Stunde zu reden. Das ist leider gescheitert. Deswegen bitte ich Sie, jetzt fünf Minuten zuzuhören. Es könnte unter Umständen helfen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Bod- denberg (CDU): Nehmen Sie zur Kenntnis, dass mich Ihr Thema nicht interessiert!)

Das Thema Arbeitsmarktpolitik – das haben wir in diesem Hause schon diskutiert – ist nicht Gegenstand dieser Aktuellen Stunde,es war auch nicht das Thema im Ausschuss. Florian Rentsch hat darauf dankenswerterweise im zweiten Teil seiner Bemerkungen ausdrücklich hingewiesen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Guter Mann!)

Das Thema der Ausschusssitzung und der heutigen Aktuellen Stunde ist vielmehr die Frage, welches die Kriterien sind. Hier hat Herr Boddenberg zur Ausnahme wieder Recht: Die Ministerin hat mehrfach gesagt, was die Kriterien sind. Zweitens war Thema, welche Bewertung diese Kriterien erfahren haben, die letztlich zu einer Rangfolge geführt hat.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Frau Lautenschläger,über diese Bewertung haben Sie uns nach wie vor nicht informiert. Sie weigern sich konsequent, zur Bewertung dieser Kriterien Auskunft zu geben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie waren am Montag eine halbe Stunde lang nicht in der Lage oder nicht willens, die Frage zu beantworten, ob die Entscheidung der Landesregierung, auf die Sie sich immer wieder zurückgezogen haben, eine Entscheidung des Kabinetts oder der obersten Fachbehörde ist, was unterschiedliche Konsequenzen gehabt hätte. Sie sind eine halbe Stunde lang allein um diesen Punkt herumgeeiert, weil Sie das Parlament in dieser Frage konsequent nicht informieren wollen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Übrigen stehen wir mit dieser Kritik als Opposition – und zwar übereinstimmend zwischen allen drei Oppositionsfraktionen – nicht alleine. Der Kreistag des Landkreises Groß-Gerau hat mit den Stimmen der CDUKreistagsfraktion am Montag ausdrücklich gefordert, dass Sie nicht nur die Kriterien, sondern vor allem die Bewertung, die zu der Reihenfolge geführt hat, endlich öffentlich und transparent machen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Es gibt einen Antragstext, den können auch Sie lesen, Herr Boddenberg. So viel zum Thema Intellektualität. – Aber auch an dieser Stelle haben Sie sich erneut im Ausschuss verweigert. Den Hinweis auf das laufende Verfahren kann man jetzt stehen lassen oder auch nicht. Aber selbst auf den Hinweis von Herrn Rentsch, ob wir die Unterlagen nach Abschluss des Verfahrens bekommen, haben Sie nicht nur keine Antwort gegeben,sondern wollten letztlich, dass darüber abgestimmt wird. Das war die Konsequenz, weil Sie nicht bereit waren, mit dem Ausschuss zu kooperieren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dafür gibt es drei mögliche Ursachen. Entweder es gibt ein intellektuelles Problem, Sie sind nicht in der Lage, die Frage zu verstehen. Ich unterstelle aber dem Ministerpräsidenten, dass er das nicht zur Bemessungsgrundlage der Personalauswahl für das Kabinett macht.

Zweitens. Es gibt ein konzeptionelles Problem. Sie sind nicht in der Lage, zu sagen, was Sie eigentlich wollen. Ich glaube im Übrigen sogar, dass dort teilweise ein Problem besteht.

Drittens.Es gibt ein politisches Problem – wie Sie sich verhalten, glaube ich, dass das Ihr Problem ist –, weil die Reihenfolge eben nicht nur nach fachlichen Kriterien erstellt wurde.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Frau Lautenschläger,wenn es fachliche Kriterien gewesen wären, die den Bewertungen zugrunde gelegt worden wären, dann könnten Sie das hier transparent machen. Das Thema Benchmarking ist international rauf- und runterdiskutiert worden, auch die Vergleiche in Kennzahlen und Konzeptionen. Da geht es nicht um Brüskierung; denn die 13 Landkreise und die Stadt Wiesbaden, die sich beworben haben, waren offensichtlich der Auffassung, dass sie gute, intelligente, zukunftsfähige Konzepte haben.

Herr Boddenberg, da geht es nicht um die Frage: Option ja oder nein? Vielmehr geht es um die Frage:Was war die Bewertung, die zu dieser Reihenfolge geführt hat?

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Herr Boddenberg, ich mache es Ihnen sehr konkret: Mich überzeugt die Reihenfolge an den Beispielen Hochtaunuskreis und Landkreis Groß-Gerau überhaupt nicht. Ich bin sehr gespannt, ob die Ministerin ein einziges Mal in

dieser ganzen Debatte in der Lage ist, außer Lautstärke ein fachliches Kriterium zu nennen. Außer Lautstärke hätte ich von Ihnen gerne einmal etwas in der Sache gewusst.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Letzter Punkt. Wenn Sie wirklich ein Interesse daran haben, den Verdacht auszuräumen, dass hier auch andere Kriterien eine Rolle gespielt haben, nämlich die der politischen Besetzung von Landkreisen,

(Michael Boddenberg (CDU): Unverschämtheit!)

wenn Sie diesen Verdacht ausräumen wollen, dann können Sie hier und heute die Bewertung öffentlich machen und dem Ausschuss die Unterlagen zur Verfügung stellen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Allerletzte Bemerkung. Frau Ministerin, an dieser Stelle finde ich es schon etwas schofelig – aber das sind wir seit einem Jahr gewohnt –, dass Sie bis heute offensichtlich nicht in der Lage waren, selbst zum Telefonhörer zu greifen,beim Landkreis Groß-Gerau anzurufen und zu sagen, es tue Ihnen Leid, dass es so passiert ist. Mit Verlaub, Frau Lautenschläger, das ist ein echt schwaches Stück. – Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU: Oh!)

Vielen Dank. – Das Wort hat die Sozialministerin, Frau Staatsministerin Lautenschläger.