Protokoll der Sitzung vom 25.01.2005

(Beifall bei der CDU)

Eine letzte Bemerkung zum Vergleichziehen. Sie haben von Versäumnissen gesprochen.Wir könnten auf Sachverständige verweisen, die sich mit den jüngeren vergangenen Jahren, aber auch mit der Zukunft beschäftigen. Sie wissen so gut wie ich, dass in einer Vergleichsstudie der „Wirtschaftswoche“, der „Initiative neue soziale Marktwirtschaft“

(Norbert Schmitt (SPD): Die hat uns gerade noch gefehlt!)

und des Instituts Prognos Hessen im Jahre 2005 unter den drei stärksten Bundesländern liegt, nämlich gemeinsam mit Bayern und Baden-Württemberg. Prognos geht sogar so weit, zu sagen, Hessen dürfte am Ende die Nase vorne haben. Also allesamt keine unerfreulichen Entwicklungen. Allerdings – Herr Frankenberger, ich stimme Ihnen darin ausdrücklich zu – darf uns das nicht davon abhalten, Weichen für die Zukunft zu stellen. Das tun wir.

Zum Thema Technologieförderung. Den Etat haben wir gerade um 40 % auf 6,8 Millionen c erhöht. Wir haben auch erfreuliche Entwicklungen in sehr modernen Technologien teilweise implementiert, teilweise gefördert. Das ist zum einen die Biotechnologie. Dort verweise ich darauf, dass nach relativ kurzer Zeit bereits in dem neuen Technologiezentrum in Frankfurt 70 % der Fläche realisiert waren, ein sehr erfreuliches Ergebnis. Ein zweiter

Bereich ist die Nanotechnologie, ein Thema, bei dem wir in Hessen eine tolle Situation haben.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren und Herr Posch, da gibt es unterschiedliche Ansätze. Herr Klemm hat sich zu Recht im Wirtschaftsausschuss in die Diskussion eingeschaltet. Man kann darüber streiten, ob denn die Fläche – wie wir sagen –, die dezentrale Strukturvernetzung oder das Fokussieren auf einzelne Standorte der bessere Weg ist.Wir sind der Meinung und haben das mehrfach begründet, dass man das aufgrund der Tatsache, dass Nanotechnologie in nahezu allen Wirtschaftsbereichen vorkommt, dezentral organisieren muss. Wir müssen die vielen Kompetenzen,die wir im Bundesland sowohl in den Hochschulen wie auch in den Unternehmen haben, flächendeckend nutzen und nicht nur an einigen Stellen.

Meine Damen und Herren, wenn Sie über Mittelhessen sprechen, dann müssen andere oder ich über Nordhessen und die Kompetenzen der Hochschulen dort sprechen. Ich spreche auch über den südhessischen Raum. Um ein konkretes privatwirtschaftliches Beispiel zu nennen: Sie wissen alle, wie sehr sich das Unternehmen Degussa gerade in diesem Segment bewegt. Wir haben vor wenigen Wochen dort eine hervorragend besuchte Veranstaltung zu der Vernetzung praktischer Unternehmensarbeit mit Wissenschaft durchgeführt, die sicherlich bundesweit einmalig ist.

Wenn Sie die Verkehrsinfrastruktur angesprochen haben: Dort brauchen wir von Rot-Grün keine Nachhilfe.

(Beifall bei der CDU)

Das betrifft sowohl den Luftverkehr als auch den Straßenverkehr. Wir konnten in diesen Tagen ein europäisches Luftfahrtzentrum eröffnen, mit starken privaten Partnerschaften. Damit konnten wir noch einmal sehr deutlich nach außen dokumentieren,

(Nicola Beer (FDP): Das ist ein gemeinsames Zentrum!)

dass Frankfurt und Hessen der zentrale Luftverkehrsstandort in Deutschland ist. Das ist ein wichtiges Signal, aber auch die Fortsetzung einer konsequenten Politik.

Das gilt nicht nur für das Rhein-Main-Gebiet. Das gilt gleichermaßen für den nordhessischen Raum. Herr Kollege Frankenberger, ich kann nicht nachvollziehen, wie Sie sich beim Thema Kassel-Calden mit einem Satz begnügen können, wenn Sie auf der anderen Seite einfordern,

(Beifall bei der CDU)

dass produktive Wirtschaftspolitik betrieben wird. Das ist eines der deutlichen Zeichen unserer – der von der CDU getragenen – Landesregierung: dass wir Nordhessen als einen sehr starken Wirtschaftsraum entwickeln wollen und dort teilweise – ich werde nachher kurz darauf eingehen – auch sehr erfolgreiche Entwicklungen feststellen können. In diesen Tagen konnte man in der „Fuldaer Zeitung“ ein Interview mit Herrn Al-Wazir lesen. Darin hat er sinngemäß gesagt, er fände es besser, wenn die nordhessischen Menschen nicht von Kassel-Calden aus nach Mallorca flögen, sondern in die Rhön zum Schafezählen kämen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So einen Unsinn können nur Sie er zählen! So etwas erzählt der Kollege Al-Wazir nicht!)

Herr Al-Wazir, ich glaube, das war wörtliche Rede. Das ist so bezeichnend für die Politik, die Sie über viele Jahre in Hessen gemeinsam mit der SPD betrieben haben, dass man das nicht weiter kommentieren muss.

(Beifall bei der CDU)

Was war denn mit den Verkehrsinfrastrukturen in diesem Bundesland? Wie sehr sind wir auch wiederum von den grünen Oppositionspolitikern gescholten worden, wir würden nur in Beton denken, als wir das für das Jahr 2005 nochmals erweiterte Landesstraßenbauprogramm aufgelegt haben.Wir sind mittlerweile beim Zweieinhalbfachen dessen, was Sie uns hinterlassen haben. Das ist kein einfacher, aber ein sehr notwendiger Weg.

(Beifall bei der CDU)

Frau Evelin Schönhut-Keil schaut schon und wird sicherlich gleich sagen, man dürfe nicht nur in Beton investieren. Frau Schönhut-Keil, das werden wir genau nicht tun.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sondern? Gibt es in Kassel-Calden eine Grasbahn, oder was?)

Wir sagen: Wir müssen auch zu intelligenteren Lösungen kommen,

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das hören wir gerne, glauben es Ihnen aber nicht!)

als Verkehrsressourcen so zu nutzen, wie wir sie heute nutzen. Es ist gerade in den letzten Tagen mit viel Aufmerksamkeit auch außerhalb Hessens registriert worden, dass wir unter dem Titel „Staufreies Hessen“, eine Vision für das Jahr 2015, ein äußerst viel versprechendes Projekt angestoßen haben – ein sehr dringend notwendiges Projekt, weil wir wissen, dass die Ressourcen in dieser Hinsicht begrenzt sind. Herr Frankenberger, ich könnte fortfahren und mit Ihnen über den ÖPNV reden. Ich weiß, es gibt jetzt erste Dementis vonseiten der Bundesregierung. Aber ich hätte schon einmal ganz gerne gewusst,was denn die Planung zwischen dem Bundesfinanzminister und dem Bundesverkehrsminister bezüglich des Volumens für den ÖPNV ist.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sollten sich lieber um den hessischen ÖPNV kümmern!)

Gibt es dieses Papier, oder nicht? Es ist auf jeden Fall keine Erfindung der hessischen CDU, sondern es ist ein offensichtlicher Vorgang innerhalb dieser Bundesregierung. Wir hätten schon ganz gerne gewusst, ob das so kommen soll und, wenn ja, welche Bereiche und welche Projekte in Hessen davon betroffen sind. Ich denke, der Wirtschaftsminister wird dazu noch Stellung nehmen.

Meine Damen und Herren, wir reden in Hessen als dem zentralen Standort natürlich nicht nur über Verkehrspolitik,sondern wir reden auch über einen weiteren wichtigen Standortfaktor, nämlich den gesamten Bereich des Finanzplatzes Frankfurt. Hier gibt es die eine oder andere Initiative. Auch bei der Bundesregierung gab es – wie Sie wissen – eine Initiative, die allerdings nicht „Finanzplatz Frankfurt“, sondern „Finanzplatz Deutschland“ hieß. Man müsste jetzt einmal fragen, was davon eigentlich übrig geblieben ist. Die Aktivitäten der Landesregierung für den Finanzplatz Frankfurt konnten Sie in diesen Tagen

verfolgen.Wir haben an einigen Baustellen dringend notwendigen Reformbedarf. Wir haben dort Reparaturbedarf, wo Unternehmen zunehmend Liquiditätsprobleme haben, die sie eigentlich mit international modernen Investments lösen könnten, also Veräußern von Immobilienvermögen in börsennotierte Märkte. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, den wir vorantreiben wollen und wo es – wie Sie wissen – eine Bundesratsinitiative gibt.

Ein weiterer Punkt ist nach wie vor das schwierige Problem der Umstrukturierung von Konzernen. Dort haben wir heute die Situation, dass gewerbesteuerpflichtige oder -relevante Prozesse beim Transfer von Immobilienvermögen innerhalb von Konzernen stattfinden – ein Wettbewerbsnachteil, der den Standort Deutschland ebenfalls vor einige Aufgaben stellt. Hier gibt es ebenfalls eine Bundesratsinitiative,die gewerbesteuerliche Doppelbelastung abzuschaffen.

Es geht nicht nur um Gesetzgebung bei steuerlichen Fragen für die finanzdienstleistenden Unternehmen. Es geht auch darum, dass wir diese zum Teil sehr positiven, teilweise aber auch mit einiger Unterstützung zu bedenkenden Bereiche vonseiten der Kompetenzen, also der Bildung, fördern. Ich freue mich sehr darüber, dass wir mit dem Center of Finance an der Uni Frankfurt eine Menge Persönlichkeiten gewinnen können, die sich für die Modernität dieses Frankfurter Finanzplatzes engagieren und dafür sorgen werden,dass wir dort noch mehr Politik,Wissenschaft und Unternehmen zusammenführen. Sie wissen, dass dort immerhin 15 Professuren geplant und zum Teil schon besetzt sind.

Mit dem House of Finance wollen wir eine Plattform zwischen Wissenschaft, Unternehmensvorständen und dem Finanzplatz insgesamt schaffen. Nicht zuletzt geht es auch darum, dies in dem Wettbewerb, in dem wir stehen, tagtäglich nach draußen deutlich zu machen. Deswegen ist es eine der wesentlichen Aufgaben, für alles, was Wirtschaftsförderung heißt, die Kräfte zu bündeln. Das gilt für den Finanzplatz Frankfurt genauso wie für alle anderen Wirtschaftsbereiche, auch für die mittelständische Förderung. Auch dort sind wir unterschiedlicher Auffassung, Herr Frankenberger. Aber jetzt schauen wir doch einmal zu und warten ein, zwei Jahre ab, wie sich diese Dinge entwickeln.

Ich halte es für dringend geboten, endlich diese unterschiedlichen Bereiche von Technologieförderung, Wirtschaftsförderung – finanzieller wie nur personeller Natur – unter ein Dach zu bringen. Das ist der Weg, den der Wirtschaftsminister gegangen ist. Ich bin fest davon überzeugt, dass das der richtige Weg ist, denn zukünftig muss jedes Unternehmen, das in Hessen tätig ist oder tätig werden will, wissen, dass es einen zentralen Ansprechpartner gibt.

Meine Damen und Herren,auch dazu noch einige Zahlen. Ich habe einmal gesagt, dass Existenzgründung unter anderem sehr viel mit dem Thema Bürokratie zu tun hat. Was begegnet jungen Unternehmen an Bürokratiewust? – Ich bin zum Ergebnis gekommen, dass sich das, was wir dort erreicht haben, durchaus sehen lassen kann. Wir liegen bei den Neugründungen 12 % über dem gesamtdeutschen Wert.Meine Damen und Herren,wenn Sie in Ihrem Antrag sagen, Gründer fühlten sich in anderen Bundesländern wohler als in Hessen, dann finde ich das schon merkwürdig, denn wir sind, was diese Zahl anbelangt, hinter Bayern auf Platz zwei. Diesen Platz kann man noch verbessern. Das ist zugegebenermaßen der Fall. Aber wir sind nicht ganz unzufrieden, dass wir diesen Platz haben.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist bald zu Ende.

Eine Thematik möchte ich als Letztes schon noch ansprechen. Das hat noch einmal sehr viel mit dem Thema Mittelstand zu tun. Wenn wir über Wirtschaftspolitik reden, dürfen wir diese nicht nur ressortbezogen sehen. Vielmehr müssen wir Wirtschaftspolitik und Mittelstandsförderung in Gänze sehen. Nach wie vor bin ich der Meinung, dass es eines der wichtigsten Dinge der letzten Jahrzehnte in diesem Bundesland war, dass wir die Bildung verbessert haben. Wir haben das Humankapital für die Handwerksunternehmen und die mittelständischen Unternehmen und für die hessischen Hochschulen verbessert. Diesen Weg werden wir weiter fortsetzen. Das passt sehr gut zu dem, was wir hinsichtlich der Wirtschaftspolitik an vielen Stellen bewegt haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Boddenberg, vielen Dank. – Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Riege das Wort. Herr Kollege Riege, Sie haben zwei Minuten Redezeit.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Boddenberg, das, was Sie hier festgestellt haben, möchte ich mit dem Begriff Problembewusstsein umschreiben. Früher haben Sie bestritten,dass man überhaupt über Wirtschaftspolitik reden muss. Damals vertraten Sie die Auffassung, das sei bei Ihnen alles aus einem Guss.

(Beifall des Abg.Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Hinsichtlich der nun erhobenen Behauptung, es gebe Neuerungen bei der Förderung des Mittelstandes und des Finanzplatzes Frankfurt, gilt die Frage, die mein Kollege Klemm gestellt hat: Wie lange müssen Sie noch regieren, bis es da zu Resultaten kommt?

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie regieren jetzt fast sechs Jahre lang dieses Land und berufen sich noch auf Zahlen, die aus dem Jahre 1997 stammen.Ich erwarte von Ihnen,dass Sie eine Bilanz vorlegen, die aufzeigt, was Sie während Ihrer Regierungszeit in Hessen an wirtschaftlichen Verbesserungen erreicht haben. Bisher besagen die Zahlen des Ländervergleichs jedenfalls, dass wir schlecht sind und schlecht bleiben.Auch wenn Sie noch 100 Jahre regieren sollten, wird sich daran vermutlich nichts ändern.

Herr Kollege Posch wird Ihnen gleich noch einmal das aufzählen, was wir Ihnen schon mehrfach aufgezählt haben. Er wird Ihnen aufzeigen, wo Sie überall versagt haben und wo noch nicht einmal jetzt angefangen wird, daran zu arbeiten. Ich will gar nicht davon reden, dass Sie nicht in der Lage sind, die Resultate zu verbessern.

Ich bin fest davon überzeugt, dass der einzige Fortschritt darin besteht, dass Sie jetzt wenigstens einräumen, dass man da etwas unternehmen müsste. Das haben Sie früher immer bestritten. Ich erwarte von Ihnen aber mehr. Das

muss auch Resultate erbringen. Dazu bräuchten Sie aber einen dynamischeren Wirtschaftsminister, als Sie zurzeit haben.

(Beifall bei der SPD)

Zur Antwort erhält Herr Kollege Boddenberg das Wort.

Herr Riege, ich bin schon wieder überrascht, und zwar nicht nur über den Antrag Ihrer Fraktion, sondern auch darüber, dass Sie Ihre Anträge jetzt offensichtlich zusammen mit Herrn Posch zu Papier bringen.Allerdings glaube ich das nicht so richtig.Herr Posch wird nachher sicherlich dazu etwas sagen.