Protokoll der Sitzung vom 17.03.2005

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Wintermeyer, CDU-Fraktion.

(Gerhard Bökel (SPD): Noch so ein Hospitant!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin dankbar, dass mir das Risiko nicht entgegengekommen ist, nachdem Frau Hofmann „Frau Hofmeyer“ genannt worden ist, dass ich „Wintermann“ statt Wintermeyer genannt wurde. Herzlichen Dank, aber es ist eine ganz gute namentliche Verbindung.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, wieder einmal nimmt die Opposition die notwendigen Sparmaßnahmen der Landesregierung zum Anlass, das Ende des Rechtsstaates an die Wand zu malen. Dies ist völlig unbegründet, und Lautstärke ersetzt keine Argumente.

(Beifall bei der CDU)

Erstens sollten wir uns alle darüber klar werden, dass Einsparmaßnahmen erforderlich, ja unausweichlich sind. Zweitens sollten wir uns darüber klar werden, dass die Einsparmaßnahmen, die der Justiz und auch der Staatsanwaltschaft – insbesondere der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main – zugemutet werden,zwar schmerzhaft,aber dennoch verkraftbar sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die Steuereinnahmen – das müssen wir einmal auf die Realität herunterbrechen – verharren auf dem Stand der Neunzigerjahre.

(Reinhard Kahl (SPD): Das ist schlicht falsch!)

Der von Ihnen prophetisch beschworene Aufschwung und damit auch die Erhöhung der Steuereinnahmen sind nicht in Aussicht. Auch starke Bundesländer wie Hessen können sich diesen veränderten Einnahmebedingungen nicht entziehen. Da hilft auch kein Schönreden. Es muss gehandelt werden, um dieser Katastrophe hier entsprechend entgegenzuwirken.

(Heike Hofmann (SPD):Ablenkungsmanöver!)

Wir haben gehandelt. Wir haben uns dafür entschieden, nicht Kredite als Hypothek für die Zukunft aufzunehmen,

(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sondern alle Anstrengungen zu unternehmen und diese auch einzufordern.Der CDU-Fraktion war dabei stets bewusst, dass es zu keiner Gefährdung des Rechtsstaates kommen darf.

(Beifall bei der CDU)

Frau Hofmann, unter dieser Prämisse sind die Einschnitte, die auf die Justiz entfallen, so moderat wie möglich gehalten worden. Die Justiz ist keine einsame Insel, die von jeglichen Einsparmaßnahmen verschont bleiben kann. Anstrengungen müssen alle unternehmen. Das ist nicht immer erfreulich,aber dennoch verkraftbar.Wir alle wissen – die Vorstellung der Kriminalstatistik vor wenigen Tagen hat es wieder eindrucksvoll gezeigt –,

(Norbert Schmitt (SPD): Dass die Straftaten zunehmen!)

dass die Strafverfolgungsbehörden großartige Arbeit leisten, aber das bindet auch Ressourcen.

(Beifall bei der CDU)

Frankfurt nimmt dabei eine besondere Stellung ein. Die Internationalität der Stadt, die Banken, der Flughafen,

die Messe und zahlreiche internationale Firmen bedingen, dass auch Strafverfahren oft größere Ausmaße als an anderen Orten annehmen. Dies stellt insbesondere Anforderungen an die Strafverfolgung, der die Frankfurter Staatsanwaltschaft vollumfänglich gerecht wird.

(Boris Rhein (CDU): Bravo!)

Nur die Motivation der vielen Mitarbeiter aus allen Dienstbereichen führt dazu, dass die Strafverfolgung in Frankfurt auf dem gewohnt hohen Niveau erfolgt. Meine Damen und Herren, dafür möchte ich meinen ausdrücklichen Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber nicht nur in Frankfurt, sondern der gesamten hessischen Justiz sagen.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Die Mitarbeiter brauchen nicht Ihren Dank, sondern Personal!)

Gerade der besonderen Bedeutung der Staatsanwaltschaft Frankfurt hat die Landesregierung bei ihren Einsparmaßnahmen Rechnung getragen. Der Herr Minister hat es eben gerade gesagt. 2004 hat der Stellenabbau überhaupt keine entsprechende Auswirkung gehabt; es wurden keine Stellen abgebaut. In dem Zeitraum ab diesem Jahr bis 2007 beträgt der jährliche Stellenabbau weniger als 2 %. Manche Firma und mancher Betriebsrat wären hierfür sehr dankbar.

Ein weiterer entscheidender Punkt wird von der Opposition wieder gänzlich und vollkommen unterschlagen.Dies ist die beispiellose Modernisierungsoffensive in der hessischen Justiz,

(Heike Hofmann (SPD): Die zu Mehrarbeit führt!)

die gerade dank des besonderen Engagements der Mitarbeiter zu einer spürbaren Entlastung in der Justiz führen wird. Sie wird – daran habe ich keinen Zweifel – die maßvollen Einschnitte im personellen Bereich voll kompensieren. Bis Ende 2006 werden wir die Modernisierungsoffensive administrativ abgewickelt und 45 Millionen c investiert haben. Im Ergebnis wird sich zeigen, dass wir in der Justiz eine geringere Belastung als vorher haben.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch einen weiteren Aspekt ansprechen, der bislang leider nicht erwähnt wurde. Es ist meines Erachtens zwingend notwendig,dass wir auf bundesgesetzlicher Ebene Einvernehmen erzielen, sozusagen einen Justizgipfel machen, um die Justiz wieder auf ihre Kernaufgaben zu reduzieren.

(Norbert Schmitt (SPD):Was meint er damit?)

Dies gilt auch für die Staatsanwaltschaften und hätte dadurch die Folge einer wesentlichen Arbeitserleichterung. Wir brauchen eine Straffung der organisatorischen und institutionellen Strukturen.

(Norbert Schmitt (SPD):Gehört dann der KantherProzess zum Kernbereich, oder nicht mehr?)

In der Diskussion sind bereits die aus meiner Sicht richtigen Ansätze, nämlich die Straffung der Verfahrensstrukturen, eine Begrenzung des Instanzenzuges und eine Reduzierung der Beschwerdemöglichkeiten, die eine wirksame Entlastung der Justiz ermöglichen würden.

(Zurufe der Abg. Heike Hofmann und Norbert Schmitt (SPD))

Sie jedoch, meine Damen und Herren von der Opposition, insbesondere von SPD und GRÜNEN, verhalten

sich wie immer unkonstruktiv und ziehen wieder einmal den Klamauk substanziellen Lösungen vor.

(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach du liebe Zeit!)

Meine Damen und Herren, ich darf für unsere Fraktion feststellen: Die hessische Justiz ist voll funktionsfähig und auf gutem Weg.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Wintermeyer. – Das Wort hat Frau Kollegin Beer, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es etwas schade, dass wir bei diesem Thema wieder die übliche Schwarz-Weiß-Malerei hören und dass auf beiden Seiten wieder mit dem pawlowschen Reflex reagiert wird. Sehr geehrter Herr Wintermeyer, für die FDPFraktion kann ich Ihnen sagen, dass auch wir die Notwendigkeit sehen, die Verschuldung in diesem Lande abzubauen und Personalkosten zu senken.Allerdings – das hat mein Kollege von Hunnius hier immer wieder vorgetragen, leider ohne dass es bei Ihnen verfangen hätte – heißt dieses Sparen, dass man vorher eine Aufgabenkritik macht, um nämlich intelligent zu sparen und nicht dumm zu kürzen, wie das bei Ihnen leider an mehreren Stellen geschieht.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, in diesem Zusammenhang haben wir als FDP die Modernisierungsoffensive immer mit unterstützt und in der letzten Legislaturperiode gemeinsam angeschoben. Aber ich glaube, dass wir es ernster nehmen müssen, wenn jetzt die wichtigste und größte Staatsanwaltschaft im Lande eine derartige Warnung abgibt. Ich glaube, dass es wert ist, einmal dahinter zu gucken.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Staatsanwälte, die für ihre Organisation – von daher sind es nicht nur drei Staatsanwälte, sondern sie treten für ihre entsprechenden Verbände und damit für ihre Kollegen auf – warnen, beziehen sich nicht nur auf den bereits erfolgten Stellenabbau, sondern sie beziehen sich ausdrücklich auch auf den geplanten Stellenabbau. Sie selbst haben den Umfang vorgetragen und warnen explizit, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. Sie wollen eben nicht, dass es zu entsprechenden Nichtverfolgungen und zu Haftentlassungen kommt, nur weil die Staatsanwaltschaft ihrer Arbeit nicht gerecht werden kann. Das finde ich löblich.

Herr Minister, wir müssen der Ehrlichkeit halber sagen, dass wir bei aller Entlastung, die die jetzt zugange seiende Modernisierung einmal bringen wird, zurzeit feststellen müssen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – erst recht im nicht richterlichen Dienst – durch den Modernisierungsprozess belastet werden, und zwar zusätzlich zu ihren Aufgaben im Sekretariatsbereich, denn hier wird vielfach Personal abgezogen, das in Schulungen gehen muss, das dieses Thema einführen und die anderen Kollegen anlernen muss. Man muss von daher die aktuelle Be

lastungssituation sehen und kann das nicht einfach auf die in Zukunft bestehende Situation hochrechnen.

Herr Minister, dasselbe gilt hinsichtlich der Erhöhung der Arbeitszeit, die Sie erwähnt haben. Wir alle miteinander wissen, dass die Erhöhung der Arbeitszeit nur für die Beamten gilt. Nur für sie kann man das einfach rechnerisch umsetzen. Wir haben aber gerade in dem nicht richterlichen Dienst, dessen Zustand beklagt wird, allenfalls ein Verhältnis von 50 : 50. Das heißt, etwa die Hälfte sind Angestellte, für die der BAT gilt, der diese Erhöhung der Arbeitszeit noch nicht vorsieht. Ich weiß, dass die Landesregierung daran arbeitet, einen anders lautenden Tarifvertrag abzuschließen. Aber momentan kommt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Staatsanwaltschaften und auch im übrigen hessischen Justizdienst die Arbeitszeitverlängerung noch nicht zugute.Von daher ist die von Ihnen angegebene Entlastung zumindest in dieser Höhe noch nicht gegeben.

Herr Minister, ich wäre Ihnen auch dankbar, wenn Sie die aus dieser gesamten Situation resultierende Demotivation, die in dem offenen Brief beschrieben wird, etwas ernster nehmen würden.Wenn man mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des hessischen Justizdiensts spricht, erkennt man, dass das immer mehr zu einem im Vordergrund stehenden Aspekt wird. Dies gilt im Hinblick auf Folgendes: Wenn nach dem Personalabbau noch freie Stellen vorhanden sind, dann können sie gerade im nicht richterlichen Dienst zum größten Teil kaum noch besetzt werden.

(Beifall bei der FDP)