Protokoll der Sitzung vom 28.04.2005

Frau Kollegin Hofmann, ich halte es für absurd, dass Sie jetzt auch noch mit dem Kopf schütteln. Wenn man die Presseerklärung des Herrn Minister Wagners liest, stellt man fest,dass von der Überschrift über sämtliche Absätze bis zum letzten Satz nur über Straftäter und Verurteilte gesprochen wird. Das konnte man gar nicht anders verstehen. Es geht da nur um Verurteilte.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich halte das auch noch aus einem anderen Grund für absurd. Herr Kollege Al-Wazir, Sie könnten jetzt sagen, das wäre ganz eindeutig und aufgrund der Person Christean Wagner müsse man das so verstehen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Satz ist eindeutig!)

Ich halte es auch deswegen für absurd, weil die Presseerklärung, die vom 10. März dieses Jahres war, die also sechs Wochen alt ist, von keinem der 110 Abgeordneten, die sie in Ihrem Postfach vorfanden, von keinem der so gebildeten wissenschaftlichen Referenten der Fraktionen und von keinem Mitglied der Landespressekonferenz so verstanden wurde, wie Sie es jetzt hier darzustellen versuchen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Die ganze Diskussion ist auch deswegen so absurd, weil, wenn Herr Minister Dr. Wagner das, was Sie ihm unterstellen, hätte aussagen wollen, er es sicherlich mit Hilfe der Presseabteilung der Staatskanzlei und seiner eigenen Presseabteilung in der Überschrift so formuliert und für sich daraus eine Pressekampagne gemacht hätte, anstatt sechs Wochen lang darauf zu warten, dass irgendein Sozialverband das missinterpretiert.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sehen Sie, Sie trauen ihm das auch zu!)

Nein, das ist keine missverständliche Presseerklärung. Vielmehr ist doch eines offensichtlich: Mit der PISA-Studie testen wir das Leseverständnis der Schulkinder. Vielleicht sollten wir nach dieser Diskussion auch einmal das Leseverständnis einiger Abgeordneter und Journalisten testen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren! Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Oh!)

Herr Kollege Hahn,Sie hätten einen Antrag stellen können. Dann hätten wir das anders machen können.

Herr Kaufmann erhält das Wort zur Geschäftsordnung.

Herr Präsident! Ich möchte etwas zum Verfahren hinsichtlich der Dringlichen Anträge sagen. Ich denke, wir sollten keine Überweisung an den Ausschuss ins Auge fassen, sondern sie gleich abhandeln.

(Beifall bei der FDP)

Ich schlage vor und beantrage hiermit, den Dringlichen Antrag, Drucks. 16/3942, für erledigt zu erklären, weil der Herr Justizminister das Begehren erfüllt und eben jene Erklärung abgegeben hat.

(Beifall bei der Abgeordneten der FDP)

Für den Dringlichen Antrag, Drucks. 16/3943, beantrage ich, gemäß § 82 Abs. 2 der Geschäftsordnung eine getrennte Abstimmung durchzuführen. Dabei sollte wie folgt getrennt werden. Zusammengefasst werden kann Nr. 1 des Dringlichen Antrags mit dem ersten Satz von Nr. 2. Der zweite Teil wäre dann der Rest des Textes. Unsere Absicht besteht darin, da unterschiedlich zu votieren. – Das beantrage ich hiermit.

(Nicola Beer (FDP): Das hat auch etwas mit Leseverständnis zu tun!)

Vor allen Dingen muss ich das verstehen.Ich habe es auch verstanden.– Herr Kollege Walter,Sie haben das Wort zur Geschäftsordnung.

Herr Präsident! Es wurde beantragt, den Dringlichen Antrag der Fraktion der SPD für erledigt zu erklären, weil der Minister gesprochen habe. Das trifft so nicht zu. Der Herr Minister hat sich nämlich nicht von seinen Äußerungen distanziert.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU – Hans-Jür- gen Irmer (CDU): Das ist peinlich!)

Herr Kollege Walter, einen Augenblick bitte. – Meine Damen und Herren!

Frau Beer, ich gebe Ihnen Recht, dass der Herr Minister erkennbar straffällig gewordene Langzeitarbeitslose gemeint hat. Das macht die Sache aber um keinen Deut besser. Denn die eigentliche Zielrichtung ist, zu sagen, Langzeitarbeitslose sind Kerle, die morgens nicht aus dem Bett kommen – –

Herr Kollege, bitte sprechen Sie zur Geschäftsordnung, also dazu,wie wir mit Ihrem Dringlichen Antrag umgehen sollen.

Ich muss diesen Geschäftsordnungsantrag begründen. – Um 5 Uhr liegen sie schon wieder im Bett, weil sie so viel Bier getrunken haben, dass sie nicht arbeiten gehen können. Der Justizminister sagt dann allerdings: Diejenigen, die nicht strafbar geworden sind, die bekomme ich nicht, bei denen kann ich keine Maßnahmen durchführen. Nur bei denen, die strafbar geworden sind, kann ich etwas machen, nämlich die Maßnahme mit der elektronischen Fußfessel. Die eigentliche Aussage ist doch: Langzeitarbeitslose sind faule Leute, die keinen geordneten Tagesablauf – –

Herr Kollege, ich ermahne Sie noch einmal, zur Geschäftsordnung zu sprechen.

(Jürgen Walter (SPD) verlässt das Rednerpult.)

Ich habe keinen Antrag von Ihnen dazu vernommen.Gibt es einen Antrag dazu?

(Jürgen Walter (SPD): Über den Dringlichen Antrag soll abgestimmt werden! – Reinhard Kahl (SPD): Der Dringliche Antrag ist nicht erledigt!)

Sie beantragen also direkte Abstimmung.Wissen Sie, was hier vorne und bei Ihnen deutlich ist, sind manchmal zwei verschiedene Paar Schuhe.Das ist zugegebenermaßen der Fall.

Die Antragsteller haben beantragt, über den Dringlichen Antrag der SPD-Fraktion direkt abzustimmen. Der andere Antrag besteht darin, den Dringlichen Antrag für erledigt zu erklären. Deswegen lasse ich zunächst darüber abstimmen, ob der Dringliche Antrag erledigt ist.

(Nicola Beer (FDP): Das geht nur, wenn der Antragsteller zustimmt! – Weitere Zurufe)

Damit ist der Antrag des Herrn Kollegen Kaufmann de facto kein Antrag, sondern nur ein Vorschlag gewesen. Es wird also abgestimmt.

Wer dem Dringlichen Antrag der Fraktion der SPD, Drucks. 16/3942, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen?

(Volker Hoff (CDU): Erst beantragen, der Dringliche Antrag solle erledigt sein,und dann stimmen sie mit ab!)

Stimmenthaltungen? – Damit ist der Dringliche Antrag mit den Stimmen der Abgeordneten der CDU und der FDP gegen die Stimmen der Abgeordneten der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN abgelehnt.

(Frank Gotthardt (CDU): Dann hat sich die Debatte doch gelohnt!)

Wird die getrennte Abstimmung vom Antragsteller akzeptiert?

(Reinhard Kahl (SPD): Das muss akzeptiert werden!)

Ich komme zur Abstimmung über den Dringlichen Antrag der Fraktion der CDU,Drucks.16/3943.Ich lasse über Ziffer 1 und den ersten Satz der Ziffer 2 abstimmen. Wer diesen Sätzen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist dieser Teil des Antrags einstimmig angenommen worden.

Ich stelle jetzt den zweiten und dritten Satz des zweiten Absatzes zur Abstimmung.Wer diesen Sätzen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit sind diese beiden Sätze mit den Stimmen der Abgeordneten der CDU- und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN angenommen worden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,vereinbarungsgemäß kommen wir damit zu Tagesordnungspunkt 2:

Vereidung des stellvertretenden Landesanwalts durch den Präsidenten des Hessischen Landtags

Ich schlage vor, dass wir danach in die Mittagspause eintreten. Ist das in Ordnung?

Dazu darf ich ganz herzlich den Präsidenten des Staatsgerichtshof,Herrn Dr.Paul,begrüßen.Herzlich willkommen hier im Hause.

(Allgemeiner Beifall)

Ich darf Sie bitten, sich von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Herrn Britzke vereidigen. Er ist gestern gemäß § 10 Abs. 6 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof zum stellvertretenden Landesanwalt gewählt worden.