Protokoll der Sitzung vom 08.06.2005

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann komme ich auf den Ausgangspunkt zurück. Meine Damen und Herren, wenn Hessen die Vorlage für die Republik werden soll, gehen wir frohgemut in den Wahlkampf.

(Anhaltender und lebhafter Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frank Gotthardt (CDU): Arbeitsplätze! – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Vorsitzende, Herr Kollege Hahn.

(Norbert Schmitt (SPD): Noch ein DGB-Vorsitzender! Bewerbungsrede! – Tarek Al-Wazir (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Der nächste DGB-Vorsitzende!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Deutschland braucht nicht nur einen Regierungswechsel, Deutschland braucht einen Politikwechsel.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Lachen des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Eines braucht Deutschland gewiss nicht, und das ist die FDP!)

Stillstand, Reformunfähigkeit, 5 Millionen Arbeitslose – das ist das Ergebnis von sieben Jahren Rot-Grün in Berlin. Die höchste Staatsverschuldung, die rote Laterne in Europa – das ist das Ergebnis von sieben Jahren Arbeit von Rot-Grün.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Aus diesem Grunde hat der Bundeskanzler vollkommen Recht. Er will raus aus diesem Bundeskanzleramt. Er ist auf der Flucht. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir sollten ihn laufen lassen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

In der Geschichte unserer Republik – das ist die traurige Tatsache – hat es noch niemals einen Bundeskanzler, hat es noch niemals eine Regierungspartei gegeben,die so defensiv in einen Wahlkampf hineingehen, wie das die Sozialdemokraten tun.

(Zuruf der Abg.Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Was Frau Ypsilanti eben vorgetragen hat,

(Reinhard Kahl und Norbert Schmitt (SPD): War sehr gut!)

waren Fragen für die Zukunft. Frau Ypsilanti hätte hier die Antworten der letzten sieben Jahre vorlegen müssen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wenn man eine vernünftige Regierungsarbeit macht, ist man am Ende der Legislaturperiode stolz darauf. Man stellt die Worte „Versprochen – gehalten“ dem Wähler zur Abstimmung. Frau Ypsilanti, was Sie gemacht haben, ist eine Flucht vor der Arbeit, die in den letzten sieben Jahren mit den Personen Schröder und Fischer verbunden war.

(Norbert Schmitt (SPD):Wie bitte?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es muss Neuwahlen geben. Es muss einen Regierungswechsel geben, und es muss einen Politikwechsel in unserem Land geben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Es war Mitte der Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts, als Gerhard Schröder am Kanzleramt, damals in Bonn, stand und an den Pfählen rüttelte: „Ich will hier hinein.“ Heute ist das Bild: „Ich will hier raus. Herr Bundespräsident, lassen Sie mich hier heraus.“

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU)

Das ist die Entwicklung, die Rot-Grün in den letzten Jahren, und zwar verbunden mit Gerhard Schröder und mit Joseph Martin Fischer, erlebt hat. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, unser Land ist viel zu wertvoll, als dass Sie weiterhin derartige Experimente machen könnten, die zum Scheitern verurteilt sind. Deutschland ist ein Land mit großen Potenzialen. Lernen ist unsere unerschöpfliche Ressource.

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Höchstleistungsfähigkeit ist unsere größte Chance. Freiheit, Demokratie, soziale Marktwirtschaft und Wettbewerb sind die Grundlagen unseres gesellschaftlichen Wohlstandes. Internationale Orientierung mit Europa und dem atlantischen Bündnis ist unsere Staatsräson. Deutschland kann erfolgreicher sein,als es heute ist,wenn Politik und Gesellschaft es wollen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Die Gesellschaft kann darüber im September entscheiden. In den Augen von uns Liberalen ist eine Politik notwendig, die sich auf den Weg macht, Vertrauen zurückzugewinnen. Notwendig ist eine Politik, deren Kennzeichen Solidarität, Solidität und Verlässlichkeit sind.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Solidarität“, sagt die FDP! – Norbert Schmitt (SPD): Doch Bewerbungsrede für den DGB-Vorsitz!)

Notwendig ist eine Politik, die nicht auf eine Legislaturperiode, sondern auf einen längeren Zeitraum und generationenübergreifend angelegt ist. Deutschland braucht ein umfassendes gesellschaftliches und wirtschaftliches Innovationsprogramm, eine Vorstellung von dem, was getan werden sollte und wie es zu bewerkstelligen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist die Vorstellung der Liberalen.

Sie, Rot und Grün, haben zwei Mal die Chance gehabt, dieses Land erfolgreich zu regieren. Sie haben im Jahre 1998 die Bundestagswahl gewonnen.Sie sind mit dem Anspruch angetreten, nicht alles anders, aber vieles besser zu machen. Kollege Dr. Jung hat darauf hingewiesen: Sie haben vieles anders gemacht, als Sie es vorher gesagt haben. Sie haben aber nichts besser gemacht,sondern unser Land weiter in die Steuer- und die Schuldenfalle getrieben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Sie hatten 2002 die Chance gehabt, es neu zu machen. Auch diese Chance, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben Sie nicht genutzt. Worüber reden wir eigentlich, Frau Ypsilanti?

(Norbert Schmitt (SPD): Die Steuerquote ist bei 20,5 %! Bei Ihnen war sie bei 22,9 %!)

Sie sind die Landesvorsitzende einer Partei, deren Regierungschef auf der Flucht ist, nicht bereit ist, dieses Land eine volle Legislaturperiode,für die er gewählt worden ist, zu regieren.Warum ist er auf der Flucht? Weil sich die eigene Partei, von Ihnen mit angeführt, von dem Bundeskanzler und den vernünftigen Politikansätzen, die in der Agenda 2010 notiert sind, abgesetzt hat. In diesem Fall ist

doch Gerhard Schröder genauso verlassen wie damals Helmut Schmidt, weil auch hier wieder die Südhessen gemeint haben,sie müssten Volksbeglückung auf Kosten der Steuerzahler umsetzen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir reden hier nicht nur über – Zerfall will ich nicht sagen, denn Gott sei Dank ist unser Land viel zu stark – die riesigen Probleme, die Ihre schlechte Wirtschafts- und Finanzpolitik für die Menschen in unserem Lande gebracht hat. Wir reden auch über den Zerfall der Sozialdemokratischen Partei. Sie macht nämlich heute mit ihrem Bundeskanzler genau dasselbe, was sie in den Achtzigerjahren mit Helmut Schmidt gemacht hat: ihn im Regen stehen lassen, zur Seite schieben.

(Norbert Schmitt (SPD):Das ist doch die FDP! Das müssen gerade die Wendehälse sagen! – Tarek AlWazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer war dessen Koalitionspartner? – Weitere lebhafte Zurufe von der SPD)

Sie haben lange gebraucht, um aus diesem Tal wieder herauszukommen. – Diejenigen von den Sozialdemokraten, die jetzt am lautesten brüllen, waren schon damals dabei gewesen, die Sozialdemokraten kaputtzumachen. Herr Generalsekretär der hessischen SPD, machen Sie doch weiter so.

(Norbert Schmitt (SPD): Ausgerechnet die Wendehälse!)

Unser Motto ist: Vorfahrt für Arbeitsplätze. – Unser Motto ist, die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass es wieder Spaß macht, in diesem Land Arbeitsplätze zu schaffen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir nehmen den Bundespräsidenten ernst, der anlässlich seiner großen Rede gesagt hat: Es ist richtig, es muss alles gemacht werden, dass Arbeitsplätze geschaffen werden können, und es muss alles unterlassen werden, was diejenigen, die Arbeitsplätze schaffen wollen, daran hindert.

Das ist der Oberbegriff einer vernünftigen Wirtschaftsund Ordnungspolitik. Denn nur dann, wenn genügend Arbeitsplätze da sind, sind auch genügend Menschen in Arbeit, gibt es genügend Steuereinnahmen und können damit auch die Soziallasten im Bereich der Gesundheit, die Sozialhilfe usw.getragen werden.Wenn aber keine Arbeitsplätze da sind, wenn 5 Millionen Arbeitslose von der Gemeinschaft bezahlt werden müssen, ist es doch vollkommen klar, dass es dem Land wirtschaftlich und finanziell schlecht geht. Deshalb sollten wir alles unternehmen, damit in diesem Lande endlich wieder Arbeitsplätze geschaffen werden können.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Sie wissen, wir haben als Liberale einen Dreiklang oder vielleicht sogar sechs Punkte, um deutlich zu machen, was kurzfristig geändert werden muss.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sind es drei oder sechs? – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Früher waren es drei! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Oder 18? – Zuruf des Abg. Dr.Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Steuerpolitik. Wir wollen ein radikales Umsteuern. Die FDP will Unternehmen in Deutschland nur noch mit

höchstens 25 % Körperschaftsteuer und Einkommensteuer belasten. Hinzu kommt in unserem Konzept ein kommunaler Zuschlag von 2 bis 4 %. Wir wollen die Gewerbesteuer abschaffen.Wir wollen, dass Ausschüttungen unbelastet bleiben, Dividenden und Zinsen jedoch an der Quelle mit 25 % Steuer abgegolten werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen an alle anderen Einkünfte einen Drei-Stufen-Tarif von 15, 25 und 35 % anlegen. Wir wollen, dass sämtliche Sonderabschreibungen und Gegenrechnungen abgeschafft werden. Wir wollen an die Eigenheimzulage und an die Pendlerpauschale gehen, aber nicht, wie es die Sozialdemokraten am Wochenende wieder gefordert haben, um Schuldenlöcher zu stopfen, sondern um eine Umorganisation des Steuersystems hin zu mehr Arbeitsplätzen in unserem Lande zu schaffen. Das ist die liberale Antwort auf die Probleme unserer Zeit.