Protokoll der Sitzung vom 12.07.2005

nicht mit EU-Recht übereinstimmten und nicht mit den Zielen übereinstimmten, die wir uns selbst gegeben hatten. Ich spreche der Bundesregierung nicht den guten Willen ab.Aber nur guten Willen zu haben ist ein bisschen wenig, um gute Gesetze zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Herr Al-Wazir, ich habe mir den Antrag der GRÜNEN schon besehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will einige Punkte herausgreifen, auch das Telekommunikationsgesetz, das hier schon einige Male angesprochen wurde. Es ist keine Frage, dass wir die Dinge regeln müssen. Aber auch hier war ein überhastetes Vorgehen der Bundesregierung zu verzeichnen, sodass der Vermittlungsausschuss angerufen werden musste und die Bundesregierung danach trotzdem nicht in der Lage war, EU-Richtlinien in das Gesetz einzuarbeiten. Wir brauchen sicher eine Bestimmung des Umfangs und der Ausgestaltung von Preisangaben oder Ansagepflichten.

Wenn wir uns gerade hier über dieses Gesetz unterhalten, dann hat das nichts mit Blockade zu tun, sondern wir wollen auf eine vollziehbare Gesetzgebung hinwirken. Ich glaube,dass das im Interesse aller liegt.Wir sind aber auch grundsätzlich der Überzeugung, dass Handynutzer vorher über die Kosten informiert werden müssen. Das gilt auch für Lockanrufe oder SMS. Auch hierfür brauchen wir ein Gesetz. Ob das alte in den Reißwolf kommt oder verbesserungsfähig ist, werden wir sicher nach dem 18. September diskutieren. Aber wir brauchen hier einen Ausgleich, einerseits Verbraucherschutz, andererseits keine Bevormundung der Konsumenten und auch die Berücksichtigung wirtschaftlicher Interessen.

Ein zweiter Bereich, den Sie angesprochen haben, ist das Energie- und Kartellrecht. In der Diskussion ist herausgekommen, dass wir dem Verbraucherschutz ein hohes Gewicht beimessen. Der Kompromissvorschlag, der im Vermittlungsausschuss gefunden wurde, ist eine Besserstellung des Verbrauchers und von daher richtig und gut.

Zum Entwurf der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes.Auch da war es wichtig und richtig, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um die Nutzungsentgelte von den Regulierungsbehörden vorab prüfen und genehmigen zu lassen. Dadurch kann der Verbraucher Kostenvergleiche anstellen und überteuerte Netzentgelte von vornherein verhindern. Das wird sich meiner Meinung nach insgesamt auf den Strompreis für die Verbraucher auswirken. Denn wir brauchen beides: eine verbrauchergerechte Lösung, ohne die Interessen der Wirtschaft nachhaltig zu beeinträchtigen.

Lassen Sie mich an einem Beispiel das handwerkliche Unvermögen demonstrieren. Das ist das Verbraucherinformationsgesetz, ein verunglückter Gesetzentwurf. Dies den CDU-regierten Ländern in die Schuhe zu schieben geht an der Geschichte vorbei. Lassen Sie mich einmal die Entwicklungsgeschichte eines solchen Gesetzes darstellen.

Es gab viele Vorankündigungen der Kollegin Künast. Im November 2001 – das war der erste Schritt – gab es Grundzüge für ein Verbraucherinformationsgesetz. Erstaunlicherweise wurde es aber wieder einkassiert, offensichtlich von einflussreichen Mitgliedern der Bundesregierung. Im Januar 2002 kam es wieder auf den Tisch. Aber in diesem Gesetzentwurf war kein Auskunftsanspruch gegenüber Unternehmen mehr drin. Wir als Umweltministerkonferenz haben das damals einstimmig gefordert, aber die Ministerin hat dies im Gesetz nicht berücksichtigt, sodass die Verbraucherverbände und viele Länder diesem Entwurf nicht zugestimmt haben.

Der nächste Schritt: Das damals SPD-regierte Niedersachsen hat, um eine verbesserte Alternative zu bringen, einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, der in erster Linie den Informationsanspruch der Konsumenten gegenüber den Unternehmen zum Inhalt hatte. Aber wenn man den Gesetzentwurf weiter ansieht, findet man gravierende Mängel, zum einen den uneingeschränkten Informationsanspruch von jedermann gegenüber Unternehmen,was erhebliche Arbeit und Kosten für die Länder gebracht hätte, ohne dass sich der Bund an diesen Kosten beteiligen wollte, zum anderen die geforderte Aufarbeitung von Daten, die zu einem erheblichen Aufwand für die Überwachungsbehörden geführt hätte, sodass unserer Meinung nach, wenn dieses Gesetz so durchgekommen wäre, die Arbeitsfähigkeit nicht mehr gegeben gewesen wäre.

Interessant ist der nächste Punkt. Als dieses Gesetz zu scheitern drohte, unternahm Frau Künast den letzten Versuch, den damaligen Nitrophen-Skandal als Grund einzubringen. Ich halte dies für grundfalsch. Wenn ich an den Nitrophen-Skandal denke, zugegeben schon eine Weile her, kann ich nur feststellen, dass Frau Künast zu spät reagiert hat und versuchte, diesen Skandal für das Verbraucherinformationsgesetz zu missbrauchen.Aufgrund dieser gravierenden Fehler, die ich vorgetragen habe, ist im Bundesrat nicht einmal ein Vermittlungsverfahren angestrebt worden, eben weil dieses Gesetz nicht verbesserungsfähig war.

Dann kam überraschend die nächste Wende, dass wir im vergangenen Jahr das Lebensmittel- und Futtermittelgesetz hatten und gegen Ende, quasi über Nacht, plötzlich das Verbraucherinformationsgesetz in diesem Gesetz aufgetaucht ist. Eine Stellungnahme des Bundesrates war aufgrund der dort ausgeübten Schnelligkeit nicht möglich.Deswegen wurde wieder versucht,das Gesetz im Vermittlungsausschuss in eine Form zu bringen, die anwendungsfähig ist.

Meine Damen und Herren, dann die nächste Wende. Plötzlich war die Frage, ob die Gesetzgebungskompetenz des Bundes überhaupt mit der Verfassung übereinstimmt, sodass dieses Informationsgesetz handstreichartig wieder herausgenommen wurde, um das Lebensmittel- und Futtermittelgesetz nicht zu gefährden.Man sollte diese Dinge nicht so vereinfachen, dass man sagt: Wir wollen alles für den Verbraucher, und die böse Opposition und die B-regierten Länder verhindern das. – Ich wollte allein an diesem einen Gesetz einmal zeigen, welch handwerkliche Fehler die Bundesregierung dort gemacht hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wichtig ist vor allem, dass wir beim Verbraucherschutz auf Bundesebene und logischerweise auch auf Landesebene handwerklich präzise Arbeit leisten.

(Zuruf der Abg.Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir müssen bedenken, wie es mit diesem Gesetz weitergeht, vor allem die Frage, ob es die Risiken mit der Gesetzgebungskompetenz des Bundes gibt. Dann müsste möglicherweise das Grundgesetz verändert werden oder, was meiner Meinung nach die bessere Lösung wäre, den Ländern die Kompetenz gegeben werden, hier Lösungsmöglichkeiten zu finden.

Das Informationsfreiheitsgesetz ist am Freitag durch den Bundesrat gegangen; es ist eben auch schon diskutiert worden. Die Frage ist, was wir im Land Hessen machen. Ich denke einmal,wir müssen abwarten,wie dieses Gesetz angewendet wird, wie sich das Interesse der Bürgerinnen und Bürger entwickelt. Ich bin mir noch nicht sicher, ob wir ein derartiges Informationsfreiheitsgesetz überhaupt brauchen. Sie können sich erinnern, in der letzten Legislaturperiode gab es einen Antrag der GRÜNEN, ein solches Gesetz zu verabschieden. Soweit ich weiß, gab es sogar einen Gesetzentwurf, der in einer Anhörung im Hauptausschuss behandelt wurde.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Bei dieser Anhörung hat es aber keine Antwort auf die Frage gegeben, warum ein solches Gesetz überhaupt notwendig wäre.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Natürlich! – Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Es wurde sehr gut angenommen!)

Dazu haben wir durchaus unterschiedliche Meinungen gehört. Im Augenblick haben wir auch schon Akteneinsichtsrechte im Verwaltungsverfahrensgesetz, im Datenschutzgesetz, im Umweltinformationsgesetz, außerdem ein allgemeines Akteneinsichtsrecht. Meine Verwaltungsleute sagen mir, dieses allgemeine Akteneinsichtsrecht wird von den Bürgern kaum in Anspruch genommen. Deswegen hat es unserer Meinung nach keinen Sinn, ein generelles Akteneinsichtsrecht zu schaffen, wenn die bestehenden Rechte schon nicht wahrgenommen werden.

Wenn man es eindeutig sieht, lässt sich feststellen: Nicht die Allgemeinheit, sondern nur politisch interessierte Kreise haben sich für ein allgemeines Akteneinsichtsrecht ausgesprochen. Deswegen haben wir auch in vorangehenden Sitzungen schon vorgetragen, dass wir das allgemeine Informationsbedürfnis der Bürger durch eine Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit, durch elektronische und sonstige Medien und auch durch das Internet befriedigen wollen. Wir unterhalten uns sehr intensiv über die Frage des Verbraucherschutzes in Hessen, aber mit handwerklich sauberen Instrumenten. Das haben wir in den letzten Jahren bewiesen. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Michael Denzin (FDP))

Meine sehr geehrten Damen und Herren,mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Ich denke, wir verfahren wie ausgedruckt. Ich rufe Tagesordnungspunkt 93 auf: Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Verbraucherrechte in

Hessen stärken, Drucks. 16/4204, soll direkt an den Umweltausschuss überwiesen werden. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist es so beschlossen.

Dazu wurde Tagesordnungspunkt 115 aufgerufen: Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend wirksamer Verbraucherschutz statt Bevormundung und ideologisch motivierter Verbraucherlenkung, Drucks. 16/4232. Hierüber soll abgestimmt werden.

(Frank Gotthardt (CDU):Ausschuss!)

Auch an den Ausschuss? Deswegen habe ich eben gefragt. – Okay, der Antrag wird auch an den Umweltausschuss überwiesen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Jetzt rufe ich verabredungsgemäß Tagesordnungspunkt 95 auf:

Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP betreffend Zustimmung zur Anpassung von Leistungen nach dem Hessischen Abgeordnetengesetz zum 1. Juli 2005 – Drucks. 16/4207 –

Redezeit: fünf Minuten. Als erster Redner hat Herr Abg. Lortz für die CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte,liebe Frau Präsidentin,meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Hessische Landtag hat im Jahr 1989 ein vorbildliches Gesetz beschlossen. Dieses Gesetz hätte Pilotfunktion für alle Bundesländer haben können. Es war und ist transparent, es ist verständlich. Es zeichnet sich insbesondere durch die niedrigsten steuerfreien Kostenpauschalen im Bundesvergleich aus – ein Punkt, der in allen Berichterstattungen zu kurz kommt.

Meine Damen und Herren, eine unabhängige Kommission hat seinerzeit die Konditionen beraten und vorgeschlagen. Dieser Kommission gehörte auch der Bund der Steuerzahler an.Alle hatten dieses Gesetz als in Ordnung bezeichnet. Ein ganz wichtiger Punkt war auch, dass damals von dieser Kommission die Maßgabe der jährlichen Anpassung an die Kostensteigerung vorgegeben wurde.

Da dem Geist des Gesetzes nicht gefolgt wurde und es in den letzten Jahren mehrere opportunistische Nullrunden gegeben hat, reduzierte sich der Entschädigungsbetrag in den vergangenen 16 Jahren von dem damaligen Vergleichswert – in etwa B 5 nach der Beamtenbesoldung – auf heute gut B 3. Damit haben die Abgeordneten einen besonderen, überproportionalen Beitrag geleistet.

(Beifall bei der CDU)

Entgegen der populistischen Betrachtung der Boulevardzeitungen werden die Abgeordneten nicht besser oder gleich behandelt, sondern sie sind in diesem Fall sogar schlechter behandelt worden. Meiner festen Überzeugung nach war und ist dies falsch.

Herr Kollege Kaufmann, die Anhebung der Entschädigung zum Juli 2003 wurde schnell ausgesetzt und erst zum 1. Januar 2005 wirksam. – So viel zur Abteilung Wahrhaftigkeit und Redlichkeit.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Der jetzt vorliegende Bericht des Präsidenten basiert auf den objektiv richtigen und unbestechlichen Zahlen des

Statistischen Landesamts. Dies ist auch die Vorgabe des Gesetzentwurfs.

Der heute vorliegende Antrag von CDU, SPD und FDP sieht vor, die vorgeschlagenen Erhöhungen zu vollziehen, aber erst mit Wirksamwerden zum 01.01.2006. Ich empfehle uns allen, die Anpassung im nächsten Jahr wieder zum 01.07. vorzunehmen, wie es im Gesetz in § 5 formuliert ist.

Die Abgeordneten des Hessischen Landtags sind die 110 Mitglieder des höchstens Verfassungsorgans unseres Bundeslandes. Sie vertreten die Interessen der Menschen, und sie haben den Auftrag, mit höchst bescheidener – ich sage: unzureichender – personeller Zuarbeit die Arbeit der Landesregierung zu kontrollieren. Von einer Waffengleichheit der Verfassungsorgane Exekutive und Legislative kann man gar nicht erst sprechen.

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Die Unabhängigkeit der Abgeordneten muss laut Urteil des Verfassungsgerichts garantiert sein. Die Präsenz der Abgeordneten wird ständig und beinahe zu jedem Anlass in Wiesbaden und vor Ort erwartet und auch gefordert.

Meine Damen und Herren, es ist deshalb mehr als angemessen und erforderlich, dass der heute zu fassende Anpassungsbeschluss mit den vom Statistischen Landesamt berechneten Erhöhungen vorgenommen wird. – Ich bitte Sie um eine breite Zustimmung in diesem Hause.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Als nächste Rednerin spricht Frau Abg.Beer für die FDPFraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP-Fraktion schließt sich der Einschätzung des Kollegen Lortz an, dass auch Politiker für ihre Arbeit eine angemessene Entlohnung verdienen. Schon jetzt ist ein Wechsel aus der Wirtschaft in diesen Landtag, aber auch in andere Parlamente nur sehr bedingt attraktiv, was man bei einem Überblick über die Berufsgruppen, aus denen die Abgeordneten in diesem Hause stammen,sehen kann.