Protokoll der Sitzung vom 12.10.2005

Aber das Thema Arbeitsmarkt ist natürlich sehr vielfältig. Schauen Sie es sich einmal genauer an, auch im Landeshaushalt. Die Programme zur Ausbildung und zur Arbeitsmarktgestaltung, die in den vergangenen Jahren weiter aufgestockt wurden, funktionieren dort sehr gut. Nur, meine sehr geehrten Damen und Herren, es scheint ja Rot-Grün nicht wirklich zu interessieren, was dort passiert. Aber schauen Sie sich doch bitte einmal, wenn Sie über Sozialpolitik sprechen, alle Felder genau an. Wenn wir über Ausbildung reden, gehört Altenpflege mit dazu. Das sind Punkte, die Sie überhaupt nicht hören wollen, weil die Ihnen nämlich richtig wehtun. In der Altenpflege haben wir erst einmal die Ausbildung reorganisiert. Wir haben sie in Ordnung gebracht und etabliert, eine Kampagne gemacht, dass wieder Altenpflegeausbildung in Hessen stattfindet.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Frau Fuhrmann, regen Sie sich doch nicht so auf. Ich kann Ihnen die Zahlen im Detail vortragen.

Die Zahlen in der Altenpflegeausbildung in Hessen haben wir gesteigert – vom Jahre 2002 mit rund 1.400 Plätzen bis zu diesem Jahr in den Landesplätzen auf über 2.300 Plätze. Das Spannende an der Sache, was Rot-Grün wiederum nicht nennt, ist, dass das Land Hessen seine Mittel ausgebaut hat, aber der Bund parallel die Maßnahmen für die Umschüler gestrichen hat. Das ist der eigentliche Skandal.

(Beifall und Zurufe von der CDU)

Dort sind die Plätze von 1.500 auf inzwischen 1.300 zurückgegangen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Nummer funktioniert noch drei Wochen!)

Inzwischen gibt es nur noch ganz wenige Bildungsgutscheine, die überhaupt ausgegeben werden. Unterhalten

Sie sich vor Ort mit den Altenpflegeheimen, was es bedeutet, wenn die Umschüler herausfallen, wenn es nicht mehr möglich ist, dort mitzufinanzieren, um Ausbildung möglich zu machen.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Es ist ein Skandal, dass Sie sich um diesen Bereich der Ausbildung überhaupt nicht kümmern.

(Beifall und Zurufe von der CDU – Petra Fuhr- mann (SPD): Unverschämtheit!)

Anzufügen wäre im Übrigen, dass wir die Helferausbildung in der Alten- und Krankenpflege eingeführt haben – auch gegen Widerstände aus Ihren Reihen –, um Menschen mit Hauptschulabschluss weiter Zugänge zu ermöglichen, Modellprojekte zwischen Alten- und Krankenpflegeausbildung mit Bundesmitteln in Hessen gemeinsam zu initiieren, weil wir gesagt haben: Wir brauchen mehr Verzahnungen und müssen in diesen Berufen, die gerade für die Zukunft unserer Gesellschaft ganz wichtig sind, die nämlich auch etwas mit demographischer Entwicklung zu tun haben, mehr unternehmen. – Das alles hört man von Ihnen nicht, wenn es um Ausbildungsplätze geht. Das wollen Sie lieber vergessen, denn da haben Sie grundsätzlich versagt.

(Beifall bei der CDU – Widerspruch der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Es gäbe eine ganze Reihe von weiteren Punkten, über die wir uns heute Morgen unterhalten könnten, ob es das Thema Krankenhäuser ist, wo Hessen vorbildlich das Krankenhausbauprogramm aufgelegt und ausgebaut hat. Wir haben die höchste Investitionsquote unter den Bundesländern, wenn es um die Pauschalförderung in Krankenhäusern geht, weil wir genau wissen, dass das wichtige Faktoren sind, die künftig ausgebaut werden müssen und die nicht nur Ausbildungs-, sondern auch Arbeitsplätze in Hessen bedeuten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt viele Punkte, die noch zu nennen wären. Ich habe aber bisher im Ausschuss nicht erlebt, dass Sie sich für diese eigentlichen Punkte interessieren. Sie beklagen das Thema Frauenförderung. Dabei haben wir im Gesetz eine Experimentierklausel eingeführt, um mehr Möglichkeiten zu eröffnen. Die wird hervorragend genutzt, was sich gerade im Bereich des Regierungspräsidiums in Kassel zeigt. – Die Landesverwaltung ist nach wie vor Vorreiter, wenn es darum geht, behinderten Menschen einen Arbeitsplatz zu geben und die Quote überzuerfüllen. Alles das sind Punkte,die in den vergangenen Jahren umgesetzt wurden, die wir weitermachen.

Als letzten Punkt möchte ich die Kommunalisierung von Förderprogrammen nennen. Der Kollege Rentsch hat die Frage angesprochen, wie wir mit der Kommunalisierung umgehen und wie wir dort Gelder wirklich zielgerichtet einsetzen können. Herr Kollege Rentsch, ich hoffe auf Ihre Unterstützung, wenn es um die Landeshauptstadt geht, dass wir dort die Zielvereinbarungen abschließen. Aber hier wurde erstmals zwischen Kommunalen Spitzenverbänden, dem Sozialministerium und den Ligaverbänden eine Zielvereinbarung entwickelt, die es möglich macht, Gelder zielgerechter und genauer einzusetzen und dort ein Berichtswesen einzuführen, das tatsächlich mit den Zielen verbunden ist und nicht nur bewirkt, dass irgendwelche Daten erhoben werden, die dann keiner einsetzt, wenn es darum geht, die Mittel zu verausgaben.

Das ist vorbildlich, und das geht jetzt in die zweite Phase, wenn es um den Abschluss geht. Dort arbeiten wir hervorragend mit den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege wie auch mit der kommunalen Seite zusammen. Das ist ein Punkt, wo wir Mittel zielgerecht einsetzen, was zu Zeiten von Rot-Grün in keinster Weise aufgebaut wurde und nach wie vor in den Kinderschuhen ist, um jetzt mit der Liga umgesetzt zu werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, von Rot-Grün müssen wir uns sowohl im Bereich von Arbeitsmarktprogrammen als auch beim Thema Familienförderung keine Ratschläge geben lassen. Wir setzen in Hessen unser Regierungsprogramm zielgerichtet um. Das heißt, Kinderbetreuung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Ausbildung für Kinder und Jugendliche werden weiter ausgebaut, und im Arbeitsmarkt werden wir genau schauen, was dort vereinbart wird, denn die Option ist heute schon ein Erfolg. Den wollen wir gerne auf alle anderen übertragen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abg. Dr. Spies.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ministerin, wir hatten wirklich erwartet, dass Sie die Gelegenheit nutzen und uns ein bisschen über Ihre Vorstellung von Sozialpolitik und darüber, wie Sie den desolaten Zustand in Hessen in Zukunft korrigieren wollten, erzählen würden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der CDU)

Wir hatten Visionen erwartet und haben Illusionen einer virtuellen Sozialpolitik bekommen.

(Beifall bei der SPD – Frank Gotthardt (CDU): Lesen Sie einmal Ihren Antrag!)

Nichts. Aber auch wirklich an keiner einzigen Stelle erkennt man eine Einsicht daran.Der Bierdeckel scheint für die Union eine besondere Bedeutung zu haben.Jedenfalls passt die Sozialpolitik in Hessen auf einen solchen, wenn man Ihren Erfolg messen will.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich fange mit einem Beispiel an. Frau Ministerin, Sie wollen uns hier immer erzählen,eine der bedeutendsten Leistungen der Sozialpolitik in Hessen in Ihrer Amtszeit sei nun ausgerechnet Familienpolitik und Betreuungspolitik. Dann kommen Sie mit Litaneien von Zahlen. Die beginnen eigenartigerweise immer erst im Jahre 2000. Im Jahr 2000 gab es Landesmittel für Kinderbetreuung von 2 Millionen c. Und Sie begrüßen es, dass Sie das auf 17 Millionen c gesteigert haben. Das begrüßen wir auch. Aber mit großem Bedauern nehmen wir hin, dass diese 2 Millionen gerade einmal 3 % der Mittel waren, die RotGrün für Kinderbetreuung ausgegeben hat.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie es über die Jahre auf ein stolzes Viertel der Landesmittel gebracht haben, die noch Rot-Grün für Kinderbetreuung ausgegeben hat, nämlich gerade einmal 17 Millionen gegenüber 66 Millionen c,und dann ständig er

klären wollen, das sei eine bedeutende landespolitische Leistung,

(Ministerpräsident Roland Koch: Sie müssen nicht schreien!)

dann kann man doch nichts anderes sagen, als dass Sie die Leute über den Tisch ziehen wollen. Meine Damen und Herren, wenn man sich die Steigerung der Zahl der Betreuungsplätze anschaut, nehmen wir das mit Freude zur Kenntnis. Frau Oppermann, ich habe mit Interesse Ihre Zahlen gehört. Es wäre einmal sehr interessant, wie viele dieser zusätzlichen Betreuungsplätze eigentlich nur dadurch entstanden sind, dass eine bundesrechtliche Änderung mit der Möglichkeit für Tagesmütter, nach Registrierung einen Rentenversicherungsbeitrag mitfinanziert zu bekommen, dazu geführt hat, dass sich Tagesmütter registrieren lassen, die nun auf einmal als zusätzliche Betreuungsplätze erscheinen. Die gab es vorher genauso. Es wusste nur keiner.

(Beifall bei der SPD)

Wenn ich mir gerade die Familienpolitik dieser Landesregierung anschaue: Statt Familienpolitik finden Familientage statt. Diese Landesregierung des Wettbewerbswesens – ich weiß, dass Sie den Wettbewerb so loben. Aber Familienwettbewerbe ersetzen keine Familienpolitik.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe mit Interesse gehört, wie Sie zum Schluss angefangen haben,ausgerechnet die Gesundheitspolitik dieser Landesregierung zu loben, die seit über zwei Jahren nicht in der Lage ist, auch nur eine vorsichtige Prognosezahl, was z. B. die Versorgungsbedarfe im Gesundheitsbereich angeht,zu liefern.Seit zwei Jahren fordern wir das ein,seit zwei Jahren gibt es das nicht. Dann wäre ich an Ihrer Stelle sehr vorsichtig, mich dafür zu rühmen. Ich schaue mir an,wie Sie die Kommunalisierung sozialer Leistungen betreiben. Dann entdecke ich – es überrascht mich immer wieder – eine große Übereinstimmung mit Herrn Rentsch, sozusagen einem heimlichen Etatist in den Reihen der FDP;jetzt hört er gar nicht zu.Er hat völlig Recht. Wie Sie Kommunalisierung betreiben, ist es nichts anderes als die Entledigung der Landespolitik von der Verpflichtung für Soziales. Nein, meine Damen und Herren, früher konnte man darauf vertrauen, dass konservative Sozialpolitik, aus christlicher Soziallehre gespeist,

(Zurufe von der CDU: Oh!)

zwar eine gewährende Wohlfahrtspolitik war, eine, die immer ein bisschen den Gestus der Gnadenhaltung in sich trug,aber doch die Verantwortung für das Gemeinwohl an dieser Stelle sehr ernst nahm.Darin unterscheiden wir uns sehr grundsätzlich, weil Sozialdemokraten Sozialpolitik als einen Anspruch der Empfänger betrachten und nicht als eine Gnadenleistung. Was wir aber in Hessen feststellen müssen, ist, dass diese Grundlage hessischer Sozialpolitik völlig entfallen ist. Sozialpolitik findet in Hessen nicht mehr statt. Diese Ministerin ist die Totengräberin einer hessischen Sozialpolitik. Das hat Hessen nicht verdient. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, es liegt keine weitere Wortmeldung vor. Da es sich um einen Entschließungsantrag handelt, können wir jetzt zur Abstimmung kommen.

Wer dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD, Drucks. 16/4516, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltung? – Damit stelle ich fest, der Antrag ist abgelehnt bei Zustimmung durch die Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Ablehnung durch die Fraktion der CDU und bei Enthaltung der Fraktion der FDP.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 42 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend Kinderschule anstatt gebührenfreies letztes Kindergartenjahr – Drucks. 16/4526 –

Dazu rufe ich Tagesordnungspunkt 24 auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Novellierung des Hessischen Kindergartengesetzes dringend notwendig – Drucks. 16/4388 –

Ebenso rufe ich Tagesordnungspunkt 30:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend Freistellung des letzten Kindergartenjahres von Elternbeiträgen – Drucks. 16/4463 –

sowie Tagesordnungspunkt 62 auf:

Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend das Recht des Kindes auf Bildung, Betreuung und Erziehung von Anfang an – früher – länger – besser – Drucks. 16/4553 –

Die vereinbarte Redezeit für diese Tagesordnungspunkte beträgt 15 Minuten je Fraktion. Ich erteile zunächst Frau Kollegin Henzler für die Fraktion der FDP das Wort.