Protokoll der Sitzung vom 23.11.2005

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nach Herrn Kochs gestrigen Ausführungen zu urteilen, haben die Herren eine Art Klempnerrolle.Sie können Türen schneller öffnen als andere. Aber ohne sie würde die Arbeit gewiss effektiver als bisher erledigt. Obendrein ist

es kein Naturgesetz, dass das Kabinett Koch in jeder Legislaturperiode größer werden muss.

Meine Damen und Herren, wenn es Ideen und Geisteskraft wären, könnten wir ein Wachstum nur begrüßen. Aber ein Wachstum ausschließlich bei der Zahl der Gesäße auf Ministersesseln ist gut entbehrlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg.Volker Hoff (CDU))

Meine Damen und Herren, die personelle Spitze der Staatskanzlei ist ein Musterbeispiel an Inkompetenz.

(Fortgesetzte Zurufe der Abg. Volker Hoff und Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Stefan Grüttner, der Staatsminister und Chef, der am liebsten im Plenum mit seiner Zeitung spricht – Sie erinnern sich gewiss –, schafft es noch nicht einmal, die speziell für ihn in den Zuständigkeitskatalog aufgenommene Aufgabe zu erledigen, für ein einheitliches Erscheinungsbild der Landesregierung zu sorgen. Es geht in der Staatskanzlei drunter und drüber – mit Anklängen an die Karibik.

(Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Nein, nicht Jamaika, Bermuda ist die Parole.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg.Volker Hoff (CDU))

In diesem Dreieck verschwindet so manches: Kleine Anfragen, Berichte, ja sogar Gesetzentwürfe bleiben ewig liegen, bis irgendwann Hektik ausbricht.

Meine Damen und Herren,damit wären wir bei Grüttners Kollegen Jochen Riebel, dessen wichtigstes Anliegen wohl nach wie vor ist, ob und wann er endlich General wird. Wir wissen nicht, ob Franz Josef Jung extra deshalb von Koch nach Berlin geschickt wurde,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

um seinem Freund Jochen nach der langen Wartezeit das Lametta zu verschaffen.Wir werden dies weiter scharf beobachten. Meine Damen und Herren, ganz sicher wissen alle, dass wir Jochen Riebel als Minister wirklich nicht brauchen.

(Horst Klee (CDU):Armselig!)

Wer anderer Meinung ist, der melde sich und trage vor, wann er ihn das letzte Mal im Landtag einen bemerkenswerten Beitrag hat leisten hören.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Birgit Zeimetz-Lorz (CDU))

Meine Damen und Herren, bei diesem Streit geht es nicht um die notwendige Präsenz bei wichtigen Beratungen in Berlin, wie uns gestern der Ministerpräsident einmal wieder vorgehalten hat.Wenn in Berlin Termine des Bundesrates oder Ähnliches sind, wird man Riebels Fehlen jederzeit akzeptieren. Es geht um etwas ganz anderes. Meine Damen und Herren von der CDU, hören Sie gut zu. Ich nehme ein aktuelles Beispiel. In der nächsten Plenarrunde im Dezember werden wir wieder das Vergnügen haben, dass uns Jochen Riebel mindestens am Dienstagnachmittag erneut nicht die Ehre seiner Anwesenheit im Landtag gibt. Denn für den 13. Dezember lädt er um 19 Uhr in die Landesvertretung in Berlin ein, um ganz Wichtiges zu Gehör zu bringen. Der Grund seines geplanten Fehlens im Landtag ist – ich zitiere – „die herrlichste

Sammlung Liebeslieder, die Gott erschaffen hat, Goethe und das Hohelied Salomons“.

(Norbert Schmitt (SPD): Unglaublich! – Lebhafte Zurufe von der CDU)

Bei allem Respekt vor der vortragenden Professorin, aber dass dies am Termin einer Landtagssitzung stattfinden muss, in der die Landesregierung unseres Erachtens nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht hat, im Landtag präsent zu sein, kann und will ich nicht einsehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielleicht meldet sich jetzt ein Kollege oder eine Kollegin aus der CDU Fraktion, der oder die das versteht und es für unverzichtbar für ein hessisches Kabinettsmitglied hält,statt im Landtag zu sein,sich mit Liebesliedern zu befassen.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Meine Damen und Herren, der Grund für die beliebige Abwesenheit insbesondere von Staatsminister Riebel ist doch offensichtlich die völlige Respektlosigkeit der Regierung gegenüber dem Parlament. Leider ist dieser fehlende Respekt auch in sonstigen Fragen ein Charakteristikum der Regierung Koch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Volker Hoff (CDU): Es wird von Mal zu Mal schlimmer!)

Meine Damen und Herren von der CDU, ist es Ihnen nicht schon langsam peinlich, wie die Landesregierung nicht nur mit der Opposition, sondern mit uns allen umgeht? Dieser Landesregierung sollen wir unser Vertrauen aussprechen?

Meine Damen und Herren, man hört en passant, dass es erheblichen Unmut in der Regierungsfraktion darüber gäbe, dass mit der Berufung von Jürgen Banzer in die Landesregierung die Tankstelle nunmehr endgültig die Macht im Lande übernommen habe.

(Norbert Schmitt (SPD): Da geht das Benzin aus! – Zurufe der Abg. Volker Hoff und Helmut Peuser (CDU))

Wir verstehen den Unmut sehr wohl, denn die Frage darf schon gestellt werden, was den Landrat des Hochtaunuskreises dazu qualifiziert, hessischer Justizminister zu werden. Als Rechtspolitiker ist er jedenfalls bislang überhaupt nicht in Erscheinung getreten. Man weiß nur, dass Roland Koch ihm schon lange einen Aufstiegsposten verschaffen wollte. Beim Sparkassen- und Giroverband hat es vor Jahren nicht geklappt. Auch Banzers Erzählungen nach der letzten Landtagswahl, Koch habe ihm bereits damals einen Kabinettsposten angeboten, konnten nicht verifiziert werden, sodass er sie mittlerweile dementiert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nachdem Banzer in Sachen Kulturzwangsverband öffentlich den Molli gemacht hat – wer nähme ihm diese Rolle nicht ab? –, wird er jetzt endlich belohnt und landet auf der Regierungsbank.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Mannomann! Sie haben eine Niveaulosigkeit, das ist unerträglich! – Volker Hoff (CDU): Kaufmann, der Vertreter des schlanken Staates!)

Bereits ernannt fehlen ihm nur noch der Vertrauensbeschluss des Landtags und die Vereidigung, um endlich auf

einem Ministersessel Platz zu nehmen. Meine Damen und Herren,man sieht deutlich,die Ernennung Banzers ist das genaue Gegenteil einer Verschlankung des Kabinetts, die dringend geboten ist und die wir hier und heute einfordern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN)

Demgemäß bitten wir um Unterstützung für unseren Antrag. – Ich danke für Ihre engagierte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das war nur peinlich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind in der Aussprache zur Vertrauensabstimmung. Das Wort hat dazu jetzt Frau Kollegin Hofmann von der SPD-Fraktion.

(Unruhe)

Frau Kollegin Hofmann, einen Augenblick bitte. Meine Damen und Herren, es steht eine neue Kollegin hier vorne zum Reden. Ich bitte um Aufmerksamkeit.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich als rechtspolitische Sprecherin der SPDLandtagsfraktion etwas andere Akzente in der Debatte setze als mein Vorredner.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Banzer, es stellt sich in der Tat die Frage, ob man Sie zu der bevorstehenden Ernennung bzw.Überreichung der Urkunde beglückwünschen oder bedauern soll.Auf jeden Fall hinterlässt Ihnen Ihr Vorgänger ein schweres Erbe.

(Birgit Zeimetz-Lorz (CDU): Das Niveau ist auf jeden Fall nicht besser!)

Obwohl über die Parteigrenzen hinweg unstrittig sein dürfte, dass eine friedliche und freiheitliche Gesellschaft wie die unserige einen leistungsfähigen Rechtsstaat und eine starke Justiz braucht, wird der Personalabbau auch im kommenden Haushaltsjahr im Justizressort mit 212,5 Stellen weiter vollzogen. Diese Stellen werden, wie es so schön im Haushaltsplan heißt, „in Abgang gebracht“. Insgesamt muss das Justizressort 787 Stellen einsparen.

(Zuruf von der CDU: Das ist doch gut!)

Herr Banzer, Ihr Amtsvorgänger und diese Landesregierung unterliegen immer noch dem Irrglauben, dass dieser drastische Personalabbau durch die Mehrarbeit bzw. die Binnenmodernisierung in der Justiz wettzumachen sei. Dass das ein Trugschluss ist, zeigt insbesondere die ansteigende Geschäftsentwicklung,exemplarisch bei der Staatsanwaltschaft, der ordentlichen Justiz, der Strafjustiz, aber auch bei der Sozialgerichtsbarkeit. Wir als SPD wollen eine zügige und effektive Verfahrenserledigung für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, aber auch für die Wirtschaft, die darauf angewiesen ist, schnell Titel erwirken zu können.

(Beifall bei der SPD)

Mit dem von Ihnen zu verantwortenden Stellenabbau erreichen Sie aber genau das Gegenteil. Herr Banzer, wir brauchen eine bürgernahe Justiz. Ohne eine ausreichende Aufgabenkritik und eine Kosten-Nutzen-Analyse hat Ihr