Heike Hofmann
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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Andreas, du bist an solch einem für dich so schönen Tag, deinem Geburtstag, einmal wieder auf Krawall gebürstet. Aber das ist okay so.
In der Sache stimmen wir als SPD natürlich – das haben wir im Ausschuss schon deutlich gemacht – dem Gesetz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Anerkennung von eingetragenen Lebenspartnerschaften voll zu. Wir begrüßen ausdrücklich, dass dieses Gesetz die Diskriminierung von schwulen und lesbischen Partnern auch in Hessen endlich beseitigen will. Glücklicherweise haben gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften in unserer Gesellschaft auch zunehmend Akzeptanz gefunden.
Dazu hat nicht zuletzt die rot-grüne Bundesregierung beigetragen, die dieses Rechtsinstitut erst durch Gesetz verfasst und in den letzten Jahren im Rahmen der Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften sukzessive weiterentwickelt hat.Ich möchte das unterstützen, was Dr. Jürgens eben gesagt hat. Im Koalitionsvertrag auf Bundesebene steht ausdrücklich, dass man diese Rechtsstellung eingetragener Lebenspartnerschaften weiter verbessern möchte. Daran sollte sich die CDU auch hier in Hessen messen lassen.
Das vorliegende Gesetz will auch dem Umstand Rechnung tragen, dass das Bundesverfassungsgericht selbst dieses Institut verfassungsrechtlich anerkannt hat, dass es nicht in Konkurrenz zur Ehe steht, sondern von staatlicher Seite ein Leben unterstützt,das sich zwei Menschen in einer tolerierten Gesellschaft gegeben haben,in der wir hoffentlich alle leben.
Diese staatliche Unterstützung wollen auch die eingetragenen Lebenspartnerschaften und begehen sie schon seit Jahren. Ich denke, diesem berechtigten Anliegen sollten wir als Gesetzgeber durch entsprechende Normierungen in unseren einzelnen Landesgesetzen Rechnung tragen.
Das Gesetz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN macht einen Schritt in die richtige Richtung. Man hat nach der Anhörung gemerkt, dass es an der einen oder anderen Stelle noch etwas hakt und hapert. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit einem Änderungsantrag nachgebessert oder nachgesessen. Man kann sich darüber streiten, ob jetzt in allen möglichen Verästelungen des Landesrechts – ob im Friedhofsrecht oder im Schlichtungsgesetz – noch Bestimmungen nachgebessert werden müssen. Ich glaube, viel entscheidender ist doch, dass es in zentralen Bereichen Verbesserungen für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften gibt. Ich denke insbesondere an das Beamtenversorgungs- und Besoldungsrecht, das im Rahmen der Dienstrechtsreform auch hier in Hessen überarbeitet werden muss.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich wegen der vorgerückten Stunde zum Schluss kommen. Es würde dem Land Hessen gut anstehen, wenn auch die Konservativen hier im Saal dieses Gesetz unterstützen und damit einen weiteren Schritt gegen Diskriminierung und für Toleranz im Sinne einer offenen und pluralistischen Gesellschaft gehen würden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Lenhart, Sie haben, mit Verlaub, leider nicht begriffen, worum es geht. Nach den Debatten im Rechtsausschuss und in der ersten Lesung im Plenum bleiben die rechtssystematischen Bedenken, die wir gegen diesen Gesetzentwurf haben, bestehen. Ich nenne zwei Beispiele.
So sollen z. B.Vorschriften aufgehoben werden, durch die andere Gesetze oder Verordnungen geändert wurden.Wir fragen uns: Ist das überhaupt nötig? Müssen z. B. Verordnungen aufgehoben werden, die aufgrund von Ermächtigungsgrundlagen erlassen wurden, die selbst bereits aufgehoben worden sind? Hätte man das in dem Fall nicht gleichzeitig machen können? Hätte man nicht bereits bei der Aufhebung der Ermächtigungsgrundlage dafür sorgen können?
Das sind Beispiele, die sehr viele Ungereimtheiten enthalten. Dazu müssen wir, die SPD, ganz klar sagen: Das ist unausgegoren und trägt nicht zum Bürokratieabbau bei, um den es vermeintlich geht. Es werden 142 Rechtsvorschriften ins Spiel gebracht. Deswegen sagen wir ganz klar, dass dies handwerklich nicht sauber gearbeitet ist.
Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, der uns schon in der Vergangenheit sehr wichtig war, nämlich dass mit diesem Gesetz auch die Losholzberechtigung wegfallen soll,also die Bezugsrechte von Holz,die für das ehemalige Kurhessen galten. Das ist ein Punkt, über den wir auch im Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz sehr strittig mit Ihnen diskutiert haben. Deswegen werden wir als SPD-Fraktion diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Redezeit beträgt eine Stunde. – Nein, ich gebe meine Rede zu Protokoll.
Herr Wintermeyer, ich glaube, ich kann zumindest höher springen als Sie.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie Herr Grumbach bereits ausführte, beraten wir heute in zweiter Lesung das Gesetz zur Änderung des Wassergesetzes, welches man unter das Motto stellen könnte: „Gut gedacht, zu kurz gesprungen.“
Lassen Sie mich zunächst feststellen, dass die Landesregierung mit diesem Gesetz nur nachjustiert, was sowohl bundes- als auch europarechtlich vorgegeben ist. Der Landesgesetzgeber ändert das Wassergesetz heute erneut, obwohl nach der letzten Novelle, die wir erst im Jahre 2005 hatten, klar war, dass aufgrund der bundesgesetzlichen Vorschriften eine erneute Änderung erforderlich sein würde. Deswegen tagen wir heute erneut zum Wassergesetz, was heißt, dass der Gesetzgeber hier mehrfache Arbeiten hatte. Dennoch haben wir mit diesem Gesetz noch keinen umfassenden Hochwasserschutz. Hierauf will ich im Detail eingehen.
Für die SPD-Fraktion ist in der Tat ein umfassender und vorsorgender Hochwasserschutz von zentraler Bedeutung. Die Untersuchungen zeigen gerade angesichts des Klimawandels, dass wir es prognostisch mit erhöhten und vermehrten Niederschlägen zu tun haben werden. Das heißt, dass wir auch in Hessen mit höheren und gefährlicheren Wasserstandsereignissen zu rechnen haben werden.
Das Gesetz der Landesregierung greift aber gerade in diesem Bereich zu kurz.Wir haben deshalb mit unserem Änderungsantrag, der eben angesprochen worden ist, eigene landesgesetzliche Akzente im Bereich des Hochwasserschutzes gesetzt. Dazu gehört für uns als SPD-Fraktion, dass wir den Gewässern mehr Raum geben, etwa mit Renaturierungsmaßnahmen. Hierzu gehört für uns auch, dass die Zielvorgaben aus unserer Sicht auf die Auen ausgeweitet werden müssen, denn dieser Teilaspekt ist insbesondere während der Anhörung, die wir durchgeführt haben, sehr deutlich zum Ausdruck gebracht worden.
Wir halten es auch nicht für sachdienlich, dass der Uferund Siedlungsbereich nach den Vorstellungen der Landesregierung nur dann geschützt werden soll, wenn z. B. ein Überschwemmungsgebiet festsetzt ist. Das ist aus unserer Sicht zu wenig. Im Siedlungsbereich ist die Freihaltung der Ufer und Auen auch aus ökologischen Gründen – nicht nur aus Gründen des Hochwasserschutzes – von besonderer Bedeutung.
Es ist für uns auch besonders wichtig, dass die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen an bestehenden Anlagen mit wassergefährdenden Stoffen sowie an überschwemmungsgefährdenden Flächen hinter den Deichen entsprechen vorgesehen werden. Wo wassergefährdende Stoffe vorhanden sind, sollen diese in geringem Umfang und unter besonderen Auflagen angebracht werden können. Auch da greift der Gesetzentwurf der Landesregierung aus unserer Sicht zu kurz.
Wir brauchen in der Tat auch in Hessen einen wirksamen Hochwasserschutz, eine Gesamtstrategie und keine Begrenzung auf Teilbereiche. Für uns ist auch ganz zentral, dass die Information der Bevölkerung über Hochwassergefahren nicht nur über das Internet erfolgt. Wir wissen, dass viele Bürgerinnen und Bürger – diese sind zum Teil schon älter – keinen Internetzugang haben und dass deswegen die Erstellung verbindlicher Gefahrenkarten und Hochwasserschutzpläne für uns von ganz besonderer Bedeutung sind. Deswegen wollen wir, im Gegensatz zu dem, was die Landesregierung vorgelegt hat, eine weiter gehende Information der Bevölkerung erreichen.
Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist nicht weitreichend genug, und die Regelungen greifen nicht. Daher werden wir, die SPD-Fraktion, dieses Gesetz ablehnen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Beuth, Sie haben in sehr eindrucksvoller Weise belegt und auch ausgeführt, warum eine Evaluierung – das ist der Hauptstreitpunkt – der in Rede stehenden Gesetze vonnöten sei. Denn in vielen Bereichen sind anscheinend wenige Erkenntnisgewinne der Landesregierung vorhanden. In einem Bereich sind die Gesetze niemals zur Anwendung gekommen. Man hält es aber trotzdem für nötig, dass sie weiter bestehen. In einem anderen Bereich kann man sich nicht entscheiden. Unsere Auffassung ist: Wenn man Gesetze befristet, müsste man als Gesetzgeber in der Tat die Chance ergreifen, nach fünf Jahren zu überprüfen, wie die Rechtswirklichkeit aussieht, wie sich die Gesetze auf die rechtstatsächliche Praxis ausgewirkt haben. Das setzt eine
valide Datenbasis voraus, eben eine Evaluierung, um zu überprüfen, ob das Gesetz geändert werden muss, ob es abgeschafft werden muss oder ob es bestehen bleiben soll.
Das ist der Kernpunkt, den wir bei Ihnen kritisieren; denn solch eine ausführliche Evaluierung hat der Landesgesetzgeber in der Tat nicht durchgeführt. Sie brüsten sich immer mit dem großen Schlagwort des vermeintlichen Bürokratieabbaus. Hier haben wir es in der Tat nicht mit einem Abbau von Bürokratie zu tun. Nein, wir beschäftigen uns als Gesetzgeber hier mit der Frage, inwieweit befristete Gesetze, die jetzt auszulaufen drohen, in ihrer Geltungsdauer verlängert werden müssen. Wenn wir uns als Gesetzgeber separat mit dieser Frage beschäftigen müssen, dann sollten wir es auch mit einer Gründlichkeit und Genauigkeit tun, damit wir dem Gesetzgeber nicht noch mehr Arbeit machen, als er ohnehin schon hat.
Die Befristung ist also kein Selbstzweck. Sie darf auch nicht dazu führen, dass sie selbst unnötige Vorschriften schafft, mit denen wir uns als Gesetzgeber beschäftigen müssen. Deswegen fordern wir und bleiben auch dabei, dass bei solchen Gesetzen eine gründliche Evaluierung durchgeführt wird. Die vermissen wir hier.
Ich möchte aus unserer Sicht noch einen letzten Aspekt ansprechen.Wir haben sehr wohlwollend zur Kenntnis genommen, dass der Ältestenrat dem Vorschlag der FDP nicht nachgekommen ist und dem Plenum entsprechend die Empfehlung gegeben hat, das Bannmeilengesetz beizubehalten.
Aus unserer Sicht ist das Bannmeilengesetz kein Relikt aus dem 19. Jahrhundert, sondern der Ausdruck einer wehrhaften und einer sich selbst verteidigenden und sich selbst schützenden Demokratie und eines entsprechenden Parlamentarismus. Deswegen ist das Bannmeilengesetz weiter vonnöten. Es sollte aus unserer Sicht nicht abgeschafft werden.
Aber, ich habe es eingangs ausgeführt, wegen der fehlenden Evaluierung wird sich die SPD bei diesem Gesetzentwurf enthalten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPDFraktion unterstützt das Gesetz der Landesregierung zur Änderung des Juristenausbildungsgesetzes. Wir wollen auch hier in Hessen für Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare eine Notenverbesserungsmöglichkeit einräumen, wie es schon acht andere Bundesländer machen, denn wie wir alle wissen – das ist gerade unter Juristinnen und Juristen bekannt –, wird der Arbeitsmarkt für Juristen immer angespannter.
Ich möchte dazu in diesem Zusammenhang eine Zahl in den Raum stellen. Insbesondere bei der Anwaltschaft ist der Druck auf dem Arbeitsmarkt immer höher, und er steigt stetig an. So wurden allein im Jahr 2007 bundesweit bis jetzt 4.726 Anwälte neu zugelassen. Dies ist eine Steigerung von rund 3,4 % auf mittlerweile 142.830 zugelassene Anwälte, die sich natürlich alle auf diesem Markt bewegen und miteinander konkurrieren.
Bei den Juristinnen und Juristen – das wissen die, die sich mit der Rechtspolitik befassen – ist gerade die Examensnote für den weiteren beruflichen Erfolg und womöglich für die weitere berufliche Perspektive ausschlaggebend. Es ist deshalb aus unserer Sicht längst überfällig – das haben wir als SPD-Fraktion schon sehr deutlich gemacht –, dass diese Notenverbesserungsmöglichkeit auch hier in Hessen geschaffen wird.
Wir hatten als SPD-Fraktion schon bei der letzten JAGNovelle thematisiert, ob man nicht diese Änderung, die wir heute beraten, vorziehen könnte.Aus unserer Sicht ist
diese Regelung überfällig, und es ist an der Zeit, dass wir jetzt zur Tat schreiten.
Wir halten es auch für korrekt, dass für den Wiederholungsversuch eine kostendeckende Gebühr entrichtet wird,die gerade noch angemessen ist und sich natürlich an den tatsächlichen Prüfungskosten orientiert. Aus unserer Sicht ist es auch zweckmäßig, dem Prüfling ein Rücktrittsrecht ab der schriftlichen Prüfung bis zur mündlichen Prüfung einzuräumen und danach schrittweise entsprechend die Gebühren zu staffeln, die dann natürlich zurückerstattet werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, die SPD stimmt diesem Gesetz zu. Wir sind aber dennoch gespannt, ob es in der schriftlichen Anhörung – die Kabinettsunterlagen bzw. die der Anhörung werden uns ja zugestellt – an der einen oder anderen Stelle doch noch Hinweise oder Ergänzungswünsche gibt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man sich den Titel dieser Aktuellen Stunde ansieht, dann weiß der Letzte hier im Saal, aber auch in Hessen, dass der Wahlkampf längst begonnen hat.
Mit einem untauglichen Versuch versucht die CDU einmal wieder hier in Hessen, unsere Gesellschaft zu polarisieren. Sie braucht offenbar Futter für ihre selbst ausgerufene Leitkulturdebatte, was an sich eine unglaubliche Dreistigkeit ist, wenn man an die Parteigeldaffäre, die Vermächtnislüge oder die Doppelpasskampagne denkt.
Ihr fehlt jegliche moralisch-politische Kraft, solch eine Diskussion zu führen. Lassen Sie mich jedoch in aller Sachlichkeit auf den konkreten Fall zu sprechen kommen.
Herr Beuth hat beschrieben, um was es geht, um eine Referendarin, die beim Amtsgericht in Offenbach ihre Station ableisten will und wo erstmals in Hessen offiziell die Frage aufgeworfen wurde, inwieweit die Neutralität der Justiz auch in Hessen garantiert ist.
Herr Beuth, Sie haben diesen Fall in großer Eindimensionalität vorgetragen und entsprechend bewertet. Ich möchte klarstellen, dass das Kopftuch in der Tat einen sehr unterschiedlichen Aussagegehalt haben kann – etwa als Ausdruck kultureller Tradition des entsprechenden Herkunftslandes. Natürlich kann es auch Ausdruck eines politischen Symbols sein. Es kann aber auch
in der Tat, Herr Dr. Wagner – Modeschmuck sein. Es kann natürlich auch Symbol der Unterdrückung sein. Hier ist entscheidend, weil es eine unterschiedliche Bedeutung haben kann, dass wir nicht sozusagen eindimensional solche Diskussionen führen, sondern uns einzelfallgerecht den Fall ansehen, dann bewerten und interpretieren,
welche Bedeutung im konkreten Fall für den Tragenden, aber auch für den Beobachter das Kopftuch in der jeweiligen Situation hat.
In dem vorliegenden Fall sind mehrere verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen betroffen, die in einer Güterabwägung in verfassungskonformer Weise im Einzelfall miteinander in Einklang gebracht werden müssen – zum einen die in Art. 4 Abs. 1 geschützte Freiheit des Glaubens. Dann natürlich die negative Religionsfreiheit der etwa Betroffenen im Gerichtssaal,aber auch die staatliche Neutralitätspflicht, die für Referendare, die im juristischen Vorbereitungsdienst angestellt sind, gilt.
Hier dürfte es in diesem Haus völlig klar und nicht strittig sein, dass auch in der Justiz uneingeschränkt die politische, weltanschauliche und religiöse Neutralität des Staates gilt. Dies kommt nicht zuletzt durch die „kleinen Vorschriften“ bei Gericht zum Ausdruck, dass Richter und Staatsanwälte, aber auch z. B. die Anwälte entsprechende Roben zu tragen haben.
Deshalb ist für die SPD-Fraktion im konkreten Fall ganz klar, dass die Rechtsreferendarin bei der Durchführung der Beweisaufnahme, aber auch, wenn sie z. B. die Staatsanwaltschaft im Sitzungsdienst vertritt, ihr Kopftuch ablegen muss.
Das ist aus unserer Sicht im vorliegenden Fall ganz klar. Deswegen ist dieser konkrete Fall aus unserer Sicht pragmatisch zu lösen und kein geeigneter Fall für parteipolitischen Klamauk der CDU im Rahmen einer Aktuellen Stunde. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie meine Vorredner schon dargestellt haben, beraten wir heute in erster Lesung über ein sogenanntes Sammelgesetz, das in der Tat 142 gesetzliche Vorschriften bzw. Rechtsverordnungen aufheben will, weil die Ermächtigungsgrundlage mittlerweile entfallen ist, die Rechtspraxis eine ganz andere ist – Herr Dr. Jürgens hat das hier sehr humorvoll vorgetragen – und wir in der Tat noch vorkonstitutionelles Ordnungsrecht hatten.
Es ist zu begrüßen, wenn sich der Landesgesetzgeber regelmäßig die Frage stellt,ob die gesetzlichen Vorschriften, die wir haben, noch der Rechtstatsächlichkeit entsprechen.Sind sie gar im Sinne des Bürokratieabbaus oder der Deregulierung entbehrlich? Diese Frage sollte sich der Landesgesetzgeber aus unserer Sicht ständig stellen.
Sie haben anscheinend sogar eine ganze Legislaturperiode gebraucht,um dieses Konvolut zu erstellen und jetzt im Rahmen dieses Gesetzentwurfs zu präsentieren. Es ist wichtig, dass der Rechtsanwender nicht mit überflüssigen Vorschriften überfrachtet wird. Das ist ganz wichtig für die tatsächliche Rechtsanwendung, wie sie jeden Tag in der Praxis erfolgt.
Ich möchte aber auf einen konkreten Punkt eingehen,den wir, die SPD-Fraktion, kritisch sehen. Es handelt sich um Nr. 4 aus Art. 8: das Gesetz über die Abgabe von Losholz. Über diese Problematik haben wir im Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz sehr kritisch und sehr stringent diskutiert. Aus unserer Sicht sollen nämlich mit der Losholzberechtigung, die für das ehemalige Kurhessen gilt, Bezugsrechte entfallen. Im Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz haben wir unsere Rechtsauffassung dazu sehr deutlich gemacht. Unserer Meinung nach besteht für die Abschaffung dieses Gesetzes keine Notwendigkeit.
Ich möchte das begründen.Wenn die Gemeinden für ihre berechtigten Bürger Losholzmengen aus dem Staatswald abrufen wollen, können sie das nach diesem Gesetz ma
chen. Sie haben das Recht dazu. Wir haben anhand der Zahlen gesehen, dass hier nur ein minimaler Verwaltungsaufwand entstanden ist. Hier soll eine Berechtigung abgeschafft werden. Tradiertes Recht soll ersatzlos gestrichen werden.
Aus unserer Sicht wird die Losholzberechtigung in Zukunft eine größere Bedeutung gewinnen.Alle Fraktionen wollen nämlich, wie wir wissen, den Einsatz der erneuerbaren Energien stärken. Unserer Überzeugung nach wird das dazu führen,dass Losholzmengen aus der eigenen Region – zunehmend auch aus dem Staatswald – aus ökonomischen Gründen interessanter werden.
Deswegen vertreten wir als SPD-Fraktion die Auffassung, dass dieses Gesetz nicht abgeschafft werden soll. Über weitere Details – es handelt sich ja um ein Konvolut von Regelungen – werden wir sicherlich im Ausschuss beraten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich werde heute mit etwas gedämpfter Stimme zu Ihnen sprechen, aber nicht mit weniger Inhalt.
Nein, ich habe nicht zu viel gefeiert. Es handelt sich um eine Kehlkopfentzündung, die ich ohne eigenes Verschulden habe.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegte Gesetzentwurf intendiert die Stärkung der direkten Demokratie.Wir haben das die letzten Wochen und Monate verfolgt. Jetzt aktuell geht es um eine Klage zur Prüfung der Verfassungskonformität. Mit einer Popularklage soll das Gesetz über die Studiengebühren vor dem Staatsgerichtshof verfassungsrechtlich überprüft werden.
Die bisherige Rechtslage birgt für die Bevölkerung und diejenigen, die sich der Klage anschließen wollen, erhebliche Schwierigkeiten und Mühen. Sie müssen sich auf den entsprechenden Listen nicht nur eintragen. Vielmehr muss die Unterschrift auf dem Einwohnermeldeamt eigenhändig vorgenommen werden. Dann muss das Formular natürlich noch den Initiatoren übergeben werden.
Ich sagte es bereits: Die Praxis hat gezeigt, dass das ein sehr schwerfälliges Verfahren ist. – Die Hessische Verfassung will aber an und für sich zur Partizipation ermutigen. Ein Ländervergleich zeigt, dass sie eine der fortschrittlichsten Verfassungen überhaupt ist. In ihr sind auch andere Elemente direkter Demokratie implementiert, wie etwa das Volksbegehren und der Volksentscheid. Deswegen weist aus unserer Sicht der vorgelegte Gesetzentwurf den richtigen Weg. Die direkte Demokratie soll, so wie das die Hessische Verfassung wollte, weiter gestärkt werden.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass es in Zukunft möglich sein soll, sich in Listen einzutragen. Die Liste soll dann durch einen Bevollmächtigten dem Gemeindevorstand treuhänderisch übergeben werden.
Ich gebe zu, dass die Frage der Authentizität der Unterschriften, aber auch die Frage des Missbrauchs in der schriftlichen Anhörung sehr differenziert erörtert und diskutiert wurde. Nachdem wir die schriftliche Anhörung sehr genau ausgewertet haben, haben wir uns dazu entschlossen, uns denjenigen anzuschließen, die keine durchschlagenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben.Wir sind vor allen Dingen auch deswegen zu dieser Überzeugung gelangt, weil wir die Intention des Gesetzentwurfs verfassungspolitisch für sinnvoll erachten.
Natürlich ist es unstrittig, dass das bisherige Verfahren, das vorsieht, dass man zum Einwohnermeldeamt bzw. zum Stadtbüro geht, sich dort ausweist und eigenhändig unterzeichnet,das Verfahren ist,bei dem die Authentizität am stärksten gesichert ist. Die Verfassung intendiert mit der Möglichkeit der Antragstellung durch das Volk aber, dass es zu einem Meinungsaustausch und einem Willensbildungsprozess in der Bevölkerung kommt. Außerdem haben wir noch die Abschreckungswirkung durch § 267 Strafgesetzbuch, der Urkundenfälschung. Dieser Paragraf besagt: Wer ein Dokument fälscht, indem er eine falsche Unterschrift darunter setzt, wird hinreichend bestraft. – Wir sehen die Gefahr des Missbrauchs durch andere Re
gularien hinreichend abgesichert. Außerdem gibt es da auch noch die Intention der Hessischen Verfassung.
Es ist für unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat von zentraler Bedeutung, dass das Geltendmachen von Rechten nicht unnötig erschwert wird. In Zeiten zunehmender Politikverdrossenheit sollten wir die Bürgerinnen und Bürger ermutigen, sich stärker einzumischen, mitzumachen und sich an der Demokratie zu beteiligen. Wir sollten sie da nicht behindern.
Deswegen werden die Mitglieder der SPD-Landtagsfraktion diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst noch einmal für die Nichtjuristen hier im Hause klarstellen, welche Aufgaben der Richterwahlausschuss in Hessen eigentlich hat. Er entscheidet im Wesentlichen über die Einstellung von Richtern auf Probe sowie derjenigen auf Lebenszeit. Er übernimmt damit – da möchte ich Herrn Dr. Jürgens beipflichten – eine wichtige Aufgabe im System der Gewaltenteilung, also auch eine wichtige Aufgabe für unseren Staat.
Der von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingereichte Antrag zur Veränderung der Binnenstruktur des Richterwahlausschusses, aber auch zur Veränderung von dessen Befugnissen findet nicht unsere volle Unterstützung.
Herr Dr. Jürgens, wir waren auf der gleichen Ausschussreise. Ich bin auch sehr erstaunt darüber, welche weitreichenden Erkenntnisse Sie aus dieser Reise für Hessen gezogen haben.
Wir haben in der Tat in der Vergangenheit sowohl im Richterwahlausschuss als auch darüber hinaus sehr oft darüber diskutiert, inwieweit wir insbesondere die Befugnisse des Richterwahlausschusses erweitern können, weil wir uns in der Praxis – das wissen auch Sie,Frau Beer – gar kein tatsächliches Meinungsbild über die Bewerber insgesamt verschaffen können, weil wir nur einen relativ schmalen Bewerberkorridor kennenlernen.
Einblick in einzelne Personalakten ist uns als SPD-Fraktion zu wenig. Deswegen haben wir uns auch die Einstellungspraxis in den anderen Bundesländern angesehen, z. B. die des OLG Hamm, das sogar mit einem Assessmentcenter arbeitet.
Deswegen sind wir als SPD-Landtagsfraktion dafür, dass wir in der Tat dem Richterwahlausschuss mehr Einfluss und Mitsprachemöglichkeiten eröffnen.Wir haben vorgeschlagen – das haben wir auch im Richterwahlausschuss gemacht; das kann ich sagen, ohne die Verschwiegenheitspflichten zu verletzen, und das würden wir auch öffentlich vorschlagen –,dass wir uns im Richterwahlausschuss,etwa in der Form des Unterausschusses, der jetzt schon in der Geschäftsordnung vorgesehen ist, in einem Verfahren, in dem immer zwei bis drei Mitglieder des Richterwahlausschusses anwesend sind, die Persönlichkeiten, die zu den Bewerbern gehören, selbst ansehen. Damit haben wir im Richterwahlausschuss die Möglichkeit, uns von der tatsächlichen Bewerberlage ein persönliches Bild zu machen. Das schafft mehr Transparenz und vermindert auch eine mögliche – wenn gar mittelbare – Einflussnahme des Justizministeriums.
Lassen Sie mich aber noch zu den weiteren Vorschlägen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Stellung nehmen.Wir haben im Moment im Richterwahlausschuss folgende Struktur. Er ist zum einen mit fünf richterlichen Mitgliedern, aber auch sieben Landtagsabgeordneten sowie – im Wechsel – einem Vertreter der Rechtsanwaltskammern besetzt. Das ist also eine ausgewogene Besetzung, bei der
auch die verschiedenen Gerichtsbarkeiten repräsentiert werden. Für uns ist nicht erkennbar, welchen qualitativen Vorteil es bringen würde, diese an sich schon ausgewogene Struktur zu verändern.
Ein Punkt, an dem wir dem Antrag zustimmen könnten, ist Ihr Vorschlag, dass wir bei einem einvernehmlichen Mitwirken an Entscheidungen des Präsidialrats auch den Richterwahlausschuss in Zukunft hinzuziehen. Das ist ein Vorschlag, den wir konstruktiv begleiten können. Aber den Blick müssen Sie nicht nur nach Spanien richten. Es ist jetzt bereits in der Verwaltungspraxis üblich, Funktionsstellen auf Zeit zu besetzen.Das haben wir uns genau angesehen. Ihr Vorschlag ist, Gerichtspräsidenten zeitlich befristet auf sechs Jahre einzustellen bzw. zu ernennen.
Da ist für uns als SPD-Fraktion die Personalkontinuität vorrangig. Das muss ich an dieser Stelle ganz klar sagen. Sie wissen selbst, was das für eine Behörde bedeutet, wenn da immer ein Wechsel in der Hausspitze stattfindet. Deswegen steht hier für uns ganz klar die Personalkontinuität an vorderer Stelle. Deswegen werden wir diesem Vorschlag nicht zustimmen können.
Lassen Sie mich insgesamt für die SPD-Fraktion feststellen, dass die Intention des Antrags von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN richtig ist, er aber in den Detailvorschlägen nicht unsere Zustimmung erfahren kann. – Vielen Dank.
Herr Milde, es ist schon einmal gut, dass die CDU-Fraktion aufgrund unserer Gesetzesinitiative zum Nachdenken gekommen ist. Ich glaube, Sie sehen einen Regelungsbedarf – das haben Sie gerade zum Ausdruck gebracht –, der für mich noch nicht ganz greifbar ist, und ich will darauf etwas erwidern, dass Sie gesagt haben, Sie hätten sich im Vorfeld dieser Gesetzesinitiative einen anderen Umgang gewünscht. Sie müssen erkennen, dass es im Vorfeld unserer Initiative einen sehr umfänglichen Schriftwechsel sowohl mit dem Landesrechnungshof als auch mit dem zuständigen Ministerium gegeben hat.
Wir haben diese Frage schon häufiger im Ausschuss, aber auch bilateral erörtert, bevor wir nun als letzten Schritt – denn wir hatten keine andere Möglichkeit mehr – parlamentarisch initiativ geworden sind.
Sie haben von einem Einzelfall gesprochen, aber es ist kein Einzelfall. Herr Schmitt hat hier gerade mindestens zwei Fälle substanziiert dargelegt, wo es Schwierigkeiten gegeben hat, als Parlament unser Kontrollrecht gegenüber dieser Regierung auszuüben.
Ich stelle an Sie die Frage – wir haben in § 96 der Bundeshaushaltsordnung eine praktikable Regelung, die auf Bundesebene hervorragend funktioniert; ich habe hierzu nichts Gegenteiliges gehört, sodass wir unseren Gesetzentwurf dort entlehnt haben, denn wir wollen diese Regelung auch in Hessen einführen –: Was spricht dagegen, solch eine Regelung in Hessen zu implementieren?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz war bereits mehrfach Gegenstand der Diskussion in diesem Haus. Wir haben mehrfach deutlich gemacht, dass mit diesem Gesetz eine tragfähige Umsetzung des Europarechts zum Schutz vor Diskriminierung geschaffen worden ist.
Aber mit diesem Gesetz ist noch viel mehr erreicht worden; denn es bietet, wie wir finden, einen Perspektiv- und Paradigmenwechsel für die Diskriminierten in unserem Land. Sie sind aufgrund dieses Gesetzes keine bloßen Bittsteller mehr, keine Opfer. Sie können jetzt nämlich ihre Rechte effektiv einfordern und einklagen.
Die Intention des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dieses Thema hier noch einmal aufzurufen und zu fragen, wie das Gleichbehandlungsgesetz in Hessen tatsächlich umgesetzt wird,ist daher richtig.In der Tat sind uns andere europäische Länder, die die entsprechenden europäischen Regelungen schon viel früher als wir umgesetzt haben, in dieser Hinsicht weit voraus. Das sind z. B. Österreich und Frankreich, aber auch die Niederlande.
Gerade beim Zivilrecht haben wir mit diesem Gesetz Neuland betreten. Es ist deswegen aus unserer Sicht sinnvoll, dass das Land Hessen dazu beiträgt, die Bürgerinnen und Bürger, aber auch diejenigen, die als Bedienstete mit diesem Gesetz zu tun haben, über die neuen gesetzlichen Regelungen zu informieren.
So gelten nach § 24 AGG die entsprechenden Regelungen auch für die Beamtinnen und Beamten der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der unter der Aufsicht des Bundes oder eines Landes stehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Deswegen ist es sinnvoll, dass man sich hier insbesondere an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hält – die Stelle, die sozusagen federführend ist –, um die Zusammenarbeit zu pflegen und Kontakte aufzubauen.
Aus unserer Sicht muss das AGG ein Bestandteil der Fortbildungsmaßnahmen für Richterinnen und Richter sowie für Polizeibeamtinnen und -beamte in unserem Land sein. Aber natürlich ist es so – wie gesagt, auch das ist fast eine Selbstverständlichkeit –, dass nach der einschlägigen Vorschrift des § 1 Abs. 3 HSOG die Polizei und die Gefahrenabwehrbehörden für die Rechtserlangung im Privatrecht zuständig sind, wenn das anderweitig nicht erreicht werden kann. Das ist ganz klar; das ist schon jetzt gesetzlich verankert.
Eigentlich ist die Intention des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sinnvoll. Auf der anderen Seite wird aber fast eine Selbstverständlichkeit angesprochen. Insbesondere finden wir es problematisch, dass hier angeregt wird, in einem Erlass zu regeln, wie sich die Polizeibeamtinnen und -beamten im Einzelfall zu verhalten haben. Das sehen wir sehr kritisch; denn in diesem Hause diskutieren wir des Öfteren darüber, wo im Sinne eines Bürokratieabbaus Vorschriften gestrichen werden können. Daher ist die Frage zu stellen, ob wir dafür einen besonderen Erlass brauchen.
Abschließend möchte ich aus unserer Sicht sagen: Das ist fast eine Selbstverständlichkeit.Wir können davon ausgehen, dass das AGG, wie andere neue Gesetze des Bundes und des Landes auch, in die Köpfe der Menschen gelangt, und dass das Land Hessen seinen Beitrag dazu leistet. Die Intention ist gut.Aber es stellt sich die Frage, ob man deshalb in diesem Hause über einen solchen Antrag beraten muss. – Vielen Dank.
Entschuldigung, ich musste mich beeilen. Deswegen ist die Karte ausnahmsweise einmal blau.
Ich möchte noch einmal die Versachlichung der Debatte anraten und den Staatssekretär noch einmal darauf hinweisen, dass es nach dem neuen Gleichstellungsgesetz mitnichten nicht mehr möglich sein wird,in Zukunft Frauenparkplätze auszuweisen bzw. Sekretärinnen einzustellen, die nicht Deutsche sind.
Natürlich wird nach der bestehenden Rechtslage weiterhin auch mit diesem Gesetz eine Differenzierung aus sachlichen Gründen möglich sein.Das muss man der Redlichkeit halber in dieser Debatte dazu sagen. Man darf nicht, wie Sie das stets gemacht haben – seit Beginn der Debatte –, solche Bilder stellen, die schlicht unwahr sind.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat haben Fälle wie der des kleinen Mitja in Leipzig oder auch die Debatte um die Freilassung von Sexualstraftätern aus der Haft wie in Sachsen-Anhalt und Brandenburg dazu geführt, dass wir in unserer Gesellschaft berechtigterweise einmal wieder eine Debatte über den Umgang mit Sexualstraftätern führen. Lassen Sie mich jedoch festhalten: Eine Diskussion bei einem so hochsensiblen Thema ist zwar grundsätzlich wünschenswert, aus unserer Sicht aber nur dann, wenn sie sachlich, unaufgeregt und ohne jeglichen Populismus geführt wird.
Lassen Sie mich eingangs ein besonderes Phänomen ansprechen, nämlich bei der Frage, inwieweit jenseits der öffentlichen Wahrnehmung, die durch Medien wie Fernsehen und Zeitung beeinflusst wird, wirklich Sicherheitslücken im System bestehen bzw.ob der Schutz insbesondere von Jugendlichen und Kindern in unserer Gesellschaft ausreichend ist. Da gibt es eine Diskrepanz zwischen der öffentlichen Wahrnehmung auf der einen Seite und den Fakten auf der anderen Seite. Wenn man etwa Bürgerinnen und Bürger fragt, wie sie persönlich die Anzahl der Sexualstraftaten und Morde in unserer Gesellschaft einschätzen, dann geben 89 % der Befragten an, sie meinen, dass es in den letzten zehn Jahren, etwa seit 1993 im Vergleich zu 2003, einen erheblichen Anstieg gegeben habe.
Diese gefühlte Kriminalität, die jüngst z. B. in einer Studie von Prof. Pfeiffer abgefragt worden ist, stimmt glücklicherweise nicht mit der Realität überein, wie der zweite periodische Sicherheitsbericht darlegt. Damit liegen nach solchen Studien 89 % der Befragten in ihrer Einschätzung daneben. Im Gegenteil, wir haben bei den vollendeten Sexualstraftaten und Morden einen Rückgang zu verzeichnen, und auch die Anzahl der Morde an Kleinkindern nach vorherigem sexuellem Missbrauch ist glücklicherweise weitaus niedriger, als es die meisten in unserer Gesellschaft einschätzen. Sie liegt bei einer noch viel zu hohen Zahl von etwa zwei bis fünf Fällen pro Jahr.
Lassen Sie mich verdeutlichen: Diese Zahlen sollen die bestehenden Straftaten weder kleinreden noch verharm
losen. Im Gegenteil, jeder Fall ist ein schwerstes Verbrechen, eine Tragödie, und zieht schreckliche Schicksale nach sich. Aber diese Erhebungen zeigen doch auch die Fakten, dass die bestehenden Gesetze nicht wirkungslos geblieben sind. Eine seriöse Rechtspolitik muss dann trotzdem fragen: Gibt es da noch gesetzgeberischen Handlungsbedarf? Wenn ja, wie soll er aussehen? Sind die Konzepte gegen Gewalttäter und Sexualstraftäter ausreichend oder nicht? – Diese Fragen müssen wir uns trotz solcher Zahlen in der Tat periodisch immer wieder stellen.
Meine Damen und Herren,da möchte ich ein bisschen das zurückweisen, was Herr Banzer gesagt hat. Es ist nicht so, dass in der Bundesregierung unter sozialdemokratischer Verantwortung in den letzten Jahren nichts geschehen sei. Im Gegenteil, wir haben unter unserer Regierungsverantwortung auf Bundesebene mehr für den Opferschutz getan als Kohl in den ganzen 16 Jahren.
Lassen Sie mich einige Beispiele benennen, z. B. den Aktionsplan zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt, der bereits 2003 aufgelegt worden ist. Davon sind schon sehr viele Maßnahmen umgesetzt worden. Aber auch die moderate verfassungskonforme Ausweitung der vorbehaltenen und der nachträglichen Sicherungsverwahrung wurde unter unserer Regierungsverantwortung Schritt für Schritt umgesetzt.Wir haben auch die Straftatbestände angepasst, zum einen Strafbarkeitslücken geschlossen, zum anderen den Strafrahmen dort, wo es erforderlich war, moderat angehoben. Auch die Möglichkeiten für das Erfolgsinstrument der DNA-Analyse wurden maßvoll erweitert, und die Reihengentests wurden auf eine gesetzliche Grundlage gestellt.
Weitere gesetzliche Regelungen sind jetzt auf Bundesebene in der Diskussion bzw. in der Umsetzung. Das ist gut so. Ich möchte hier ganz detailliert die Reform der Führungsaufsicht ansprechen, weil Sie das auch aufgeführt haben. Es ist schon verwunderlich, wenn Sie hier Forderungen erheben und selbst in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe als Hessen eingebunden waren.
Die Reform der Führungsaufsicht sieht eine straffere und effizientere Kontrolle der Lebensführung solcher Straftäter vor. Da hat man durch wissenschaftliche Begleitung, aber auch durch entsprechende Praxisbefragung als Gesetzgeber in den letzten Monaten und Jahren einiges dazugelernt.
In der Tat soll es ein strafbewehrtes Kontaktverbot geben, was Sie gerade gefordert haben. Es soll eben nicht mehr den Einschlafhelfer in einem Kindergarten geben, der vorher als Sexualstraftäter in Erscheinung getreten ist. Man wundert sich doch – das Beispiel hat mir eben noch Frau Fuhrmann vorgetragen –, dass solche Personen in der Vergangenheit noch nicht einmal ein Führungszeugnis gebraucht haben. Das ist schon sehr bedenklich.
Deswegen frage ich mich, warum Sie an dieser Stelle kritisieren, dass die Regelungen nicht weit genug gehen. Sie waren am Gesetzgebungsverfahren maßgeblich beteiligt.
Ein weiterer Schritt: Die strafbewehrten Weisungen sollen erweitert werden. Das heißt als Beispiel, wenn man Hinweise darauf hat, dass ein Alkoholkranker trotzdem noch zum Alkohol greift, soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass dem durch Atemalkoholkontrollen in Zu
kunft ein Riegel vorgeschoben wird. Ein Entlassener soll zukünftig etwa angewiesen werden, einen Psychotherapeuten, einen Arzt aufzusuchen, damit sich der Therapeut persönlich einen Eindruck davon verschaffen kann, wie sich dieser Täter weiterentwickelt und inwieweit dieser Täter resozialisiert wird. Verstößt dieser Täter gegen die Weisung, dann soll das künftig mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren – das war bis jetzt ein Jahr – geahndet werden können. Auch in diesem Bereich gibt es jetzt Fortschritte.
Ein weiterer wichtiger Punkt in diesem Komplex ist die Ausweitung der Befugnisse der Vollstreckungsgerichte und Führungsaufsichtsstellen. Künftig soll es die Möglichkeit geben, dass die Gerichte Vorführungsbefehle gegen Verurteilte erlassen. Das heißt, sie können sie per Vorführungsbefehl zwingen, vor einem entsprechenden Arzt, Psychotherapeuten oder etwa in einer forensischen Ambulanz zu erscheinen. Es ist ganz wichtig, dass dieses Netz der Kontrollen erweitert und gefestigt wird.
Ein anderes Problem, dessen man jetzt Herr werden will, ist, dass psychisch Kranke medikamentös eingestellt werden müssen, aber in der Praxis oft auch über fünf Jahre hinaus, wie es jetzt möglich ist. Da soll es die Möglichkeit geben, diese Führungsaufsicht befristet zu verlängern und weiter zu kontrollieren: Nimmt er seine Medikamente ordnungsgemäß ein, oder lässt er es? – Das ist eine Idee des Bundesjustizministeriums und nicht aus Hessen.
Lassen Sie mich eine andere Regelung ansprechen: die nachträgliche Sicherungsverwahrung, die noch einmal moderat ausgeweitet werden soll, nämlich auf sogenannte Altfälle der DDR, die damals nicht über den Beitrittsvertrag an unseren gesetzgeberischen Regelungen partizipiert haben.Damit soll auch in den Fällen von Straftätern, die bereits im Urteil als gefährlich eingestuft worden sind, aber gegen die man keine Handhabe hatte, jetzt eine Sicherungsverwahrung ermöglicht werden. Das ist sinnvoll und gut so.
Eines haben Sie völlig ignoriert. Im Koalitionsvertrag auf Bundesebene steht ausdrücklich,
dass in besonders schweren Einzelfällen, gerade bei Jugendlichen, überprüft werden muss, ob eine nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet werden kann. Das Bundesjustizministerium arbeitet an einem Entwurf,insofern gibt es schon entsprechende Maßnahmen.
Lassen Sie mich noch auf einige konkrete Punkte etwas detaillierter eingehen. Sie haben hier einen bunten Strauß geflochten. Die Forderung, die Sie erhoben haben, nachträglicher Sicherungsverwahrung für Ersttäter halten wir nicht für sinnvoll. Denn zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung kann man noch keine vernünftige Prognoseentscheidung in die Zukunft gerichtet stellen, welches Sicherheitsrisiko der Täter irgendwann einmal darstellen wird. Diesen Weg halten wir nicht für gangbar.
Aber die Frage der Berücksichtigung von Vorverurteilungen, die in § 66 Abs. 4 StGB normiert ist, halten wir in der Tat für überdenkenswert. Denn neueste wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass gerade Sexualstraftäter länger als nur fünf Jahre straffällig werden können, sogar noch nach 20 Jahren. Über solche Zeiträume reden wir. Da muss genau hingesehen werden, ob wir eine Ver
änderung in § 66 vornehmen müssen, weil die Rückfallgefahr ganz groß ist.
Bei Ihrem Vorschlag einer Datei für Sexualstraftäter werden wir aus datenschutzrechtlicher und verfassungsrechtlicher Sicht genau hinsehen. Ich kann Ihnen für die SPDFraktion ganz klar sagen: Amerikanische Verhältnisse wollen wir in Hessen nicht.
Die Frage der Doppelbegutachtung, die Sie auch aufgeführt haben, Herr Banzer, ist zweischneidig zu sehen.Aus unserer Sicht kommt es für eine Prognoseentscheidung nicht so sehr darauf an, wie groß die Anzahl der eingeholten Gutachten ist, sondern es kommt maßgeblich auf die Qualität des Gutachters an.Da haben wir in der Praxis bereits jetzt Schwierigkeiten, hoch qualifizierte Gutachter bei Gericht heranzuziehen.
Ihre Forderung nach einer strafbewehrten Therapiepflicht hat noch nicht einmal bei den Rechtspolitikern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Anklang gefunden. Ich denke, dass die Regelung, die wir jetzt bei der Reform der Führungsaufsicht gefunden haben, nämlich die strafbewehrte Vorstellungspflicht, aber nicht die strafbewehrte Therapiepflicht, ein richtiger und gangbarer Weg ist.
Natürlich begrüßen wir als SPD-Fraktion, dass Sie anstreben,Sexualstraftäter umfassender als bisher zu bewachen. Aber man muss ganz klar sagen: Auch in Hessen werden viel zu wenige Sexualstraftäter sozialtherapeutisch behandelt. Dabei wissen wir doch, dass eine wirkungsvolle Therapie das beste Mittel gegen einen Rückfall und damit der beste Schutz künftiger Opfer ist.
Dazu gehört aus unserer Sicht natürlich, dass therapeutisch notwendige Vollzugslockerungen auch in Hessen wieder angewendet werden müssen.
Deshalb brauchen wir in Hessen gerade auch in diesem Bereich einen Paradigmenwechsel, bevor Sie sich hierher stellen und groß Sicherheitsmanager ankündigen. Das ist im Prinzip gut, aber erst einmal müssen Sie die originären Hausaufgaben machen und dann die nächsten Schritte. Das wäre angesagt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend für die SPD-Fraktion festhalten: Für uns gehört zu einer rechtsstaatlichen Rechtspolitik, dass man die Frage des Schutzes vor Sexualstraftätern gewissenhaft und seriös beantwortet, den gesetzlichen Schutz dort verfassungskonform erweitert, wo es erforderlich ist, Anwendungsdefizite in der Praxis beseitigt und keiner Art von Populismus Vorschub leistet. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist verständlich, dass unter anderem auch die sehr fragwürdigen und kritikwürdigen Äußerungen des Terroristen Klar in der Öffentlichkeit eine zum Teil sehr aufgeregte Diskussion um die Frage der Entlassung von RAF-Terroristen wie auch über deren Begnadigung ausgelöst haben.
Meine Damen und Herren, die Terrorakte der Roten Armee Fraktion gehören gewiss zu einem der dunkelsten Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte. Ziel der RAF war von Beginn der Siebziger- bis zum Ende der Neunzigerjahre die von ihnen sogenannte „Bekämpfung des imperialistischen Kapitalismus“ mit allen Mitteln des Terrors.
Zu den traurigen Höhepunkten des Terrors durch die RAF gehörten unter anderem die Entführung und Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Schleyer, die Ermordung des Bankiers Herrhausen sowie die völlige Zerstörung der hessischen JVA Weiterstadt im Jahr 1993 – um nur ein paar Stichworte zu nennen.
Angesichts dieser Terrorakte und Mordtaten der RAF taugt die RAF gewiss nicht zum Mythos. Lassen Sie mich für die SPD-Fraktion an dieser Stelle ganz deutlich machen: Es dürfte in diesem Hause insgesamt völlig unstrittig sein, dass die Terrorakte der Roten Armee Fraktion nicht verharmlost und auch niemals gerechtfertigt werden dürfen.
Aber lassen Sie mich auch genauso deutlich sagen, dass es sich bei den RAF-Terroristen nicht um Linke,sondern um Mörder handelt.
Meine Damen und Herren, eines möchte ich auch ganz deutlich machen. Das vom Bundespräsidenten ausgeübte Gnadenrecht nach Art. 60 Abs. 2 des Grundgesetzes ermächtigt diesen im Einzelfall,Tätern die ihnen strafrechtlich zuerkannte Strafe zu erlassen. Dieses Recht resultiert aus althergebrachten Rechtsgrundsätzen und folgt dem Prinzip Gnade vor Recht. Dieses vom Bundespräsidenten ausgeübte Recht ist nicht justiziabel, d. h. es unterliegt nicht einer gerichtlichen Kontrolle. Der Bundespräsident kann weitgehend nach freiem politischen Ermessen über das Ob und das Wie einer Begnadigung entscheiden.
Lassen Sie mich dies auch ganz deutlich für die SPD Fraktion hier sagen: Die SPD-Fraktion vertraut darauf, dass der Bundespräsident als Verfassungsorgan und Staatsoberhaupt verantwortungsvoll und kraft eigenen Ermessens diese Entscheidung im Hinblick auf Christian Klar alleinig treffen wird.
Lassen Sie mich deswegen abschließend feststellen, dass wir aus unserer Sicht dem Bundespräsidenten keine unerbetenen Ratschläge erteilen sollten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben schon deutlich gemacht, dass in dem vorliegenden Gesetzentwurf sechs Gesetze, die auf fünf Jahre befristet sind, nochmals einer genaueren Betrachtung des Gesetzgebers unterzogen werden sollen, wobei nur kleinere – man könnte auch sagen: marginale – Änderungen vorgesehen sind.
Herr Dr. Jürgens, das, was Sie eben ausgeführt haben, möchte ich etwas differenzierter gesehen wissen.Wir sind der Überzeugung, dass es im Prinzip ein guter Ansatz ist, wenn der Gesetzgeber in regelmäßigen und vertretbaren Abständen – die auch nicht die Arbeitskapazität des Parlamentes überstrapazieren – die bestehenden Gesetze auf ihre Tauglichkeit und auf die Rechtswirklichkeit überprüft. Das ist insbesondere dann sinnvoll, wenn man die bestehenden Gesetze einer Evaluierung unterzieht. Ich finde, man muss diesen Punkt, den Sie eben angesprochen haben, sehr differenziert betrachten.
Lassen Sie mich aber gesondert auf eine Regelung eingehen. Der § 2a des Bannmeilengesetzes soll aufgehoben werden. Dazu führt die Begründung aus, der Umbau des Landtags sei im Jahr 2007 abgeschlossen,und damit werde die in § 2a getroffene Sonderregelung für die Zeit, in der wir hier im Rathaus tagen, überflüssig. Das möchten wir nochmals hinterfragt wissen. Denn wir gehen alle davon aus, dass wir zwar in den neuen Plenarsaal umziehen wollen, aber der Zeitpunkt Ende 2007 ist dafür ein sehr ehrgeizig gestecktes Ziel. Aus unserer Sicht sollte man im weiteren Gesetzgebungsverfahren überprüfen, ob dieses Zeitziel nicht zu ehrgeizig ist.
Wie eingangs angesprochen,sehen wir,dass in diesem Gesetzentwurf nur marginale Änderungen an einzelnen Gesetzen vorgenommen werden sollen. Als SPD-Landtagsfraktion verlangen wir trotzdem, dass uns die schriftlichen Unterlagen der Regierungsanhörung und auch die Evaluierungsunterlagen zur Verfügung gestellt werden. Denn wir möchten uns aus den zu diesem Gesetzentwurf eingegangenen Stellungnahmen ein eigenes Bild machen.
Herr Banzer, Sie haben eben eine wohlwollende Beratung und Prüfung des Gesetzentwurfs angeregt. Die werden wir ihm zuteilwerden lassen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind ein besonders schwerwiegender Angriff auf das Persönlichkeitsrecht und die Menschenwürde der betroffenen Personen. Diese Straftaten stehen deshalb auch zu Recht im besonderen Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Deshalb ist es positiv, dass wir heute im Rahmen einer Großen Anfrage dieses Thema erörtern, wenn auch nur an einem relativ unprivilegierten Platz auf der Tagesordnung dieses Plenums, was sehr bedauerlich ist.
Zunächst möchte ich mich im Namen der SPD-Landtagsfraktion bei den Mitarbeitern insbesondere des Justizministeriums für die Beantwortung dieser Großen Anfrage recht herzlich bedanken. Ich weiß, wie viel Arbeit dahinter steckt,solch eine Große Anfrage neben dem normalen Tagesgeschäft zu beantworten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, lassen Sie mich zunächst feststellen, dass der Opferschutz in den letzten Jahren insbesondere auch durch entsprechende Änderungen des Strafgesetzbuches, etwa des § 176 StGB, verbessert worden ist.Wir alle wissen, dass gerade für die Opfer von Sexualstraftaten eine entsprechende Zeugenaussage vor Gericht höchst belastend ist. Dort werden sie nämlich nicht selten wieder in der vollen Erinnerung mit dem Tatgeschehen konfrontiert. Das schmerzhafte und traumatische Geschehen vollzieht sich dann von neuem. Das Strafverfahren selbst konzentriert sich nicht zuletzt auf den Täter und nicht so sehr auf das Opfer. Es beschränkt das Opfer auf die Funktion des Zeugen als Beweismittel.
Da hat es in den letzten Jahren auch positive Veränderungen gegeben, etwa durch das Opferrechtsreformgesetz,
wo zahlreiche Verbesserungen vorgenommen worden sind, wie die Vermeidung von Mehrfachvernehmungen, die Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren,die Möglichkeit, einen Opferanwalt hinzuzuziehen, der Ausbau des sogenannten Additionsverfahrens, aber auch eine Verbesserung der Informationsrechte der Opfer.
Ich möchte aber auch auf das Opferentschädigungsgesetz hinweisen, das eine angemessene Versorgung der Opfer von Gewalttaten, etwa was die Heilbehandlungskosten anbelangt, ermöglicht und verbessert hat.
Ganz aktuell: Das zweite Justizmodernisierungsgesetz, das diese Woche im Bundesrat verabschiedet worden ist, sieht eine Zulassung des Additionsverfahrens und die Möglichkeit der Heranziehung eines Opferanwalts im Jugendstrafverfahren vor.
Nicht zuletzt auch das materielle Strafrecht kann zu einer Stärkung des Opferschutzes beitragen. Da wurden in den letzten Jahren neben dem § 177 StGB Strafbarkeitslücken geschlossen bzw. Strafen im Rahmen des Zulässigen und Notwenigen verschärft. Ich möchte hier an den Straftatbestand für den besonders schweren Fall des sexuellen Missbrauchs von Kindern aber auch den Straftatbestand für Kinderpornographie erinnern. Ganz wichtig für Hessen ist das Gewaltschutzgesetz, das in unserer Rechtsordnung unmissverständlich deutlich macht: Auch Gewalt in den eigenen vier Wänden wird sanktioniert und kann von einer Gesellschaft nicht hingenommen werden.
Ein weiterer Straftatbestand,der zugegebenermaßen lange in der Diskussion war und jetzt verabschiedet worden ist, ist das Stalking. Da werden die Opfer, die durch permanentes Auflauern und permanente Telefonanrufe belästigt werden, jetzt endlich besser strafrechtlich geschützt.
Ja,ich erwähne es.Ich gebe zu,dass wir eine sehr schwierige Debatte haben, aber da sind keine Schnellschüsse angezeigt.
Es war wichtig, dass wir ein verfassungsrechtlich konformes Gesetz auf den Weg bringen. Das wurde jetzt verabschiedet, in Abstimmung zwischen den beiden Koalitionspartnern auf der Bundesebene. Da waren keine Schnellschüsse angezeigt,
sondern es war wichtig, dass ein verfassungskonformes und ausgewogenes Gesetz verabschiedet wurde. Das ist jetzt geschehen. Stalking ist eben keine Privatsache, sondern strafwürdiges Unrecht.
Mit dem Prostitutionsgesetz, auf das ich auch verweisen möchte,wurden die Interessen und Bedürfnisse der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution gestärkt, indem ihnen nämlich Wege aus der Kriminalität in die Legalität eröffnet wurden.
In Aussicht gestellt ist noch – das ist zumindest im Koalitionsvertrag auf Bundesebene vorgesehen –, dass die Se
xualstraftatbestände noch einmal generell unter die Lupe genommen werden, etwa hinsichtlich der Transparenz, aber auch der Klarstellung innerhalb der Systematik.
Lassen Sie mich für die SPD-Fraktion jedoch an dieser Stelle noch einmal ganz klar deutlich machen: In der Justizpolitik sind wir permanent stetigen Forderungen nach härterem Durchgreifen und härteren Strafen ausgesetzt, insbesondere nach tragischen Einzelfällen, die entsprechend medial begleitet werden. Die Rechtspolitik darf sich nicht zum Spielball solcher Stimmungen und Kampagnen machen lassen.
Nein, wir sind gerade als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten aufgefordert, bei einer guten und soliden Rechtspolitik verantwortungsvoll, rational und auf sicherer Faktenlage solche Fälle zu beurteilen und entsprechend nicht oder gegebenenfalls darauf zu reagieren, aber auf keinen Fall im Schnellschussverfahren.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auch noch mit der Mär aufräumen,dass die kriminelle Bedrohung in den letzten Jahren in Deutschland stetig zugenommen hat. Das ist nicht richtig.Wir können uns darüber freuen, dass wir gerade im Bereich der Sexualstrafdelikte eine hohe Aufklärungsquote haben. Das rührt nicht zuletzt daher, dass wir hier viele Beziehungstaten haben.Hier haben wir eine hohe Aufklärungsquote von immerhin 78,3 %. Das gilt zumindest für den Zeitraum von 1998 bis 2005. Erfreulich ist auch, dass es in der praktischen Bekämpfung und Verfolgung von Sexualstraftaten in den letzten Jahren Fortschritte gegeben hat.
Hier in der Debatte ist schon das Beispiel mit den Sonderdezernaten für Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung erwähnt worden. Ich möchte auch den Dokumentationsbogen für Misshandlung in der Partnerschaft nennen, der als anwenderfreundliche Checkliste für die ärztliche Praxis dient.
Was ich aber an dieser Stelle natürlich auch für die SPDFraktion ganz ausdrücklich kritisieren muss, ist, dass im Rahmen der „Operation düstere Zukunft“ Mittel für wichtige flankierende Maßnahmen für die Opfer gekürzt oder gestrichen worden sind, so etwa für Wildwasser, die Frauennotrufe, aber auch die Frauenhäuser.
Das war der völlig falsche Weg und das falsche Signal für die Opfer in unserem Land, die wirklich einen besseren Schutz verdient haben und die dringend die Unterstützung des Landes Hessen benötigen.
In diesem Sinne werden wir als SPD-Fraktion prüfen, inwieweit wir auch in der praktischen Verfolgung von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung weitere Erfolge erzielen können. Wir werden prüfen, mit welchen gesetzgeberischen Maßnahmen das möglich ist und wo wir in der Praxis noch entsprechende Schritte einleiten müssen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister hat eben grob skizziert, worum es bei der vorgesehenen Änderung der zweiten juristischen Staatsprüfung geht. Es soll nicht mehr, wie es bisher der Fall ist, ein Aktenvortrag mit dreitägiger Vorbereitung Bestandteil der mündlichen Prüfung des zweiten Staatsexamens sein. Vielmehr soll dieser Aktenvortrag jetzt durch einen sogenannten Kurzvortrag ersetzt werden. Dazu werden die Unterlagen eine Stunde vor der mündlichen Prüfung zur Bearbeitung ausgegeben.
Auch wir sind der Auffassung, dass diese Veränderung zu mehr Praxisnähe führt. Denn in der Tat ist es so, dass Juristinnen und Juristen angehalten sind, in relativ kurzer Zeit den Sachverhalt juristisch zu erfassen und rechtlich zu würdigen. Deswegen wird aus unserer Sicht mit dem Kurzvortrag eine praxisnahe Regelung vorgeschlagen.
Der bisher zu leistende Aktenvortrag hat natürlich einen anderen Charakter. Das muss man schon sehen. Das geht eher in die Richtung einer kleinen Hausarbeit.Wenn man das möchte, kann man während der drei Tage Vorbereitungszeit schon tiefer gehend in die Rechtsmaterie einsteigen. Man kann das dann auch entsprechend rechtlich würdigen. Das, was jetzt dem Prüfling mit dem Kurzvortrag abverlangt werden soll, entspricht in der Tat eher der täglichen Arbeitspraxis der Juristen. Zumindest sehen wir das so.
In der Tat müssen wir auch berücksichtigen, dass das Justizministerium wohl bestimmte Hinweise hat. Herr Minister, wir wollen dabei natürlich keine Rückschlüsse auf Ihre eigenen Erlebnisse ziehen. Das wäre für Sie wahrscheinlich auch politisch etwas brisant. Darauf will ich jetzt nicht eingehen.
Das Justizministerium hat Hinweise darauf, dass die Repetitorien die Aktenvorträge sammeln und sie an die Prüflinge weiterleiten oder sogar verkaufen. Damit wird sozusagen eine Unterstützungsleistung für die Prüflinge erbracht. Unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit und der gleichen Startvoraussetzungen bei einer solchen Prüfung wäre es in der Tat sinnvoller, wenn der Prüfling den Kurzvortrag für die mündliche Prüfung ohne jegliche Hilfsmittel in einer Stunde vorbereiten muss.
Die vorgesehene Neuregelung hätte noch einen weiteren Charme. Der Wortlaut des Gesetzentwurfs sieht vor – das wird in der Begründung noch einmal aufgegriffen –, dass die Prüfungsabfolge verkürzt werden kann. Die Prüfungsdauer kann von rund sechs Wochen auf rund drei Wochen verkürzt werden. Die Neuregelung würde nämlich eine andere Prüfungsabfolge und damit einen anderen zeitlichen Ablauf ermöglichen.
Herr Minister, wir, die Mitglieder der SPD-Fraktion, nehmen natürlich gerne Ihr Angebot an. Wir hätten Sie gefragt, ob wir die schriftlichen Stellungnahmen der Anzuhörenden erhalten können.Wir nehmen das Angebot sehr gerne an.Wir würden die schriftlichen Stellungnahmen im Gesetzgebungsverfahren sehr gerne einsehen.
Ich möchte jetzt nur noch eine kritische Anmerkung machen, die sich meiner Ansicht nach ergibt. Wir haben das schon im Rechtsausschuss erörtert. Sie haben angekündigt, dass Sie eine Neuregelung hinsichtlich der Möglichkeit der Verbesserung der Note in der zweiten juristischen Staatsprüfung anstreben.Wir fragen uns da natürlich, warum es jetzt das eine Gesetzgebungsverfahren gibt, wenn es in einigen Wochen oder Monaten zu einem zweiten
kommt. Hätte man das nicht in einem Gesetzgebungsverfahren zusammen machen können? Das ist die kritische Anmerkung, die ich mir an dieser Stelle nicht sparen kann.
Wir, die Mitglieder der SPD-Landtagsfraktion, werden dieses Gesetzgebungsverfahren insgesamt konstruktiv begleiten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Jürgens, Sie haben Ihrem Gesetzentwurf, der im Prinzip eine Änderung im Staatsgerichtshofsgesetz vorsieht, sehr
grundsätzliche Erwägungen vorangestellt, denen ich mich dem Grunde nach anschließen möchte.
In der Tat haben wir eine Hessische Verfassung, die zu der damaligen Zeit, 1946, als sie von den Verfassungsgebern ins Leben gerufen worden ist, sehr fortschrittlich war, gerade was das plebiszitäre Element betrifft. Nichtsdestotrotz, so fortschrittlich unsere Verfassungsmütter und -väter auch waren, hat sich die Verfassungsrealität in Hessen in den letzten Jahrzehnten ganz anders dargestellt, und wir müssen auf jeden Fall etwas dagegen tun. Gerade die Stärkung der direkten Demokratie, die verbesserte Möglichkeit der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an der Mitsprache, der demokratischen Partizipation, muss unser aller Anliegen sein.
Lassen Sie es mich an dieser Stelle noch einmal grundsätzlich sagen: Ich finde es schade, dass alle Parteien in diesem Hause – auch die GRÜNEN waren daran maßgeblich beteiligt – es nicht geschafft haben, die Hessische Verfassung, die einen wichtigen historischen Kern hat, an dem wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten immer festgehalten haben und den wir auch immer als wichtig herausgestellt haben, im Sinne der Verfassungsrealität weiterzuentwickeln.
Das Element der direkten Demokratie ist ein sehr zentrales Element und sollte weiter gestärkt werden.
Wir wollen jetzt von den allgemeinen Schuldzuweisungen wegkommen.
Lassen Sie mich jetzt zur Sache sprechen. – Zu der bitteren Realität der Frage, wie es in unserem Land mit der direkten Demokratie aussieht, gehört auch, dass tatsächlich kein einziger Volksentscheid aus der Bürgerschaft in Hessen jemals stattgefunden hat. Daran möchte ich an dieser Stelle noch einmal erinnern. Das müssen wir in der Tat verändern und verbessern.
Dazu gehört auch der Vorschlag, den die GRÜNEN hier mit ihrem Gesetzentwurf vorgelegt haben, nämlich die Frage, inwieweit der Gruppe von Stimmberechtigten, die vor dem Staatsgerichtshof antragsberechtigt ist – Herr Dr. Jürgens, Sie haben das eben ausgeführt –, so, wie es die Hessische Verfassung und das Staatsgerichtshofsgesetz vorsehen, Hürden genommen werden können und das Verfahren vereinfacht werden kann, dass sie eine Klage vor dem Staatsgerichtshof vorbringen kann.
Es ist in der Tat so, dass die Hessische Verfassung und das Staatsgerichtshofsgesetz ein plebiszitäres Element aufgenommen haben. Nach dem Ergebnis der letzten Landtagswahl vom 2. Februar 2003 muss diese Gruppe von Stimmberechtigten gegenwärtig 43.308 Personen umfassen. Das ist eine ganz große Zahl. Wir erleben es im Moment bei der Sammlung von Stimmen für die Einbringung einer Klage zur Aufhebung der Studiengebühren. Die Gruppe der Stimmberechtigten muss eigenhändig beim Gemeindevorstand den Antrag unterzeichnen, d. h. jeder Einzelne, der sich dort eingetragen hat. Das ist natürlich eine große Hürde.
Nach dem Gesetzentwurf der GRÜNEN ist es vorgesehen, durch Eintragungslisten zu ermöglichen, dass eine
entsprechende Bestätigung der Stimmberechtigung durch eine Eintragungsliste beim Gemeindevorstand eingereicht werden kann. Das wäre in der Tat eine Verfahrensvereinfachung. Frau Beer, da werden auch Sie mir zustimmen.
Man kann sehr gut nachvollziehen, dass gerade Menschen, die in der Mobilität eingeschränkt sind, die nicht so leicht zum Gemeindevorstand kommen können, durch diese Regelung benachteiligt und eingeschränkt sein können. Wir als SPD-Landtagsfraktion finden, das, was die GRÜNEN hier vorgelegt haben, kann ein praktikabler Vorschlag sein. Das Staatsgerichtshofsgesetz sieht jetzt schon vor, dass jede Gruppe einen entsprechenden Bevollmächtigten haben muss. Dieser Bevollmächtigte kann die Liste dann beim Gemeindevorstand einreichen.
Was im Gesetzgebungsverfahren aus unserer Sicht auf jeden Fall noch überprüft werden muss, ist Ihre Formulierung bezüglich der elektronischen Datenverarbeitung. Unserer Ansicht nach müsste überprüft werden, ob es so einfach ist, unter den Gemeinden einen Datenabgleich bezüglich der Stimmberechtigung durchzuführen. Wir müssen im Gesetzgebungsverfahren überprüfen, welcher Aufwand für die Gemeinden damit verbunden wäre.
Ansonsten ist es für uns von zentraler Bedeutung, dass in unserer Demokratie und in unserem Rechtsstaat die Geltendmachung von Rechten nicht unnötig erschwert wird.
Wir als SPD begrüßen an dieser Stelle auch, dass das Justizministerium klargestellt hat, dass bei der aktuellen Vorbereitung der Erhebung der Verfassungsklage zu den Studiengebühren die Bestätigung durch die Kommunen gebührenfrei sein muss. Herr Minister, vielen Dank für die Klarstellung durch den entsprechenden Erlass.
Meine Damen und Herren,in diesem Sinne wird die SPDLandtagsfraktion den eingereichten Gesetzentwurf der GRÜNEN konstruktiv begleiten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das gemeinsame Registerportal – der dem Staatsvertrag zugrunde liegende Gesetzentwurf, der uns heute in erster Lesung zur Beratung vorgelegt wird – dient im Kern zum einen der Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschlands, aber auch der Förderung der handelsrechtlichen Publizität des Registers. Mit dem zugrunde liegenden Bundesgesetz,dem EHUG,wird das deutsche Registerwesen umfassend reformiert und dem Internetzeitalter angepasst. Ab dem 1. Januar 2007 sollen auch das Handels-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregister über das Internet einsehbar und abrufbar sein.
Bedauerlich ist aus unserer Sicht als SPD-Fraktion nur, dass das Gesetzgebungsverfahren von uns quasi im Schnelldurchlauf erledigt werden muss – mit einer Sitzung des Rechtsausschusses am heutigen Abend und der folgenden zweiten Lesung im Plenum. Auf eine dritte Lesung werden wir wohl verzichten können.Aber das hat im Kern daran gelegen, dass sich der Abstimmungsprozess zwischen den Ländern und dem Bund – diese Normierungen basieren auf zwei EU-Richtlinien – als sehr kompliziert und schwierig dargestellt hat. Aufgrund der Voraussetzungen, die wir jetzt schaffen werden, werden Bekanntmachungen der Registereintragungen in Tageszeitungen mittelfristig nicht mehr erforderlich sein. Elektronische Einsichtnahme und Abrufbarkeit sind in der Tat ein großer Fortschritt. Das EHUG selbst wird zu einer Beschleunigung und Entbürokratisierung der Unternehmenspublizität führen und, wie gesagt, zu einem erleichterten Zugriff auf Unternehmensdaten gerade für mittelständische Unternehmen.
Für uns als SPD-Fraktion sind die Gebühren für den Recht suchenden Bürger ein Kernthema. In dem Gesetzentwurf steht, dass nach dem Kostendeckungsprinzip – wie das vorgesehen werden muss – gearbeitet wird. Das heißt, dass die Gebühreneinnahmen die Kosten, die entstehen, abdecken werden. Sie haben eben davon gesprochen, dass Sie ein Mehrfaches an Gebühren erwarten.Wir werden der Frage noch einmal großes Augenmerk schenken, wie hoch die einzelnen Gebühren für den Recht suchenden Bürger sein werden. Aber im Prinzip ist es richtig und wichtig, dass sich alle Länder zusammentun und gemeinsame Registerportale zwischen den Ländern schaffen, weil dies letztendlich der Reduzierung des Verwaltungsaufwandes und der Reduzierung der Kosten dient.
In diesem Sinne wird die SPD-Fraktion dieses Gesetzgebungsverfahren sehr konstruktiv begleiten.– Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Justiz unterliegt einem permanenten Wandel. Unsere Rechtsnormen unterliegen zum einen einer zunehmenden Europäisierung des Rechts, zum anderen aber auch einem gesellschaftlichen Wandel, dem die Justiz ebenfalls ausgesetzt ist.Hinzu kommen steigende Eingangszahlen bei der ordentlichen Justiz oder bei der Sozialgerichtsbarkeit.
Wie hat sich die Landesregierung diesen Herausforderungen gestellt? Sie hat sich diesen Herausforderungen mit einem Stellenabbau gestellt: Bis 2007/2008 werden in der Justiz und im Justizvollzug über 800 Stellen abgebaut. Dieser Personalabbau wird auch mit dem Haushalt 2007 weiter vollzogen. Es werden weitere 170 Stellen in Abgang gebracht:34 Planstellen,die mit Richtern und Staatsanwälten besetzt werden; weitere 96,5 PVS-Vermerke; darüber hinaus 47 Planstellen, die auch mit Richtern und Staatsanwälten besetzt werden. Dadurch werden der hessischen Justiz kontinuierlich Ressourcen entzogen, die auch durch die Binnenmodernisierung nicht kompensiert
werden können. – Herr Minister, es ist schön, dass Sie zu der Beratung des Einzelplans 05 kommen.
Dieser Wegfall der Stellen kann also – im Gegensatz zu dem, was Sie, Herr Minister, immer behaupten – durch die Binnenmodernisierung nicht in ausreichendem Maße kompensiert werden. Insbesondere bei den Staats- und Amtsanwaltschaften ist die Arbeitsbelastung extrem hoch. Das haben wir in einer der letzten Debatten deutlich gemacht. Diese Auffassung wurde von Ihnen im Prinzip geteilt.
Insbesondere bei den Staatsanwaltschaften des RheinMain-Gebiets, die sehr stark mit der Korruptionsbekämpfung, aber auch mit der Wirtschaftskriminalität zu tun haben,ist ein Verfahrensstau zu verzeichnen.Aufgrund nicht ausreichenden Personals, aber auch infolge der Auslastung mit vorrangigen Haftsachen können gerade Strafsachen, die unter die Wirtschaftskriminalität fallen – das wissen die Fachleute –, nicht zeitgerecht bearbeitet werden. Wir versprechen uns durch eine engere Anbindung polizeilicher Ermittlungsgruppen an staatsanwaltschaftliche Spezialabteilungen Verbesserungen in diesem Bereich.
Die Praxis vieler Zivilprozesse ist dadurch gekennzeichnet, dass die Ressourcenverknappung und der Erledigungsdruck einen wesentlichen Einfluss auf die Verfahrensgestaltung haben. Wie uns von vielen Richterinnen und Richtern bestätigt wird, leiden darunter die Bearbeitungstiefe und natürlich auch die Qualität der richterlichen Arbeit.
Angesichts der prekären Haushaltslage wollen wir, die SPD, aber nicht das finanzielle Füllhorn auspacken, sondern nur sicherstellen, dass die Justiz ihren verfassungsrechtlichen Aufgaben im Interesse des Recht suchenden Bürgers gerecht werden kann.Wir wollen deshalb den bereits eingeleiteten Personalabbau stoppen und bei den Staats- und Amtsanwaltschaften eine personelle Verstärkung vornehmen. Hier muss nämlich der Staat die Sicherstellung einer effektiven Strafverfolgung garantieren.
Lassen Sie mich noch kurz etwas dazu sagen, dass, bis auf wenige Kapitel – etwa das Kapitel des Ministeriums –, auch in der Justiz erstmalig ein umfassender Produkthaushalt erstellt worden ist. Dieser Produkthaushalt stellt uns Parlamentarier, was die Transparenz und die Lesbarkeit angeht, vor große Herausforderungen. Das hat unser Fraktionsvorsitzender heute Morgen sehr deutlich gemacht. Es ist schließlich das vornehmste Recht von uns Parlamentariern, letztendlich als Haushaltsgesetzgeber tätig zu werden.
Deshalb möchte ich hier noch einmal auf unseren Antrag verweisen, in dem unter anderem gefordert wird, dass die entsprechenden Ressortberichte zu einem echten Leistungscontrolling ausgebaut werden.
Lassen Sie mich zu einigen aktuellen Fragen bezüglich der Justiz Stellung nehmen. Im Haushalt 2007 ist z. B. ein Pilotprojekt zur Privatisierung der Vermittlung gemeinnütziger Arbeit vorgesehen. Wir, die SPD-Fraktion, befürchten, dass dies ein weiterer Akt in dem Kapitel „Ausverkauf der Justiz“ sein wird.
Ein Drittel der Stellen in der Gerichtshilfe ist unter dieser Landesregierung schon abgebaut worden. Nun privatisie
ren Sie auch den hauptsächlichen Aufgabenbereich der Gerichtshilfe. Wir fordern schon an dieser Stelle eine detaillierte Evaluierung, die dann dem Parlament vorgelegt wird.Wir werden dieses Projekt sehr kritisch beobachten.
Auf die zunehmenden Herausforderungen der Justiz reagiert die CDU mit einer Aufgabenverlagerung. Das kennen wir auch aus anderen Bereichen. So gibt es etwa die Bestrebung, das Handelsregister in die Industrie- und Handelskammern auszulagern. Auch das Grundbuch kann man noch nennen. Gerade wenn man an das Handelsregister denkt, muss man feststellen, dass dies lukrative Bereiche der Justiz sind. Aber das ist auch ein Versuch, den Rechtsschutz zulasten des Bürgers abzubauen.
Ich möchte hier ein aktuelles Beispiel nennen: das Bestreben der Landesregierung, das Prozesskostenrecht zu einem Armenrecht zu degradieren. Eine Gesetzesinitiative auf der Bundesebene, die von Hessen unterstützt wird, sieht nämlich vor, dass zur Zurückzahlung der Verfahrenskosten auf sämtliche Vermögenswerte eines Antragstellers, der Prozesskostenhilfe benötigt, zurückgegriffen werden kann. Zudem sollen sämtliche Freibeträge auf das sozialhilferechtliche Existenzminimum abgesenkt und eine Gebühr für das bloße Betreiben des Prozesskostenhilfeverfahrens eingeführt werden.
Ich sage Ihnen heute:Die SPD wird es nicht zulassen,dass der Zugang zum Recht auf eine verfassungswidrige Weise erschwert wird. Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind gelungene Beispiele für eine Entlastung der Justiz, zum Teil auch mit finanziellen Aspekten, die Stärkung der außergerichtlichen Streitschlichtung, die gerichtsnahe Mediation und längst überfällige Aufgabenübertragungen von Bereichen der Nachlass- und Registersachen auf die Rechtspfleger. Sie haben jetzt die entsprechenden personellen Möglichkeiten dazu.
Ich möchte noch auf einen ganz zentralen Bereich zu sprechen kommen, nämlich auf den Strafvollzug. Wie Sie wissen, ist im Zuge der Föderalismusreform 2006 diese Kompetenz auf die Länder übertragen worden. Aber unsere Skepsis bleibt. Wir sind noch nicht von der Vermutung abgekommen, dass der Wettbewerb der Schäbigkeiten auch in Hessen Einzug halten wird. Herr Justizminister, diese Vermutung konnten Sie noch nicht qualifiziert ausräumen.