Herr Präsident,liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein vergleichsweise ungewöhnliches Verfahren, wenn der Hessische Landtag über etwas abstimmen soll, was die Mehrheit seiner Mitglieder nicht kennen kann, rechtlich nicht einmal kennen darf.
Nach dem Antrag sollen wir beschließen: Der Landtag stellt fest, dass dieses Angebot „alle Bedingungen, die das Land im Sinne der Beschäftigten des Universitätsklinikums und einer exzellenten Krankenversorgung sowie von Forschung und Lehre gestellt hat“, erfüllt.
Da selbst die absolute Mehrheit die Gesetze der Logik nicht außer Kraft setzen kann, macht es Sinn – wenn wir hier schon debattieren –, dass Sie, Herr Wissenschaftsminister als der zuständige Minister, den Hessischen Landtag zumindest über das informieren, was wir hier beschließen sollen. Damit wir das Angebot bewerten können, sollten wir über die Bedingungen in Kenntnis gesetzt werden, die das Land gestellt hat, sowie über die ganz konkreten Vertragsbestandteile.
Mein zweiter Antrag zur Geschäftsordnung lautet: Es gibt in der Tat einige wenige Mitglieder dieses Hauses, die Kenntnis von diesem Vertrag – jedenfalls in anonymisierter Form – nehmen konnten. Diese Mitglieder des Hessischen Landtags haben allerdings eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben. Da diejenigen, die diese Verschwiegenheitserklärung unterschrieben haben, sinnvollerweise in diesem Haus nicht über das debattieren dürfen, was sie gelesen haben, erwarten wir von Ihnen, Herr Minister, eine Erklärung vor diesem Hause, dass diejenigen, die die Verschwiegenheitserklärung unterschrieben haben, nicht mehr an diese gebunden sind. Dann können sie hier debattieren, anderenfalls ist das nicht möglich.
Ich fasse zusammen. Erster Antrag zur Geschäftsordnung: Der Herr Minister möge uns über die Bedingungen des Landes und die konkreten Vertragsbestandteile informieren.Wenn wir diese kennen, können wir auch darüber diskutieren.
Zweiter Antrag zur Geschäftsordnung: Es soll hier klar erklärt werden, dass diejenigen, die die Verschwiegenheitserklärung unterschrieben haben, dieser nicht mehr unterliegen, sondern frei von der Leber weg diskutieren können. – Ich danke Ihnen.
Herr Abgeordneter, wir sind nicht in der Diskussion zu den von mir aufgerufenen Tagesordnungspunkten. Da könnte man ja alles klären.
Deswegen habe ich Ihren Antrag nicht verstanden. Wir müssen jedoch verstehen, worüber wir abstimmen sollen, egal, was die Fraktionen meinen. Deshalb muss ich das nachvollziehen können. Nach unserer Auffassung hätten wir das im Rahmen der zu behandelnden Punkte regeln können.
Entschuldigen Sie bitte, das werden Sie erfahren.Abgestimmt wird immer am Ende der Debatte und nicht am Anfang. Das ist zumindest mein Verständnis. – Herr Abg. Wintermeyer, erklären Sie mir das.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir widersprechen den beiden Anträgen zur Geschäftsordnung. Wie ich bereits in meiner ersten Rede zur Geschäftsordnung gesagt habe, haben Ihnen die drei Angebote in anonymisierter Form vorgelegen.
Ihnen liegen die entsprechenden Informationen vor. Außerdem sind Sie heute im Haushaltsausschuss entsprechend informiert worden und konnten Nachfragen stellen. Davon haben Sie ordentlich Gebrauch gemacht. Wir sehen keine Notwendigkeit, diesen Geschäftsordnungsanträgen nachzugehen.
Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung zu diesem Tagesordnungspunkt sprechen wird. Herr Ministerpräsident Koch hat signalisiert, dass er zu diesem Tagesordnungspunkt sprechen wird, sodass die notwendigen Informationen noch gegeben werden.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle für die FDP-Fraktion fest, dass wir die Verhaltensweise der Mehrheitsfraktion und der Landesregierung überhaupt nicht mehr nachvollziehen können.
Alle hier im Raume wie auch viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande wissen, dass die FDP-Fraktion nicht nur im Hessischen Landtag, sondern dass die Liberalen überall dort, wo sie unterwegs sind, für die Durchführung der Privatisierung der Universitätsklinika in Marburg und Gießen sind.
Wir wollen den Erfolg. Wir haben mit großer Zufriedenheit zur Kenntnis genommen, dass der Ministerpräsident und der Wissenschaftsminister am vergangenen Samstag – der Samstag vor dem vierten Advent ist sicherlich ein unübliches Datum – in einer umfangreichen Pressekonferenz zusammen mit dem Gewinner des Bieterverfahrens die Konzepte vorgestellt haben.Wir wollen, dass eine Privatisierung erfolgreich – und das heißt rechtlich erfolgreich – umgesetzt werden kann.
Herr Kollege Hoff, Sie sind bei der Werbung erfolgreich unterwegs, und ich bin ein bisschen erfolgreicher bei der Juristerei unterwegs.
Wenn Herr Kollege Wintermeyer eben gerade gesagt hat, die endgültige Fassung der Vertragsangebote sei irgendje
mandem im Plenum vorgelegt worden, muss ich Ihnen sagen: Damit wäre das Verfahren tot. Damit wäre das Verfahren rechtlich tot.
Deshalb ist es schlicht falsch – um nicht ein Wort zu nehmen, das hier gerügt wird –, wenn behauptet wird: Ihr wisst ja, worüber geredet wird. Nein, niemand der 110 Abgeordneten darf wissen, worüber geredet wird, sonst ist das Verfahren nämlich tot.
Um das ganz konkret auszudrücken: Noch nicht einmal der Ministerpräsident oder der Wissenschaftsminister dürfen alles wissen. Sie dürfen nur das wissen, was die unterlegenen Bewerber freigegeben haben. Das, was sie nicht freigegeben haben,dürfen die beiden auch nicht wissen.
Die Union hat vollkommen Recht, wenn sie einen Erfolg feiern will. Sie hat am Samstag einen Erfolg gefeiert. Herr Prof. Leonhard hat es gestern in Hessen noch einmal versucht und – wie man heute den Medien entnehmen kann – erfolgreich gestaltet. Warten wir doch bitte den Ablauf der Friedenspflicht oder der Zweiwochenfrist am 3. Januar ab. Dann können wir in die Unterlagen schauen, und Sie können sich das Sahnehäubchen abholen, dass Sie eine rechtmäßige Privatisierung durchgesetzt haben. Hören Sie heute mit dieser Scheindebatte auf. Wir sollten heute etwas anderes tun. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt in diesem Haus unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich des Verkaufs der Uniklinika.Es gibt allerdings unstreitige Wahrheiten, die auch eine absolute Mehrheit nicht außer Kraft setzen kann. Das ist unter anderem die Frage, ob man, wenn man sich selber ernst nimmt, etwas begrüßen kann, was man gar nicht kennt. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie nach dieser Diskussion immer noch der Meinung sind, dass Sie etwas begrüßen sollten, was Sie erstens nicht kennen und zweitens auch nicht kennen dürfen.
Der Kollege Kaufmann hat den Kolleginnen und Kollegen heute Morgen im Haushaltsausschuss und auch den Geschäftsführern vorgeschlagen, schlicht und einfach auf diese Debatte zu verzichten.
Ich stelle fest, es wäre besser gewesen, Sie hätten auf ihn gehört. Das gilt übrigens nicht nur an diesem Punkt, aber an diesem ganz besonders.
Deswegen sage ich Ihnen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Union:Wenn Sie darauf bestehen, dass diese Tagesordnungspunkte jetzt aufgerufen werden, dann müssen wir darauf bestehen, dass uns der Wissenschaftsminister hier das offenbart, worüber geredet werden soll. Bisher kennt kein Mitglied des Landtags das letzte Angebot der Rhön-Klinikum AG.
(Ministerpräsident Roland Koch: Das steht sogar in den Zeitungen! – Gegenruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP):Aber das Angebot von Helios und Asklepios nicht!)
Ich bitte Sie, Herr Ministerpräsident. Herr Hahn, danke für Ihren Zwischenruf.Wir wissen doch nicht, was die anderen Anbieter gesagt haben. Wie können wir denn dann sagen, dass das Angebot des Rhön-Klinikums das beste war?
Herr Präsident, Sie haben gesagt, die Tagesordnungspunkte seien noch nicht aufgerufen. In der Verfassung und in der Geschäftsordnung des Hessischen Landtags wird geregelt, dass die Mitglieder der Landesregierung jederzeit und auch außerhalb der Tagesordnung im Plenarsaal des Hessischen Landtags das Wort ergreifen können. Insofern hat der Herr Minister die Möglichkeit, das hier vorzutragen, was man nach den Gesetzen der Logik unzweifelhaft wissen muss, bevor man überhaupt einem solchen Antrag zustimmen kann – zumindest dann, wenn man sich selber ernst nimmt. Sollte er es nicht tun, sehen wir uns als Fraktion daran gehindert, diese Debatte heute zu führen.