Im Übrigen sehe ich in den Fällen keine aktive Sterbehilfe, in denen zur Linderung von unerträglichen Schmerzen z. B. hohe Dosen schmerzlindernder Medikamente, wie Morphine, verabreicht werden, obwohl man weiß, dass diese vermutlich zu einer Verkürzung des Lebens beitragen werden. Hier wird nämlich das frühere Eintreten des Todes nicht gezielt herbeigeführt – es ist nicht die Absicht des Handelns –,sondern es ist die unvermeidliche Folge einer medizinischen Maßnahme, die wiederum zweifelsfrei dem Wohle des Patienten dient.
Hier gibt es erheblichen Nachholbedarf. Die Palliativmedizin steckt bei uns vielfach noch in den Kinderschuhen. In dem Maße, wie die Medizin anerkennen muss, dass sie nicht alle Menschen heilen kann, muss sie, wie ich finde, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten dafür einsetzen, die Menschen vor vermeidbaren Schmerzen und Leiden zu bewahren. Auch dies gehört zur Menschenwürde am Lebensende.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“, heißt es im Grundgesetz. Zu Recht steht dieser Satz am Anfang des Grundgesetzes. Damit ist jeder Mensch gemeint: Männer wie Frauen, Deutsche wie Ausländer, Hellhäutige und Farbige. Ich füge hinzu: nicht nur der gehende Mensch, sondern auch der rollende,nicht nur der hörende,sondern auch der gehörlose, nicht nur der sehende, sondern auch der blinde.
Viele Menschen sagen immer wieder: „Wenn ich im Rollstuhl sitze, möchte ich nicht mehr leben“, oder: „Wenn ich blind wäre, wäre ich lieber tot“. Ich weiß, diese Menschen haben Unrecht.Ich weiß,dass ein Leben im Rollstuhl sehr wohl schön und lebenswert sein kann.Ich habe viele Menschen in meinem Bekanntenkreis,die blind oder erheblich sehbeeinträchtigt sind und ihr Leben in beiden Händen halten – teilweise sehr viel stärker, als Sehende dies tun.
Deswegen gilt: Jeder Mensch hat, unabhängig von seiner höchst individuellen Existenz, einen Anspruch auf Achtung und Anerkennung. In jeder Phase seines Lebens ist er einzigartig.
Da ich nicht mehr viel Zeit habe, kann ich auf die Frage, ob und wie Patientenverfügungen geregelt werden können, die uns sicher auch beschäftigen muss, nicht mehr eingehen. Ich möchte aber zum Schluss noch ein Wort zu den Hospizen und zu den Hospizdiensten sagen. Ich war am Freitag im Hospiz in Kassel. Viele kennen Hospizdienste, die tagtäglich vielen Menschen in der Beratung Hilfe leisten, nicht zuletzt über Patientenverfügungen, bei der Vorbereitung und auch bei der Sterbebegleitung. Sie helfen den Menschen beim Sterben, sie leisten nicht etwa Hilfe zum Sterben. Es arbeiten hier viele haupt- und vor allem ehrenamtliche Kräfte, geleitet von der Liebe zum Leben, dem Respekt vor dem Sterben und der jeweiligen Achtung der Würde des Einzelnen. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich allen danken, die diese verantwortungsvolle Arbeit leisten.Sie verrichten ihren Dienst in einer Mitmenschlichkeit, die unsere volle Bewunderung verdient.
Ich denke,wir werden bei dem Symposium eine Menge an Themen zu behandeln haben. All dies sind sicherlich keine leichten Themen, aber sie beschäftigen viele Menschen immer wieder und immer intensiver. Der Landtag als Zentrum der politischen Willensbildung in Hessen
sollte sich diesen Fragen daher stellen. Wir sollten aber nicht den Anspruch erheben, einfache und schnelle Antworten zu finden. Es liegt in der Natur der Sache, dass wir immer wieder und immer länger darum werden ringen müssen, was richtig und was falsch ist. Ich freue mich auf die Diskussion und wünsche Ihnen bis dahin ein geruhsames Weihnachtsfest im Kreis Ihrer Lieben und einen guten Start ins neue Jahr.
Herr Dr. Jürgens, herzlichen Dank für diese Rede. – Die nächste Wortmeldung ist von Frau Kollegin Hofmann von der Fraktion der SPD.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Durch die in den Niederlanden, der Schweiz und Belgien verabschiedeten Gesetze zur aktiven Sterbehilfe ist auch in Deutschland die Diskussion über das Spannungsfeld zwischen dem Schutz des Lebens und dem selbstbestimmten Lebensende aufgeworfen worden. Es ist richtig und wichtig, dass wir uns als Politiker auch hier im Hessischen Landtag jenseits des sonst üblichen Tagesgeschäftes – Herr Dr.Jürgens, da stimme ich Ihnen ausdrücklich zu – diesen elementaren und schwierigen rechtlichen und ethischen Fragen stellen, eine Antwort suchen und deswegen einstimmig über alle Fraktionsgrenzen hinweg beschlossen haben, diesbezüglich ein Symposium durchzuführen.
Gestatten Sie mir an dieser Stelle auch eine persönliche Anmerkung. Ich selbst musste jahrelang zusehen, wie ein von mir sehr geliebter Angehöriger gegen seinen leider zuvor nie dokumentierten Willen künstlich ernährt wurde und jahrelang vor sich hin dämmerte. Da fragt man sich in der Tat: Wo beginnen sinnvolle lebensverlängernde Maßnahmen, wo enden sie? Wie lässt sich sinnloses Leiden vermeiden? Wo bleibt die Würde, und wo bleibt der Wille des sterbenden Menschen?
Lassen Sie mich auf die bestehende rechtliche Lage noch etwas deutlicher als mein Vorredner eingehen. Entscheidend ist zum einen, dass es das verfassungsrechtlich geschützte Selbstbestimmungsrecht des Patienten auch heute schon gibt und jeder Patient in jeder Lebensphase, auch am Lebensende, selbst darüber entscheiden kann, welche ärztliche Hilfe er in Anspruch nimmt und welche nicht. Es ist bereits heute rechtwidrig, intensivmedizinische Technologie auszuschöpfen,wenn sie dem wirklichen oder auch dem mutmaßlichen Patientenwillen widerspricht. Lebensverlängernde Maßnahmen dürfen auch nach der heutigen Rechtslage abgebrochen werden, wenn sie den Verlauf der tödlichen Erkrankung nicht mehr beeinflussen können und die Leiden des Sterbenden nur noch unzumutbar verlängern. Anerkannt ist auch, dass der Arzt dem Kranken in der letzten Lebensphase schmerzstillende Mittel selbst dann verabreichen darf, wenn sich dabei im Einzelfall eine Lebensverkürzung nicht ausschließen lässt.
Herr Dr. Jürgens hat richtigerweise gesagt – da muss ich ihm ausdrücklich zustimmen; das ist auch meine persönliche Auffassung –, dass die im Grundgesetz getroffenen Wertentscheidungen, wie die Verpflichtung zum Lebensschutz und die Menschenwürde, eine aktive Sterbehilfe verbieten, und dies zu Recht. Wo aber liegt die Grenze
Auch bei aussichtsloser Prognose darf Sterbehilfe nicht durch gezieltes Töten geleistet werden, sondern nur entsprechend dem erklärten oder mutmaßlichen Patientenwillen durch die Nichteinleitung oder den Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen, um dem Sterben gegebenenfalls unter wirksamer Schmerzmedikation seinen natürlichen, der Würde des Menschen gemäßen Verlauf zu lassen.
Es kommt also nicht darauf an, ob lebensverlängernde Maßnahmen unterlassen oder durch aktives Tun abgebrochen werden. Entscheidend ist heute, dass dem Sterben sein natürlicher Lauf gelassen wird, wenn dies dem Willen des Patienten entspricht.
Das ist der entscheidende Punkt, den auch Herr Dr. Jürgens schon angedeutet hat. Nach meiner Überzeugung brauchen wir – so schwierig die Einzelfragen auch sind – klarere Bestimmungen, um das Selbstbestimmungsrecht der Patienten zu stärken. Hierzu sind in dem Referentenentwurf der alten Bundesregierung zur Patientenverfügung schon wichtige Hinweise enthalten. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wir alle sollten die neue Bundesregierung auffordern, dieses Gesetzgebungsverfahren weiter zu betreiben und endlich zum Ende zu führen.
Von immenser Bedeutung ist auch, dass die Palliativmedizin und die Hospizdienste weiter ausgebaut werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das höchste Rechtsgut des Menschen ist das Leben. Das genießt Absolutheitscharakter, weil mit ihm alle anderen Rechte stehen und fallen. Es hat existenzielle Bedeutung, denn wenn das Leben einmal genommen ist, gibt es kein Zurück.
Die Diskussion, die sich entwickelt hat, die sich auch hier entwickelt hat, geht am Ende und in der Kernfrage immer darum: Darf ein sterbewilliger Mensch über sein eigenes Leben verfügen, und wenn ja, wann und wie darf er darüber verfügen? – Viele sagen: Wenn das Leben ein höchstpersönliches Rechtsgut ist und der Schutz des Lebens eine solchermaßen privilegierte Stellung genießt, dann muss der Einzelne darüber auch verfügen dürfen.
Vordergründig ist das sicherlich nicht einmal falsch. Die versuchte Selbsttötung steht nicht unter Strafe. Aber die alles entscheidende Frage in der Debatte ist dann doch: Gilt das auch für Dritte? Darf sich ein Sterbewilliger Dritter bedienen, um dieses Ziel zu erreichen? – Damit beginnt die eigentliche Kontroverse. Passive Sterbehilfe ist in einem gewissen Rahmen richterrechtlich anerkannt. Die aktive Sterbehilfe hingegen ist durch § 216 unses Strafgesetzbuches explizit unter Strafe gestellt. So klar Ju
risten hier Grenzen gezogen haben und so klar diese juristischen Grenzen sind,so wenig hat das am Ende mit der Wirklichkeit des ärztlichen oder auch des pflegerischen Alltags zu tun. Denn eine Tötung auf Verlangen kann auch durch Unterlassen begangen werden. Das ist dann der Moment, in dem die Grenzen zwischen aktiver Sterbehilfe – strafbar – und passiver Sterbehilfe, wenn sie sich nicht auflösen, zumindest verschwimmen.
Was hat sich in den vergangenen Jahren in unserer Gesellschaft so ernorm verändert, dass das so genannte humane Sterben zum Thema wurde? Die Alterung der Gesellschaft, bessere Lebensbedingungen, bessere Lebensumstände,eine von Grund auf veränderte Arbeitswelt,ein gewandelter, auch ein bewussterer Umgang mit dem Gut Gesundheit und ein sich rasant entwickelnder medizinischer Fortschritt haben dazu geführt, dass Menschen immer länger leben. Das ist außergewöhnlich erfreulich. Eines bleibt aber bestehen: das Genmaterial des Menschen. So kommt es dazu, dass sich Menschen heute gesundheitlichen Problemen stellen müssen, die vor Jahrzehnten kein Problem waren, weil sie diese Probleme im wahrsten Sinne des Wortes nicht erlebt haben. Oft stellen Angehörige und die Öffentlichkeit viel zu reißerisch die Frage: Ist es denn noch Leben, wenn neueste Behandlungsmethoden und bislang unvorstellbare Möglichkeiten in der Medizin Maschinen in die Lage versetzen, ausgefallene Körperfunktionen über Jahre oder sogar über Jahrzehnte hinweg fortzusetzen? Ebenso oft wird manchmal zu voreilig die Forderung erhoben, dem Leiden doch endlich ein Ende zu bereiten.
Meine Familie und ich befanden uns glücklicherweise noch nie in der Ausnahmesituation, die diese Situation darstellt. Ich habe aber in den vergangenen Jahren vielfach im Freundes- und Bekanntenkreis erleben können und erleben müssen, dass viele in einer solchen Situation nicht wussten, was für ihre Mutter, für ihren Großvater oder gar für ihre Kinder richtig ist. Niemand hat es sich in dieser Frage leicht gemacht. Niemand hat leichtfertig gedacht oder leichtfertig gehandelt, weil allen bewusst war: Das Leben ist ein unwiederbringliches Gut.
Herr Dr. Jürgens hat auf das fünfte Gebot hingewiesen. Für uns Christen ist das fünfte Gebot – „Du sollst nicht töten“ – unverhandelbar. Es gilt absolut für jede Tötungshandlung. Für die Union steht der Schutz des Lebens an oberster Stelle, wie für uns alle der Schutz des Lebens an oberster Stelle steht. Deswegen lehnen wir eine aktive Sterbehilfe kategorisch ab. Menschliches Leben darf und kann weder am Anfang noch am Ende zur Disposition gestellt werden.
Es wäre allerdings zu einfach, die Diskussion hier abzubrechen und sich der Diskussion über die passive Sterbehilfe zu verschließen.Wir können und wir wollen uns nicht aus der Verantwortung stehlen. Gerade Mediziner erwarten zu Recht, dass rechtliche Grauzonen, in denen sie sich befinden und in denen sie oft agieren müssen, gelichtet werden. Hier stehen wir, hier steht die Politik, und hier steht insbesondere der Gesetzgeber in der Pflicht. Es werden zu Recht klare Vorgaben erwartet.
Eines der Hauptprobleme besteht darin, dass viele Betroffene – sei es nach einem Unfall, sei es infolge von Geisteserkrankung oder Altersdemenz – gar nicht mehr in der Lage sind, ihren Willen zu erklären. Selbst wenn eine Patientenverfügung vorliegt, sind die daran zu stellenden Formerfordernisse völlig unklar. Unklar ist ebenfalls, inwieweit der erklärte Wille überhaupt noch aktuell ist. Es gibt nichts Albtraumhafteres als die Vorstellung, im
schlimmsten Falle unfähig, eine Erklärung abzugeben, und insoweit wehrlos mitzubekommen, wie andere die Entscheidung über das eigene Leben treffen. Man steht sozusagen vor sich selbst und sieht, wie andere eine Entscheidung über einen selbst treffen.
Deswegen steht für die CDU-Fraktion fest, dass die Wirksamkeit von Patientenverfügungen in jedem Fall an Bedingungen geknüpft sein muss. Unserer Ansicht nach sind es vier Bedingungen. Die erste Bedingung ist: Wir brauchen dringend eine vorherige fachkundige Beratung. Der Betroffene muss in die Lage versetzt werden, die Tragweite seiner Erklärung zu erfassen. Ich halte es für falsch, zu argumentieren, das sei die Durchbrechung des Selbstbestimmungsrechts. Das ist keine Durchbrechung des Selbstbestimmungsrechts. Bei lächerlichen Haustürgeschäften wird der Verbraucher an die Hand genommen und beraten.Wenn es irgendwo notwendig ist, beraten zu werden, dann dort, wo es um das Höchste aller Rechte, nämlich um das Leben, geht.
Zweite Bedingung: Die Union hält die Schriftform für unabdingbar.Das ist nicht nur eine Frage der Beweisführung – das ist es auch –, sondern das Schriftformerfordernis hat auch eine Hemmschwellenwirkung. Eine schriftliche Erklärung führt immer zu einer erhöhten Ernsthaftigkeit und Reflextion dessen, was man tut. Ich halte es für inakzeptabel, eine solche weit reichende Erklärung nur mündlich abzugeben.
Dritte Bedingung: Wir bestehen darauf, dass die Patientenverfügung regelmäßig erneuert werden muss. Es ist doch völlig klar, dass der vor zehn Jahren erklärte Wille nicht unbedingt mit dem deckungsgleich sein muss, was ich heute denke und empfinde. Ein 20-Jähriger geht mit den Fragen des Todes, des Sterbens oder der Frage, unter welchen Umständen ein Leben „lebenswert“ ist,völlig anders um als jemand, der viermal so alt ist.
Vierte Bedingung: Ich wehre mich entschieden dagegen, zuzulassen – ich weiß, dass dies ein sehr strittiger Punkt ist –, dass eine Entscheidung über das Ende lebenserhaltender Maßnahmen sozusagen auf dem Krankenhausflur zwischen Tür und Angel getroffen wird. Deswegen muss man zumindest darüber nachdenken – wir haben bislang darüber noch keine Entscheidung getroffen –, ob man eine neutrale Kontrollinstanz will. Ich halte die Argumente, die sowohl dafür als auch dagegen sprechen, für so wichtig, dass man sie ernsthaft und gewissenhaft diskutieren muss.
Ebenso ernsthaft muss man über den Anwendungsbereich passiver Sterbehilfe diskutieren. Eines ist jedoch klar: In diesem Bereich ist jede Fehlentscheidung fatal, weil sie unumkehrbar ist. Passive Sterbehilfe kann nichts anderes sein und ist nichts anderes als lediglich ein Zugeständnis an Menschen, die unheilbar krank sind, ein Zugeständnis an Menschen, die dem Tode bereits näher als dem Leben sind und die nach einer Erlösung von schwersten körperlichen Leiden oder furchtbaren Schmerzen suchen. So uneinig sich die Gesellschaft im Umgang mit dem willentlichen Sterben ist, so einig sind wir uns darüber – das begrüße ich sehr, wie auch die Art und Weise, in der wir darüber reden –, dass wir in diesem Bereich eine politische Willensbildung unabdingbar treffen müssen.
Die CDU-Fraktion will mit dem vorliegenden gemeinsamen Antrag aller Fraktionen des Hauses und mittels eines noch durchzuführenden Symposiums diesen Weg dorthin beschreiten. Passive Sterbehilfe ist für uns nur in einem
ganz beschränkten Bereich zulässig. Der Wille des Betroffenen muss klar und aktuell erklärt sein. Niemand darf das menschliche Leben infrage stellen – weder an dessen Anfang noch an dessen Ende. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir unterstützen – wie alle Fraktionen – die Initiative der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zu dem Thema der Sterbehilfe und des begleiteten Sterbens ein Symposium durchzuführen.Formal könnte man sagen,dass weder dieser Landtag noch andere Landtage diese Frage am Ende entscheiden werden. Eine Enquetekommission des Deutschen Bundestages hat zwei Jahre lang die meisten der von den Rednern hier vorgetragenen Argumente im Rahmen von Expertenanhörungen und Symposien vorgeklärt.
Ich weise für meine Fraktion darauf hin: Der Hessische Landtag hat in zwei Legislaturperioden, von 1987 bis 1991 sowie von 1991 bis 1995, schon einmal eine Vorreiterrolle in so wichtigen Fragen wie der Bioethik und Gentechnologie übernommen, bevor das Gentechnikgesetz auf Bundesebene verabschiedet worden ist. Wir hatten damals große Anhörungen mit allen gesellschaftlichen Gruppierungen durchgeführt und gute Hinweise geben können.
Meine Damen und Herren, hier ist das Thema des Lebens überhaupt angesprochen – der Lebensanfang und das Lebensende –, das Sterben als solches und, ich füge hinzu, auch die Phase nach dem Sterben. Als der Deutsche Bundestag in zwei Debatten die Reform des § 218 StGB diskutiert hatte, hat für meine Fraktion Liselotte Funcke zu Beginn ihrer Rede erklärt: Wir mögen hier heute über rechtliche Fragen sprechen. Wir müssen auch über strafrechtliche Fragen sprechen. Aber nach meiner Überzeugung – so hat sie gesagt,und Sie wissen,sie ist eine sehr aktive evangelische Christin – geht heute niemand schuldlos aus dem Saal.
Das ist ein anderer Begriff von Schuld, den wir in diesem Zusammenhang nennen müssen.Wir können strafrechtliche Regelungen und andere rechtliche Regelungen für uns alle schaffen. Wir können Rechtsräume für das Pflegepersonal,für die Ärzte,für die Angehörigen und für den Patienten selbst schaffen, aber aus der Frage des Umgangs mit dem Leben gibt es einen ethischen, für viele Menschen zum Glück einen religiösen Schuldbegriff, den jeder mit sich selbst ausmachen muss. Das ist der Grundsatz der abendländisch-christlichen, jüdischen Kultur, der in der Hessischen Verfassung wie auch im Grundgesetz klar formuliert ist.
Meine Damen und Herren, ich will jetzt nicht wiederholen, was die Kollegen zu Recht gesagt haben. Das Thema der aktiven Sterbehilfe ist geklärt, aber die Diskussion über die Grenzsituation hat neu begonnen. Ich möchte darauf hinweisen, weil wir das in unserer Erörterung sehr