Es macht natürlich keinen Sinn, dies nur für Hessen zu tun. Es macht nur Sinn, dies bundesweit für alle Bundesländer zu tun. Es gibt natürlich die Problematik, die gelöst werden muss, dass in dem hessischen Anteil auch die Kommunen enthalten sind. Wir müssen also überlegen, wie man die Kommunen hierbei berücksichtigen kann. Nach bisherigem Stand gibt es da viele Möglichkeiten, so z. B. nach Kopfzahlen.
Nur, das bisherige System von Klassenkrediten in Millionenhöhe, von dem bisher keiner sprach, war auch nicht so perfekt, Herr Kollege. Da sind noch viele Probleme zu lösen.
Das ist nicht nur bei der Bergstraße so.Wenn wir ehrlich sind, dann ist das auch in anderen, von der SPD regierten Kreisen so. Es gibt noch vieles zu lösen. Ich sage auch nicht, dass das der Stein der Weisen ist, aber ich sage ganz deutlich, dass die Maastricht-Kriterien —
Herr Kollege, wir sprechen hier über das Land Hessen und nicht über den Kreis Bergstraße, sonst könnten wir auch einmal über andere Gebietskörperschaften sprechen, in denen Sie mitregieren, und wir könnten auch darüber reden, wie es im Kreis Bergstraße zuvor gewesen ist. Wir wollen deshalb auf breiter Basis einen Diskussionsprozess einleiten: Macht etwas Sinn?
Wenn etwas Sinn macht, wie können wir erreichen, dass diese Kriterien für Hessen eingeführt werden? Was können wir dafür tun, um zu erreichen, dass dies für alle Bundesländer bundesweit geschieht? Welche Konsequenzen hat diese Übertragung auch auf die kommunale Ebene? Das ist ein großes Rad,das gebe ich zu,aber es hat keinen Sinn, mit unbefriedigenden Mitteln weiter zu operieren, zumal wir wissen, dass alle in die gleiche Richtung denken, und zwar nicht nur der Bund der Steuerzahler, sondern auch noch andere Institutionen. Es ist es wirklich wert, sich darüber grundsätzliche Gedanken zu machen, was man da anders einstellen könnte.
Ich darf vielleicht noch einmal darauf hinweisen, dass von Joachim Lohmann, dem ehemaligen Staatssekretär des schleswig-holsteinische Finanzministeriums – Herr Kollege Schmitt,wahrscheinlich ein Sozialdemokrat –,bereits im Mai dieses Jahres in der Zeitschrift „Verwaltung und Management“ ein Artikel erschienen ist, in dem er deutlich gesagt hat: Maastricht statt Kreditobergrenze.
All das ist eine Diskussion, die bereits einen breiten Raum einnimmt.Wir müssen sie jetzt im Hinblick auf die Überlegungen zum Kommunalen Finanzausgleich führen, weil wir sie sonst drei- bis viermal beginnen müssten.
Unser Antrag, den wir Ihnen heute präsentieren, beinhaltet, dass wir uns unter Punkt 1 zunächst einmal darüber klar werden wollen, wie denn die Maastricht-Grenze für unser Land aussieht. Wir würden uns das im Rahmen eines Maastricht-Berichtes gern vorführen lassen, und zwar jeweils zum Jahresende, da man dann sehen kann, wie die alte Grenze im Vergleich zur neuen aussieht, und sich fragen kann, wie man sich verhält. Wir sollten es uns einmal von der Landesregierung geben lassen, wie das für den Zeitraum 1999 bis 2006 und für den Finanzplanungszeitraum 2004 oder dem Ist nach der Finanzplanung 2000 bis 2009 ausgesehen hat bzw. hätte.
Wenn das alles befriedigend ist und wenn darüber ein Konsens herbeigeführt werden kann, wird dies mit einer Verfassungsänderung verbunden sein. Man wird versuchen, eine solche Neuregelung bundesweit zu installieren. Ich weiß,dass dies keine kurzfristige Lösung,sondern eine mittelfristige Lösung ist. Wir sind aber sicherlich einer Meinung, dass das gesamte Verschuldungsproblem auch eine mittelfristige Problematik ist. Wenn wir das nicht lösen können,wenn wir aufgeben und sagen:„Wir sind nicht in der Lage, die Dinge in den Griff zu bekommen. Wir warten stattdessen auf die nächste Steigerung der Steuereinnahmen oder darauf, dass überraschenderweise irgendwelche Ausgaben sinken oder dass noch irgendetwas Neues zum Verkauf ansteht“, dann, glaube ich, haben wir in den Augen der nächsten Generation versagt.
Deshalb möchte ich, völlig unstreitig, Sie alle ganz herzlich einladen, den Diskussionsprozess in Richtung Maastricht mitzuführen. Es wäre schön, wenn die Stellungnahme der Mehrheitsfraktion nach etwas Nachdenken etwas positiver ausfiele als bei der ersten Reaktion, die nur von Verteidigung der eigenen Position gekennzeichnet war.
Es wäre noch schöner, wenn wir anschließend zu einer befriedigenden Lösung kämen, die mittelfristig dazu führt, dass wir nicht nur die Schuldenaufnahme reduzieren, sondern dass wir gar keine Schulden mehr machen und die Schulden netto tilgen.
(Beifall bei der FDP – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das haben Sie aber nicht vorgeschlagen! – Gottfried Milde (Gries- heim) (CDU): Da sind wir uns einig, Herr Kollege!)
Vielen Dank, Herr Kollege von Hunnius. – Als Nächstem erteile ich Herrn Kollegen Kaufmann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr von Hunnius, zur Vorbereitung der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt habe ich noch einmal die Haushaltsdebatten im Dezember 2002 nachgelesen.
Damals ging es um einen Nachtrag für das Jahr 2002 und einen Haushalt für 2003. Sie erinnern sich vielleicht: Es war 50 Tage vor der Landtagswahl.
Die FDP war also noch gemeinsam mit der CDU an der Regierung, man sagt gerne: in der Regierungsverantwortung.Aber genau das war das Problem, Herr Kollege von Hunnius: Regieren wollte man schon gerne, doch es war gar nicht so einfach, denn es galt, die Gunst der Wählerinnen und Wähler durch kleine oder größere Geschenke zu erhalten oder, wenn möglich, dazuzugewinnen.
Also durfte man die angespannte Haushaltslage nicht weiter beachten, sondern musste sich im Wesentlichen um das Geldausgeben kümmern. Da war die FDP vorne mit dabei, denn auch sie wollte schließlich bei der Wahl gut abschneiden. Das Ergebnis war nicht nur eine Rekordverschuldung, sondern auch die absolute Mehrheit der CDU.So wollte das die FDP sicherlich eigentlich nicht haben. Dann ging man, weil man nicht wirklich gebraucht wurde, aus der Regierung heraus. Seitdem verzehrt man sich sehnsuchtsvoll danach, endlich wieder am Kabinettstisch Platz zu nehmen.
Frau Kollegin Wagner, deswegen macht man ab und an mehr oder minder lasche Versuche, ein wenig Opposition zu zeigen. Wenn die FDP wieder einmal zu viel mit der Regierung gekuschelt hat – wir haben es diese Woche schon erlebt –, dann torkelt man entschlossen auf die Oppositionsseite und übt Kritik.Das gelingt meist nicht,auch heute nicht.
Wenn ich aber die verbalen Eiertänze des Kollegen von Hunnius kurz vor Weihnachten 2002 mit seinen heutigen Ausführungen vergleiche, dann kann ich eine gewisse Irritation nicht verhehlen.
Schließlich wird die Schuld für die skandalöse Schuldenmacherei auf einmal nicht mehr, wie bei den Regierenden immer üblich, bei anderen gesucht und vermeintlich auch gefunden,
um hinter dieser Nebelwand fröhlich weiter auf Pump zu leben. Jetzt wird auf einmal nach einer neuen Regel, sogar Regelbindung gesucht, um angeblich die Verschuldung in Grenzen zu halten. Kann man das eigentlich ernst nehmen,
wenn eine Fraktion, die die Rekordschuldenmacherei in Hessen stets mit beschlossen hat,jetzt weg will vom Schuldenkurs? Kann man einer Fraktion glauben, deren Partei in Finanzdingen eine lebhafte Tradition der maximalen Differenz zwischen Ankündigung und Handlung aufzuweisen hat wie die FDP? Ich bin da sehr skeptisch. Ist doch die FDP z. B. aktuell einmal wieder zum Feldzug gegen eine Mehrwertsteuererhöhung aufgebrochen.Wir haben es am Dienstag hier vom Kollegen Hahn alle gehört.
(Norbert Schmitt (SPD): Das wäre das erste Mal, dass sie nicht dabei wäre! – Zuruf des Abg.Gerhard Bökel (SPD))
Gleichzeitig ist sie sehr bemüht, darüber zu schweigen, dass sie bei bisher sämtlichen Erhöhungen der Mehrwertsteuer in Deutschland aktiv beteiligt war.
Die selbst ernannte Steuersenkungspartei ist nämlich, gemessen an den Fakten und nicht an den Sprechblasen, die Partei der tatsächlich vollzogenen Steuererhöhungen, während Rot-Grün übrigens die größten Senkungen der Lohn- und Einkommenssteuer in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland durchgesetzt hat. Man muss den Eindruck gewinnen, dass die FDP vor allem deshalb so massiv gegen die aktuell anstehende Mehrwertsteuererhöhung polemisiert, weil sie erstmals bei der Durchsetzung nicht dabei wäre.
Meine Damen und Herren, natürlich freut man sich über die Umkehr eines jeden Sünders,doch eine Umkehr,Herr Kollege von Hunnius, muss ehrlich sein, damit man sie glauben kann.
Ich habe das neunte Kapitel der Apostelgeschichte im Neuen Testament extra noch einmal nachgeschlagen – Sie wissen, da geht es um die Wandlung vom Saulus zum Paulus –, um dort Hinweise zu finden, woran man eine ehrliche Wandlung erkennen könnte. Ich frage Sie, Herr Kollege von Hunnius: Ist es Ihnen tatsächlich wie Schuppen von den Augen gefallen, wie falsch und verwerflich Ihr bisheriger Verschuldungskurs war?
Sind Sie jetzt wirklich bereit,ohne innere Zweifel auf dem Pfad der finanzwirtschaftlichen Tugend zu wandeln?