Protokoll der Sitzung vom 05.06.2008

Bei den Referendaren kommen eigentlich nicht Pflichtund Wahlmodule an, sondern bewertete und nicht bewertete. Das ist Fakt, danach wird unterschieden. Das ist also das Entscheidende.

Bei der Qualität des Unterrichts sind wir auch einig. Man sollte das, was unterrichtsbedeutend ist, nicht durch andere Leistungen überspringen können. Da bin ich mit Ihnen völlig konform. Das ist das zentrale Anliegen.

Bei der Modulbewertung gehen Sie sehr hart ran. Ich meine allerdings, in der Praxis hat niemand null Punkte erhalten.Beim Bestehen geht es um vier oder drei Punkte, daran wird es wahrscheinlich festzuzurren sein, und dann ist die Sache auch in Ordnung.

Bei der zweiten Staatsprüfung geht es um die Bewertung der Hausarbeit. Im Moment ist sie ein K.-o.-Kriterium. Hier ist zu fragen, ob das so bleiben muss.Vielleicht muss das nicht sein.Aber Sie sprachen von 10 %. Dabei will ich allerdings nochmals sagen: Es geht dabei nicht um eine wissenschaftliche Arbeit wie an der Universität, sondern es geht darum, sich pädagogischen Problemen zu stellen und das in eine sinnvolle Reihenfolge zu bekommen.

Das beschäftigt mich hinterher auch noch bei der Bewährungsfeststellung und jedem Laufbahnfortschritt. Das kann man nicht unter den Tisch fallen lassen.Wir können darüber reden, ob die Arbeit ein K.-o.-Kriterium sein soll oder nicht.

Das sind die wesentlichen Dinge. Nach dieser Diskussion bin ich sehr optimistisch und erwarte, dass wir zu einer vernünftigen Regelung kommen werden.

Noch ein Wort zu dem, was uns auch angeht: die Erhöhung der Anzahl der Referendare.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden mit 4.700 Lehrern nicht mehr hinkommen. Wir haben die Konkurrenz der anderen Bundesländer, und wir müssen auch davon ausgehen, dass nicht jeder das Examen besteht. Das ist so. Ich denke an die Mangelfächer. Stellen Sie sich einmal vor: Kürzlich haben ganze 50 Studierende in ganz Hessen Latein belegt.Da se

hen Sie, was los ist. Oder nehmen wir Musik oder andere Fächer wie Mathematik, Physik, Chemie. Es muss etwas geschehen.

Die Finanzierung ist gesichert. Wenn wir auf 1.500 im Halbjahr gehen, sind es 3.000 im Jahr, also in zwei Jahren insgesamt 6.000 – das ist schon ein bisschen mehr als 4.700. Deswegen bin ich froh, dass das ein gemeinsames Anliegen aller ist. Damit werden wir etwas Gutes tun.

Bei den Diskussionen, die ich hier im Hause erlebt habe, ist es immerhin etwas Neues, dass bei einem zentralen Punkt der Schullandschaft einmal ein weitgehender Konsens zwischen allen Fraktionen entsteht. Das stimmt mich auch für die Zukunft ein bisschen optimistisch. – Besten Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Vielen Dank, Herr Abg. Dr. Herr. – Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich Frau Cárdenas das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu den beiden Punkten Lehrerausbildung und Referendariatsplätze kurz Folgendes.

DIE LINKE begrüßt, dass die FDP die Lehrerausbildung zum Thema macht. Dass hier Änderungsbedarf besteht, sehen die meisten Fraktionen. Allerdings sind wir nicht der Meinung, dass das zu reparierende Gesetz „mehr Qualität und Leistungsorientierung“ der Lehrerausbildung geschaffen hat.

Mehr Leistungsorientierung sicher – wenn wir damit euphemistisch umschreiben wollen,dass der Stress und Leistungsdruck aufgrund der gesicherten Mehrbelastung für Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst deutlich zugenommen haben.

(Zuruf des Abg. Mark Weinmeister (CDU))

An anderer Stelle beschreibt das auch die FDP.

Mehr Qualität? Das ist unseres Erachtens nicht der Fall. Im Kontext des Bologna-Prozesses geht es darum, die Ausbildungsinhalte so zu formalisieren, dass sie als klar umrissene Einheiten europaweit austauschbar sind.

Aber nach Aussagen der GEW wollen sich 98 % der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst gar nicht nach Europa bewerben, sondern hier an einer deutschen Schule gute Arbeit machen.

(Zurufe der Abg. Hans-Jürgen Irmer und Mark Weinmeister (CDU))

Es besteht die Absicht, durch vergleichbare Standards der Module die Qualität der Lehrerausbildung zu verbessern. Aber durch Standards sind viele konkrete Unterrichtssituationen, in denen sich Lehrer im Vorbereitungsdienst verhalten müssen, nicht zu beschreiben. So wird sich unseres Erachtens die Qualität nicht verbessern.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU):Wie denn?)

Wir unterstützen, dass der Umfang des eigenverantwortlichen Unterrichts zurückgenommen wird. Unseres Erachtens sind auch andere Kritikpunkte durchaus berechtigt.

Nach unserer Auffassung ist es allerdings die Frage, ob es sinnig ist, ein Gesetz zu reformieren, das sich durch ein insgesamt falsches Verständnis von Qualität und Qualitätssicherung auszeichnet. Darüber wird aber im Ausschuss sicherlich noch zu reden sein.

Zur Erhöhung der Anzahl der Referendariatsplätze. Unseres Erachtens muss Folgendes gesehen werden: Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst werden viel zu schlecht bezahlt. Nur quantitativ mehr Referendariatsplätze zu schaffen schreibt dieses Problem fort. Ich zitiere einen Lehrer der GEW:

Inzwischen ist es hessenweit unbestritten, dass die Lehrkräfte im Ausbildungs- und Vorbereitungsdienst eine wöchentliche Arbeitszeit von mehr als 55 Stunden haben, und dies bei einem Salär von etwa 1.000 c. Hintergrund ist die Ausweitung der Ausbildung an den Studienseminaren in Modulen um mehr als 30 %.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Da treffen sich die beiden Punkte.

Auf der anderen Seite ist die Ausbildung dieser Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst unterfinanziert und dadurch – es gibt auch noch andere Gründe – qualitativ zu schlecht.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Was schlagen Sie nun definitiv vor? Da können Sie gleich Karl Marx zitieren!)

Ich zitiere Herrn Joachim Euler, Teamleiter des Referats Aus- und Fortbildung der GEW Hessen: „Die wolffschen Reformen waren und sind allesamt chronisch unterfinanziert, rechtlich teilweise ziemlich umstritten, organisatorisch, handwerklich miserabel gemacht und schließlich von der Mehrheit der Betroffenen nicht akzeptiert.“

(Hans-Jürgen Irmer (CDU):Was wollen Sie eigentlich?)

Das werden wir im Ausschuss noch diskutieren, Herr Irmer.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das können Sie auch gleich vortragen!)

Hierzu nenne ich Ihnen einige Beispiele. Erstens. Es geht beispielsweise um den rechtlichen Status der Ausbilderinnen und Ausbilder. Dieser ist vollkommen unklar, und zwar in Bezug auf alle Dimensionen, trotz einer sogenannten Klarstellung per Erlass.

Zweitens. Die gesamte Arbeitszeitberechnung für die Ausbilderinnen und Ausbilder ist ungeklärt. An jedem Studienseminar existieren andere Verfahren, und es wird anders errechnet.

Drittens. Nach wie vor sind ungefähr 75 % aller Ausbildungsleiterinnen vom Unterricht freigestellt, obwohl sie nach der Rechtsvorschrift in ihren Stammschulen im Durchschnitt 8,5 Wochenstunden ableisten müssten. Der Vorbereitungsdienst ist nach wie vor unterfinanziert, denn die Finanzmittel blieben gleich, die modularisierten Ausbildungsveranstaltungen wurden jedoch um 30 % vermehrt. Mit dem vorliegenden Antrag schreiben wir diese Situation fort – auch wenn wir mit unseren Stimmen neue Stellen schaffen werden. Von einem vermeintlichen Wettbewerb, gar von Qualität, kann daher gar keine Rede sein.

Wir sollten noch in diesem Jahr eine gründliche Reform der Lehrerausbildung vornehmen, die sowohl eine gerechtere Bezahlung der Referendare als auch – das ist nicht weniger wichtig – eine qualitativ bessere Ausbildung auf notwendigerweise verbesserter materieller Grundlage, also mit verbesserten Rahmenbedingungen, zum Ziel hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir werden diesem Antrag selbstverständlich zustimmen, auch wenn wir wie üblich nicht gefragt wurden, sodass es uns zuvor nicht möglich war, unsere Zustimmung zu geben. – Ich danke Ihnen allen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU):Wir machen nur etwas mit Demokraten!)

Das Wort hat Herr Kultusminister Banzer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt bedauerlicherweise nur wenige Dinge,bei welchen man zwischen dem Justizministerium und dem Kultusministerium Gemeinsamkeiten feststellen kann. Eines von diesen Dingen scheint aber zu sein, dass die Diskussionen um die jeweiligen Ausbildungen – hier ist es das Referendariat – nie aufhören. Es scheint derart zu sein, denn es wird weiterhin mit großer Inbrunst über die Lehrerausbildung diskutiert, ebenso ist das bei der Juristenausbildung der Fall.

Vor vier Jahren ist ein umfassendes Gesetz erlassen worden, das alle drei Bereiche – Fortbildung, Studium und Referendariat – regelt. Es wird geplant, dieses zu evaluieren. Es ist sehr interessant, dass die Diskussionen sowie die Kritikpunkte bereits relativ nah beieinanderliegen. Ich glaube, dass wir während der Anhörung viele Fragestellungen zu erörtern haben werden, weil es, wie soeben gesagt wurde, in der Natur der Sache liegt, dass alle Betroffenen, aufgrund ihres eigenen Erlebens oder Beobachtens, ihre individuellen Positionen einnehmen.

Wir werden darüber reden müssen, ob im Referendariat Theorie und Praxis ausreichend aufeinander abgestimmt sind, ob die praktische Erprobung im Unterricht ein ausreichendes Gewicht einnimmt und ob diese Aspekte ausreichend bewertet bzw. benotet werden. Wir werden diskutieren müssen, wie stark der Einfluss der Schule, was das künftige Arbeitsfeld eines Lehrers, der sich im Vorbereitungsdienst befindet, darstellt, gewichtet werden muss. Ich denke, das wird eine spannende Diskussion werden, auf deren Verlauf ich mich freue.

Ich bin besonders dankbar, dass in Bezug auf den Referendariatsantrag im Landtag offensichtlich eine große Einigkeit herrscht.Als wir die Rückmeldung bekamen, dass es wieder genügend Referendariatsbewerber gebe, insbesondere auch für die Mangelfächer, war ich sehr dankbar dafür, dass es möglich war, trotz der eigentlich sehr schwierigen Situation, in welcher sich der Landtag bei solchen Fragestellungen für gewöhnlich befindet, einen Weg zu finden,gemeinsam etwas für die Referendare und Lehrer dieses Landes zu tun. Ich bedanke mich schon jetzt für diese Möglichkeit, die Sie damit eröffnen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, zu den beiden Punkten liegen keine Wortmeldungen mehr vor.

Es wird empfohlen, über den Tagesordnungspunkt 70 direkt abzustimmen. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Dringlichen Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Erhöhung der Referendariatsplätze, Drucks. 17/327. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann stelle ich fest, dass dieser Dringliche Antrag einstimmig angenommen wurde.

(Beifall)