Das ist für mich ein Zeichen von Größe. Sie nimmt die Freiheit des Geistes für sich in Anspruch. Das ist gut für eine Wahl zur Bundespräsidentin.
Meine Damen und Herren, es zeigt, wie kleinlich Sie sind, wenn Sie glauben, da würden Weichen für die nächste Bundestagswahl gestellt.
Die Bundesversammlung ist frei; da werden keine Koalitionen geschmiedet. In der Bundesversammlung wird um jede Stimme geworben; genau das machen wir.
(Beifall bei der SPD – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das glaubt kein Mensch! – Weitere Zurufe von der CDU)
Wir werden Sie nicht um Erlaubnis fragen, eine eigene Kandidatin zu nominieren. Ich bin davon überzeugt, dass Gesine Schwan mit ihrem klaren Wertgefüge und ihrem Eintritt für Demokratie und das Gemeinwohl eine herausragende Bundespräsidentin sein wird. Ich bin sehr stolz, dass wir sie nominiert haben.
Vielen Dank, Frau Kollegin Ypsilanti. – Nächster Redner ist Herr Kollege Wagner für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn ich sehe, was die CDU heute für eine Aktuelle Stunde beantragt hat,kann ich nur sagen:Die hessische CDU war auch schon einmal besser.
Selbst uns GRÜNEN wären nach den Ereignissen des letzten Wochenendes aus Sicht der CDU viele Aktuelle Stunden eingefallen. Sie hätten auch etwas mit dem Thema zu tun gehabt: Wer geht nach Berlin? Wer will nach Berlin? Wer will, dass andere Leute nach Berlin gehen? – Dazu wäre uns viel eingefallen. Der hessischen CDU fällt aber nichts anderes ein als die Aktuelle Stunde
mit dem Titel „Amt des Bundespräsidenten nicht zum Spielball parteipolitischer Interessen machen“. – Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie müssen ein sehr kurzes Gedächtnis haben, wenn Sie eine solche Aktuelle Stunde beantragen.
Erinnern wir uns doch an die Zeit, als der verehrte Bundespräsident Horst Köhler noch Kandidat für dieses Amt war, wie die hessische CDU und die CDU insgesamt mit diesem Amt umgegangen sind. Frau Kollegin Ypsilanti hat es schon gesagt, der Herr Ministerpräsident und sein Regierungssprecher frohlockten per SMS: Köhler ist raus. – Meine Damen und Herren, war das ein würdiger Umgang mit dem höchsten Amt in unserem Staat?
Wir erinnern uns auch noch an die spätabendlichen Szenen vor einer Berliner Wohnung des Parteivorsitzenden der FDP, Herrn Guido Westerwelle. Er hatte selbst in seine Privatwohnung eingeladen. Herr Stoiber und Frau Merkel mussten vorfahren,um bei Kaffee und Kuchen auf der Couch von Herrn Westerwelle darüber zu reden, wer künftiger Bundespräsident unseres Staates wird. Wenn das ein würdiger Umgang mit dem höchsten Amt unseres Staates ist, dann weiß ich es wirklich nicht.
Wir GRÜNE finden, der amtierende Bundespräsident ist eine beachtenswerte und beeindruckende Persönlichkeit. Der Respekt vor dem Amt des Bundespräsidenten verbietet es, solche Aktuelle Stunden zu beantragen, wie Sie es von der CDU getan haben.
Aber auch Gesine Schwan ist eine beeindruckende und respektable Persönlichkeit. Meine Fraktion hatte sie vor fünf Jahren eingeladen, um mit ihr direkt über ihre erste Kandidatur zu sprechen.Es war ein sehr beeindruckendes Gespräch. Wir können voller Überzeugung sagen: Auch Frau Schwan wäre eine gute Bundespräsidentin. – Jetzt frage ich die Kolleginnen und Kollegen der Union:Was ist in der Demokratie eigentlich außerhalb der hessischen CDU so schlimm daran, die Wahl zu haben zwischen verschiedenen Persönlichkeiten?
Ich finde es sehr mutig,dass Frau Schwan sich entschieden hat, erneut zu kandidieren und für ihre Inhalte zu stehen. Ob Kurt Beck der beste Pate für ein Comeback ist, das sei einmal dahingestellt. Ich finde es sehr mutig von Frau Schwan.Es ist nichts Schlimmes daran,die Wahl zu haben.
Meine Damen und Herren von der CDU, was ist schlimm daran, dass sich die Wahlmänner und Wahlfrauen der Bundesversammlung entscheiden können, ob sie einen Bundespräsidenten haben wollen, der bezogen auf die Globalisierung mehr die wirtschaftlichen Aspekte betont, oder eine Bundespräsidentin, die mehr die Auswirkungen der Globalisierung auf die Menschen betont? – Beides sind respektable Positionen. Herr Köhler und Frau Schwan argumentieren ganz hervorragend. Warum soll man nicht die Wahl haben?
Warum soll man nicht die Wahl haben zwischen einem Bundespräsidenten mit einem ausgewiesenen ökonomischen Hintergrund, wie ihn Herr Bundespräsident Köhler hat, und einer Kandidatin mit einem intellektuell-wissenschaftlichen Hintergrund, den Frau Schwan unbestritten hat?
Herr Kollege Gotthardt, warum soll am 23. Mai 2009, am 60. Verfassungstag der Bundesrepublik Deutschland, die Bundesversammlung nicht darüber entscheiden, ob eine Frau oder ein Mann an der Spitze unseres Staates stehen soll?
Wer in der Demokratie die Möglichkeit, die Wahl zu haben, für parteipolitische Spielchen hält, der spricht dieser Bundesversammlung ein Armutszeugnis aus. In unserem grünen Verständnis kommen in dieser Bundesversammlung Wahlfrauen und Wahlmänner zusammen, die eine freie Entscheidung treffen, wen sie für den besten Bundespräsidenten oder die beste Bundespräsidentin halten.
Wer das für parteipolitische Spielchen hält, der hält die Wahlfrauen und die Wahlmänner für Parteifrauen und für Parteimänner.Aber das sieht unsere Verfassung nicht vor. Vielmehr sollen sie eine freie Entscheidung treffen. Sie sollen die Wahl haben. Deswegen ist es gut, dass mit der Kandidatur von Frau Schwan die Wahlmänner und die Wahlfrauen die Wahl haben.
Liebe CDU, denkt nächstes Mal ein bisschen mehr nach, damit ihr mit eurer Aktuellen Stunde nicht das Gegenteil von dem erreicht, was ihr wollt. Ihr habt dem Amt des Bundespräsidenten und der Person des gegenwärtigen Bundespräsidenten geschadet.
(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Beifall des Abg.Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich immer wieder über die begleitenden Worte und Äußerungen der Kolleginnen und Kollegen Sozialdemokraten, wenn ich zum Pult komme.
Wir als Liberale haben überhaupt keine Angst davor, sondern finden es vom Prinzip her sehr gut, dass es Auswahlmöglichkeiten bei Entscheidungen gibt. Ich sage bewusst, vom Prinzip her.
Es ist ein Zeichen von Demokratie, es ist ein Zeichen von Parlamentarismus, dass es die Möglichkeit gibt, auswählen zu können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegin Ypsilanti, hier geht es aber nicht um die Frage, ob die Wahlmänner und Wahlfrauen eine Auswahl haben und ob das demokratisch ist. Hier geht es schlicht und ergreifend um zwei Dinge. Das eine ist, dass Ihre Partei, Frau Kollegin Ypsilanti, in den letzten drei Monaten einen nicht mehr zu überbietenden Schlingerkurs,und zwar öffentlich und auch gegenüber dem Bundespräsidenten, bei der Frage hingelegt hat, wer der künftige Bundespräsident wird.
Es ist nicht würdig für eine Partei, es ist nicht würdig für Repräsentanten einer Partei, wenn sie mit öffentlichen Äußerungen mehr als suggerieren, dass sie für eine Wiederwahl des amtierenden Bundespräsidenten sind, um dann wenige Wochen später genau das Gegenteil öffentlich zu verkünden.
Das ist der Skandal.Das ist das parteipolitische Spielchen, das Ihre Partei,Frau Kollegin Ypsilanti,in den letzten drei Monten nicht nur mit dem Amt des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch mit der Person des amtierenden Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gespielt hat. Das ist schofelig, und deswegen kann man es auch in einer Aktuellen Stunde im Hessischen Landtag ansprechen.
Es gibt nicht nur die Äußerung von Kurt Beck, die eben schon vom Kollegen Müller zitiert worden ist. Es gibt eine Vielzahl von Äußerungen, insbesondere die Äußerung des Fraktionsvorsitzenden der SPD im Deutschen Bundestag, Peter Struck, der noch vor wenigen Wochen gesagt hat, dass er hinter der Arbeit des amtierenden Bundespräsidenten steht und dass er sich vorstellen kann, dass die SPD Herrn Köhler als Bundespräsidenten unterstützt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, da wir in manchen Gebieten eine ein bisschen diplomatischere Sprache zu üben haben als in anderen, konnte jeder davon ausgehen: Peter Struck als der Vorsitzende der SPD-Fraktion erklärt, die SPD steht hinter der Wiederwahl des amtierenden Bundespräsidenten. – Genau das tun Sie heute nicht mehr.
Ich weiß, das sind wieder die Emotionen.Aber wir können wieder zur Sache kommen. – Ich widerspreche Ihnen, wenn Sie erklären, dass die Wahl des Bundespräsidenten nichts mit politischen Weichenstellungen zu tun hat. Ich mache es mir ganz einfach, weil ich schlicht ein Beispiel anspreche, das die SPD und die FDP betrifft. Die Wahl von Gustav Heinemann 1969 zum Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland war nicht nur eine persönliche Entscheidung für Gustav Heinemann, sondern eine Weichenstellung für eine neue Koalitionspolitik im Deutschen Bundestag. Haben Sie das schon vergessen, Frau Ypsilanti?