Protokoll der Sitzung vom 05.06.2008

Ich weiß, das sind wieder die Emotionen.Aber wir können wieder zur Sache kommen. – Ich widerspreche Ihnen, wenn Sie erklären, dass die Wahl des Bundespräsidenten nichts mit politischen Weichenstellungen zu tun hat. Ich mache es mir ganz einfach, weil ich schlicht ein Beispiel anspreche, das die SPD und die FDP betrifft. Die Wahl von Gustav Heinemann 1969 zum Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland war nicht nur eine persönliche Entscheidung für Gustav Heinemann, sondern eine Weichenstellung für eine neue Koalitionspolitik im Deutschen Bundestag. Haben Sie das schon vergessen, Frau Ypsilanti?

(Beifall bei der FDP und der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Das haben wir aber gerade ausgeschlossen! – Weitere Zurufe von der SPD)

Wenn das so richtig ist – ich glaube, Sie widersprechen mir nicht, da es bereits in vielen Geschichtsbüchern steht; ich kann mich daran erinnern, vor ungefähr drei oder vier Wochen mit Walter Scheel darüber gesprochen zu haben, als er uns erklärte, wie das 1969 abgegangen ist –, dann können Sie sich doch nicht allen Ernstes hierhin stellen und so tun, als ob dort etwa über 1.100 Wahlmänner und Wahlfrauen zusammenkommen, die alle politische Eunuchen sind.

(Zuruf der Abg.Andrea Ypsilanti (SPD))

Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Bundesversammlung gibt es genauso Fraktionen, wie es Fraktionen im Hessischen Landtag gibt.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Der zweite Skandal ist: Was Sie wollen, ist eindeutig. Sie wollen einen Testlauf fahren, ob die Fraktionen der Sozialdemokraten, der Bündnisgrünen und der Postkommunisten in der Lage sind, in der Bundesversammlung den Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland zu wählen. Das ist der Testlauf, den Sie dort vorhaben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Da können Sie sich noch so häufig hierhin stellen und sagen, das sei erstens keine Parteipolitik, und zweitens seien da noch niemals Weichenstellungen für künftige Koalitionen geschnitzt worden. Die Menschen, die uns zuhören, die Menschen, die das lesen, wissen genau, Sie sagen die Unwahrheit. Sie glauben Ihnen nicht, Frau Ypsilanti.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich sage für die FDP-Fraktion im Hessischen Landtag, aber ich sage es genauso als Vorsitzender der Konferenz der Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag und in den Ländern: Wir als Liberale stehen geschlossen hinter der Wiederwahl von Prof. Horst Köhler zum Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Herr Kollege Hahn, ich darf Sie bitten, zum Schluss Ihrer Rede zu kommen.

Wir haben ihn vor fünf Jahren nach Wiesbaden eingeladen. Wir haben mit ihm ein ausführliches Gespräch vor der Wahl geführt.Wir beobachten sehr kritisch die Arbeit des Bundespräsidenten. Gestern hat es jemand schon in anderem Zusammenhang gesagt – ich glaube, es war der Kollege Walter im Zusammenhang mit dem RDF –, dass eine Person immer dann, wenn sie für die Arbeit von keiner Seite dauernd anhaltenden Beifall bekommt, gute Arbeit leistet. – Das gilt für Horst Köhler.

Herr Kollege Hahn, ich darf Sie nochmals bitten, zum Schluss Ihrer Rede zu kommen.

Ich war gerade im letzten Satz, Frau Präsidentin. – Prof. Köhler wird nicht nur im Inland,sondern auch im Ausland als ein guter Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland gesehen. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, hören Sie auf, Ihre parteipolitischen Probleme auf dem Rücken dieses Amtes auszutragen.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Hahn. – Mir liegen nun keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist diese Aktuelle Stunde abgehalten.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wir haben gerade unter Ausschluss der LINKEN diskutiert!)

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 69:

Erste Lesung des Dringlichen Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Sparkassengesetzes und zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung der Frankfurter Sparkasse als Anstalt des öffentlichen Rechts (Fraspa-Gesetz) – Drucks. 17/326 –

Für diesen Tagesordnungspunkt ist keine Aussprache vorgesehen.Aber zur Einbringung erhält Herr Kollege Posch das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Geschäftsordnung sieht vor, dass Gesetzentwürfe eingebracht werden müssen.

Im Zusammenhang mit der Diskussion über den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Änderung des Hessischen Sparkassengesetzes und des Fraspa-Gesetzes ist eine Vielzahl von Diskussionsvorschlägen im Vorfeld gemacht worden, die die FDP-Fraktion in einen Gesetzentwurf eingebracht hat. Wir möchten, dass diese Vorschläge mit in die Anhörung eingeführt werden. Dazu ist es notwendig, einen entsprechenden Gesetzentwurf einzubringen.

Das haben wir hiermit getan. Wir wollen erreichen, dass das Spektrum der Diskussion um neue Vorschläge erweitert wird. Ich wäre dankbar, wenn der Gesetzentwurf so schnell wie möglich in die Anhörung eingebracht werden könnte.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Posch, für die Einbringung.

Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr zu überweisen. Besteht Einverständnis? – Dann ist das so beschlossen.

Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 41 und zu Tagesordnungspunkt 64:

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend keine Abschaffung des Verfassungsschutzes – Drucks. 17/264 –

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Bedeutung des demokratisch legitimierten Verfassungsschutzes in Hessen – Druck. 17/307 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten. Erster Redner ist Herr Kollege Dr. Wagner für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Grundgesetz ist die freiheitlichste Verfassung, die es in Deutschland je gegeben hat, und das Grundgesetz ist auch im internationalen Vergleich im Hinblick auf seine Orientierung an Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechten vorbildlich.

(Beifall bei der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Das Grundgesetz steht unter anderem für die Achtung der Menschenwürde, für die Gleichberechtigung von Mann und Frau, für den Schutz von Ehe und Familie und für die in der DDR besonders verletzten Menschenrechte, nämlich die Meinungs- und Pressefreiheit, die Freizügigkeit und die Garantie einer unabhängigen Justiz.

Wir dürfen nie vergessen: Das Grundgesetz ist die historische Antwort auf das Scheitern der Weimarer Reichsverfassung, und das Grundgesetz ist die historische Antwort auf die Nazidiktatur. Die Fehler von Weimar dürfen wir nicht wiederholen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deshalb sieht das Grundgesetz eine wehrhafte Demokratie vor. „Wehrhafte Demokratie“ bedeutet, dass sich der demokratische Rechtsstaat gegen seine Feinde wehrt. Deshalb gibt es die sogenannte Ewigkeitsklausel im Grundgesetz, nach der die Art. 1 bis 20 nicht abgeschafft werden dürfen, auch nicht durch eine Zweidrittelmehrheit, und deshalb gibt es in Art. 20 Abs. 4 des Grundgesetzes das Widerstandsrecht aller Deutschen gegen jeden, der unsere staatliche Ordnung beseitigen will.

Das Grundgesetz hat bis zum heutigen Tage zum Ziel, die Machtübernahme durch eine Diktatur unmöglich zu machen. Jeder demokratische Rechtsstaat hat um seiner Existenz willen die Pflicht, die Grundrechte und die Verfassungsnormen zu schützen. Der Schutz unserer Verfassung ist zugleich der Schutz der Bürgerinnen und Bürger sowie der Schutz von Menschenrechten, von Freiheit und Demokratie.

Aufgabe des Landesamts für Verfassungsschutz gemäß § 2 des Gesetzes über das Landesamt für Verfassungsschutz ist, „den zuständigen Stellen zu ermöglichen, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder zu treffen“. So lautet der Gesetzestext. Die Kontrolle des Verfassungsschutzes wird durch die vom Landtag eingesetzte parlamentarische Kontrollkommission gewährleistet. Der Verfassungsschutz ist zusammen mit den Gerichten, der Staatsanwaltschaft und der Polizei eine unverzichtbares Fundament unseres Staates.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Arbeit des Verfassungsschutzes hilft, Menschenrechte, Freiheit und Fortbestand der Demokratie in unserem Lande zu sichern. Deshalb gibt es allen Anlass, an die

Adresse der Beamten des Verfassungsschutzes ausdrücklich Dank zu sagen.Sie leisten eine vorbildliche Arbeit für den Bestand unseres Staates.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Sie sind deshalb unverzichtbar. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich am Rande ein kurzes Wort zu dem Antrag der SPD-Fraktion sagen. Frau Ypsilanti hat eine Woche,nachdem wir unseren Antrag gestellt hatten,einen eigenen Antrag eingebracht, weil sie den Antrag von CDU und FDP nicht mittragen wollte.Warum – frage ich jetzt an die Adresse der SPD – haben Sie in Ihrem Antrag das Bekenntnis zur wehrhaften Demokratie entfernt? Warum haben Sie unser klares Bekenntnis zur Bekämpfung jedes politischen Extremismus herausgestrichen?

(Zurufe von der SPD)

Ich frage Sie: Ist das ein Tribut an Ihren linksextremen Wunschkoalitionspartner, die LINKE? Meine Damen und Herren, hierzu sage ich:An der Stelle muss jedes Taktieren aufhören.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt eine Gemeinsamkeit unter demokratischen Parteien, die keinen taktischen Überlegungen unterworfen werden darf. Da müssen wir uns völlig einig sein. Das ist mein ausdrücklicher Appell an alle vier demokratischen Fraktionen in diesem Landtag, in diesem Zusammenhang keine hässlichen und von Parteitaktik geprägten Diskussionen zu führen.

Meine Damen und Herren, warum wird die LINKE vom Verfassungsschutz beobachtet?

(Marjana Schott (DIE LINKE): Eine berechtigte Frage!)