Protokoll der Sitzung vom 23.09.2008

(Reinhard Kahl (SPD): Deshalb stimmen wir auch nicht ab!)

Gut, dann machen wir das so. Bei der dritten Lesung eigentlich nicht, aber egal. Dann überweisen wir alles an den Innenausschuss zurück. Das ist kein Problem. Man muss es mir nur ordentlich sagen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 75:

Zweite Lesung des Dringlichen Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Sparkassengesetzes (HSpG) und zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung der Frankfurter Sparkasse als Anstalt des öffentlichen Rechts (Fraspa-Gesetz) – Drucks. 17/682 zu Drucks. 17/326 –

hierzu:

Änderungsantrag der Fraktion der SPD – Drucks. 17/697 –

Zur Berichterstattung erteile ich Herrn Kollegen Reif das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr zu dem Dringlichen Gesetzentwurf der Fraktion der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Sparkassengesetzes (HSpG) und zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung der Frankfurter Sparkasse als Anstalt des öffentlichen Rechts (Fraspa-Ge- setz), Drucks. 17/326, sowie zu dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 17/665:

Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr empfiehlt dem Plenum, den Dringlichen Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks.17/665 – die sich daraus ergebende Fassung ist der Beschlussempfehlung angefügt, die Sie alle in der Hand haben – in zweiter Lesung anzunehmen.

Der Dringliche Gesetzentwurf war dem Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr in der 11. Plenarsitzung am 5. Juni 2008 überwiesen worden. Der Änderungsantrag wurde dem Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr am 18. September 2008 vom Präsidenten überwiesen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr hat zu dem Dringlichen Gesetzentwurf sowie zu dem Gesetzentwurf Drucks. 17/55 am 11. September 2008 eine öffentliche Anhörung durchgeführt.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr hat sich in seiner Sitzung am 19. September 2008 mit dem Dringlichen Gesetzentwurf befasst und ist mit den Stimmen von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen von SPD und LINKEN zu dem oben genannten Votum gelangt.

Zuvor waren vom Änderungsantrag Drucks. 17/665 der im Änderungsbefehl Nr. 2 unter Nr. 3 Buchst. b angefügte Abs. 4 sowie der Änderungsbefehl Nr. 9 einstimmig angenommen worden. Der Änderungsantrag im Übrigen war mit den Stimmen von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen von SPD und LINKEN angenommen worden.

Wiesbaden, 19. September 2008. Ausschussvorsitzender und Berichterstatter: Clemens Reif.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Reif. – Als erstem Redner erteile ich Herrn Kollegen Posch das Wort. Die Redezeit beträgt zehn Minuten pro Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Gesetzentwurf, um den es heute hier geht, und den Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf habe ich kurz vor der Sommerpause nur förmlich eingebracht, um sicherzustellen, dass die Vorschläge der FDP mit in das Anhörungsverfahren zur Änderung des Hessischen Sparkassengesetzes eingehen. Erlauben Sie es mir deswegen, auf einige Essentials noch einmal einzugehen und die Gründe Revue passieren zu lassen, warum es zu diesem Gesetzentwurf der FDP und dem Änderungsantrag der Fraktionen der FDP, der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu diesem Gesetzentwurf gekommen ist.

Ich glaube, wir alle wollen, dass die Sparkassen als eine der drei Säulen im Sparkassen- und Bankenwesen wichtige Finanzierer der mittelständischen Unternehmen sind. Wir haben ertragstarke und weniger ertragstarke Sparkassen.Teilweise sind sie, insbesondere im Ballungsraum, unterschiedlich strukturiert. Ich will mich hier vorsichtig ausdrücken. Es besteht also Handlungsbedarf. Es geht darum, insgesamt die Ertragskraft und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Sparkassen zu verbessern.

Dem hat seinerzeit das Gesetz der damaligen Landesregierung Rechnung getragen, indem die Möglichkeit geschaffen worden ist,Stammkapital zu bilden.Ich stelle mit einiger Zufriedenheit fest, dass einige Sparkassen, insbesondere im Rhein-Main-Gebiet, von der Möglichkeit, Stammkapital zu bilden, tatsächlich Gebrauch gemacht haben, um unterhalb der Ebene der Fusion bessere Kooperationsmöglichkeiten im Sparkassenwesen zu schaffen. Das heißt, die Zielsetzung ist seinerzeit zu Recht verfolgt und von den Sparkassen auch angenommen worden.

Gleichwohl haben die Sozialdemokraten seinerzeit bereits gesagt, dass die Bildung von Stammkapital etwas ermöglicht, was sie auf keinen Fall wollen, nämlich die Beteiligung Privater an diesen Sparkassen.

Wir haben dies seinerzeit intensiv diskutiert, auch vor dem Hintergrund der europarechtlichen Regelungen. Es war für meine Begriffe klar, dass hier kein Einfallstor für Dritte besteht. Gleichwohl hat es diese öffentliche Diskussion gegeben.

Das war ein Grund, warum wir vor der Sommerpause diesen Gesetzentwurf eingebracht haben. Wir haben darauf hingewiesen, dass statt der Bildung von Stammkapital die Bildung von sogenanntem Trägerkapital ermöglicht werden soll,um eindeutig festzuhalten,dass weder dieses Einfallstor noch eine europarechtliche Problematik besteht.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen. Ich nehme an, Frau Hölldobler-Heumüller wird das für die Fraktion der GRÜNEN auch noch einmal darstellen. Bei der damaligen Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD war einer der Kritikpunkte, dass das Stammkapital abgeschafft werden sollte.

Wir haben uns jetzt darauf verständigt, nicht von Trägerkapital zu sprechen, sondern von öffentlich-rechtlichen Anteilen, um damit jeden Zweifel auszuschließen. Damit wird eindeutig festgestellt werden, dass sich das innerhalb der Systematik der öffentlich-rechtlichen Sparkassen abspielen muss. Es wurde behauptet, es gebe auf europäischer Ebene rechtliche Bedenken dagegen. Diese Behauptung trägt nicht.

Ein zweiter Punkt war in der Diskussion. Herr Frankenberger wird sich daran erinnern, dass ich das für die FDPFraktion bei der Lesung des Gesetzentwurfs problemati

siert habe. Mit diesem Gesetzentwurf wollten Sie damals nämlich etwas einführen. Sie wollten erreichen, dass der Sparkassen- und Giroverband Träger der Sparkassen werden kann. Wir und auch die Vertreter der GRÜNEN und der Union haben das damals massiv kritisiert. Denn ein Verband ist ein Verband. Er hat die Interessen aller zu vertreten. Deswegen kann er nicht gleichzeitig unternehmerisch tätig werden.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Das war ein ganz zentraler Punkt, der die drei Fraktionen, die jetzt den Änderungsantrag eingebracht haben,in ihrer Argumentation verbunden hat. Ich sage das, um das vordergründige Argument beiseitezuschieben,hier sei aus taktischen Gründen ein gemeinsamer Änderungsantrag gemacht worden. Hier gab es ein essenzielles Interesse, nicht zuzulassen, dass der Sparkassen- und Giroverband Träger der Sparkassen wird. Damit sollte eines bewerkstelligt werden.Wir wollten auf keinen Fall, dass die vertikale Lösung zwischen der Hessischen Landesbank und der Frankfurter Sparkasse rückgängig gemacht wird. Das wollen wir nicht.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Deswegen sage ich zu den Sozialdemokraten, die einen Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der FDP in der aufgrund des Änderungsantrags geänderten Fassung eingebracht haben: Sie bleiben dabei, dass der Verband auch in Zukunft die Möglichkeit haben soll,Träger der Sparkassen zu sein. Das wollen wir nicht. Deswegen sehe ich in dieser Frage keine Möglichkeit, auch mit den Sozialdemokraten zu einem Kompromiss und einer gemeinsamen Lösung zu kommen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU)

Es geht um den Standort Frankfurt. Es geht um den Standort Rhein-Main. Wir möchten, dass die öffentlichrechtlichen Sparkassen neben der Fusion die Möglichkeit haben, sich so aufzustellen, dass sie im Wettbewerb bestehen können. Ich will im Moment über die gesamte Finanzdiskussion kein Wort verlieren. Das würde den Rahmen sprengen.Aber wir wollen, dass die öffentlich-rechtlichen Sparkassen am Finanzplatz Frankfurt, einem der wichtigsten Finanzplätze Europas, präsent sind, und zwar mit Sparkassen, die Ertrag erbringen und in Kooperation mit der Hessischen Landesbank wettbewerbsfähig sind. Das wollen wir auf jeden Fall sicherstellen. Das wird mit dem Gesetz und dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU, der FDP und der GRÜNEN realisiert.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Frank Lortz (CDU))

Ich will auch das sagen: Wir werden diese Form der Kooperation auf das Rhein-Main-Gebiet beschränken.Denn natürlich wissen wir, dass die Sparkassen des ländlichen Raums Angst haben – ich sage das jetzt einmal etwas salopp –, von der Helaba „geschluckt“ zu werden. Deswegen soll die Lösung mit dem Trägerkapital auf benachbarte Sparkassen im Rhein-Main-Gebiet beschränkt werden. Wenn Sie das nicht wollen, dann gefährden Sie die Zukunft der Sparkassen als wichtiger Finanzier für den Mittelstand im Rhein-Main-Gebiet.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen eine weitere Lösung anbieten, die auch in dem Gesetzentwurf der Fraktion der GRÜNEN, den sie in die

Anhörung eingebracht hatten, enthalten war. Dabei geht es um das Thema Holding. Wir hatten in unserem ursprünglichen Gesetzentwurf eine Beschränkung der Möglichkeit mit der Holding auf das Rhein-Main-Gebiet vorgesehen. Das kann selbstverständlich auch auf größere und weiter gehende Gebiete ausgedehnt werden. Auch hier gab es bei der Diskussion um den Gesetzentwurf der Sozialdemokraten ein hohes Maß an Übereinstimmung zwischen den Fraktionen der GRÜNEN,der FDP und der CDU.

Lassen Sie mich noch ein weiteres Thema ansprechen.Wir haben mit unserem Gesetzentwurf auch das Thema Stiftungssparkasse angesprochen. Das Gesetz soll als Option die Möglichkeit bieten, Stiftungssparkassen zu bilden. Ich sage voraus, dass das Thema Stiftungssparkasse mit der Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs noch nicht zu Ende diskutiert sein wird. Denn die Stiftungssparkasse spielt in anderen europäischen Ländern eine ganz wichtige Rolle. Die Stiftungssparkassen haben in anderen europäischen Ländern mit dazu beigetragen, die Sparkassen zu stärken. Damit konnte der gemeinnützige Auftrag der Sparkassen über die Stiftung nach wie vor erfüllt werden. Gleichzeitig wurde damit aber die Möglichkeit eröffnet, die Wettbewerbsfähigkeit der Sparkassen zu erhöhen.

Das soll jetzt als Option vorgesehen werden. Ich habe mit Interesse und ein klein wenig Verwunderung zur Kenntnis genommen, dass die Kommunalen Spitzenverbände dies kritisch gesehen haben. Deswegen ist es als Option enthalten.Wenn man aber die Entwicklung des europäischen Rechts im Sparkassenwesen, beispielsweise in Österreich oder in Italien, beobachtet, kann man feststellen, dass dies ein Modell sein wird, über das in Zukunft durchaus diskutiert werden wird.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch etwas sagen, was ein Detail betrifft. Aber vielleicht handelt es sich dabei um ein ganz wichtiges Detail. Dabei geht es um die Frage, wie Trägerkapital bzw.Trägeranteile gebildet werden können. Wir hatten zunächst vorgesehen, dass das durch Einlagen oder durch Umwandlung der Rücklagen erfolgen soll. Diejenigen Sparkassen, die bereits Stammkapital gebildet haben, sollen diese durch Beschluss des Verwaltungsrates in Trägeranteile umwandeln können.

Durch eine Änderung werden wir jetzt sicherstellen, dass Trägerkapital durch Einlagen, Rücklagen und auch aus dem laufenden Gewinn gebildet werden kann. Ich sage das, weil das etwas ist, was in den kommunalen Satzungen eine besondere Rolle spielen wird. Es wird also von der Situation der jeweiligen Sparkasse abhängen, auf welche Art und Weise öffentlich-rechtliche Trägeranteile gebildet werden können.

Lassen Sie mich zusammenfassen. Ich glaube, dass die Maßnahmen, die durch das Vorhaben angeboten werden sollen, eine ganze Palette an Möglichkeiten bieten. Damit wird man den unterschiedlichen Situationen, in denen sich die öffentlich-rechtlichen Sparkassen in unserem Land Hessen befinden, gerecht. Die Situation der Sparkasse im Werra-Meißner-Kreis ist nun einmal eine völlig andere als die der Sparkassen im Rhein-Main-Gebiet. Der Gesetzentwurf, wie er aufgrund des Änderungsantrages der Fraktionen der CDU, der GRÜNEN und der FDP in zweiter Lesung beraten wird, wird bei Annahme Möglichkeiten bieten, eine individuell auf die Situation der einzelnen Sparkasse zugeschnittene Kooperationsmöglichkeit zu schaffen, nämlich über die Bildung von Träger

kapital, über die Holding oder über die Stiftung. Ich glaube, mit diesem Gesetzentwurf wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass sich die hessischen Sparkassen im positiven Sinne entwickeln können.

Ich habe das bereits an anderer Stelle gesagt. Ich will das auch hier der Vollständigkeit wegen zu Protokoll geben. Wir haben in der Vergangenheit natürlich immer wieder andere Vorstellungen zur Frage der Eigenkapitalbildung der Sparkassen artikuliert.Wenn die FDP-Fraktion in diesem Zusammenhang nicht darauf bestanden hat, die Frage zu diskutieren, ob sich Private auch über stille Einlagen an Sparkassen hinaus beteiligen können sollen, dann geschah das deswegen, weil es uns wichtiger war, eine Lösung zu finden, die im Lande Hessen im Moment keine neuen Kontroversen auslöst. Vielmehr soll parteiübergreifend eine Grundlage geschaffen werden, die Entwicklung der Sparkassen im positiven Sinne zu beeinflussen bzw. die entsprechenden Rechtsgrundlagen zu schaffen.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Michael Bod- denberg (CDU))

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Vielen herzlichen Dank für den Hinweis. – Ich fasse zusammen. Mit diesem Gesetzentwurf sind die Voraussetzungen dafür gegeben, eine positive Entwicklung der dritten Säule des Bankensystems in Deutschland und insbesondere in Hessen zu schaffen. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Abg. Posch, vielen Dank. – Für die Fraktion der GRÜNEN erhält nun Frau Hölldobler-Heumüller das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute einen Gesetzentwurf, der im Grunde genommen seit dem Jahre 2003 immer wieder in der Diskussion war. Es betrifft das Thema Sparkassen.