Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Sorge hat eben schon aus der „FAZ“ zitiert. Ich glaube, wir sollten uns alle miteinander, gerade die SPDFraktion, sehr bewusst sein, dass heute von dieser Stelle aus sehr schnell etwas zerstört werden könnte, was sich in einer sehr mühevollen Kleinarbeit in den letzten Monaten in der Rhein-Main-Region entwickelt hat.
Deswegen halte ich den Antrag, den die SPD hier eingebracht hat, also den ersten Antrag, für falsch und gefährlich, Herr Kollege Grumbach.
Wir als FDP-Fraktion haben uns von Anfang an dagegen gewandt, dass die CDU und die CDU-Landesregierung mit dem Zwangszweckverband gedroht haben.Wir haben gesagt,gerade Kultur muss auf Freiwilligkeit basieren.Wir haben aber genauso klar festgestellt, dass wir gerade im Rhein-Main-Gebiet Nachholbedarf haben, was die Vernetzung von Kulturarbeit und auch was die Sichtbarkeit all dessen, was die Rhein-Main-Region mit ihren vielen Kultureinrichtungen und künstlerisch Schaffenden Tag für Tag auf die Beine stellt, betrifft.
Jetzt muss man fairerweise sagen – Herr Kollege Grumbach, da waren auch Kollegen Ihrer Fraktion beteiligt –, dass der Prozess der Kulturmediation, der aufgrund des Engagement der Mediatoren vonstatten gegangen ist, zwar mühsam, aber es im Endeffekt geschafft hat, das erste Mal auf dem Feld der Kulturarbeit Gemeinsamkeiten zu finden und Strukturen zu verbessern. Auf Neudeutsch würde man heute sagen:ein Commitment auf den Tisch zu legen, wer was in dieser Region bereit ist auszugeben dafür, dass es mehr Kultur im Rhein-Main-Gebiet gibt und dass es auch mehr Sichtbarkeit von Kultur im RheinMain-Gebiet gibt.
Da reden wir doch über ganz andere Summen als die Summen, die bisher in der Kulturregion Frankfurt-RheinMain gGmbH jemals generiert worden sind. Wir haben also zum ersten Mal einen wirklich größeren Batzen Geld für Kulturzwecke zur Verfügung, den die Akteure in der Region gemeinsam auf den Tisch gelegt haben. Dies geschah in einer Aktion, bei der das Land ganz klar gesagt hat,in dem Maße,wie sich die Region engagiert,engagiert sich auch das Land.
Genau diesen Kompromiss stellen Sie jetzt mit Ihrem Antrag, das betrifft dann auch den Dringlichkeiten Antrag, wieder infrage. Wenn man Ihrem Antrag folgen würde, würden auch in Zukunft seitens der Region nur die 10 Cent erhoben. Sie selbst wissen, dass die Kulturregion Frankfurt-Rhein-Main gGmbH von ihrer Verfasstheit her so kleinteilig ist und auch nur so wenige Akteure der Region umfasst, dass es dort seit Monaten, wenn nicht seit Jahren eine Diskussion darüber gibt, von nur 10 Cent pro Einwohner auf 20 Cent zu erhöhen, und es keinerlei Aussicht darauf gibt, dass es jemals zu so einer Beschlussfassung kommt.
Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass, wenn man dem Modell der SPD, das hier auf dem Tisch liegt, folgt, die 2,50 c aus der Region – gezahlt für die 1,25 Millionen Einwohner der Kreise und Städte, die sich an der Gesellschaft Kulturfonds beteiligt haben – vom Tisch sind. Wir als Land sollten darüber diskutieren, ob wir dann unsere 2,50 c noch mit auf den Tisch legen, weil die Absprache – da war man sich in der Mediation schnell einig – lautete: Wir unterstützen etwas, was aus der Region heraus entsteht. Ansonsten können wir als Landtag, als Haushaltsgesetzgeber, sehr gut entscheiden, in welche Projekte wir dieses Geld, diese 2,50 c, investieren.
So ärgerlich ich es auch in den letzten Monaten, als in der Mediation Beteiligte, gefunden habe, wie dilettantisch diese Geschäftsführersuche vonstatten ging – Herr Kollege Grumbach –, so sehr ärgere ich mich jetzt darüber, dass ausgerechnet in dem Moment, wenn mit der Bestellung von Herrn Beck dieser Prozess an Fahrt gewinnen könnte, wenn die ersten sichtbaren und erlebbaren Projekte in der Region installiert werden könnten, die SPD auf die Bremse tritt.
Herr Grumbach, man hat das Gefühl, dass es nicht geschieht, wie Sie es hier vorgetragen haben, sondern dass Sie, wenn es für die Bürgerinnen und Bürger erlebbar wird und erfolgreich sein könnte, genau das der CDU nicht gönnen und es verhindern wollen.
Ich sage es Ihnen ganz deutlich: Es ist wieder eine sehr zentralistische Manier, wie Sie in diesen Prozess eingreifen wollen.
Es gibt Gesellschafter dieser GmbH, die sich in einer Satzung zu bestimmten Leistungen verpflichtet haben. Jetzt wollen Sie diesen Gesellschaftern aus der Region verbieten, diese Leistungen zu erbringen, denen sie laut GmbHVertrag zugestimmt haben.Herr Kollege Grumbach,es ist
eine Entscheidung dieser Gesellschafter, wenn sie sagen, dass sie genau dieses Geld auf den Tisch gelegt haben. Wenn Sie jetzt sagen, dass wir als einer von fünf Gesellschaftern jetzt signalisieren sollen: „Wir denken noch einmal darüber nach, ob wir überhaupt mitmachen“, werden Sie diesen Prozess nicht befördern, sondern zum Absterben bringen. Dann ist die Gemeinsamkeit, die in den letzten Monaten das erste Mal für kulturelle Zusammenarbeit erreicht worden war, tot. Das sollten Sie sich vor Augen führen.
Ich komme zum Schluss. – Wir als FDP-Fraktion wünschen uns, dass der Ball jetzt im Spielfeld der Region liegen bleibt, und zwar bei den Gebietskörperschaften, die freiwillig gesagt haben, sie machen in der Kulturfonds GmbH mit. Die Gelder sind in den Haushalten eingestellt.Es ist eine Fachkraft gefunden worden,die bereit ist, konkrete Projekte mit den Mitgliedern des Kulturausschusses auszudeuten und umzusetzen. Man muss sie aber an dieser Stelle auch machen lassen, wenn man will, dass dort etwas entsteht. Herr Kollege Grumbach, jeder, der heute zentralistisch in diesen Prozess eingreifen will,
sollte sich bewusst sein, dass, wenn er diesen Prozess jetzt stoppt, diese gemeinsame Chance auf sehr lange Zeit verspielt sein wird.Dann wird der große Wurf sicherlich nicht zu erreichen sein. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist der Zeitung heute zu entnehmen, und die Nachricht geisterte ja schon eine Weile durch den Raum, dass Prof.Herbert Beck bereit ist,sich als Geschäftsführer für die Kulturregion Frankfurt/Rhein-Main einzusetzen. Ich glaube – Frau Sorge, Sie haben das Zitat des Ministerpräsidenten schon benutzt –, es ist in der Tat ein Leuchtturm für die Kultur in der Rhein-Main-Region gefunden worden.
Wenn man Herrn Prof. Beck ein wenig kennt und seine Aktivitäten in Frankfurt mit Visionen für das RheinMain-Gebiet schon in den letzten Jahren beobachtet hat, dann kann man nur von Glück reden,dass es uns und auch den beteiligten Kommunen gelungen ist, eine solche Persönlichkeit zu finden und sie dafür zu interessieren. Es ist umgekehrt auch ein Glück, eine Bewertung für die Kulturregion Rhein-Main und eine Zukunftschance für die Konzeption, denn Prof. Beck setzt sich auf kein Pferd ohne Entwicklungspotenzial.
Ich glaube, dass man sehr deutlich sagen muss, dass dieser Neuruheständler in seiner alten Funktion nur etwas machen wird, was er in dieser neuen Perspektive für Frankfurt und die Rhein-Main-Region in einer gemeinsamen Vision als reizvoll und lohnend bezeichnen würde. In dieser Richtung würde ich Frau Kollegin Beer sehr unterstützen, nämlich in der Warnung vor einem Abbruch dieser Vision. Die Entwicklung hat sich zugegebenermaßen nicht im Schnelltempo vollzogen. Natürlich hat es eine Zeit gebraucht, bis ein Geschäftsführer gefunden worden ist. Natürlich hat es Zeit gebraucht, bis Partner sich entschlossen haben, bei diesem Projekt überhaupt mitzumachen.
Aber in dieser Situation, wo erste inhaltliche Projekte gelaufen sind und perspektivisch aufgegriffen werden, zu sagen, wir sollten das alles stoppen, und der Persönlichkeit, die gefunden worden ist, ein Stoppschild vor die Nase zu setzen, das wäre das Unglücklichste, was wir am heutigen Tage beschließen könnten.
Meine Damen und Herren, es war eine richtige Entscheidung, dass außerhalb des engen Begriffs des Ballungsraums die Stadt Darmstadt, die bekanntlich nicht CDUregiert ist, sich entschlossen hat, bei dem Prozess mitzumachen und übrigens auch bei den Vorbereitungen dieser Benennung involviert ist. Dies ist auch einstimmig in der Stadtverordnetenversammlung beschlossen worden, zu Recht. Das zeigt, dass das Ende 2006 ein erster Schritt dahin war, dass sich auch andere Kommunen auf den Weg begeben können.Wir sollten die Perspektive befürworten und beflügeln und nicht stoppen, dass auch andere Kommunen aus dem Umfeld sich in diesen Prozess einklinken.
Es ist im Rahmen der Kulturmediation ein Finanzierungsmodell entwickelt worden, das Frau Beer mit allen Eventualitäten skizziert hat, die daraus entstehen könnten. Es nimmt aber auch ganz bewusst eine Region in den Blick. Es sagt: Wir wissen, dass die Metropole Frankfurt da ist, aber sie hat ein dezentrales Umfeld, das mit in den Blick genommen wird und integriert betrachtet werden muss.
Es ist sehr deutlich die Entscheidung getroffen worden, dass es nicht darum geht, eine Grundfinanzierung für schon bestehende kulturelle Angebote zu vollziehen. Es ist ganz bewusst eine Schwerpunktsetzung beschlossen worden, nach der man auch kein Gießkannenprinzip will, bei dem man überall ein bisschen hingibt. Stattdessen wollte man ganz bewusst leuchtende Beispiele setzen, die überregional wahrgenommen werden, die nach Möglichkeit auch international wahrgenommen werden können mit den Schwerpunktthemen, die wir setzen. Jeder Bereich, ob groß oder klein, kann sich entsprechend einbringen, und alle haben jeweils ihren Nutzen daraus.
Wenn ich die verschiedenen Aspekte sehe, die bisher erarbeitet worden sind, dann nehme ich wahr, dass Prioritäten gesetzt werden, dass Schwerpunkte gesetzt werden. Ich nehme auch wahr, dass es um die Erkennbarkeit der Region geht, und zwar in einer gemeinsamen Anstrengung. Dass diese Region nun kulturell ein Gesicht zurückbekommen hat, und zwar in neuer Funktion, dazu wünsche ich mir, dass der Landtag heute ein glückliches Gesicht macht und nicht durch Beschlüsse die Chance,die sich daraus für die Zukunft entwickelt, stoppt. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Wolff, es sieht eher so aus, als sollte jetzt durch eine Kurzschlussreaktion irgendetwas in die Welt gesetzt werden. Denn ich weiß, dass in vielen Regionen im Rhein-MainGebiet die Entscheidung, sich daran zu beteiligen, noch nicht gefällt ist. Es gibt eine heiße Debatte um diese Frage, und natürlich muss man dem Rechnung tragen, dass es möglicherweise andere Ansätze gibt, was die Kulturarbeit in dieser Region betrifft. Das betrifft beispielsweise die Frage: Braucht man Events und Spaßveranstaltungen, die irgendwie ausstrahlen und in großen Stadien stattfinden, oder muss man eine andere Kulturpolitik befördern, die mehr auf Beteiligung der Menschen vor Ort setzt?
Von daher schließen wir als LINKE uns dem Vorhaben an, darüber gründlich nachzudenken und eine Entwicklung in der Region zu befördern, die wirklich verankerte Kultur bedeutet und nicht spontane Großereignisse fördert. Dies wollen wir genüsslich und demokratisch entwickeln. Wir wollen inhaltlich darüber diskutieren, wie die Kulturarbeit im Ballungszentrum Rhein-Main aussehen kann, und jetzt keine Schnellschüsse machen, die von oben organisatorisch und damit sozusagen geschäftsführerisch einen Prozess einleiten, über den wir gar nicht diskutiert haben.
Silke Lautenschläger, Sozialministerin, zugleich mit der Leitung des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst beauftragt:
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass die Kulturfinanzierung gerade im Rhein-Main-Gebiet sehr unterschiedlich verteilt ist, darüber haben wir hier im Landtag schon häufig diskutiert. Genau aus dieser Situation heraus hat sich die Landesregierung damals dazu entschlossen, eine Dringlichkeitserklärung abzugeben und einen Pflichtverband anzudrohen. Ich bin heute durchaus froh, dass sich diese Dringlichkeitserklärung und damit auch der Pflichtverband durch die Diskussion und das Handeln in der Region erledigt haben.
Das war kein einfacher Prozess in der Region. Das wissen all diejenigen, die dort beteiligt waren, umso besser, wie schwierig dieses Zusammenfinden war. Aber das Schwierige dabei, das wir heute nicht aus den Augen verlieren sollten, ist, dass wir insgesamt bei allen unterschiedlichen Befindlichkeiten in einer so großen Region wie dem Rhein-Main-Gebiet mit unterschiedlichen Metropolen, wo es wirklich darum geht, Kultur weiterzuentwickeln, eine gemeinsame Strategie für Kultur brauchen und ein gemeinsames Konzept, das über den Tag hinaus weiterträgt und an dem sich alle beteiligen.
Herr Kollege Grumbach, ich teile durchaus: Kultur ist ein harter Standortfaktor. Es geht darum, diese Region dauerhaft gut zu positionieren, nämlich nicht nur gegenüber den Wettbewerbern in Deutschland, sondern gegenüber den Wettbewerbern in Europa.Dazu braucht es eine klare Strategie, und das wird nur funktionieren, wenn wir eine Zusammenarbeit in der Region haben und diese Region über den Kulturfonds eigene Entscheidungen trifft.
Herr Kollege Grumbach, ich bin ein bisschen überrascht, wenn Sie sagen, es würde hier voreilig etwas entschieden.