Protokoll der Sitzung vom 24.04.2008

(Nicola Beer (FDP): Es geht mir viel zu langsam!)

Wir haben einen langwierigen Prozess hinter uns mit der Mediation – Frau Kollegin Beer hat es angesprochen –, in der sich viele zusammengerauft haben. Im Übrigen lief das nicht als Gegensatz unter dem Gesichtspunkt Kulturregion gegen Kulturfonds. Das hat es genau nicht gegeben. Diejenigen, die an der Spitze der Kulturregion stehen, haben sich intensiv beteiligt, um das Thema Kulturfonds auf den Weg zu bringen und sich gemeinsam zu verständigen.

Die Gesellschafter der Gesellschafterversammlung, die gerade gegründet wird – der Hochtaunuskreis, der MainTaunus-Kreis, die Stadt Frankfurt, aber auch die Stadt Darmstadt –, haben sich nicht auf Beschluss des Landtags zusammengefunden, sondern mit eigenen Beschlüssen daran gearbeitet, endlich eine gemeinsame Strategie zu bekommen, zusammenzugehen und auch bereit zu sein, den eigenen finanziellen Beitrag zu bringen, zu dem der Landesgesetzgeber gesagt hat: Mit unserem Haushalt wollen wir das gegenfinanzieren,damit in der Region endlich Leuchttürme entstehen, damit in dieser Region gemeinsam abgestimmte Konzepte entstehen und das Mediationsverfahren, das vorausgegangen ist, nicht umsonst gewesen ist.

Ich bitte herzlich alle Fraktionen dieses Hauses,die Städte und Kommunen,die sich an der Mediation beteiligt haben und die das Ergebnis gefunden haben, ernst zu nehmen und sie weiterarbeiten zu lassen und nicht weitere Zeit ins Land ziehen zu lassen. Denn jetzt haben wir die Möglichkeit,dass erstmals Geld gemeinsam zur Verfügung gestellt wird, immerhin 7,2 Millionen c, die für die Realisierung bereitstünden. Ich bin überzeugt, wenn die Diskussion weitergeht und die ersten Leuchttürme entwickelt sind, werden sich schnell im Rhein-Main-Gebiet weitere Partner für die Gesellschaft finden lassen, da man dann erkennt, welchen Wert die gemeinsame Strategie hat.

Mit Prof. Beck ist jemand gefunden worden, dem es gelingen kann, dieses nicht ganz einfach zusammengefundene Gebilde nicht nur zusammenzuhalten, sondern die Strategie dauerhaft zu entwickeln, damit es nicht ein einfaches Feuer bleibt, sondern auf Dauer von allen Beteiligten getragen wird.

Deshalb wäre es der falsche Schritt, wenn wir heute sagen würden, wir entscheiden über die Köpfe der beteiligten Städte und Kreise hinweg, wenn dort endlich damit angefangen wird, tatsächlich für die Kulturregion zu planen, die Mediation abgeschlossen ist, die Frage der Gesellschafter zunächst einmal unter Dach und Fach ist,die Kulturregion endlich etwas davon hat und harte Standortfaktoren umgesetzt werden können.

Ich bitte Sie,das tatsächlich ernst zu nehmen,denn der angebliche Gegensatz, der im Antrag der SPD-Fraktion zwischen der Kulturregion, der Kultur gGmbH und der Gesellschaft aufzumachen versucht wird, besteht eben nicht.

Man hat sich dort im Vorfeld abgestimmt und versucht, die Region voranzubringen. Frau Kollegin Sorge, auch Sie haben es angesprochen: Den Beitrag von 10 Cent auf 20 Cent zu erhöhen wäre in dem Prozess, über den viele, viele Jahre ins Land gehen könnten, falsch. Meines Wissens hat auch die Stadt Frankfurt sehr deutlich gemacht, dass die Mittel, die sie zur Verfügung stellen will, gerade nicht für das andere gedacht sind, sondern für die Struktur, die gemeinsam gefunden wurde, um Zukunftsprojekte für die Region aufzubauen. Daher möchte ich Sie ganz herzlich bitten – –

Frau Ministerin, ich darf Sie daran erinnern: Die Redezeit der Fraktionen ist abgelaufen.

Silke Lautenschläger, Sozialministerin, zugleich mit der Leitung des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst beauftragt:

Vielen Dank. Ich komme zum Schluss. – Darum möchte ich Sie ganz herzlich bitten:Wir sollten nun nicht über die Köpfe der Region hinweg entscheiden. Die Region hat ein Konzept auf den Weg gebracht. Sie hat einen der kompetentesten Köpfe dafür gefunden, um die Kulturstrategie gemeinsam weiterzuentwickeln. Da darf kein neues Stoppschild aufgestellt werden. Es muss jetzt vorwärtsgehen, und wir dürfen uns gerade nicht über die Entscheidungen in der Region und die Gesellschafter hinwegsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Das Wort zu Beginn der zweiten Runde erhält Herr Schäfer-Gümbel für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil uns die Kollegin Beer Zentralismus vorgeworfen hat.

(Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Liebe Kollegin Nicola Beer, das ist an dieser Stelle nun wirklich der absurdeste Vorwurf an die SPD, weil die Einzigen, die mit der Dringlichkeitserklärung und deren anschließender Durchsetzung für eine zentralistische Lösung gesorgt haben, hier auf der Regierungsbank sitzen.

(Widerspruch des Ministers Volker Bouffier)

Herr Bouffier,es ist so.Sie haben von oben herab gesagt, wie es zu funktionieren hat.

Wenn Sie behaupten, es werde über die Köpfe in der Region hinweg entschieden, wie das eben auch Frau Lautenschläger ausgeführt hat, dann ist das eine Verkehrung der tatsächlichen Verhältnisse. Sie wissen, dass das Fondsmodell die Region gespalten und eben nicht zusammengeführt hat. Am Fonds beteiligen sich der Main-TaunusKreis, der Hochtaunuskreis, die Stadt Frankfurt und jetzt interessanterweise auch die Stadt Darmstadt. Wie beteiligt sich denn die Stadt Darmstadt? Wenn ich den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung richtig ver

standen habe, lautet der: Es gibt dafür keine kommunalen Mittel, sondern der Beitrag zum Fonds soll ausschließlich aus Sponsorenmitteln erwirtschaftet werden. – Hanau, Offenbach oder auch der Landkreis Offenbach beteiligen sich an diesem Fonds beispielsweise derzeit nicht.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Sehr spannend dabei ist, Herr Milde, dass der Antrag, der von der CDU- und der SPD-Kreistagsfraktion gemeinsam beschlossen wurde, ausdrücklich eine massive Anhebung der Mittel für die Kultur gGmbH, nämlich von 10 auf 50 Cent, in Aussicht stellt und außerdem festhält

(Zuruf der Ministerin Silke Lautenschläger)

ich komme gleich dazu, Frau Lautenschläger, Sie hätten Ihren Zwischenruf vielleicht ein bisschen zurückstellen sollen –, dass der zusätzliche Beitrag auf 2 c pro Einwohner angehoben wird, wenn die inhaltlichen Kriterien für eine Kooperation, die Zusammenführung des Fonds und des aus der kommunalen Welt gewachsenen Ansatzes der Kultur gGmbH, erfüllt sind. So lautet der Beschluss des Landkreises Offenbach, der von einer großen Koalition geführt wird. Herr Honka, sind Sie Mitglied des Kreistages? – Leider nein.Aber Herr Lortz ist Mitglied des Kreisausschusses. Das heißt, in der CDU-Fraktion ist zumindest bekannt, dass es auch andere Vorschläge zur Frage des Umgangs gibt.

Deshalb ist der Vorwurf, das sei über die Köpfe hinweg entschieden worden, falsch. Im Gegenteil, das, was Sie hier betreiben, bedeutet die Spaltung der Kulturregion. Frau Harting hat es Ihnen heute sehr deutlich ins Stammbuch geschrieben: Sie haben dieses Thema ein Dreivierteljahr lethargisch vor sich hergeschoben,haben nicht entschieden und sind jetzt im Lichte einer parlamentarischen Initiative zu dem Ergebnis gekommen, dass Sie das innerhalb von vier Tagen durchziehen müssen. Ich sage ausdrücklich, dass damit überhaupt keine kritische Bemerkung in Richtung von Herrn Beck gemacht wird. Herr Beck ist eine hoch anerkannte Persönlichkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Er ist sicherlich ein absoluter Gewinn für die Kulturregion Frankfurt/Rhein-Main. Das ist aber an seine Tätigkeit im Kulturfonds gebunden.

Lassen Sie mich zum Schluss folgende Bemerkung machen. Ich zucke zunehmend zusammen, wenn hier immer von „Leuchttürmen“ gesprochen wird. Sprachbilder sind häufig sehr verräterisch. Mit Verlaub, ein Leuchtturm ist eine Warnboje; er hat eine Gefahrenabwehrfunktion. Deshalb hoffe ich, dass Ihre Leuchttürme nicht zu Windlichtern werden. Der Kulturregion tun Sie jedenfalls keinen Gefallen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Schäfer-Gümbel. – Das Wort erhält Frau Kollegin Beer für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Herr Kollege Schäfer-Gümbel, ich erhalte den Vorwurf aufrecht, dass die SPD-Fraktion hier

zentralistisch agiert, und zwar genauso zentralistisch, wie es damals die CDU-Fraktion getan hat,als sie mit der Einrichtung eines Zwangsverbandes drohte, was Sie ihr zu Recht vorgeworfen haben.

(Beifall bei der FDP – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Begründen Sie das doch einmal!)

Das hat genau dieselbe Qualität.Auch wenn Sie hier Ausführungen darüber machen, wie Sie einen Beschluss der Darmstädter Stadtverordnetenversammlung interpretieren: Die Stadt Darmstadt hat sich gemäß der Satzung der Kulturfonds GmbH verpflichtet, bis eine Woche vor Ablauf des zweiten Quartals dieses Jahres ihren Beitrag in Höhe von 2,50 c pro Einwohner an die Kulturfonds GmbH zu überweisen. Wo die Stadt das Geld hernimmt, ist ihre Sache, aber sie ist eine Verpflichtung eingegangen, und zwar ohne dass irgendein Damoklesschwert in Form einer Dringlichkeitserklärung über ihr gehangen hätte, sondern einfach deswegen, weil sie davon überzeugt ist, dass man aus der Kulturregion Rhein-Main gemeinsam etwas machen kann, und weil sie glaubt, davon profitieren zu können.

Herr Kollege van Ooyen, die Kulturfonds GmbH repräsentiert derzeit ungefähr 1,25 Millionen Einwohner der Region. Sie kann mit ihrer Arbeit beginnen. Man muss nicht warten, bis die anderen Regionen des Rhein-MainGebietes dazustoßen. Ich glaube aber, dass man durch das Sichtbarmachen von Projekten genau dies erreichen kann, denn das Manko in den vergangenen Monaten war doch – das wurde in den Diskussionen vor Ort, in den Kommunen und den Kreistagen, deutlich –, dass bislang nicht greifbar war, was mit dem Geld, das jetzt zusammengetragen wird, geschehen soll. Der Garant dafür, dass das jetzt greifbar wird,dass das jetzt erlebbar wird,ist doch gerade Herr Beck als Geschäftsführer des Kulturfonds. Ich teile die Aussagen von Herrn Gall, von Herrn Krebs und von anderen aus der Region, die wir heute in der „FAZ“ lesen konnten:Wenn das erst einmal gestartet worden ist, dann werden die anderen schon noch dazustoßen, weil sie sehen, was das letztendlich für Vorteile hat.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Diese Chance müssen wir ihnen geben. Herr Kollege Schäfer-Gümbel, auch wir Landtagsabgeordneten haben uns über die Fraktionsgrenzen hinweg dafür ausgesprochen. In der Mediationsrunde war nicht einer, der in der abschließenden Sitzung auf die Frage der Mediatoren, ob wir das jetzt so machen, Nein gesagt hat – auch die Kollegin der SPD-Fraktion nicht.Wir haben uns untereinander darauf verständigt, dass wir bereit sind, von Landesseite zusätzliches Geld in die Region zu geben – round about 4 Millionen c allein im ersten Jahr –, damit in gemeinsamer Arbeit etwas entstehen kann. Herr van Ooyen, es geht dabei nicht um irgendeine „fehlgesteuerte Eventkultur“, wie Sie das eben hier darzustellen versucht haben, sondern um einen Mehrwert an kultureller Zusammenarbeit, die wir hier installieren wollen.

Wir haben gestern über die IBA gesprochen. In der Mediationsrunde ist über die Juvenale – ein Vorschlag von Hilmar Hoffmann – und über andere Projekte gesprochen worden, die auf Langfristigkeit angelegt sind und Vernetzungen zwischen den Schulen, den Kindertagesstätten und den kulturellen Einrichtungen herstellen wollen,aber auch das, was jetzt schon in der Region kulturell passiert, sichtbarer machen möchten.

Noch einmal: Herr Schäfer-Gümbel, das können Sie nicht mit den 10 Cent pro Einwohner leisten, die Sie aus den paar Kommunen erhalten, die sich in der Kulturregion Frankfurt-Rhein-Main zusammengefunden haben.

Deswegen brauchen wir ein Gremium, das sowohl von seiner Verfasstheit als auch von der Person, die an der Spitze steht, her in der Lage ist, genau diese Projekte durchzusetzen. Ich halte es für falsch, das, nachdem sich nun endlich etwas bewegt, genau an dieser Stelle zu stoppen.

Noch einmal: Ich glaube, sobald die Projekte sichtbar und erlebbar werden, werden auch die letzten Zweifler verstummen und dazustoßen. Irgendwann werden alle Einwohner des Rhein-Main-Gebiets in der Kulturfonds GmbH repräsentiert sein.

Wenn wir mittelfristig das erreichen, was die FDP gern von Anfang an erreicht hätte, nämlich dass wir diese beiden GmbHs zu einer Stiftung für Kultur im Rhein-MainGebiet zusammenführen, sind wir am Ziel angekommen. Dann haben wir für dieses Gebiet nach innen und nach außen viel bewirkt. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Für die CDU-Fraktion erhält Herr Kollege Wintermeyer das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als Mitglied der Kulturmediation möchte ich sagen – ich durfte für meine Fraktion daran teilnehmen –, dass wir dort mit den Kommunalen, mit den Vertretern verschiedener Parteilager auf Landesebene und auch mit Vertretern der Wirtschaft wirklich gerungen haben. Ich glaube, wir haben einen guten Kompromiss gefunden: die Kulturregion Frankfurt/Rhein-Main.

Wir könnten schon viel weiter sein. Ich gebe jedem, wirklich jedem recht, der das hier kritisiert.

(Beifall bei der CDU)

Nur, Herr Schäfer-Gümbel, gerade die Mitglieder der SPD sollten sich in dieser Sache an die eigene Nase fassen. In allen Kommunen, in denen die SPD an der Regierung beteiligt ist – außer in Darmstadt –, hat sie gebremst.

(Abg.Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) hält ein Papier hoch.)

Herr Schäfer-Gümbel, sie hat deswegen gebremst,weil sie die Kulturregion Frankfurt/Rhein-Main so nicht will, da sie auf dem Ballungsraumgesetz fußt, das Sie nie wollten. Sie wissen selbst sehr genau, dass das Ballungsraumgesetz eine Reaktion auf Ihre Forderung nach der Schaffung eines zentralistischen Regionalkreises Rhein-Main ist. Deswegen haben Sie das Ballungsraumgesetz immer abgelehnt.

(Zurufe von der SPD)