Die Einbindung von Gerichten bei der Ermittlung von Straftaten, um die es im Jugendrechtshaus geht, wäre aus unserer Sicht eher kontraproduktiv, weil sich jeder Strafrichter, der sich über die Verfahrensordnung hinaus in ein Ermittlungsverfahren einbinden lässt, für jedes nachfolgende Strafverfahren befangen machen würde. Darüber sollte man noch einmal gründlich nachdenken.
Meine Damen und Herren, man kann eine im Kern gute Sache – auch wir glauben, dass dies ein sinnvoller Ansatz ist – gegen die Wand fahren, wenn sie schlecht oder überstürzt umgesetzt wird.Es hätte allen Anlass gegeben, über den Bericht des Justizministers, den wir haben, und über seine Vorstellungen zunächst einmal im Rechtsausschuss zu beraten.
Übrigens ist uns eine Evaluierung der Einrichtung in Ludwigshafen zwar angekündigt worden; sie liegt uns aber noch nicht vor.Auch daher hätte es allen Anlass gegeben, noch ein wenig zu warten. Die Evaluierung ist für das Frühjahr dieses Jahres angekündigt worden. Sie müsste also irgendwann in den nächsten Tagen kommen. Sie liegt uns noch nicht vor. Ich weiß nicht, ob die rechte Seite des Hauses auch an der Stelle mehr Informationen hat als wir. Das kann natürlich sein.
Inzwischen wissen wir vor allem auch – das konnten wir gestern der Presse entnehmen –, dass die Pläne des Justizministers auf Kritik stoßen. Die vorgesehene Einbindung der Jugendhilfe, ohne die ein Haus des Jugendrechts wahrscheinlich schwer zu realisieren wäre, wird von der zuständigen Frankfurter Dezernentin, Frau Birkenfeld, die übrigens der gleichen Partei wie der Justizminister angehört, erheblich kritisiert. In der Presse war von einem Schnellschuss die Rede, den man nicht mittragen wolle. Herr Minister Banzer, Sie hätten besser daran getan, Ihre Parteikollegin in Frankfurt rechtzeitig zu informieren, statt einzelne Fraktionen des Hauses zu einem Schnellschuss zu motivieren, der vielleicht eher kontraproduktiv ist.
Es geht in der Sache um eine wichtige Frage, nämlich ob die Vermischung der Zuständigkeiten von Strafverfolgung und Jugendhilfe, aber auch von Strafverfolgung und Bewährungshilfe sinnvoll ist oder zu Akzeptanzproblemen bei den Jugendlichen führt.
Ich denke, wir sollten uns im Ausschuss sehr sorgfältig darüber unterhalten,wie eine vernünftige Sache auch vernünftig gemacht werden kann, bevor durch eine übereilte und fehlerhafte Umsetzung mehr Schaden angerichtet wird, als dass Vorteile geschaffen werden.Wir sind jedenfalls zu einer produktiven Diskussion im Ausschuss bereit. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will für die FDP-Fraktion zunächst einmal positiv feststellen, dass es offensichtlich in diesem Landtag und über alle Parteigrenzen hinweg wieder gelingt, sich der Fragestellung der Bekämpfung, aber vor allem der Verhinderung und Vermeidung von Jugendkriminalität sachbezogen und zielorientiert in einer der Bedeutung des Themas angemessenen Art und Weise zu nähern und sich damit auseinanderzusetzen;
denn es ist in der Tat so – Kollege Dr. Jürgens und Kollegin Faeser haben darauf hingewiesen –, dass das in den vergangenen Monaten nicht immer der Fall war. Wir haben das als FDP-Fraktion durchaus sehr bedauert, weil es wichtig ist. Die Problematik Jugendkriminalität bekämpft man nicht mit dumpfen Sprüchen und platten Parolen, sondern mit modernen Konzepten, die sich nicht nur an den Symptomen, sondern vor allen Dingen an der Ursache und den Wirkungen orientieren.
Deswegen ist es gut, dass offensichtlich jetzt wieder, von Nuancen abgesehen, alle Parteien in diesem Haus auf den Konsens zurückkommen, den man in der letzten Legislaturperiode schon einmal gefunden hatte, als man sich einstimmig diesen modernen Projekten genähert hat.
Ich glaube, wir gehen alle einig, dass wir uns im Bereich von Jugendkriminalität immer in einem schwierigen Spannungsverhältnis zwischen Repression auf der einen Seite und Prävention auf der anderen Seite bewegen. Es ist auch für uns als Liberale selbstverständlich,dass immer dann, wenn Straftäter – auch jugendliche Straftäter – die Grenzen eines geordneten Zusammenlebens und die Spielregeln unserer Gesellschaft nachhaltig verletzen, ihnen das im Wege eines geordneten Strafverfahrens und durch repressive Maßnahmen deutlich vor Augen geführt werden muss.
Allerdings – da bin ich voll bei Ihnen, Frau Kollegin Faeser – muss das zu einem Zeitpunkt geschehen, zu dem der Jugendliche überhaupt noch in der Lage ist, die Strafe, die ihm auferlegt wird, mit dem begangenen Unrecht so in Verbindung zu bringen, dass daraus auch eine Konse
Aber wesentlicher erscheint mir doch – darauf habe ich selbst im Wahlkampf immer deutlich hingewiesen –, dass wir uns damit auseinandersetzen, wie es überhaupt zu Jugendkriminalität kommt. Jugendliche werden doch nicht deshalb straffällig, weil sie von überschäumender krimineller Energie getrieben sind, sondern es ist offensichtlich gerade eine Frustration, die entsteht, weil fehlende Perspektiven in der Schule, fehlende Perspektiven für eine Berufsausbildung, fehlende Perspektiven auf einen Einstieg in das Berufsleben und damit fehlende Perspektiven, sich als vollwertiges Mitglied dieser Gesellschaft zu fühlen, den Ausschlag geben und dann Frustrationen hervorrufen, die in der Tat zu Kriminalität und zu solchen Auswirkungen führen können.
Da müssen wir ansetzen. Da sollte eigentlich das Hauptaugenmerk unserer Handlungen liegen. Deswegen ist es gut und richtig,dass wir hier gemeinsam versuchen,uns einem neuen und modernen Konzept zu widmen, nämlich einer institutionellen und räumlichen Zusammenführung aller Akteure, die im Bereich Jugendstrafrecht und Jugendkriminalitätsbekämpfung unterwegs sind – seien es Jugendgerichtsbarkeit, Jugendbewährungshilfe, Staatsanwaltschaften, aber auch die freien Träger präventiver Maßnahmen und die Jugendsozialhilfe – diese unter einem Dach zu bündeln, in einem Haus der kurzen Wege Beratung und Interventionsmöglichkeit der Gesellschaft aus einer Hand zu bieten.
Das ist der richtige Weg, sich diesem Problem zu nähern. Die FDP ist gern bereit – sie hat das sehr deutlich gemacht, indem sie sich als antragstellende Fraktion mit in die Debatte einbringt –, einen solchen Weg zu gehen. Ich glaube, die größte Aufgabe, die jetzt noch vor uns liegt, wird sein – da sollte es keine Rolle spielen, welchen Namen wir dieser Institution geben –, diese beiden Anträge in den Ausschussberatungen inhaltlich zusammenzuführen. Ich glaube nicht, dass wir an dieser Stelle sehr weit auseinanderliegen.
Es wäre ein gutes Zeichen, wenn wir die beiden Anträge in der Ausschussberatung inhaltlich so verbinden, dass daraus am Ende ein gemeinsamer Antrag dieses ganzen Hauses wird, mit dem wir nach außen deutliche Signale senden: Wir haben erkannt, worauf es bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität ankommt, und wir werden nicht mehr in die alten Reflexe verfallen, die hoffentlich nach dem 27. Januar alle gemeinsam überwunden haben. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch die Fraktion DIE LINKE geht in der Sache selbstverständlich voll und ganz in diesen Anträgen mit. Ich hoffe wirklich, dass es nur eine Begriffsverwirrung ist, die zu unter
schiedlichen Namen der Konzepte geführt hat. Das werden wir sicherlich im Ausschuss noch einmal genauer diskutieren müssen – nicht nur die Frage, wie Einbezug von Jugendhilfe, Einbezug von Staatsanwaltschaft, die Sicherstellung von Datenschutz, und, und, und... in den jeweiligen Konzepten gegeben ist. Das werden Sie uns im Ausschuss noch einmal näher erläutern.
Vor allen Dingen wichtig ist die Frage: Geht es um Prävention, geht es um Erziehung und erst in letzter Instanz um Repression? Oder wie ist die Reihenfolge, wie ist die Prioritätensetzung? Selbstverständlich ist immer wieder die Frage, daran ist es letztes Mal gescheitert: Wie ist die finanzielle Schwerpunktsetzung dann für die einzelnen Modellprojekte, und wie kommen wir mit ihnen in die Fläche? – Das werden Fragen sein, die wir im Ausschuss und in der Anhörung sehr detailliert werden beraten müssen.
Eine letzte Bemerkung an dieser Stelle hierzu. Herr Blum, ich habe mich gerade sehr gefreut, dass Sie mit uns einig gehen, dass es selbstverständlich die beste Prävention auch in der Jugendkriminalität ist, Perspektiven zu bieten. Und dazu ist selbstverständlich – ich glaube, da sind wir uns auch einig – noch viel mehr notwendig als einzelne Modellprojekte. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Bekämpfung von Jugendkriminalität ist ein Thema, das so lange auf der Tagesordnung bleiben muss, bis wir feststellen können, dass es eben kein gesellschaftspolitisch wichtiges Thema mehr ist. Solange wir immer wieder Situationen haben, bei denen die Bevölkerung mit Unverständnis reagiert oder mit dem Gefühl,dass gewisse Räume in unserer Gesellschaft nicht angstfrei aufgesucht werden können, müssen wir uns diesem Thema widmen und nach Rezepten suchen, wie wir vorwärtskommen.
Insoweit bin ich ganz froh, dass alle Fraktionen dieses Hauses offensichtlich in das Konzept einsteigen wollen, das heute diskutiert wird. Ich finde es wichtig, dass man sehr genau hinschaut. Die Sache ist schwierig. Wir wollen eine Gesellschaft haben, die in sehr differenzierten Institutionen Aufgaben erledigt.
Bei der Bekämpfung von Jugendkriminalität sind aber diese vielen Institutionen zugleich auch irgendwo ein Problem.Wenn Sie die Karrieren von jugendlichen Kriminellen verfolgen und einmal zusammenrechnen – ob Sie es in Geld oder Zeit machen –,was an den jungen Menschen an Staatsleistung investiert wird, an Beratungsleistungen, an Fürsorge, an Versuchen, sie auf den richtigen Weg zu bringen, dann wundert man sich wirklich über die gewaltige Größe der verschiedenen Maßnahmen.
Fast jeder hat mindestens in zweistelliger Zahl Erfahrungen mit Maßnahmen der verschiedenen öffentlichen Träger und freien Träger gemacht. Deswegen halte ich es für verdienstvoll, aber auch für schwierig, diese verschiedenen Institutionen zusammenzuführen und sie zu einem gemeinsamen Vorgehen zu bringen.
Wenn wir jetzt weiteren Diskussionsbedarf mit der Stadt Frankfurt gerade über eine solche Frage haben, dann liegt das insbesondere an dem jeweils unterschiedlichen Rollenverständnis. Deswegen gehe ich zunächst einmal ganz entspannt damit um.
Jugendgerichtshelfer,das wird in dem Bericht deutlich,sehen ihre Rolle bemerkenswert anders als Jugendrichter und Staatsanwälte. Allein, dass wir darüber diskutieren und nicht sofort Ja sagen, halte ich für eine wichtige Erfahrung, denn man muss auch erkennen, repressives Handeln im Bereich des Jugendstrafrechts ist letztlich präventiv, weil der ganze Auftrag des Jugendstrafrechts darauf gerichtet ist, erzieherisch tätig zu werden.
Also müssten auch die Sozialinstitutionen der Kommunen erkennen, dass ein Zusammenwirken, ein möglichst wirkungsvolles Agieren im Jugendstrafrecht, sehr wohl im präventiven Interesse der Kommunen sein müsste.
Aber allein schon das auszutragen und zu diskutieren zeigt, wie sinnvoll es ist, diese Konzepte zu erproben. Wir müssen allerdings darauf hinweisen, dass das Konzept deutlich teurer ist als die bisherigen Strukturen. Das muss der Landtag wissen. Das muss er auch berücksichtigen, wenn es darum geht, wie viele von diesen Häusern er errichten möchte. Man muss auch überlegen – das können wir dann gern im Ausschuss –, ob es richtig ist, das zweite Haus in Nordhessen aufzubauen.
Es wird immer so leicht gesagt, dass eines in Südhessen und eines in Nordhessen gebaut werden soll. Aber in Nordhessen haben wir z. B. ganz bemerkenswert kurze Verfahrensdauern – kürzere als im Bundesdurchschnitt. Im Frankfurter Raum und im Rhein-Main-Gebiet haben wir sie nicht.
Wenn eines der Ziele die Verkürzung der Verfahrenslaufzeiten ist, muss man schauen, dass man mit solchen Maßnahmen die richtigen Schwerpunkte setzt. Ich glaube, das alles sind Diskussionen, die wir in aller Ruhe im Ausschuss führen können. Ich denke, dabei wird sich am Schluss auch eine gemeinsame Linie ergeben, da mitzumachen. Wenn Frankfurt nicht mitmachen sollte, bin ich sicher, dass es eine ganze Anzahl anderer Kommunen gibt – das weiß ich schon aus ersten Reaktionen –, die mit großem Interesse ein solches Konzept mit uns verwirklichen könnten.
Ich glaube auch, Frau Faeser, wenn ich mir das noch am Schluss als Bemerkung erlauben darf, dass es nicht Aufgabe eines Ministers ist, sich irgendwo sehen zu lassen. Sie wollten ja einmal Ministerin werden. Dann würden Sie bald erkennen, dass es nicht auf das Sich-sehen-Lassen ankommt, sondern auf das Tun, Handeln und Führen. Das geschieht im Justizministerium.
Wir überweisen vereinbarungsgemäß beide Anträge dem Rechtsausschuss, federführend, und dem Innenausschuss, beteiligt. – Dem widerspricht keiner. Dann ist das so beschlossen.
Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Stümperei der geschäftsführenden Landesregierung bei
Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Härtefonds zur Mittagessenversorgung an hessischen Schulen schafft unbürokratisch schnelle Hilfe – Drucks. 17/183 –