Protokoll der Sitzung vom 29.03.2012

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Genau!)

So habe z. B. Syrien seine Waffenimporte im Zeitraum 2007 bis 2012 um 580 % gesteigert. Das mag stimmen. Aber Sie suggerieren damit, dass es die Bundesrepublik Deutschland war, die diese Waffen an Syrien geliefert hat. Das ist schlicht und einfach falsch.

(Beifall bei der CDU)

Es sind Ihre sozialistischen Bruderländer China und Russland, die Syrien mit Waffen versorgen und sich im UNO-Sicherheitsrat bis heute dagegen stemmen, dass gegen das dortige Regime Sanktionen verhängt werden, um die Menschenrechte in diesem Land zu gewährleisten und sicherzustellen. Das ist Fakt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wenn Sie über die arabischen Länder und die arabische Revolution reden, beantworten Sie mir bitte die Frage: Wie wäre es denn in Libyen ausgegangen,

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): 50.000 Tote!)

wenn die Aufständischen und die, die dort für Freiheit und Demokratie gekämpft haben, nicht mit Waffen versorgt worden wären? Wie wäre das denn ausgegangen? Es hätte ein Blutbad unter der libyschen Bevölkerung gegeben.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Bedauerlicherweise – das sage ich sehr deutlich, Herr Kollege Frömmrich – hat sich die Bundesrepublik Deutschland bei der Abstimmung im Sicherheitsrat, als es um Libyen ging, falsch verhalten. Das ist meine persönliche Einschätzung. Das räume ich sehr freimütig ein.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mir wäre es lieber gewesen, die Bundesrepublik Deutschland hätte sich solidarisch an dem Einsatz der Weltgemeinschaft und der NATO in Libyen beteiligt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Kein Krieg mehr ohne Deutschland!)

Schließlich erwähnen Sie in Ihrem Antrag noch die „Panzerschmiede“ Krauss-Maffei Wegmann. Dazu muss man sagen, dass Krauss-Maffei Wegmann kein Rüstungskonzern ist. In einem Teilbereich ist dieser Konzern ein wehrtechnisches Unternehmen. Es gehört aber auch dazu, dass Kraus-Maffei Wegmann in Kassel unter anderem führend in der Produktion von Eisenbahnen ist.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Dagegen haben wir gar nichts! Eisenbahnen können die ja produzieren!)

Das gehört ebenfalls dazu, und das dürfen Sie nicht alles in einen Topf werfen.

(Beifall bei der CDU)

Aus dem Rüstungsexportbericht der Bundesrepublik Deutschland geht hervor – Herr Kollege Frömmrich hat dankenswerterweise einige Einzelbeispiele genannt; es zeigt, dass der Antrag der LINKEN und der Wortbeitrag des Kollegen van Ooyen an der Sache vorbeigingen –, dass 70 % der deutschen Rüstungsexporte in Staaten der Europäischen Union, in Staaten der NATO

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Vor allem Griechenland und die Türkei!)

und in Staaten, die der NATO gleichgestellt sind, gehen. Das ist eine Tatsache. Natürlich gehört dazu auch Griechenland. Herr van Ooyen, falls Sie es noch nicht wissen: Griechenland ist Mitglied der Europäischen Gemeinschaft, und Griechenland ist Mitglied der NATO.

(Beifall bei der CDU – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das weiß ich!)

Warum lagen die Zahlen für Griechenland in den letzten fünf Jahren so hoch? Es handelte sich schlicht und einfach um ein einziges Geschäft: Die Griechen haben von der Bundesrepublik Deutschland U-Boote der Klasse 214 mit Brennstoffzellenantrieb gekauft. Sie können nachlesen, was sich dahinter verbirgt.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Unnötig, wie ich finde!)

Herr Staatssekretär Saebisch, es entzieht sich meiner Kenntnis, ob sie sie bezahlt haben; aber vermutlich fällt das auch unter den Schuldenschnitt, den wir den Griechen gerade im Zusammenhang mit der Finanzkrise gewährt haben.

(Horst Klee (CDU): Das wird alles verrechnet! – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Herr Schork, die haben keine Munition mehr kaufen können, die hatten kein Geld!)

Dazu gehören auch die ganzen Lieferungen in Krisengebiete, das muss man so sagen, um die UN-Friedenstruppen und Nichtregierungsorganisationen zu unterstützen. Diese Beispiele hat der Kollege Frömmrich vorhin genannt.

Auch Bestandteil des Rüstungsexportberichts sind wehrtechnische Kooperationen, die innerhalb der NATO logischerweise sinnvoll und notwendig sind, um gewisse Dinge voranzubringen und zu vereinheitlichen. Ein besonders beliebter Exportartikel, das führt Ihr Argument des Angriffskrieges dann völlig ad absurdum, sind z. B. Dieselmotoren, die dort auch aufgeführt werden.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): So ist es!)

Weitere Dinge, die geliefert werden, sind Funkgeräte und Radaranlagen zur Grenzsicherung. Jetzt sagen Sie mir bitte, was Radaranlagen zur Grenzsicherung mit einem Angriffskrieg zu tun haben. Nichts, aber auch gar nichts.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Für den Mauerbau!)

Die Kollegen Frömmrich und Lenders haben eine kurze Diskussion über die Richtlinien geführt, nach denen die Rüstungsexporte vonstattengehen. Es gelten nach wie vor die Grundsätze aus dem Jahr 2000. Zwölf Jahre später kann man sicher über das eine oder andere, was da drinsteht, nachdenken. Insofern ist das, was der Kollege Frömmrich vorgetragen hat, sicherlich eine Diskussionsgrundlage. Aber fest steht auch, dass bisher keine Bundesregierung, egal welcher Couleur, an dem Verfahren – Einzelgenehmigung für Rüstungsexporte durch Beschlussfassung im Bundessicherheitsrat – etwas geändert hat, sondern sie sind alle bei diesem Verfahren geblieben.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das stimmt!)

Das deutet zumindest darauf hin, dass das ein Verfahren ist, das sich in der Praxis bewährt hat. Hinzu kommt – auch das dürfen wir nicht vergessen, wenn es dann um die Frage der parlamentarischen Kontrolle geht –, dass die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag den Rüstungsexportbericht jedes Jahr vorlegt.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wir diskutieren jetzt über den 2010er!)

Wir diskutieren jetzt über den 2010er, dann legen sie ihn vielleicht ein bisschen spät vor. – Die parlamentarische

Kontrolle und die parlamentarische Befassung sind durch die Vorlage des Rüstungsexportberichts gewährleistet.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Es gibt keine Fristen!)

Es gibt keine Fristen. – Eine letzte Bemerkung, ich glaube, auch das muss man sehr deutlich sagen: Die wehrtechnische Industrie, auch und gerade in Hessen, arbeitet nicht nur im wehrtechnischen und im Rüstungsbereich, sondern es finden dort in sehr starkem Umfang Forschung und Entwicklung statt, die auch für zivile Nutzung notwendig und gut sind. Wir müssen auch feststellen: In der Bundesrepublik Deutschland gibt es – –

Herr Schork, Sie müssten bitte zum Ende Ihrer Rede kommen.

Ich bin fast fertig. – In der Bundesrepublik Deutschland gibt es keinen klassischen Rüstungskonzern. Herr Kollege van Ooyen, Ihr Antrag geht an der Sache vorbei und ist einzig und allein Ihre Propaganda für die bevorstehenden Ostermärsche. Schon aus diesem Grund, weil er auch fachlich falsch ist, können wir dem Antrag nicht zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Schork. – Als Nächster spricht zu uns Herr Kollege Warnecke von der SPD Fraktion. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ostern steht vor der Tür. Gutes Wetter ward verheißen. Es ist Zeit für Osterspaziergänge oder, wie es auch für Sie, Herr van Ooyen, etwas drakonischer heißt: „Ostermärsche“, und es ist Zeit für einen Antrag zum Thema Konversion. Sie führen zunächst einmal schweres Geschütz auf, indem Sie auf die Verfassung verweisen. Sie sagen nicht nur, dass die Rüstungsexportpraxis offenkundig die Verfassung ad absurdum führe, sondern auch, dass das, was im Moment geschieht, verfassungswidrig sei.

Herr van Ooyen, ob das in allen Fällen so ist, gilt es zu prüfen. Wir stehen in dieser Welt offenkundig nicht mehr in der klassischen Konfrontation von Armeen, sondern wir stehen in dieser Welt offenkundig vor der Situation, dass es sogenannte asymmetrische Kriege gibt. Der Sozialdemokrat Erhard Eppler hat darauf hingewiesen.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Bauernkriege!)

Ja, die hat es aber nicht in dem Maße gegeben. – Weil Sie in diesem Antrag die Steigerung der Waffenexporte ganz dramatisch beklagen, gilt es einige Punkte zu berücksichtigen, die auch Kollegen schon genannt haben. Der maßgebliche Punkt, warum die Waffenexporte der Bundesrepublik Deutschland gesteigert wurden, und zwar in solchem Umfang, wie bereits genannt, ist offenkundig die Marinetechnik – die teuren U-Boote, die nicht nur nach Israel, Griechenland oder in die Türkei, sondern auch nach Südkorea und Südafrika geliefert wurden.

Herr van Ooyen, wenn so ein U-Boot 500 bis 700 Millionen € kostet, und wir 3 Milliarden € pro Jahr angeben, dann nimmt es wenig wunder, dass mit einem U-Boot gigantische Steigerungen von 30 % zu erzielen sind. Diese U-Boote werden aber klassischerweise nicht in den asymmetrischen Kriegen eingesetzt. Man kann die Frage, die Sie aufwerfen, inwieweit die Zivilbevölkerung betroffen ist und dort im Grunde genommen Angriffskriege vorbereitet werden, sehr wohl thematisieren. Man kann auch thematisieren, ob in ein Land wie Griechenland Waffen exportiert werden sollten. In diesem Zusammenhang darf ich übrigens auf die SIPRI-Studie, „Trends in International Arms Transfers“, verweisen. Da steht, die Bundesrepublik Deutschland liefert 9 % des weltweiten Waffenexportes, und Griechenland erhält von der Bundesrepublik Deutschland 13 % dessen, was die Bundesrepublik Deutschland exportiert. Sie schreiben, es seien 5 %; die Zahl scheint so nicht zu stimmen. Wenn sie von SIPRI ist, ist es mehr.

(Günter Rudolph (SPD): Mit Zahlen haben sie es nicht so!)

Wenn wir auf Griechenland verweisen, muss natürlich die Frage gestellt werden, die schon aufgeworfen wurde: Darf Griechenland als NATO-Land deutsche Waffen erhalten? – Steht dahinter Ihre These, dass jedes Land seine Waffen selbst produzieren soll?

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Gar keine Waffen!)

Dass es gar keine Waffen produzieren soll. Wenn Sie dieser Auffassung sind, dann frage ich auch: Woher kriegt die Bundeswehr ihre Waffen?