(Peter Beuth (CDU): Reich kann man für Herrn Albers ausschließen! – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Jetzt erkläre einmal die Strategie!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Ja, zur Frage der Strategie saß am Montag die CDU mit ihrem Fraktionsvorstand zusammen und hat nach Frankfurt überlegt, was sie als Aktuelle Stunde bringt. Es gab einen Vorschlag mit der Überschrift „Boris Rhein ist nicht Roland Koch“. Sie haben dann gesagt: Na ja, vielleicht ist das doch nicht das richtige Thema. – Dann kam der Chefstratege Schork und hat gesagt: etwas zum Schutzschirm.
Dementsprechend war heute der Beitrag des Chefstrategen Schork. Herr Schork, Sie waren bei der Bundeswehr. Normalerweise müsste man dann wissen
bei den Fallschirmspringern, dann wären wir beim Thema, dazu komme ich gleich –, bei Gegenwind, und wenn man von der Sonne geblendet ist, wenn man bis zur Kniehöhe im Sumpf steckt, wenn die Truppen demoralisiert und etwas demotiviert sind, ist eigentlich ein Gegenangriff nicht immer sehr erfolgreich.
Ich finde, wenn Herr Beuth nicht in der Lage ist, eine Kreistagsdebatte zu führen, sollen wir die doch nicht in den Landtag verlagern.
Herr Beuth, setzen Sie sich doch im Rheingau-TaunusKreis mit dem Herrn Landrat Burkhard Albers auseinander. Dann bekommen Sie dort von ihm auch die entsprechenden Antworten.
Mannomann, wenn man sich verspricht und es darauf Zwischenrufe gibt: In welcher erbärmlichen Verfassung muss man sein, wenn man mit einem Zwischenruf versucht, so etwas zu bewerten?
Ich gehe auf das Thema Ihrer Aktuellen Stunde ein. Nun heißt es, dieser Schutzschirm sei einzigartig. Wissen Sie, was im Verhältnis Land und Kommunen wirklich einzigartig in Deutschland ist? Es ist einzigartig, dass die Landesregierung den Kommunen jährlich 344 Millionen € entzieht. Das ist in der Tat einzigartig.
Wissen Sie, was in der Bundesrepublik einzigartig ist? Das ist das Defizit der Kommunen in einem Land. An letzter Stelle – das höchste Defizit gibt es in Hessen mit 2,534 Milliarden €,
mit Abstand das höchste Defizit in Deutschland, einzigartig. Wissen Sie, was auch einzigartig ist? Die Bedingungen, unter denen die Kommunen Hilfen empfangen sollen, sind einzigartig. Solche Regelungen, die die kommunale Selbstverwaltung am Ende ersticken, sind in der Tat einzigartig in Deutschland. Es ist, wie Sie das bezeichnen, ein
einzigartiger Schutzschirm, der am Ende – weil es nur ein Knirps ist, worunter nur 106 Kommunen kommen – zu einem Schlagstock gegen die kommunale Selbstverwaltung wird.
Das ist doch genau der springende Punkt. Einzigartig sind die Vorgaben. Die Vorgaben heißen: 100 Millionen € pro Jahr und Bürger sollen eingespart werden. Das ist als Ergebnisverbesserung dargestellt worden. Das wächst auch von Jahr zu Jahr mehr.
Im dritten Jahr der Konsolidierung soll eine Gemeinde oder eine Stadt, die unter dem Schutzschirm steht, pro Einwohner und Jahr eine Ergebnisverbesserung von 300 € erzielen. Dazu gibt es Vorschläge. Der Minister hat auch gegengerechnet. Die allgemeine Steuerentwicklung hilft ein bisschen. Sie führt vielleicht, wenn man gut rechnet, zum Abzug von 30 oder 40 €. Aber im dritten Jahr wird es – wir haben das ausgerechnet –, selbst wenn alle freiwilligen Leistungen in den betroffenen Kommunen gestrichen und wenn Schwimmbäder und Bibliothek zugemacht werden, am Ende für eine vierköpfige Familie eine Belastung von 848 € geben.
Wie ist das mit den Sprüchen der FDP in diesem Landtag „keine weitere Belastung“ in Verbindung zu bringen? Das passt nicht zusammen.
Auch die Vorgaben, die in dem Konsolidierungshandbuch der Landesregierung gemacht wurden, passen nicht zusammen. Da wurde in der Tat die Philosophie der Landesregierung zum Ausdruck gebracht, mit welchen Maßnahmen jetzt zu rechnen ist, welche Maßnahmen die Kommunen ergreifen müssen, die unter den Schutzschirm wollen. Ich will aus dem Handbuch zitieren.
Schade. – Das reicht von der Erhöhung der Steuern über die Zusammenführung und Schließung von Feuerwehren bis zur Streichung der Schulsozialarbeit, meine Damen und Herren.
Ich kann nur eines sagen: Wenn das die Bedingungen sind, dann ist es das Ende der kommunalen Selbstverwaltung. Das bedeutet auch das Aus für die lokale Demokratie in diesem Lande, was wir sicherlich nicht mitmachen werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Befürchtungen, die der Kollege Schmitt dargestellt hat, teilen wir.
Es ist ein seltsames Schauspiel, das heute vorgeführt wurde: Die FDP kündigte ein Gutachten zur Aktuellen Stunde an und die CDU ein Gesetz, über das bisher nur in erster Lesung beraten worden ist.
Dennoch ist der Titel der Aktuellen Stunde interessant; denn man fragt sich, ob die CDU noch weiß, dass sie eine eigene Mehrheit hat. Es ist lächerlich, der SPD eine Blockadehaltung vorzuwerfen, wenn sie gar nichts blockieren kann, sondern nur der Meinung ist, dass wir in Hessen bald einen Politikwechsel brauchen.
Sehr bald, Herr Bellino. – Wenn die CDU in der Aktuellen Stunde beklagt, dass sich einige Kommunen gegen die Teilnahme an dem Schutzschirm aussprechen, dann ist das vielleicht der Konstruktion und der Geschichte des Schutzschirms anzulasten. Es gäbe den Schutzschirm nicht, wenn der Finanzminister den Kommunen nicht jedes Jahr 344 Millionen € wegnehmen würde.
Das ist die Spaßbremse für die Kommunen. Machen wir uns doch nichts vor: Der Schutzschirm ist Ausdruck des schlechten Gewissens des Finanzministers, der weiß, dass er mit dafür verantwortlich ist, dass die hessischen Kommunen im Bundesvergleich die höchsten Schulden haben; Herr Kollege Schmitt hat darauf hingewiesen.
(Alexander Bauer (CDU): Die stärkste Wirtschaftskraft! – Günter Schork (CDU): Wir haben aber auch die höchsten Steuereinnahmen! Das muss man dazusagen!)
Sie sind diejenigen, die eine Schuldenbremse beschließen, Herr Schork, sich das Geld bei den Kommunen holen und anschließend im Bundesrat Steuersenkungen fordern. Heute bauen Sie einen Popanz auf, weil Ihnen die Kommunen sagen, dass es so nicht geht.
Dazu kommt, dass der Rettungsschirm womöglich noch mit einer Rosskur – Herr Schmitt hat es angedeutet – für die teilnehmenden Kommunen verbunden wird, die sie 30 Jahre bindet. Wer will es den Kommunen verdenken, dass sie bei den freiwilligen Leistungen nicht auf Jahre hin kürzen wollen, nur weil der hessische Finanzminister seinen Landeshaushalt an den Bedürfnissen der Schuldenbremse und nicht an denen der Menschen ausrichten möchte?
Außerdem ist es abenteuerlich, dass wir heute über die angebliche Blockade diskutieren, obwohl überhaupt noch nicht klar ist, was am Ende bei den Kommunen ankommen soll. Denn sicher wird sich keine Kommune dagegen wehren, wenn man ihre Finanzausstattung dauerhaft verbessert. Ob man allerdings von den Kommunen verlangen kann, das doppelte Spiel der Landesregierung mitzuspielen, indem erst beim KFA gekürzt wird und dann löchrige Rettungsschirme aufgespannt werden, das wage ich zu bezweifeln.
Meine Damen und Herren, warten wir doch die Anhörung der Kommunen zum sogenannten Schutzschirm ab. Dann wissen wir, ob sie darin wirklich den entscheidenden Schritt zur Verbesserung der kommunalen Finanzen sehen oder ob es vielleicht doch besser wäre, die Kürzung des KFA um 344 Millionen € zurückzunehmen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Schutzschirm wird von den Kommunen und Kreisen eben nicht als großzügiges Geschenk, sondern durchaus als zwiespältiges Angebot bewertet. CDU und FDP haben schon einen Schuldigen ausgemacht: Die SPD ist schuld. Wir haben es gerade gehört: Sie fährt angeblich eine Kampagne. Mit ihrer Blockadehaltung schade sie den Kommunen.
Nun ist es gar nicht ungewöhnlich, dass sich die Opposition kritisch mit den Aktivitäten der Regierung auseinandersetzt. Wenn diese Argumente bei den Kommunen ankommen, dann sollte Ihnen das zu denken geben. Vielleicht ist ja etwas dran? Schon im Vorfeld zum Schutzschirmgesetz haben wir etliche Fragen aufgelistet, auf die Sie keine befriedigenden Antworten gegeben haben, z. B.:
Was geschieht mit den Kommunen, die den Haushaltsausgleich objektiv nicht schaffen können? Wie sehen die Zwangsmaßnahmen konkret aus? Welchen Spielraum haben Kommunen überhaupt noch, wenn sie unter den Schutzschirm schlüpfen?
Sie sehen also: Viele Kommunen haben zu Recht große Angst, ihre kommunale Autonomie zu verlieren. Das müssen wir ernst nehmen.