Protokoll der Sitzung vom 13.05.2009

Schauen Sie sich das an: Da hat sich etwas verändert.

Deshalb haben wir auch in Zukunft bei all dem, was uns schon immer bei unserer Arbeit geleitet hat, auch wenn wir in Fragen der inneren Sicherheit und in der Frage von Sicherheit und Freiheit sehr gut sind, keinen Anlass, uns zurückzulehnen. Vielmehr ist die gute Bilanz dieser Regierung für mich Ansporn, auch in Zukunft die Herausforderungen, die sich teilweise in anderen und neuen Formen stellen, so erfolgreich angehen, wie wir das bisher getan haben. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Schönen Dank, Herr Innenminister. Das war pünktlich.

Damit haben wir die Diskussion des Einzelplans 03 beendet und kommen jetzt zum

Einzelplan 04 – Hessisches Kultusministerium –

Hierzu hat sich als Erste Frau Habermann für die SPDFraktion gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ein Aufbruch in der Bildungspolitik findet mit der Vorlage dieses Haushaltsentwurfs nicht statt.

Er kommt wie eine unscheinbare graue Maus daher und passt so gar nicht zu den zahlreichen Aussagen der Kultusministerin, die einen Paradigmenwechsel für die hessischen Schulen angekündigt hat.

Doch bevor ich mich in den Grauzonen und Schattenseiten dieses Haushalts ergehe, will ich einige Vorhaben erwähnen, die von der SPD-Fraktion ausdrücklich begrüßt werden.

Frau Kultusministerin, wir begrüßen es, dass 16,3 Millionen c zur Verfügung gestellt werden, um die unwürdige Einstellungspraxis für BAT-Lehrkräfte zu beenden, die sich in den Sommerferien arbeitslos melden mussten.

(Beifall bei der SPD)

Das ist gut, denn damit wird ein Antrag der SPD-Fraktion aus der vergangenen Legislaturperiode umgesetzt, der in diesem Haus die Mehrheit gefunden hat.

Ausdrücklich unterstützen wir auch, dass nach Jahren der Stagnation, in denen der gemeinsame Unterricht in diesem Land zurückgedrängt wurde, zusätzlich 50 Lehrerstellen für den Unterricht von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der Regelschule eingeplant sind.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dies ist ein erster Schritt. Er ist gut, denn auch damit wird ein Antrag der SPD-Fraktion aus der vergangenen Legislaturperiode umgesetzt, der hier eine Mehrheit gefunden hat.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

Meine Damen und Herren, es ist auch gut, wenn im Stellenplan insgesamt 650 zusätzliche Referendarstellen ausgewiesen werden, um den dringenden Bedarf an jungen Lehrkräften in den kommenden Jahren zu decken. Auch diese Entscheidung wurde bereits im vergangenen Jahr mit einer breiten Mehrheit in diesem Parlament getroffen.

Frau Kultusministerin, wir loben auch die zusätzlichen 1.000 Lehrerstellen, die ab dem kommenden Schuljahr zur Abdeckung des Unterrichts eingestellt werden.

Aber hier fangen auch schon die Grauzonen an. Denn ein Vergleich mit den Aussagen des Koalitionsvertrags drängt den Verdacht auf,dass hier jede neue Lehrkraft für die Erfüllung mehrerer Koalitionsversprechen herhalten muss.

Da ist zunächst das Versprechen, eine 105-prozentige Lehrerversorgung auszubauen, und dazu tragen die 1.000 neuen Stellen nach eigenen Aussagen der Kultusministerin nichts bei.Denn diese 1.000 neuen Stellen,so sagt Frau Henzler, sind erforderlich, um den Unterricht zu 100 % abzudecken. Nachdem wir nun über einige Jahre von der Landesregierung gehört haben, dass die 100-prozentige Unterrichtsabdeckung längst erreicht sei, erfahren wir jetzt aus dem Munde der amtierenden Kultusministerin, dass 1.000 neue Lehrer gebraucht werden, um dieses Ziel zu erreichen. Endlich wird einmal deutlich, mit welchen Märchen die vergangenen Regierungen die Schulen hingehalten haben.

(Beifall bei der SPD)

Und es ist das einzig Gute, dass an dieser Stelle – auch durch die jetzige Kultusministerin – dieser Betrug offensichtlich wird. Frau Kultusministerin, um die versprochenen 105 % zu erreichen, brauchen Sie allerdings etwas mehr als die versprochenen 2.500 Lehrerstellen in dieser Legislaturperiode.

(Minister Karlheinz Weimar: Das werden wir se- hen!)

Wenn ich den Zwischenruf des Finanzministers höre: „Das werden wir sehen!“, so denke ich,

(Günter Rudolph (SPD): Das war eine Drohung!)

Sie sollten sich nicht allzu sehr darauf verlassen, dass Ihnen die demografische Entwicklung in diesem Fall so in die Hände spielt, dass Sie auf weitere Stellen verzichten können.

Es ist in der Koalitionsvereinbarung zu lesen: „Wir werden 2.500 zusätzliche Stellen für die Schulen schaffen.“ Und: „Darüber hinaus werden wir den Schulen den notwendigen Spielraum für mehr individuelle Förderung, die Bildung kleinerer Klassen und für die Entlastung der Lehrkräfte geben.“ Diese neuen Lehrerstellen, die wir jetzt im Haushalt haben, sollen aber nicht darüber hinaus, wie es der Koalitionsvertrag betont, sondern gleichzeitig die Umsetzung dieser Koalitionsversprechen einläuten, und zwar die Unterrichtsversorgung steigern und gleichzeitig die Absenkung der Klassengrößen erreichen.

Frau Kultusministerin, allein um das letzte Versprechen zu halten, brauchen Sie 1.600 zusätzliche Lehrkräfte – wenn ich die Antwort des damaligen geschäftsführenden Kultusministers Banzer aus dem Oktober 2008 ernst nehme, der gesagt hat, dass diese Zahl von Lehrerstellen erforderlich ist, um alle Klassen auf eine Größe zu bringen, die die Sternchenregelung entfallen lässt.

Man kann jede Stelle nur einmal besetzen, doch Sie tun so, als könnten die Lehrkräfte gleichzeitig eine Verbesserung der Grundunterrichtsversorgung leisten und aufgrund kleinerer Klassengrößen dann auch noch zusätzliche Lerngruppen unterrichten. Solche Milchmädchenrechnungen, Frau Henzler, kennen wir bereits von Ihrer Vorgängerin zur Genüge. Sie sollten aufpassen, dass die 105-prozentige Unterrichtsversorgung an den Schulen nicht ebenso zum Reizwort wird wie ehemals die Unterrichtsgarantie.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, dann sind wir auch schon bei den ganz dunklen Schattenseiten. Die Kultusministerin beabsichtigt ganz offensichtlich bei dem Ausbau der Ganztagsschulen ein Jahrhundertwerk; denn ein Jahrhundert lang wird es dauern, bis jede Schule ein Ganztagsangebot machen kann, wenn ich diesen Haushaltsentwurf als Maßstab nehme. Nachdem Frau Wolff während ihrer Amtszeit über Jahre hinweg das Ganztagsprogramm auf Sparflamme kochte und Ganztagsschulen mit Mittagsbetreuung gleichsetzte, zerstört Kultusministerin Henzler jetzt die letzten Hoffnungen der Schulen und Schulträger, dass sich bald etwas bewegt und verändert.

In ganz Hessen sollen ab dem kommenden Schuljahr zehn neue Schulen ein Ganztagsangebot erhalten. Ich wiederhole:zehn.Nach welchem Modell,ist laut Aussage der Ministerin in der kursorischen Lesung ebenso unklar wie die Frage, welche der 26 Schulträger sich überhaupt Hoffnungen machen dürfen, zumindest eine Schule fördern zu können. Denn mehr als die Hälfte wird leer ausgehen. Frau Ministerin, da Sie selbst die Entwicklung der Ganztagsschulen massiv vorantreiben wollten, ist dies ein gebrochenes Versprechen und eine verpasste Chance, mit individueller Förderung durch den zügigen Ausbau von Ganztagsschulen Ernst zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Gestatten Sie, da klingt es schon ziemlich hohl, wenn Sie ständig davon reden, dass die Schulen eigenverantwortlich über ihre pädagogischen Schwerpunktsetzungen entscheiden sollen, wenn Sie von Landesseite nicht in der Lage sind, auch die erforderlichen Rahmenbedingungen durch eine entsprechende Ausstattung zu schaffen.

Meine Damen und Herren, wenn wir schon über die eigenverantwortliche Schule reden – der Fraktionsvorsitzende der FDP hat sie heute auch in den Mittelpunkt seiner bildungspolitischen Ausführungen gestellt –, dann möchte ich doch einmal fragen: Wo versteckt sich denn das Herzensanliegen der Ministerin, die eigenverantwortliche Schule, in diesem Haushalt? Für den Verwaltungsaufwand von eigenen Budgets und zur Bewältigung konzeptioneller Aufgaben brauchen Schulen auch entsprechende Zeitkontingente und Ressourcen. Sie brauchen nicht nur die Freiheit, sie brauchen auch die Förderung des Landes, um diesen Weg in die Eigenverantwortung zu gehen.

Frau Henzler, Sie glauben doch nicht wirklich, dass es genügt, den Schulen mit einem strahlenden Lächeln mitzuteilen, sie könnten sich unter Ihrem wohlwollenden Blick auf den Weg machen, ohne ein einziges Signal aus diesem Haushalt, welche Ressourcen ihnen für diese zusätzlichen Aufgaben dann auch zur Verfügung stehen.

Wir alle haben gemeinsam die SV-plus-Schulen auf den Weg geschickt und haben beschlossen, dass sich weitere Schulen diesem Projekt anschließen können, soweit sie dies wünschen. Aber in diesem Haushalt gibt es für weitere berufliche Schulen – geschweige denn für allgemeinbildende Schulen – keinerlei Ressourcen, um diesen Weg dann auch in die Praxis umzusetzen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es gibt auch bei der Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsplans keine Fortschritte. Wie gehabt, haben wir 500.000 c, die bisher im Wesentlichen für Druckerzeugnisse und die Selbstdarstellungen des Ministeriums verwendet wurden. Wo bleiben die Mittel für ein Fortbildungskonzept und für die Kooperation zwischen den Kindertagesstätten und Grundschulen, die den Anspruch, frühe Bildung zu verstärken und die Vernetzung herzustellen, endlich einmal erfüllen würden?

(Beifall bei der SPD)

Fehlanzeige.Aber dafür bekommt Hessen jetzt ein Schulvorbereitungsjahr. Frau Henzler, die FDP konnte ihre Kinderschule nicht durchsetzen, obwohl Herr Hahn noch vor der Wahl wie ein stolzer Gockel verkündet hat, das sei eine Bedingung sine qua non für einen Koalitionsvertrag.

(Zuruf von der FDP: Na, na!)

Frau Habermann,die von Ihrer Fraktion vorgesehene Redezeit ist um.

Ich komme zum Schluss. – Das Ergebnis war das Schulvorbereitungsjahr, und keines der beteiligten Ministerien weiß, was das eigentlich sein soll. Der Clou bei der ganzen Sache ist: Dieses liberale Feigenblatt befindet sich im Ministerium von Herrn Banzer. Wenn man die traditionell gute Kooperation zwischen den beiden Ministerien kennt, weiß man, dass hier sehr viel Geld in den Sand gesetzt wird, das man besser für den Bildungs- und Erziehungsplan hätte einsetzen können.

(Beifall bei der SPD)

Nun zu meinem letzten Satz. Wir werden Ihnen zur dritten Lesung unsere Vorstellungen für eine andere Schulpolitik in diesem Land vorlegen.Wenn Sie Ihre Vereinbarungen ernst nehmen, dann hätten Sie viel Anlass, diesen Anträgen dann auch zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Schönen Dank, Frau Habermann. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Irmer das Wort,auch zehn Minuten Redezeit.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Bildungsetat befindet sich in der Kontinuität der Bildungsetats der letzten zehn Jahre,

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))