Wir sind insbesondere in dem Bereich der Betreuung der unter Dreijährigen in den letzten Jahren mit großen Schritten vorangekommen. Ein Versorgungsgrad von momentan 30,1 % in Hessen ist eine gewaltige Anstrengung gewesen, die wir alle schultern mussten, bei der viel Geld in die Hand genommen worden ist, bei der viel Kreativität vorhanden gewesen ist und wo man den entsprechenden Weg nur zusammen gehen konnte, der zu diesem Ergebnis geführt hat.
Da hilft es auch nicht, den Versuch zu machen, an der Stelle irgendetwas auseinanderzudividieren. Das haben die Kommunen mit Landes-, aber auch Bundesunterstützung auf den Weg gebracht; und wir haben es in Hessen sehr schnell umgesetzt, meine Damen und Herren.
Deswegen, glaube ich, muss man an der Stelle noch einiges klarstellen. Herr Kollege Merz hat seine Ausführungen mit den Worten begonnen: „ein vollständiges juristisches Debakel für die Hessische Landesregierung“.
Das ist ein Fehler. Die Hessische Landesregierung ist vom Staatsgerichtshof bestätigt worden, weil der Antrag, den die Kommunen gestellt haben – jetzt muss man das einfach einmal sehen –, die Mindestverordnung für nichtig zu erklären, vom Staatsgerichtshof abgelehnt wurde. So ist das.
deswegen kommen wir gleich dahin – die Frage der Bezahlung gestellt. Aber natürlich hat der Staatsgerichtshof – das finde ich auch im Hinblick auf viele andere Diskussionen interessant, die wir in der Zukunft führen müssen – dieses Verfahren zum Anlass genommen, grundlegende Ausführungen zum Konnexitätsprinzip zu machen. Er hat an dieser Stelle auch festgelegt, dass die Standards, die verändert worden sind und die die Kommunen umzusetzen haben, refinanziert werden müssen – eindeutig.
Herr Merz, passen Sie aber auf mit dem, was Sie sagen. Nicht jeder, der geklagt hat, ist erfolgreich gewesen.
In den Ausführungen, die der Staatsgerichtshof gemacht hat, schreibt er ganz eindeutig: Kommunen, die die Standards schon vor der Inkraftsetzung der Mindestverordnung erfüllt haben, haben keinen Anspruch auf Ausgleich.
Wir finden, das ist eindeutig. Das können Sie in dem Urteil des Staatsgerichtshofs sehr genau nachlesen.
Daher ist es eben auch eine konsequente Fortsetzung der Diskussion, die wir im Bereich der Konnexitätskommission schon lange üben. Das muss man an dieser Stelle auch sagen. Hier wird immer so getan, als ob wir mit den Kommunen nicht reden würden. Das ist vollkommener Quatsch; das ist vollkommen vorbei. Es passt ins Bild; das ist in Ordnung. Das würde ich als Opposition möglicherweise auch so zeichnen. Es ist aber vollkommen falsch, weil nämlich innerhalb der Konnexitätskommission klar festgelegt worden ist, auf welcher Grundlage man versuchen könnte, sich zu einigen. Dann waren die Differenzen nicht mehr konsensfähig, sondern streitig. An einem solchen Punkt haben die Kommunen dann gesagt: Reden wir nicht mehr weiter, gehen wir vor den Staatsgerichtshof.
Insofern sind wir mit den Kommunen schon lange im Gespräch, wie wir die Anforderungen der Konnexität entsprechend erfüllen werden. Diese Gespräche werden jetzt auch weitergehen. Sie haben nach dem Urteil des Staatsgerichtshofs schon stattgefunden. Sie werden auch in Zukunft weitergehen, und wir werden dann sehen, in welcher Form man sich auf einen entsprechenden Ausgleich ei nigt, sowohl was die Vergangenheit anbelangt, als auch unter dem Gesichtspunkt: Wer hat, auch vor dem Hintergrund des Urteils des Staatsgerichtshofs, ein Anspruchsrecht in welcher Höhe, und in welchem Maße wird das umgesetzt?
Insofern ist es ein vollkommen normaler Weg, dass man sich nach einem Urteil wieder zusammensetzt – das ist Gegenstand des Urteils gewesen –, um zu sehen, wie man dem Urteil dann auch Rechnung tragen kann. Damit ist gar nichts über die Höhe gesagt. An der Stelle muss man immerhin noch einmal berücksichtigen, dass das Land bisher insgesamt schon 50 Millionen € für die Entlastung der Kommunen bereitgestellt hat. Das muss alles mit in die Rechnung einbezogen werden. Das ist doch vollkommen klar.
Insofern werden wir das mit aller Ruhe machen. Wir werden die Kinderbetreuung weiterentwickeln, unter Beachtung von Standards, aber auch des Urteils des Staatsgerichtshofs. Das ist vollkommen klar. Das ist aber ein Prozess, der normal läuft. Deswegen werden wir uns intensiv mit den Kommunen auseinandersetzen.
Das Zweite, was der Kollege Merz gesagt hat, ist auch ein Fehler: dass das Land kein eigenes Geld in die Hand genommen hat. Das stimmt auch nicht.
Doch, es stimmt, dass Sie das gesagt haben. Das, was Sie damit zum Ausdruck bringen wollten, stimmt aber nicht. Es ist relativ einfach: Natürlich nehmen wir eigenes Geld in die Hand.
Es sind nicht nur die eben genannten pauschalen Erstattungen, die wir aus Landesmitteln bezahlen, sondern es geht auch um die Investitionen, soweit wir Landesgeld in die Hand nehmen. An dem Punkt bewahrheitet sich, dass das, was das Land Hessen gemacht hat, der richtige Weg
gewesen ist, weil wir gesagt haben: Für die Investitionsförderung nehmen wir zuallererst Bundesgeld in die Hand. Erst wenn das Bundesgeld weitestgehend belegt ist, gehen wir mit Landesgeld nach.
Das Gute daran ist, wenn Sie jetzt die Diskussion auf Bundesebene hören, auch die der Bundesfamilienministerin, dass sie die Länder, die die Bedarfe nicht angemeldet und die Mittel nicht abgerufen haben, mit einer Fristsetzung versieht, damit sie die Mittel möglicherweise umlenken kann, dass wir in einem großen Vorteil sind, weil wir, das Land Hessen, die 90-%-Marke schon lange überschritten haben. Wenn ein anderes Land, da nenne ich einmal Nordrhein-Westfalen als Beispiel, rot-grün regiert, so schlafmützig ist, dass es bisher noch nicht einmal 70 % der Mittel beim Bund beantragt hat, dann können wir nichts dafür. Dann wird es Zeit, dass wir, die wir mehr Gelder beantragen, diese endlich bekommen, um damit auch dem Rechtsanspruch Rechnung tragen zu können.
Dann sehen wir zu, unter Bereitstellung von Landesmitteln, wie wir den Versorgungsgrad in Hessen über die vereinbarten 35 %, angepeilt sind 38 %, wie es Frau Wiesmann gesagt hat, kriegen können. Damit ist manches aber noch immer nicht erledigt, weil wir immer von einer Durchschnittsbetrachtung reden. Das ist das Spannende bei der Frage der Bedarfsdeckung.
Wenn es nach dem Herrn Kollegen Bocklet ginge, müss ten alle Landesmittel, die momentan zur Verfügung stehen, nach Frankfurt gehen. Denn der Hessische Städtetag sagt: „Dort gibt es einen Versorgungsbedarf von 78 %.“ Das glaube ich nicht. Aber diese Diskussion müssen wir irgendwann mit den Kommunen führen. Da sind wir in Gesprächen: Wie verteilen wir die zusätzlichen Mittel, möglicherweise auch die Mittel, die noch durch die Einigung zum Fiskalpakt auf die Länder zukommen werden? Haben alle, auch die politisch Verantwortlichen, den Mut, in die Ballungszentren, wo der Bedarf am höchsten ist, mehr Mittel zu geben als in andere Bereiche? Was sagen die Bürgermeister, die aus ländlichen Gebieten stammen, die heute hier zitiert worden sind? Ich sehe an dieser Stelle noch einen großen Diskussionsbedarf.
Aber es geht nicht, sich wie Herr Bocklet hinzustellen und zu sagen: „Der Bedarf stimmt nicht.“ Das kann nicht sein. Denn der Bedarf wird sich regional so unterschiedlich darstellen, dass es die Aufgabe der Jugendämter ist, das auszugleichen. Es kann keine Landesaufgabe sein, die unterschiedlichen Ausschläge im Vergleich zur Durchschnittsbetrachtung auszugleichen. Das muss die kommunale Familie schon von alleine machen. Insofern kommen wir ganz schnell weg von abstrakten Finanzfragen. Da gebe ich Ihnen recht: Das sind keine abstrakten Finanzfragen, sondern sie sind sehr real. Wir werden sie mit der kommunalen Familie sehr genau besprechen müssen, um zu sehen, wie wir die unterschiedlichen Bereiche abdecken können.
Natürlich sind wir auch im Gespräch mit den Kommunen, inwiefern wir weitere Investitionsmittel bereitstellen können, um die avisierten Ausbaubestrebungen voranzubringen. Wir werden den Kommunen noch einmal darlegen, welche Möglichkeiten sie schon jetzt haben, sowohl was den Bau als auch was Fachkräfte angeht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ja, das Urteil des Hessischen Staatsgerichtshofs gibt im Hinblick auf die Konnexität am Beispiel der Mindestverordnung Hinweise für viele Politikbereiche in Hessen. Es ist insofern hilf
reich, weil es hilft, Auslegungsfragen an einer solchen Stelle eindeutiger zu beantworten als in der Vergangenheit. Es ist aber kein Urteil, das ausschließlich auf die Versäumnisse im Hinblick auf den Ausbau der Versorgung oder der Kinderbetreuung in Hessen hinweist, sondern dieses Urteil beschäftigt sich ausschließlich mit Finanzfragen.
Deswegen sage ich an der Stelle noch einmal: Wir haben ein ausgezeichnetes System von Kinderbetreuung in Hessen. Wir haben einen tollen Versorgungsgrad für die unter Dreijährigen. Wir werden den Rechtsanspruch im nächs ten Jahr erfüllen können. Wir werden die vereinbarten Ziele nicht nur erreichen, wir werden sie überschreiten.
Vor dem Hintergrund muss ich sagen, dass das eine zukunftsweisende, eine gute Familienpolitik ist, die ergänzt wird durch ein Betreuungsgeld. Die Diskussion ist eben schon intensiv geführt worden. Natürlich hat das etwas mit Wahlfreiheit zu tun. Natürlich hat das etwas mit Anerkennung zu tun, auch im Hinblick auf Familienleistungen. Ansonsten würde ich mich zu sehr aufregen: Die Art und Weise, wie hier über die Familienleistungen oder die Erziehungsleistungen in Familien diskutiert wird, ist ein Schlag in das Gesicht aller jungen Eltern, die sich Gedanken darüber machen, wie sie ihre Kinder in einer Familie erziehen können.
Es ist ein Schlag in das Gesicht aller jungen Eltern, die sagen: Die Erziehung unseres Kindes in der Familie ist es uns wert, dass wir reduziert arbeiten, dass wir vorübergehend aus dem Beruf ausscheiden und dass wir uns um unsere Kinder kümmern. – Staatliche Erziehungsleistung kann nur ergänzend und nie ersetzend sein. Was Sie von der linken Seite wollen, ist, Familienleistung durch staatliche Leistung zu ersetzen. Den Weg gehen wir nicht mit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Grüttner, dieses Mal möchte ich mich nach Ihrer Rede zu Wort melden. Am 8. März haben wir den Setzpunkt der GRÜNEN aufgerufen, der besagte, dass 35 % nicht genug sind und wir den Rechtsanspruch in Hessen so nicht umsetzen können. Im Übrigen, wenn ich das noch sagen kann: Das war die legendäre Rede, in der Sie den GRÜNEN und mir persönlich „geistige Armut“ unterstellt haben.
Lesen Sie das im Protokoll nach. Da haben Sie sich mit dem Vorwurf der geistigen Armut ein Denkmal gesetzt.
Wir haben Ihnen attestiert, dass es in Hessen nicht einen Bedarf von 52.000, sondern von 58.000 Plätzen gibt. Nicht 58.000 Plätze waren das Ziel Ihrer Haushaltspolitik. Sie müssen nachweisen können, dass Sie diese 58.000 Plätze
nicht nur in Sonntagsreden wollen, sondern dass Sie sie tatsächlich finanzieren. Das haben Sie nicht gemacht. Das habe ich Ihnen am 8. März vorgehalten. Daraufhin haben Sie uns als wie auch immer bezeichnet. Ich zitiere Ihre Aussage, die da lautete:
Das Land Hessen handelt im Hinblick auf die Vereinbarung des Krippengipfels vertragsgetreu. Das bedeutet an dieser Stelle einen Versorgungsgrad von 35 %. Diese 35 % entsprechen 52.300 Plätzen.
Genau das wollen wir in Hessen tun. – Daraufhin habe ich Ihnen gesagt, das politische Ziel seien nicht irgendwelche Quoten, die Sie vor fünf Jahren vereinbart haben, sondern das politische Ziel muss sein, den tatsächlichen Bedarf zu decken, um den Rechtsanspruch nächstes Jahr tatsächlich umsetzen zu können.
Daraufhin haben Sie gesagt, das finden Sie falsch – noch im März. Jetzt stellen Sie sich hin und sprechen von einer 38-%-Quote und von 58.000 Plätzen. Das ist genau das, was wir Ihnen im November und im März vorgehalten haben, als Sie uns noch für verrückt erklärt haben. Sie reagieren einmal wieder zu spät – auf dem Rücken der Eltern, zum wiederholten Male. Das ist das Ärgerliche.