Das ist wie beim Fachkräftebedarf. Wir haben Ihnen im Jahr 2009 vorgehalten: „Sie reagieren zu spät. Es fehlen immer noch 3.500 Fachkräfte.“ Wir haben Ihnen im November vorgeworfen: „Sie stellen nicht das Geld ein, um diesen Rechtsanspruch umzusetzen.“ Sie haben gesagt: „Das ist Panikmache.“
Heute stellen Sie sich hierhin und sagen: „Wir streben eine 38-%-Quote und 58.000 Plätze an.“ Wo stehen die Zahlen in Ihrem Haushalt? Sie stehen nirgends. Wir haben noch 14 Monate bis zur Umsetzung des Rechtsanspruchs.
Sie reagieren einmal wieder verspätet. Das ist wie das Auftreten einer Schildkröte: langsam, verpanzert, von außen beratungsresistent. Das ist das Problem. Schimpfen Sie nicht auf die Opposition. Das ist Ihr Versäumnis in der Kinderbetreuung.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD) – Zurufe der Abg. Gottfried Milde (Griesheim) und Günter Schork (CDU))
Noch einmal: Herr Minister, Sie haben gesagt: „ Wir sind doch im Gespräch mit den Kommunen.“ Die Entscheidung zur Mindestverordnung fiel im Jahr 2009 – im Jahr 2009. Dann haben Sie 30, dann 40 Millionen € zur Verfügung gestellt. Alle Kommunen und der Städtetag, alle Beteiligten, haben Ihnen attestiert, dass das niemals reichen wird, um die Gruppengrößen und den Personalschlüssel zu finanzieren. Ich rede jetzt nicht von den Kommunen, die das schon vorher gemacht haben, sondern nur von den Kommunen, die ab dem Stichtag infrage kommen. Selbst die haben Ihnen alle attestiert: „Das reicht nie und nimmer.“ Sie stellen sich hin wie ein Ochse, dem man ins Horn petzt, und sagen: „Das ist mir wurscht. Wir reden doch seit drei Jahren miteinander.“ Fakt ist zwar, dass Sie mit denen reden. Fakt ist aber auch, dass Sie es ihnen nicht finanzieren. Das hat Ihnen der Staatsgerichtshof attestiert. Das war eine krachende Niederlage, die Sie, Herr Minister, auch nicht mehr schönreden können.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))
Eine letzte Bemerkung. Herr Grüttner, ich finde es zum Teil schon blamabel, wie man sich hierhin stellen kann, nachdem der Bund 4 Milliarden € zur Verfügung gestellt hat, wenn man weiß, wie viele Milliarden die Kommunen für die Umsetzung der Kinderbetreuung zur Verfügung stellen. Ich sage Ihnen, wie die Platzkosten und die Beteiligung des Landes daran aussehen. Die Beteiligung des Landes an den Kosten für Kindergärten beträgt 2 %, bei U 3 8 % und bei Horten etwa 2 % – keine Bundesmittel, die Sie durchleiten, also 2, 2 und 8 %. Das ist die Beteiligung des Landes an den Platzkosten der Kinderbetreuung.
Wenn Sie dann davon sprechen, das sei eine gemeinsam gestemmte Aufgabe von Land und Kommunen, dann muss ich fragen: Herr Minister, was haben Sie eigentlich zu sich genommen? Es kann doch nicht wahr sein, dass Sie so etwas hier behaupten. Das ist lediglich ein Anerkennungsbeitrag für die Kommunen. Aber von einer realen Beteiligung an den tatsächlich entstandenen Kosten, die dokumentiert, dass Sie es mit Ihren Sonntagsreden ernst meinen, dass es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, davon sind wir im Land meilenweit entfernt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist immer so: Wenn ich hier hochgehen und jemanden loben möchte, dann tut er irgendetwas, was mich wieder davon abbringt. So ist es auch bei Ihnen, Herr Minister. Ich wollte Sie – übrigens auch den Kollegen Rock – eigentlich dafür loben – –
Herr Schork, seien Sie doch nicht so aufgeregt. Warten Sie doch ab. – Ich wollte Sie dafür loben, dass Sie immerhin zum Thema Mindestverordnung gesprochen haben, wie übrigens auch der Kollege Rock, der damit einen wohltuenden Kontrast zur Kollegin Wiesmann gebildet und immerhin zur Sache geredet sowie ein paar Dilemmata aufgezeigt hat; das will ich ausdrücklich anerkennen. An der Stelle muss man weiter diskutieren.
Aber, Herr Grüttner, aus dieser Angelegenheit, aus diesem vollständigen juristischen Debakel nachträglich einen Sieg machen zu wollen – das ist so zum Scheitern verurteilt wie irgendetwas. Niemand – jedenfalls nicht in diesem Saal, mich eingeschlossen – hat bestritten, dass das Land diese Verordnung erlassen darf. Das zu bestreiten hatte das Ziel, die Finanzierungsfrage zu regeln.
Da haben Sie nun etwas getan, was Sie schon bei der Flughafendebatte getan haben: Sie haben etwa so argumentiert, dass Sie sich hierbei eigentlich ganz gerne haben verklagen lassen, damit hinterher Rechtssicherheit herrscht. – Die Rechtssicherheit hätten Sie haben können, wenn Sie
Ihrem Amtsvorgänger gefolgt wären, der genau das vorausgesagt hat, was jetzt eingetreten ist, nämlich dass das Land in der Frage der Mindestverordnung selbstverständlich, wie auch bei ähnlich gelagerten Fällen in der Zukunft, vollständig für die Kosten einstehen muss.
Zweiter Punkt. Ich bin übrigens nicht vollständig davon überzeugt, dass es stimmt, was Sie sagen, nämlich dass es sich aus dem Urteil so unzweideutig ergibt, dass auch keine rückwirkende Erstattung stattfindet. Diese Passage fand ich bemerkenswert dunkel und auslegungsbedürftig. Aber darüber wird wahrscheinlich noch streitig geredet werden, genauso wie über die tatsächliche Höhe des zu erstattenden Betrags.
Wir hätten allerdings schon erwartet, dass Sie uns sagen, wann dies alles stattfinden wird und ob Sie der Auffassung sind, noch in diesem Jahr zu einer vollständigen und die Kommunen zufriedenstellenden Regelung kommen zu werden. Wir hätten erwartet, dass Sie uns sagen, wie Sie auch die rückwirkenden Mittel, von denen Kollege Rock gesprochen hat, zur Verfügung stellen, ohne dass Sie es woanders einsammeln. Wir hören ja schon, wo Sie offensichtlich überall im Gespräch sind, dies über den Abbau von Sozialleistungen gegenzufinanzieren. Das rumort schon die ganze Zeit in der sozialpolitischen Landschaft. Dazu haben Sie jetzt nicht so furchtbar viel gesagt.
Zum U-3-Bereich will ich übrigens nichts mehr sagen; der Kollege Bocklet hat erschöpfend dargestellt, wo wir in dieser Frage stehen. Das war eigentlich auch nicht Gegenstand der heutigen Debatte. Der Gegenstand der Debatte ist und bleibt die Frage, wie wir zukünftig zu einer vernünftigen, verlässlichen und zwischen Bund, Ländern und Kommunen fair aufgeteilten Verteilung der Lasten für die dauerhafte Finanzierung kommen; das ist der Punkt.
Ich bin seit Langem fest davon überzeugt, dass dies das eigentliche Hemmnis beim Ausbau von U 3 war. Anstelle der Kommunen – ich sage Ihnen, wie ich und viele andere darüber denken – würde ich auch zögern, auszubauen, wenn ich nicht wüsste, ob ich das im Jahr 2012, 2013, 2014 oder 2015 unter den aktuellen Bedingungen der Kommunalfinanzen, unter den Bedingungen der Schuldenbremse sowie unter den Bedingungen des Schutzschirms noch werde finanzieren können. Das würde ich mir überlegen. Das Ganze hat sicherlich nicht beschleunigend auf die Ausbauentscheidungen bei den Kommunen und den freien Trägern gewirkt; davon bin ich fest überzeugt.
In jedem Falle aber ist es die zu lösende Zukunftsaufgabe für den Bereich der Kinderbetreuung. Wenn wir es nicht schaffen, zu einer gesamtgesellschaftlichen Zukunftsaufgabe ersten Ranges eine gesamtstaatliche Finanzierung unter substanzieller Beteiligung der Länder, auch des Landes Hessen, mit nennenswerten – und darum ging es – eigenen Mitteln zu kommen, dann werden wir an dieser großen Aufgabe scheitern bzw. sehr deutlich unter den Notwendigkeiten bleiben, und das auf Dauer. Das wird auf Dauer schädliche Konsequenzen für alle haben – sowohl für diejenigen, die ihre Kinder in Einrichtungen geben, wie auch für diejenigen, die das nicht tun.
Ich will es noch einmal sagen: Sie haben der Versuchung nicht widerstehen können, beim Betreuungsgeld noch ein bisschen in der Gegend herumzuholzen. Ich erkläre es nun zum x-ten Mal: Wir haben Respekt vor den Betreuungsleistungen der Eltern, wo immer sie auch erbracht werden. Wir – ganz besonders wir – haben nicht die Absicht, zu irgendeiner Verstaatlichung der Kindererziehung beizutragen. Das ist schon deswegen nicht der Fall, weil
und a priori nicht verstaatlicht sein können. Dies ist auch der Grund, warum wir als hessische SPD-Landtagsfraktion uns in der Frage der Kindergartenpflicht sehr klar positioniert haben. Da höre ich bei Ihnen manchmal andere, die das für manche Eltern doch gerne einführen würden. Vielleicht sollten Sie das einmal in Ihren eigenen Reihen klarstellen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Merz. – Damit sind wir am Ende der Aussprache. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.
Ich gehe davon aus, dass der Antrag der Abg. Dr. Spies, Merz, Decker, Müller (Schwalmstadt) (SPD) und Fraktion betreffend Kindertagesstättenfinanzierung verbessern – Konnexität respektieren – Betreuungsgeld verhindern, Drucks. 18/5840, sowie der Dringliche Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend „Betreuungsgeld“ verhindern und frühkindliche Bildung stärken, Drucks. 18/5876, an den Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen werden.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Hessisches Landesplanungsgesetz – Drucks. 18/ 5833 –
Die vorgesehene Redezeit beträgt 7,5 Minuten. Vonseiten der Landesregierung wird Herr Staatsminister Rentsch den Gesetzentwurf einbringen. Bitte schön, Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung bringt heute den Gesetzentwurf zur Neufassung des Hessischen Landesplanungsgesetzes auf den Weg. Das ist vielleicht nicht das Thema, das jeden einzelnen Abgeordneten interessiert, aber für alle Bürgerinnen und Bürger und für alle, die in diesem Land aktiv sind, eine sehr wichtige rechtliche Grundlage. Insofern verdient sie große Aufmerksamkeit; ich freue mich, dass auch einige Abgeordnete nicken.
Die Umsetzung dieses Gesetzentwurfs ist Ausfluss der Föderalismuskommission und der Föderalismusreform. Im Rahmen dieser Umsetzung geht es um die Zuordnung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen dem Bund auf der einen und uns auf der anderen Seite.
Im Rahmen der Neufassung des Raumordnungsgesetzes hat der Bund sehr stark auf seine Gesetzgebung Wert ge
legt und sie sehr weitgehend in Anspruch genommen. Deshalb dient unser Entwurf auf der einen Seite schwerpunktmäßig der Entwirrung und Wiederherstellung klarer rechtlicher Verhältnisse im Rahmen der Raumordnung. Er dient auf der anderen Seite auch der Ausfüllung von Perspektiven von Freiraum, die uns der Bund bei dieser Frage gelassen hat.
Die Klarstellung der besonderen Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltungsbefugnisse ist ein zentraler Punkt in diesem Gesetz, ebenso die Möglichkeit zur Einflussnahme auf Landes- und Regionalplanung. Eine besondere Bedeutung kommt dem Bereich der erneuerbaren Energien bei der Energieversorgung zu, die letztendlich Ausfluss aus der Gesetzgebung sein werden. Der Landesentwicklungsplan und die Regionalpläne müssen auch in Zukunft derartige Feststellungen enthalten. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, der in den einzelnen Regionen unseres Landes parteipolitisch nicht ganz unumstritten ist.
Der Landesentwicklungsplan wird – dies ist ein zentraler Punkt – auch in Zukunft als Rechtsverordnung durch die Landesregierung festgestellt und dann von diesem Landtag verabschiedet. Das ist übrigens einer der Gründe, warum das Bundesverwaltungsgericht dem Nachtflugverbot, das wir im Rahmen des Landesentwicklungsplans verankert haben, auch noch einmal eine besondere Bedeutung beigemessen hat, weil in Hessen ein Landesentwicklungsplan gesetzgeberisch vom Landtag als Legislative seine Zustimmung finden muss und eine höhere Qualität hat als in anderen Ländern. Insofern ist das ein ganz wichtiger Punkt, den wir von seiner Bedeutung her so gelassen haben.
Wir haben die Verfahren für die Aufstellung der Regionalpläne erheblich vereinfacht. Vor allen Dingen haben wir auch das Thema Offenlage so formuliert, dass es für Transparenz sorgt, was ganz wichtig ist. Auch das Thema neue Medien ist in diesem Bereich eingeführt worden.
Der Entwurf enthält Klarstellungen zur Entflechtung der Beschlussfassung und Genehmigung in raumordnerischen Festlegungen und bauplanungsrechtlichen Festsetzungen im Regionalen Flächennutzungsplan. Das ist viel Fachchinesisch, aber viele wissen, dass sich das häufig überschneidet und zu Problemen in der Praxis führt. Insofern haben wir hier eine gesetzgeberische Grundlage geschaffen, die das Ganze entzerrt.
Meine Damen und Herren, all das zeigt, dass dies ein sehr sinnvoller Entwurf ist. Es ist ein Entwurf, auf den wir uns in diesem Landtag hoffentlich einmal einigen können. Aber es ist natürlich auch ein Entwurf, der versucht, das zu nutzen, was wir an Gesetzgebungskompetenz vom Bund überlassen bekommen haben. In diesem Sinne freue ich mich auf eine spannende und sachliche Debatte zu diesem Thema. Ich hätte nichts dagegen, wenn wir dieses Gesetz gemeinsam beschließen könnten. – Vielen Dank.
Herr Staatsminister Rentsch, ich danke Ihnen für die Einbringung. – Ich eröffne die Aussprache. Die erste Wortmeldung stammt von Herrn Kollegen Warnecke von der SPD-Fraktion. Bitte schön.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Lannert hatte vorhin davon gesprochen, dass Hessen vorn sei. Wir sind nicht vorn bei der Umsetzung dessen, was aus dem Raumordnungsgesetz des Bundes erwächst: ein Landesplanungsgesetz zu beschließen.
Jetzt könnte man erst einmal die Frage stellen, die Frau Wissler vorhin angesprochen hat: Wieso beschließt eine CDU-geführte – so wurde es formuliert – Landesregierung ein Landesplanungsgesetz?
Normalerweise müssten Sie sich einen besseren Begriff einfallen lassen, beispielsweise Landeszukunftswettbewerbsregionalgesetz oder so etwas, möglichst lang.