Protokoll der Sitzung vom 06.09.2012

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort erhält nun Frau Kollegin Ravensburg für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Wir begrüßen natürlich den vorliegenden Gesetzentwurf zur Novelle des KindergesundheitsschutzGesetzes als einen wesentlichen und unverzichtbaren Baustein des Kinderschutzes in Hessen.

Herr Dr. Spies, ich bin sehr traurig. Bisher hatten wir hier in diesem Hause einen Konsens. Der bestand auch schon bei dem Gesetz 2007. Sie haben diesen Weg im Ausschuss mit Ihrer Stimmenthaltung noch mit verfolgt. Jetzt werden Sie dagegen stimmen. Das finde ich äußerst – –

(Petra Fuhrmann (SPD): Wir enthalten uns! – Minister Stefan Grüttner: Ihr wusstet es am Anfang nicht!)

Sie enthalten sich jetzt plötzlich. Gut, dass das jetzt angekommen ist. Vielleicht einigt sich die Fraktion darauf, wie sie abstimmt.

Wir halten diesen Gesetzentwurf zur verpflichtenden U-Untersuchung für einen ganz wesentlichen Baustein.

Zu Herrn Bocklet möchte ich sagen: Nur weil die vielen Maßnahmen, die Hessen sonst noch macht, aus der Systematik heraus nicht in den Gesetzentwurf hineinpassen, muss man doch sagen: Hessen macht es doch.

Ich möchte das nur einmal erwähnen. Es gibt das Programm „Keiner fällt durchs Netz“. Es gibt große Bemühungen der Familienhebammen, die jetzt im Bundeskinderschutzgesetz ihren Niederschlag gefunden haben.

Eine ganz wichtige Bemerkung möchte ich dazu noch machen: Seit diesem Gesetz hat sich in Hessen einiges verändert. Da möchte ich insbesondere die Sensibilisierung all der Gruppen nennen, die am Kinderschutz beteiligt sind. Dort hat sich ein ganz neuer Umgang mit dem Thema Kinderschutz entwickelt. Viele Mitarbeiter sind geschult worden. Vorbehalte und Ängste konnten aus dem Weg geräumt werden, auch solche, die hinsichtlich des Datenschutzes bestanden. Mittlerweile nehmen 98 % der Kinder an den U-Untersuchungen teil. Schon allein unter dem Gesichtspunkt der Prävention ist das ein Riesenerfolg.

Herr Dr. Spies, dass das jetzt nicht kontrolliert werden muss, dass die Jugendämter nicht verfolgen müssen, ob die Kinder bei der JU – – Verzeihung, ich meinte natürlich die J1-Untersuchung, die sehr sinnvoll und richtig ist. Da bin ich mir sehr sicher, denn das ist eine ganz andere Altersgruppe als die, die wir mit unserem Kindergesundheitsschutz-Gesetz ansprechen wollen.

Ich möchte noch eines bemerken: Ja, wir wissen, es ist für die Jugendämter ein Mehraufwand. Deshalb finde ich es auch richtig und wichtig, dass aufgrund dieser Gesetzesnovelle die Vertreter der Jugendämter zukünftig Mitglieder im Beirat des Kindervorsorgezentrums sind. Sie können ihre Erfahrungen mit einbringen, und sie können Anregungen mit einbringen, wie man die Verfahren und den Bürokratismus klein halten kann.

Aber ich stimme völlig mit Herrn Bocklet und auch mit dem Herrn Minister überein: Wenn mit diesem Verfahren nur ein einziges Kind vor weiterer Vernachlässigung oder Misshandlung bewahrt werden kann, dann haben die verpflichtenden U-Untersuchungen ihren Zweck erfüllt.

Wir bitten um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. Wir werden ihm zustimmen, denn das ist ein wichtiger Baustein für den Kinderschutz in Hessen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Wer hätte das gedacht?)

Das Wort hat Herr Abg. Rock für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Alle inhaltlich wichtigen Punkte dieses Gesetzentwurfs sind bereits aufgeführt worden. Die Argumentation ist allseits bekannt. Es ist kein neues Gesetz. Das Gesetz wurde einer leichten Anpassung unterzogen, weil das ein Bundesgesetz erfordert hat. Auch eine Evaluation ist erfolgt.

Als dieses Gesetz in Kraft gesetzt worden ist, war es jedem klar, dass wir sehr viele Ressourcen in die Hand nehmen, um eine gewisse kleine Anzahl von Kindern herausfiltern zu können – für die das aber auch dringend geboten ist. Die Zielgenauigkeit war immer der kritische Punkt.

Die Frage ist jetzt, wie man das bewertet. Ist es einem dieser Ressourceneinsatz wert, einer kleinen Anzahl von Kindern zu helfen? Diese Entscheidung muss man hier treffen, indem man diesem Gesetzentwurf zustimmt oder ihn ablehnt.

Wir werden diesem Gesetzentwurf natürlich zustimmen. Er entfaltet auch noch einige positive Nebenwirkungen im Gesundheitsschutz – über das hinaus, was wir erreichen wollten. Das, was man kritisieren kann – den hohen Ressourceneinsatz –, haben wir bewusst in Kauf genommen. Darum werden wir diesem Gesetzentwurf zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Frau Abg. Schott, Fraktion DIE LINKE, hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, ich bin sehr dafür, dass diese U-Untersuchungen verpflichtend sind. Ich finde das Ergebnis auch richtig gut. Wir können um jedes Kind froh sein, das einem schlimmen Schicksal entgeht. Insofern teile ich die Intention dieses Gesetzentwurfs voll und ganz.

Ich bedauere, dass wir es jetzt nicht geschafft haben, den bürokratischen Aufwand ein Stück zu entrümpeln. Das wäre möglich gewesen, und das hätte man tun sollen. Ich hoffe aber, das wird in den nächsten Jahren noch geschehen. Bei mehr Erfahrung mit diesem Gesetz und deutlich mehr Routine wird das vielleicht noch möglich sein. Aus diesem Grund werden wir uns enthalten. Inhaltlich stehen wir aber dazu, dass diese Untersuchungen gut und wichtig sind und dass es richtig ist, dass sie durchgeführt werden und es dadurch für mehr Kinder eine größere Sicherheit gibt. – Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Herr Sozialminister.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich ausdrücklich dafür, dass in den Redebeiträgen aller Vertreter der Fraktionen im Hessischen Landtag deutlich geworden ist, dass sämtliche Maßnahmen, die die Unversehrtheit des Lebens der Schwächsten unserer Gesellschaft schützen, nämlich unserer Kinder, ergriffen werden müssen und dies die Zustimmung innerhalb des Hessischen Landtags finden wird. Dort, wo diejenigen, die den größten Schutz des Staates brauchen, von diesem Schutz verlassen sind, wird die Gesellschaft ärmer.

Deswegen darf man ein Kindergesundheitsschutz-Gesetz nicht auf seinen Regelungsgehalt reduzieren, sondern muss es im Kontext zu vielen Maßnahmen sehen, die ergriffen werden. Da hat die Frau Kollegin Ravensburg schon die frühen Hilfen genannt, Familienhebammen, das Netzwerk gegen Gewalt und vieles andere mehr.

Zweiter Punkt. Wir haben noch einmal eine Abfrage bei den hessischen Jugendämtern gemacht. Im Jahr 2011 sind auf der Grundlage der Hinweise durch U-Untersuchungen oder durch Nichtteilnahme an U-Untersuchungen des Hessischen Kindergesundheitsschutz-Gesetzes drei Fälle bekannt geworden, in denen Kinder einer akuten Kindeswohlgefährdung ausgesetzt waren. Darüber hinaus ist eine ganze Reihe von Jugendhilfemaßnahmen ergriffen worden.

Damit will ich verdeutlichen, dass dieses Gesetz auch eines seiner Ziele erreicht, die damit intendiert gewesen sind.

Dritter Punkt. Wir können es nicht auf die J1-Untersuchungen – nein, ich sage jetzt nicht „JU“, und ich sage auch nicht „Juso-Untersuchungen“ oder anderes, sondern „J1-Untersuchungen“; Herr Grumbach, ich habe Ihr Lachen gesehen – ausweiten, dort bestehen verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf Art. 6 Abs. 2 unseres Grundgesetzes. Außerdem wissen wir, dass ab dem 6. Lebensjahr die soziale Kontrolle durch Schulbesuch und anderes eine ganz andere Rolle spielt als im Alter von 0 bis 6 Jahren. Dabei erfolgen natürlich die U1- bis U3-Untersuchungen innerhalb eines recht kurzen Abstandes und innerhalb einer kritischen Situation. Auf jeden Fall findet ab dem 6. Lebensjahr eine stärkere soziale Kontrolle statt. An dieser Stelle ist neben den verfassungsrechtlichen Bedenken, die bestehen, das Kindergesundheitsschutz-Gesetz auf die U-Untersuchungen konzentriert.

Wir wissen um die Klagen wegen Bürokratie und anderem. Deswegen haben wir in zwei Jugendamtsbezirken –

im Main-Taunus-Kreis und im Kreis Frankfurt – eine Evaluation dieses Gesetzes befürwortet. Wir gehen diese Evaluation an. Gleichzeitig haben die Jugendämter im Kindervorsorgebeirat einen Sitz, sodass wir davon ausgehen können, dass die Expertise der hessischen Jugendämter dort Einfluss findet.

Letztendlich hat sich dieses Gesetz bewährt. Es passt noch die Regelungen aus dem Gendiagnostikgesetz an, gerade was das Stoffwechselscreening anbelangt. Aber da sind wir so etabliert, dass viele Eltern dieses Angebot in Hessen wahrnehmen werden, ohne dass es dafür eine gesetzliche Regelung gibt.

Insgesamt ist dieser Gesetzentwurf gut, und ich bitte um Zustimmung des Hessischen Landtags.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen in der zweiten Lesung vor.

Damit kommen wir zur Abstimmung. Wer diesem Gesetzentwurf in zweiter Lesung seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit stelle ich fest, dass dieser Gesetzentwurf in zweiter Lesung bei Zustimmung durch die Fraktionen von CDU und FDP und Enthaltung der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE angenommen worden ist und zum Gesetz erhoben wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, wir sind gut in der Zeit. – Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst und anderer Vorschriften – Drucks. 18/6049 zu Drucks. 18/5726 –

Berichterstatterin ist Frau Kollegin Bächle-Scholz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet: Der Sozialpolitische Ausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung anzunehmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank. – Ich erteile Ihnen gleich das Wort zur Aussprache. Frau Bächle-Scholz für die CDU-Fraktion.

Meine Damen und Herren, Herr Präsident Kartmann! Bei dem uns vorliegenden Gesetzentwurf handelt es sich nicht um spektakuläre Änderungen bzw. Neuerungen.

(Demonstrativer Beifall der Abg. Kordula Schulz- Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Vielmehr werden durch diesen Entwurf einige Präzisierungen und Ergänzungen an dem bisherigen Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst vorgenommen.

Grundsätzlich dient dieses Gesetz der Förderung und dem Schutz der Gesundheit der gesamten Bevölkerung. Somit hat das HGöGD eine Bedeutung im Rahmen der Gefahrenabwehr. Aber auch schon im Vorfeld werden Maßnahmen der Prävention geregelt. Daher ist eine differenzierte Aufgaben- und Verfahrensbeschreibung der einzelnen Bereiche erforderlich.

In diesen Regelungsumfang gehören so unterschiedliche Dinge wie die Schuleingangsuntersuchung, die Berufe im Gesundheitswesen, die hygienische Überwachung von Einrichtungen und die Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten. Gerade in diesem Bereich haben Ereignisse aus den letzten Jahren wie die Gefahr einer Grippepandemie oder das Ausbreiten der Schweinegrippe gezeigt, dass in einigen Punkten Änderungsbedarf besteht.

Wenn ein Gesetz verlängert wird, muss man dies zum Anlass nehmen, an der einen oder anderen Stellschraube zu drehen. Bei dieser Gelegenheit werden die Erfahrungen aus der Praxis aller Beteiligten einbezogen. So hat auch der Ausschuss eine Anhörung durchgeführt. Hierbei ging es vielfach um redaktionelle Klarstellungen oder Anpassungen an geänderte Gesetzeslagen.