Sie haben 400 Millionen € zusätzliche Befreiung für Unternehmen generiert, und zwar für Unternehmen, die es nicht nötig haben, weil sie nicht stromintensiv sind. Und auf wessen Schultern werden die verteilt? Auf den Schultern der Verbraucherinnen und Verbrauchern wie auch auf den Schultern der kleinen Unternehmen; das ist die Wahrheit.
Dann gibt es noch die Polemik zu den übersubventionierten erneuerbaren Energien. Wirtschaftsminister Rentsch und sein „großer Bruder“ Brüderle wollen deshalb auch das Fördersystem für erneuerbare Energien absetzen. Sie wollen einen Deckel für den Ausbau schaffen, ein Quotenmodell. Wen fördert das? – Wen überrascht es: die großen Akteure auf dem Markt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So eine Überraschung!)
Die kleinen Genossenschaften und die kleinen innovativen Unternehmen würden zugrunde gehen. Ganze Branchen würden zugrunde gehen, Großbritannien hat es gezeigt. Die Solarbranche, Windkraft auf dem Meer – dafür sind wir doch normalerweise. Und jetzt – ich dachte wirklich, ich sei im falschen Film – fordert Brüderle in den letzten Tagen ein Moratorium für den Ausbau von erneuerbaren Energien. Meine Damen und Herren, das müssen Sie sich einmal vorstellen: Die FDP fordert ein staatlich angeordnetes Wirtschaftszerstörungsprogramm.
Das glaube ich sehr wohl. – Wir haben es Umweltministerin Puttrich hoch angerechnet, dass sie endlich einmal gezeigt hat, wo die klare Kante ist und dass Wirtschaftsminister Rentsch nicht weiter so agieren kann.
Herr Ministerpräsident Bouffier – vielen Dank, dass Sie auch einmal da sind –, wir haben darauf gewartet, dass Sie sich auf die Seite der Umweltministerin stellen und endlich einmal klargemacht wird, was wahre Energie- und Umweltpolitik ist.
Wo waren Sie denn? Jetzt sind Sie sogar der Umweltministerin in den Rücken gefallen und haben sich auf die Seite des Wirtschaftsministers geschlagen. Sie hatten schon einmal das Problem, dass eine Umweltministerin gegangen ist, weil sie an den eigenen Reihen gescheitert ist. Wollen Sie das wirklich ein zweites Mal provozieren?
Meine Damen und Herren von FDP und CDU, Sie bleiben leider vasallentreu. Energiepolitik ist und bleibt für Sie das, was die großen vier Energiekonzerne Ihnen sagen, was Energiepolitik sein sollte.
Statt die Energierevolution zu beginnen, sind Sie schon längst dabei, die Konterrevolution durchzuführen.
Meine Damen und Herren, wir stehen weiter für die Energiewende. Wir stehen auch weiter zum Hessischen Energiegipfel. Ich hoffe, Sie besinnen sich noch. Wir haben die Bürgerinnen und Bürger auf unserer Seite. Wir haben die Kommunen auf unserer Seite, die Stadtwerke und viele, viele Unternehmen in Hessen – Sie sind alleine.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich gleich zu Beginn feststellen: Diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben die Energiewende nie wirklich gewollt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zurufe von der CDU und der FDP)
Herr Bouffier, Sie waren Getriebener der Kanzlerin. Aber solange es opportun war, haben Sie sich als Vater des hessischen Energiekonsenses inszeniert.
Im „Bild“-Interview vom Montag sprechen Sie vom „Wildwuchs der erneuerbaren Energien“, den es zu stoppen gelte. Ich frage Sie einmal ganz konkret: Wo in Hessen haben wir denn Wildwuchs? Sie erwecken geradezu den Eindruck, als ob Sie an jeder Straßenecke eine Windkraftanlage aufbauen könnten. Genau das Gegenteil ist doch der Fall.
In Hessen haben wir zu wenig Windkraft. Das haben Ihnen die Gerichte doch bestätigt. Die Regionalpläne in Nord- und Mittelhessen sind wegen zu geringer Windkraftfläche aufgehoben worden. Selbst der südhessische ist gar nicht erst genehmigt worden, weil viel zu wenig Windkraft ausgewiesen wurde. Das ist die Realität, nicht aber Wildwuchs, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU: Sie ha- ben keine Ahnung! – Anhaltende Unruhe – Glo- ckenzeichen des Präsidenten)
In den gleichen Interviews sprechen Sie davon, dass wir Deutschlands Industrie nicht abwürgen dürfen. – Was für ein Quatsch. Es waren doch Ihre Parteifreunde in Berlin, die die Befreiung von der EEG-Umlage auf immer mehr Industrieunternehmen ausgeweitet haben, und zwar zulasten des Mittelstandes und zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher.
Ich weise Sie darauf hin, dass die Industrie gerade von den erneuerbaren Energien profitiert, nämlich durch sinkende Preise an der Strombörse. Aktuelle Zahlen für Direktabnehmer an der Leipziger Strombörse: 10 % bis 20 % niedriger als noch vor vier Jahren. Statt solch einen Unsinn zu erzählen, sollten Sie lieber dafür sorgen, dass Ihre Freunde von E.ON und RWE die Preissenkung endlich an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben.
In Ihrem Regierungshandeln konterkarieren Sie eines der wenigen konkreten Ergebnisse des Hessischen Energiegipfels, nämlich die 2 % in Hessen als Windvorrangfläche auszuweisen. In dem Entwurf des Landesentwicklungsplans steht das nicht als Ziel, sondern als läppischer Grundsatz, von dem man auch abweichen kann. In Kombination mit dem Entwurf des Windenergieerlasses sehen namhafte Experten das 2-%-Ziel als mehr als gefährdet an, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das überrascht aber nicht wirklich; denn in Ihren eigenen Reihen laufen noch immer Kollegen gegen Windkraft Sturm.
Ich zitiere Herrn Banzer laut „FAZ“ vom 1. September 2012. Er hat sogar von „Blockwartmentalität“ gesprochen, weil sich die Kollegen von Rot-Grün in der Regionalversammlung Südhessen für das 2-%-Ziel ausgesprochen haben. Das ist eine unglaubliche sprachliche Entgleisung, Herr Kollege Banzer. Da bedarf es einer Entschuldigung.
Aber Sie lassen auch Ihre eigene Umweltministerin im Regen stehen. Während Frau Puttrich bei „hr-iNFO“ am 21. August 2012 die Vorstöße ihres Kabinettskollegen Rentsch zur Einführung eines Quotenmodells zur weiteren Förderung der erneuerbaren Energie völlig zu Recht zurückwies, begrüßte der umweltpolitische Sprecher, der Kollege Stephan, einen Tag zuvor auf dem VhU-Forum diesen Vorstoß noch ausdrücklich.
Frau Puttrich sagte, das EEG habe sich im Grunde bewährt, und zum Ausbau dezentraler Energieversorgungsstrukturen dieser Art brauche man auch weiterhin eine garantierte Förderung mittels Umlage. – Frau Puttrich, ich gebe Ihnen selten recht, aber in dieser Frage haben Sie völlig recht.
Doch Herr Stephan hat noch einen Tag zuvor in einer Pressemeldung erklärt, das EEG habe seinen Zweck erfüllt, und es bedürfe keiner weiteren Förderung von Stromerzeugung mehr.
Am Montag sprang dann Herr Bouffier nicht etwa seiner Umweltministerin zur Seite, sondern er stärkte Herrn Rentsch und Herrn Stephan den Rücken, indem er forderte, Öko-Subventionen zu beenden. – Was für ein Durcheinander.
Wenn Schwarz-Gelb heute den von uns vorgelegten Entschließungsantrag ablehnt, der sich fast ausschließlich aus Zitaten von Frau Puttrich zusammensetzt, dann beschädigen Sie Ihre Umweltministerin dauerhaft, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Sie konnten sich ja noch nicht einmal dazu aufraffen, unserem Antrag einen eigenen Antrag entgegenzustellen, der die Schmach für die Umweltministerin wenigstens etwas eingegrenzt hätte. Selbst dazu haben Sie sich nicht aufraffen können. Das lässt tief blicken.
Ein gewisses Déjá-vu-Erlebnis stellt sich da bei mir ein. Bereits Ihre Vorgängerin im Amt, Frau Lautenschläger, ist an den Widerständen in den eigenen Reihen gescheitert. Sie hatte damals den Auftrag von Ministerpräsident Koch, Hessen zu einem Musterland der erneuerbaren Energien zu machen.
Während Frau Lautenschläger wenigstens noch ihren Ministerpräsidenten hinter sich wusste, fällt Ihnen, Frau Puttrich, Herr Bouffier sogar auf offener Bühne in den Rücken.
Sie sind darauf angewiesen, dass Ihnen die Opposition in dieser Frage zur Seite springt, Frau Puttrich. Das ist weder für Sie noch für uns angenehm, aber der Sache wegen notwendig.