Auf eine solche Idee kommen Sie aber nicht. Mit einer erstaunlichen Selbstverständlichkeit hintergeht die Stahlhelm-Fraktionsführung der CDU die Mitglieder des Haushaltsausschusses.
Herr Minister, im Übrigen stehen auch Sie im Wort. Im Wissen, dass DIE LINKE hierzu als einzige Fraktion bereits im April einen Entwurf vorgelegt hat, hätten Sie genug Zeit gehabt, zu reagieren. Ich hätte gerne einmal eine Erklärung von Ihnen dazu gehört, wenn Sie bereits im Haushaltsentwurf die Erhöhung der Grunderwerbsteuer zum 01.01.2013 einplanen, dann aber kein eigenes Begleitgesetz vorlegen.
Herr Dr. Schäfer, entweder hatten Sie vor, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen und ihn zu unterstützen, oder Sie sind mit den Regierungsfraktionen nicht über den Inhalt einig geworden. Dann aber hätten Sie vielleicht auch die Größe haben sollen und uns letzte Woche im Ausschuss mitteilen können, dass es inhaltliche Bedenken gibt. Das haben Sie aber nicht. Stattdessen gehen Sie darüber hinweg, wenn die Regierungsfraktionen im Ausschuss so tun, als ob sie zu gemeinsamen Lösungen beitragen und eine Vereinbarung treffen, von der sie wissen, dass sie sie nicht einhalten werden.
Herr Kollege, vielen Dank für die Möglichkeit. Sie haben den Ausdruck „Stahlhelm-Fraktionsführung“ gebraucht.
In Hessen halte ich den Ausdruck für richtig und angemessen. Das zeigt sich im Grunde genommen in der Anlage.
Herr Minister, stattdessen gehen Sie auch darüber hinweg, wenn die Regierungsfraktionen – wie gesagt – im Ausschuss so tun, als ob sie zur gemeinsamen Lösung beitragen.
Herr Schäfer und meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, ich erspare mir jetzt die Anmerkung, dass vielleicht eine öffentliche Entschuldigung angebracht wäre. Aber auch diese würde in diesem Hause von den kalten Kriegern der CDU-Fraktion sicherlich verhindert werden. So ist es, wie es ist. Wir sind uns in der Sache einig, aber Schwarz-Gelb macht den Hessischen Landtag zum letzten Kampfplatz des Kalten Krieges. Es mutet an wie auf einem Kinderspielplatz.
(Holger Bellino (CDU): Unverschämt! Sie sind doch noch von der Wende verweht! – Weitere Zurufe der Abg. Clemens Reif und Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))
Ganz nebenbei werden Herr Caspar und Herr Krüger hier vorgeführt, die sich in der letzten Sitzung noch eindeutig gegen die Steuererhöhung ausgesprochen haben, ebenso Herr Blechschmidt. Sie sind ja Mitglied des Vorstandes von Haus & Grund und haben sicherlich die Anhörung genossen, weil im Grunde Ihr eigener Verband gegen die Anhebung der Grunderwerbsteuer gewettert hat.
Wenn ich mir das Protokoll der ersten Lesung unseres Gesetzentwurfs vornehme, dann frage ich mich schon, was Herr Caspar und Herr Krüger heute dazu sagen würden. Ich habe den Eindruck, bei CDU und FDP gilt – und das in bemerkenswert vielen Politikfeldern – der Grundsatz, der einen neuen Urstand führt: Was geht mich mein Geschwätz von gestern an?
Herr Krüger, was hat Sie denn dazu bewegt, Ihre Haltung zu ändern? Immerhin haben Sie uns erklärt, dass nur – ich zitiere – die „Unbelehrbaren“ auf die Idee kommen könnten, an der Steuerschraube zu drehen.
(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der LINKEN und der SPD: Hört, hört, hört!)
Haben Sie sich jetzt etwa zum Unbelehrbaren bekehren lassen? Lassen Sie uns doch einmal an Ihren Überlegungen teilhaben. Ich bin sehr gespannt. – Herr Caspar, auch Sie möchte ich fragen, was Sie im Gegensatz zu Ihren Äußerungen im Mai dazu bewegt hat, diese Steuererhöhung jetzt für notwendig und sinnvoll zu halten.
Abschließend vielleicht noch der Hinweis an die Kollegin Erfurth. Sie haben uns in der ersten Lesung gesagt, dass sich die FDP einen Ast gefreut hat, als sie unseren Gesetzentwurf gelesen hat. Ich kann Ihnen sagen: Die Freude ist ganz meinerseits,
denn die ideologischen Sandkastenspiele der Regierungskoalition sind äußerst amüsant, gehen nur leider an der Sache vorbei.
Es mag für Sie von den Regierungsfraktionen besonders erschreckend sein: Der Entwurf entspricht unserem Vorschlag. Deshalb werden wir ihm wie auch unserem eigenen Gesetzesvorschlag zustimmen.
(Günter Rudolph (SPD): Dann ziehen die ihn zurück! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ui!)
Die Chaostage von Schwarz-Gelb gehen weiter. Wenn dabei eine Steuererhöhung herauskommt, die wir in der Sache richtig finden, sei es drum. Dem werden wir uns nicht verschließen. Wir merken: links wirkt. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege van Ooyen. – Als nächster Redner hat sich Kollege Schmitt von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin! Peinlich und albern ist dieser Gesetzentwurf von CDU und FDP. Aber er ist zugleich ein Offenbarungseid für die Finanzpolitik in diesem Land.
Ich will ihm das gern einmal erklären. Wissen Sie, wer noch vor einem halben oder einem Jahr groß verkündet hat: „Wir brauchen das alles nicht“? Der hat gleichzeitig mit einem Ja in der Finanzplanung die Ausgaben um 600 Millionen € erhöht und muss natürlich die Steuern erhöhen. Deswegen sage ich Ihnen: Das ist ein finanzpolitischer Offenbarungseid. Das ist ein Offenbarungseid für Ihre Politik.
Das wissen Sie auch. Diese Steuererhöhung war die Notoperation. Der Koalitionspartner war nicht besonders glücklich. Ich habe den Herrn Caspar hier vorne sonst ein bisschen dynamischer gesehen, wenn er etwas begründet hat.
Ich komme zu der Peinlichkeit und Albernheit Nummer eins. Obwohl ein inhaltlich völlig deckungsgleicher Gesetzentwurf der LINKEN – allerdings ohne Tippfehler wie im Regierungsentwurf – im Verfahren ist, bestehen CDU und FDP auf einem eigenen Gesetzentwurf, und dies, obwohl wir im Haushaltsausschuss darüber gesprochen haben, ob nicht ein gemeinsames Vorgehen möglich ist.
Damit wird wieder einmal deutlich, wie verbohrt die CDU im Umgang mit der LINKEN ist. Meine Damen und Herren, Ihnen geht es nur um Abgrenzung, aber jenseits der inhaltlichen Frage. Und das ist peinlich.
Das ist nur eine Peinlichkeit in diesem ganzen Verfahren. Der Finanzminister hat vor nicht einmal einem halben Jahr getönt, er halte daran fest, die Vorgaben der Schuldenbremse zu erreichen, ohne Steuern und Abgaben zu erhöhen – „FAZ“ vom 17. April 2012.