Protokoll der Sitzung vom 27.09.2012

Die Zahl von rund 1.200 Verwaltungsbeamten in diesem Bereich werden wir in den nächsten drei, vier Jahren um rund 10 % reduzieren. Dann werden wir sehen, ob dort nicht noch weitere Effizienzreserven schlummern, was ich stark vermute.

Was wir gleichzeitig machen, ist, dass wir unseren Schulen damit einen besseren Service und eine verlässliche Verwaltung für die selbstständiger werdenden Schulen bieten.

Das kann man ganz kurz auf einen Punkt bringen: Statt in Amtsstuben investieren wir das Geld der hessischen Steuerzahler in 2.500 zusätzliche Lehrer. Damit unterstreichen wir – da bin ich schon bei meinem Schlusssatz –, dass für uns die Schulen im Blickpunkt stehen, nicht die Verwaltung. – Herzlichen Dank für die Zustimmung.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Nächste Wortmeldung, Frau Abg. Habermann für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Greilich, dass Sie von Anfang an der Auffassung waren, man brauche zu Ihrem Gesetzentwurf keine Beratungen, wissen wir. Am liebsten hätten Sie ihn schon nach der ersten Lesung verabschiedet. Ich glaube aber, bei einem Gesetzentwurf, der sich in der Anhörung und der Parlamentsdebatte als so strittig erwiesen hat, ist es kein symbolischer Akt, sondern die letzte Möglichkeit, Sie zu einem Nachdenken zu bewegen, wenn wir hier eine dritte Lesung machen. Ich muss sagen, ich fand es etwas despektierlich, wie Sie sich dazu geäußert haben.

(Beifall bei der SPD)

Herr Greilich, Tatsachen schafft man einfach nicht aus der Welt, indem man sie ignoriert. Offensichtlich ist zumindest die FDP bereit, Tatsachen zu ignorieren. Tatsache ist – das müssen wir nicht alles noch einmal im Einzelnen wiederholen, da gebe ich Ihnen recht –: Niemand will Ihr Landesschulamt, und niemand braucht Ihr Landesschulamt. Es glaubt auch niemand, dass durch dieses Landesschulamt ein Gewinn für die hessischen Schulen entsteht, wenn sie vor Ort Unterstützung suchen und sich stattdessen an eine zentrale Behörde wenden sollen.

(Beifall des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Herr Greilich, wenn Sie feststellen, dass sich alle einig seien, dass wir eine Reform brauchen, dann bedeutet das noch lange nicht, dass es völlig gleichgültig ist, was der Inhalt dieser Reform ist.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Nur weil Sie auf Ihre Wundertüte Landesschulamt die Aufschrift „Reform“ aufgeklebt haben, heißt das nicht, dass auch etwas Sinnvolles drin ist, denn die Anzuhörenden bezweifeln das. Genau darüber haben wir in der Anhörung und im Parlament lange debattiert.

(Manfred Pentz (CDU): Da bin ich aber mal gespannt!)

Ich will noch einmal einige der Argumente wiederholen. Es wurde der Zeitdruck beklagt, mit dem dieser Gesetzentwurf auf den Weg gebracht wurde und verabschiedet worden ist.

(Ministerin Nicola Beer: Ach!)

Frau Beer, wenn Sie so stöhnen; ich wollte Sie gerade zitieren, denn auch Sie haben den Medien nach der Anhörung erklärt:

Wenn diese Anhörung drei Monate später stattfinden würde, wäre das Ergebnis ein ganz anderes gewesen, weil man dann weiß, was dieses Landesschulamt so alles Gutes für die hessischen Schulen bringt.

(Ministerin Nicola Beer: Das Ergebnis der Anhö- rung wäre anders gewesen!)

Genau, das Ergebnis der Anhörung wäre anders gewesen. Dann frage ich Sie doch: Warum haben Sie denn nicht die Anregung der Anzuhörenden aufgegriffen, die den Zeitdruck beklagt haben, und dafür gesorgt, dass diese drei Monate Zeit entstanden sind?

(Beifall des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Ich glaube, der einzige Grund ist nicht ein inhaltlicher. Der einzige Grund dafür ist, dass Sie, wenn dieses Gesetz später als zum 1. Januar kommt, Angst haben, selbst keine Zeit mehr zu haben, es umzusetzen, weil Sie weder die Gelegenheit noch die Verantwortung haben, so etwas auf den Weg zu bringen. Es gibt auch massive Kritik daran, dass weder Aufgabenverteilung noch Struktur im Landesschulamt erkennbar sind und dass das Gesetz schon aus diesem Grund nicht zustimmungsfähig sei.

(Beifall bei der SPD)

Daher komme ich noch einmal zu der Wundertüte zurück, in der sich das noch alles verbirgt. Wen wundert es eigentlich, dass bei den zahlreichen unliebsamen Überraschungen, die diese Landesregierung den Schulen in der Vergangenheit bereitet hat, niemand die Wundertüte öffnen will, man aber erklärt: „Wir bezweifeln, dass das Landesschulamt an sich überhaupt einen Sinn hat.“

Meine Damen und Herren, das Wenige, das man weiß, trägt nicht zur positiven Bewertung des Gesetzentwurfs bei. Weil Schulen selbstständiger werden, sollen die notwendigen Unterstützungssysteme vor Ort abgebaut und Kompetenzen in eine Zentralbehörde verlagert werden. Das ist ein Paradoxon. Weil die Bildungsverwaltung schneller, effektiver und unbürokratischer arbeiten soll, erhält sie einen neuen bürokratischen Wasserkopf. Das ist ein Witz.

Nicht geregelt wird eine geordnete Fortbildungs- und Weiterbildungsstruktur, was eine zentrale Aufgabe einer solchen neuen Strukturierung gewesen wäre, und diese brauchen die Schulen dringend. Sie ist in Hessen faktisch nicht mehr vorhanden. Nicht geregelt ist auch, wie unter der Überschrift „regionale Bildungslandschaften“ die Kooperation zwischen dem Land und den Schulträgern verstärkt und durch eine neue Aufgabenstellung für die Schulämter befördert wird.

Dieser Gesetzentwurf bleibt eine Ansammlung von Fragezeichen und ungelösten Aufgaben. Er ist in dieser Form

überflüssig, und ich bleibe bei dem, was ich schon das letzte Mal von Montesquieu zitiert habe:

Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Manfred Pentz (CDU): Das soll Ihre Antwort sein?)

Ich beantrage für die Abstimmung am Ende dieser Beratung eine namentliche Abstimmung, d. h., das wird mein Geschäftsführer tun. Aber ich kündige sie an; denn dann hat jeder im Raum sein eigenes kleines Moratorium, in dem er darüber nachdenken kann, ob es wirklich richtig ist, dieses Gesetz auf den Weg zu bringen. Denn Sie stimmen nicht über einen neuen Sandkasten für die hessische FDP ab, sondern Sie stimmen über eine effektive Bildungsverwaltung und darüber ab, ob es den Schulen in Hessen zukünftig besser geht. Ich glaube, Sie könnten ruhig noch etwas länger darüber nachdenken, wenn Sie an diesen Gesetzentwurf denken.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Abg. Cárdenas für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In aller Kürze: Wir lehnen diesen Gesetzentwurf ab. Ihre Beratungsresistenz wird auch am heutigen Tag nicht enden. Also reihe ich mich wortkarg in die lange, lange Reihe der Ablehner dieses Gesetzentwurfs ein. Wie so oft: Mehrheit ist nicht Wahrheit und auch nicht Klugheit. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Nun hat Herr Abg. Wagner für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man ist in der Tat fast sprachlos, wenn man so viel Sturheit und so viel Beratungsresistenz erlebt wie vom Kollegen Greilich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Was wir heute in diesem Hessischen Landtag erleben, ist ein weiterer Tiefpunkt in der politischen Kultur von Schwarz-Gelb.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Heike Habermann (SPD))

Alle Warnungen, alle Ratschläge, all das, was uns die Expertinnen und Experten in der Anhörung gesagt haben, wird in den Wind geschlagen, und alle müssen das ma

chen, was Herr Greilich sich irgendwann einmal ausgedacht hat. Mit einem geordneten Verfahren, mit dem Ernstnehmen von Leuten, die wir angehört haben, mit dem Ernstnehmen des Sachverstandes in der Bildungsverwaltung, hat das überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das ist ein neuer Tiefpunkt in der politischen Kultur. Er ist aber nicht unbekannt. Schwarz-Gelb hat das schon einmal in unserem Land so gemacht, vor acht Jahren bei der Einführung von G 8. Auch da wurden alle Kritiken zurückgewiesen. Es hieß, alle haben unrecht, alle wollen der schwarz-gelben Regierung nur Böses. Acht Jahre später sagen Sie bei G 8: Die hatten alle recht.

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

Wir hoffen, dass es beim Landesschulamt sehr viel schneller sein wird. Das Landesschulamt ist das G 8 der Bildungsverwaltung von Schwarz-Gelb.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das ist eine Monsterbehörde, die keiner will und die keiner braucht.

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

Im Ergebnis – wenn Sie dem nachher, leider, mit Ihrer Mehrheit zustimmen werden – wird die komplette Bildungsverwaltung auf absehbare Zeit mit sich selbst beschäftigt sein. Sie wird nicht damit beschäftigt sein, unsere Schulen zu unterstützen, sondern nur mit dem, was sich Herr Greilich ausgedacht hat. Die Leidtragenden dieser Schnapsidee von Herrn Greilich sind die hessischen Schulen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das Einzige, was am Ende stehen wird, sind Posten für die FDP. Seien Sie sich sicher: Wir werden sehr genau hinschauen, welchen FDP-Versorgungsfall Sie an die Spitze dieses neuen Amtes setzen werden. Herr Greilich, seien Sie sich sicher.