Herr Bocklet, im Übrigen sind Sie der Einzige, der noch einen Krippengipfel fordert. Die Kommunalen Spitzenverbände machen das schon lange nicht mehr, weil wir mit denen schon längst im Gespräch sind und weil sie noch nicht einmal mehr die Investitionsmittel, die wir ihnen zur Verfügung stellen, abrufen können, um entsprechende Plätze zu bauen. Wir stellen denen mehr Geld zur Verfügung, als die verbauen können, und Sie erzählen hier irgendetwas vom Krippengipfel, den wir bräuchten, um das zu machen. Das ist geradezu lächerlich.
Sie wissen überhaupt nicht, wie die Entwicklung in diesem Land ist, sondern halten die Reden von gestern. Insofern lesen Sie die Große Anfrage und die Antwort, dann werden Sie etwas schlauer. Vielleicht haben wir hier dann auch irgendwann fundiertere Debatten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann es wirklich nicht ändern, aber wenn er sich so aufregt, dann muss man dazu noch einmal etwas sagen, nicht so sehr, weil er sich aufgeregt hätte, sondern dazu, worüber er sich aufgeregt hat und was er beim Aufregen gesagt hat. Er hat sich nämlich viel über Dinge aufgeregt, die hier überhaupt niemand gesagt hatte.
(Manfred Pentz (CDU): Wieder nicht zugehört! – Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Regen Sie sich nicht so auf!)
Erstens. Was ich zum Betreuungsgeld gesagt oder, um der Abkürzung willen, zumindest gemeint habe, war,
dass ich allein auf dem Punkt beharre, dass es sich mindestens – das ist dann wieder wörtlich – um eine grandios falsche familienpolitische Prioritätensetzung handelt. Meine Kritik, unsere Kritik am Inhalt und am Ziel des Betreuungsgeldes bleibt erhalten. Wir halten das Betreuungsgeld aus familien-, frauen-, bildungs-, integrations-, sozial- und arbeitsmarktpolitischen Gründen für falsch. Das verbindet uns mit vielen Menschen und Organisationen in diesem Lande.
Ich habe zum Thema Gleichwertigkeit gesagt – das habe ich hier schon oft gesagt, das wiederhole ich –: Die Ent
scheidung von Eltern, ob sie ihre Kinder in einer Einrichtung betreuen lassen oder zu Hause betreuen, ist eine Entscheidung, die nur Eltern treffen können und nur Eltern treffen dürfen, niemand sonst.
Damit sind wir unter anderem bei der Kindergartenpflicht und vielen anderen Dingen. Da befinden wir uns, glaube ich, überwiegend auf derselben Seite. Das führt aber nicht zur Schlussfolgerung, dass man das in dieser Situation und mit diesen kontraproduktiven Folgen noch alimentieren muss. Das ist der Punkt, den ich anführen wollte, keinen anderen. Insofern gibt es hier überhaupt kein Abweichen von der sozialdemokratischen Grundposition, die von der Mehrheit der Menschen in diesem Land geteilt wird.
Zweitens. Herr Minister, wenn man Fragen beantwortet haben will, dann kriegt man sie auch beantwortet.
Ich finde, das Land sollte z. B. – ich will nur ein Beispiel herausgreifen – ein Interesse daran haben, zu wissen, was sich im Bereich der Kindergartengebühren abspielt, nämlich vor dem Hintergrund der Debatte, die landauf, landab darüber geführt wird, ob wir eine kostenlose Kinderbetreuung in diesem Lande haben wollen oder nicht. Da wäre es ganz gut, zu wissen, was sich derzeit in der Gebührenlandschaft landauf, landab abspielt, wo es z. B. eine Gebührenstaffelung gibt. Wenn Sie das richtig erfragen, dann kriegen Sie auch eine Antwort. Sie haben auch zu meiner sehr differenzierten Frage nach der Situation im Bereich § 28 HKJGB von den Kommunen eine sehr differenzierte Antwort bekommen. Das wäre an der Stelle sicherlich auch möglich gewesen.
Drittens. Ich habe nichts anderes gesagt, als dass es ein Ausbauziel von 39 % gibt. Dass Sie hierfür die Mittel zur Verfügung stellen, steht doch in Ihrer Antwort. Ich habe nicht mehr und nicht weniger gesagt. Ich habe Ihnen an der Stelle weder einen Vorwurf gemacht noch ein Versäumnis vorgeworfen. Ich habe im Gegensatz zu dem, was Frau Kollegin Wiesmann sozusagen suggerieren wollte, gesagt, dass zwischen dem derzeitigen Versorgungsgrad und den derzeitigen Ausbauzielen noch ein großes Loch ist und dass deswegen alle Anstrengungen unternommen werden müssen, um dem einzig maßgeblichen Versorgungsziel nahezukommen, nämlich der Gewährleistung des Rechtsanspruchs ab dem 1. August nächsten Jahres.
Viertens. Ich weiß, dass es den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz gibt. Das muss man mir nicht erzählen. Ich war in der Tat dabei, als er umgesetzt worden ist. Es gibt aber keinen Rechtsanspruch auf den Hortplatz. Es gibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung. Wir als Sozialdemokraten wollen das. Wir haben das zu einem Parteitagsbeschluss gemacht. Wir werden in unser Bundestagswahlprogramm einbringen, dass es solche Rechtsansprüche gibt: auf Ganztagsbetreuung in der Schule, auch im Hortbereich, nicht nur dort, aber auch dort.
Der Punkt ist doch, darauf habe ich schon bei anderen Gelegenheiten hingewiesen, dass wir gegenwärtig, jedenfalls
an manchen Stellen im Lande, die Beobachtung machen – damit ist auch noch kein Vorwurf an die Landesregierung konstruiert, aber man muss doch die Realität zur Kenntnis nehmen –, dass bei der Betreuung für Schulkinder, sowohl quantitativ als auch an der Qualität, geknapst wird, weil es darauf eben noch keinen Rechtsanspruch gibt und weil es juristisch als freiwillige Leistung behandelt wird, teilweise auch von den Haushaltsaufsichtsbehörden. Das ist der Punkt, vor dem ich warne – to whom it may concern. „Wen es betrifft“, das gilt auch für das Ausspielen von Quantität gegen Qualität in anderen Bereichen der frühkindlichen Bildung, also bei der Qualität zugunsten der Quantität Abstriche zu machen, nur weil man im Moment eine knappe Situation bei U 3 hat.
Das war alles, was ich zu sagen hatte. Dazu haben Sie an ein paar Stellen einfach ins falsche Horn gedudelt, und das übrigens viel zu laut.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Mal wollte ich es nicht so stehen lassen, dass der Herr Minister seine Rede zelebriert.
Ich will es noch einmal sagen, nur damit all diejenigen, die sich nicht täglich mit der Kinderbetreuungspolitik befassen, nicht das Gefühl haben, dass der Minister hier den Anflug der richtigen Darstellung genießt.
Er hat uns im Dezember 2011 eine Veröffentlichung seines Hauses überreicht. Das war eine Abfrage der örtlichen Jugendämter. Er hat dort nach dem Bedarf der Betreuung für Kinder unter drei Jahren gefragt. Das haben nicht die GRÜNEN gemacht.
Das haben auch nicht die LINKEN gemacht. Das haben auch nicht andere Böse in diesem Raum gemacht, sondern das hat Ihr eigenes Haus im Auftrag des Deutschen Jugendinstituts im Zusammenhang mit der Erhebung von Fachkräften gemacht.
Am Ende dieser Erhebung kommt eine Zahl heraus. Herr Minister, an dieser Zahl können Sie erkennen, was der reale Bedarf an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren in diesem Lande ist. Das sind nicht 35 oder 39 % oder eine sonstige Prozentzahl, sondern das ist eine absolute Zahl. Es sind 58.000 Plätze für Kinder unter drei Jahren. Nichts anderes sage ich hier. Wir brauchen im nächsten Jahr 58.000 Plätze für Kinder unter drei Jahren. Sind wir uns so weit einig?
„Nein“, sagt er. Man muss offensichtlich erst einmal aus dem Turm in der Dostojewskistraße heruntersteigen, um die Realitäten wahrzunehmen. Das ist der Bedarf, den Sie
Wie können Sie so realitätsverweigernd sein, dass Sie Ihre eigene Erhebung nicht anerkennen? Ich habe nichts anderes getan, als zu sagen, dass Ihre eigene Erhebung von 58.000 Plätzen spricht. Was soll ich noch alles machen, um es nicht später vorgehalten zu bekommen?
Ich nehme die ministerielle Erhebung von 58.000 Plätzen. Denen stelle ich gegenüber, dass wir momentan 46.000 Plätze haben. Ich habe zwar nur hessisches Abitur, damals noch unter Krollmann, aber das bekomme ich noch hin: Es fehlen rund 11.000 Plätze.
Wir können dem zuständigen Minister, der gemeinsam mit dem Bund und den Kommunen die politische Verantwortung dafür hat, dass in diesem Land den Eltern am Stichtag die notwendigen Betreuungsplätze zur Verfügung stehen, nicht durchgehen lassen, dass er sagt: Wir brauchen eigentlich nur noch 6.000 Plätze. – Damit verstecken Sie sich doch vor Ihrer Verantwortung. Sie beschimpfen die Opposition für Ihr eigenes Verschlafen. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. – Danke schön.
Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass keine weiteren Wortmeldungen vorliegen und dass auch keine mehr gewünscht werden. Damit ist diese Große Anfrage besprochen.
Ich teile Ihnen mit, dass sich die Geschäftsführer darauf verständigt haben, den Tagesordnungspunkt 11 in das nächste Plenum zu schieben.