Protokoll der Sitzung vom 20.11.2012

Aber auch hier hat die Anhörung gezeigt – so eindeutig sind die Anzuhörenden eben nicht gewesen –, dass dies keine tragfähige Lösung zu sein scheint, zumal die Anzuhörenden der kommunalen Vertreter in der Anhörung glaubhaft versicherten, dass damit zu rechnen ist, dass unzufriedene Grundstückseigentümer gegen die Festlegung der Abrechnungsgebiete klagen werden, weil sie darin keinen konkreten Nutzen sehen.

Tatsächlich müssten extrem kleine Abrechnungsgebiete gebildet werden, um insoweit erfolgreich bestehen zu können. Das wäre mit sehr viel Verwaltungsaufwand für die Kommunen verbunden. Die benötigte Rechtssicherheit für alle Kommunen würde so auch nicht gegeben sein.

Ich denke, auch das muss man noch einmal sagen: Bevor Rheinland-Pfalz die Regelungsvariante der SPD übernommen hat, gab es dort eine andere Variante. Da war es gerade so, dass kleine Abrechnungsgebiete gebildet wurden, um den funktionalen und räumlichen Zusammenhang herzustellen. Aber das hat sich in der Praxis nicht bewährt. Diese Variante wurde permanent beklagt, weswegen man in Rheinland-Pfalz der Meinung war, mit der Ausdehnung auf das gesamte Stadtgebiet hätte man die Lösung gefunden.

Das bedeutet, unsere Forderung, durch eine Öffnung des § 11 des Gesetzes über kommunale Abgaben den Kommunen eine echte Wahlmöglichkeit und Rechtsicherheit zu geben, kann mit den beiden vorliegenden Gesetzentwürfen so nicht erreicht werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Kommunalabgabengesetz ist eine komplizierte Materie. Deshalb ist es auch besonders bedauerlich, dass die Fraktionen der CDU und FDP, nachdem sie kurzfristig einen Änderungsantrag zur kommunalen Anstalt eingebracht haben, der das Ziel hat, diese auch für interkommunale Zusammenarbeit nutzen zu können, keine ausreichende Beratungszeit gewährt haben und auf Abstimmung bestanden haben. Es waren gerade die Fraktionen der CDU und der FDP, die wegen Diskussionsbedarf über das Kommunalabgabengesetz in den eigenen Reihen mehrmals Vertagung verlangt hatten.

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Abschließend möchte ich noch einmal feststellen, dass wir GRÜNE uns für eine echte Wahlfreiheit der Kommunen bei den wiederkehrenden Straßenbeiträgen einsetzen. Gegebenenfalls müssten wir abwarten, wie das Bundesverfassungsgericht über die Regelung in Rheinland-Pfalz entscheidet. Die Zeit dafür muss man sich halt nehmen.

Dann muss eine Öffnungsklausel zum Kommunalabgabengesetz geschaffen werden, die eine verfassungskonforme und rechtssichere Regelung ist, damit die Kommunen eine echte Alternative haben, die auch Bestand hat.

Aus diesen Gründen können wir den vorliegenden Vorschlägen nicht zustimmen. Wir werden uns der Stimme enthalten. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion erhält Herr Kollege Rudolph das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es hat ein bisschen gedauert, bis wir heute die Gesetzentwürfe abschließend beraten konnten.

(Zuruf des Minister Boris Rhein)

Herr Innenminister, am 14. September 2011 fand die erste Lesung des Gesetzentwurfs der SPD über die Einführung wiederkehrender Straßenbeiträge statt. Das hat Ihnen nicht gepasst. Am 27. März 2012 haben wir den vom Innenminister und seinen Leuten im Innenministerium geschriebenen Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP beraten.

Offensichtlich ist es so: Wenn viele Juristen mitarbeiten, klappt es auch nicht immer. Denn Sie müssen schon wieder Änderungsanträge auf den Weg bringen, weil irgendwelche Kleinigkeiten fehlen. Viele Juristen allein sind kein Garant für Qualität. Frau Kollegin Faeser nehme ich an dieser Stelle ausdrücklich aus.

(Beifall bei der SPD)

Im Kern sind wir uns einig. Was wollen wir? – Wir wollen, dass die Kommunen in die Lage versetzt werden, sogenannte wiederkehrende Straßenbeiträge für den Ausbau und die Instandsetzung der Straßen zu erheben. Das ist eine vernünftige Maßnahme. Von den Anwohnern sollen nicht einmalig hohe Beträge verlangt werden, sondern das soll auf die Allgemeinheit verteilt werden, um entsprechend jährlich in Tranchen das Geld zu erhalten.

Einige Kommunen warten regelrecht darauf. Das wäre mit dem Gesetzentwurf der Fraktion der SPD möglich, aber auch mit dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP.

Ich glaube, wir brauchen über andere Dinge nicht zu streiten. Die können wir vernachlässigen. Das ist eine sinnvolle Maßnahme. Die Kommunalen Spitzenverbände begrüßen sie. Ich glaube, es ist deswegen jetzt an der Zeit, den rechtlichen Rahmen dafür zu schaffen.

Es ist schön, dass sich die FDP nicht durchsetzen konnte.

(Beifall bei der SPD)

Das Archiv ist gelegentlich auch dazu da, dass man schauen kann, was die Mitglieder der FDP dazu gesagt haben. Im August 2011 hat der damalige parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Herr Kollege Blum, gesagt: Wir wollen keine pauschale Straßenausbausteuer. – Später hat er mitgeteilt, diese Diskussion sei vom Tisch.

Jetzt könnte man sagen, die FDP habe nichts mehr zu melden, oder sie sei umgefallen. Mit beiden Varianten kann ich gut leben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir werden deswegen heute die Einführung der wiederkehrenden Straßenbeiträge beschließen. Ich finde, das ist eine Maßnahme, die der Gerechtigkeit vor Ort dient.

(Beifall der Abg. Nancy Faeser und Uwe Franken- berger (SPD))

Es hat lange gedauert. Das lag nicht an der SPD-Fraktion. Wir waren auch im letzten Jahr schon sprachfähig. Herr Kollege Bellino, es lag auch nicht an der CDU-Fraktion. Es lag an anderen. Sei es drum.

Wir werden unserem Gesetzentwurf zustimmen. Bei dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP werden wir uns der Stimme enthalten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben nur fünf Minuten Redezeit. Herr Dr. Blechschmidt, setzen Sie sich bitte wieder hin. Wahrscheinlich können Sie doch noch einmal sprechen, nämlich dann, wenn der Minister das Wort ergreift. – Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Blechschmidt, vielleicht kann ich das für Sie übernehmen

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

und darf Sie heute noch einmal wiedergeben. Denn es ist genau so, wie Sie es gesagt haben. Heute ist wirklich ein guter Tag für die Kommunen. Es ist ein guter Tag für die Bürger. Es ist so, wie Sie es dargestellt haben.

Ich verspreche Ihnen, dass ich mich kurz fasse. Es ist deswegen ein guter Tag für die Kommunen und die Bürger, weil wir praktisch ab sofort eine tragfähige Lösung für die wiederkehrenden Straßenbeiträge haben. Zum einen ist sie tragfähig, weil sie in der Praxis und der Praxis weiterhilft.

Sie ist auch aus einem zweiten Grund tragfähig. Das unterscheidet den Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen von dem anderen. Selbstverständlich haben sie sich Unterstützung geholt. Herr Rudolph, ich habe es Ihnen auch angeboten. Es würde sich bei Ihnen vieles verbessern, wenn wir bei Ihren Entwürfen entsprechend mitarbeiten würden.

(Beifall des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Den entscheidenden Unterschied hat Herr Abg. Bauer dargestellt. Deswegen ist das nicht nur eine tragfähige Lösung und eine Lösung für die Praxis, sondern es ist insbesondere auch eine Lösung, die vor den Gerichten Bestand haben wird.

Wir wollen den Kommunen keine Steine geben, sondern wir wollen den Kommunen sinnvolle Gesetze an die Hand geben. Deswegen müssen sie vor Gericht Bestand haben können. Deswegen ist das exakt der richtige Weg.

Wir haben den Kommunen das versprochen. Jetzt haben wir das auch gehalten. Das ist unsere Politik: versprochen, gehalten. Das ist unser Stil. So arbeiten wir in dieser Koalition. Ich glaube, das ist so richtig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Gleiche wird natürlich auch für die anderen Regelungsbereiche dieses Gesetzes gelten. Das gilt für die kommunale Anstalt, die dann auch als interkommunale Anstalt möglich sein wird. Das hat die kommunale Familie so gewollt. Wir haben das dementsprechend umgesetzt. Auch da kann man sagen: versprochen, gehalten. Da werden den Kommunen keine Steine, sondern Gesetze gegeben, mit denen sie arbeiten können.

Ich könnte das jetzt so fortsetzen, will das aber mit Blick auf die Uhr und insbesondere auch aus Respekt vor dem Vorsitzenden des Innenausschusses nicht machen. Denn ich möchte auch in Zukunft keinen Ärger im Innenausschuss haben.

Deswegen sage ich: Strich darunter. Für die Eingeweihten könnte es auch eine Drohung sein, dass ich sage: Strich darunter. Es soll aber keine Drohung sein.

Dieses Gesetz wird wirklich ein weiterer Beleg für die deutlich erkennbare Kommunalfreundlichkeit dieser Koalition sein. Deswegen sage ich: Danke schön für diesen Gesetzentwurf. Es ist ein guter Gesetzentwurf. Den Kommunen wird ein sehr gutes Gesetz an die Hand gegeben. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

(Unruhe)

Wenn ihr beiden fertig seid, sagt ihr mir Bescheid. – Alles klar.

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung. Es geht um Tagesordnungspunkt 7. Das ist die zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes über kommunale Abgaben und zur Einführung wiederkehrender Straßenbeiträge in Hessen. Wer diesem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Ich stelle fest: Bei Zustimmung der Mitglieder der Fraktion der SPD, Enthaltung der Mitglieder der Fraktionen der GRÜNEN und der LINKEN und bei Ablehnung durch die Mitglieder der Fraktionen der CDU und der FDP ist der Gesetzentwurf in zweiter Lesung abgelehnt.

Wir kommen dann zur Abstimmung über den Gesetzentwurf unter Tagesordnungspunkt 8. Da ging es um die zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über kommunale Abgaben.