Wer dem vorliegenden Gesetzentwurf in zweiter Lesung zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf bei Zustimmung der Fraktionen von SPD und LINKE, Enthaltung der Fraktion der GRÜNEN und Ablehnung durch die Fraktionen von CDU und FDP abgelehnt worden ist.
a) Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Änderung des Friedhofs- und Bestattungsgesetzes – Drucks. 18/6877 zu Drucks. 18/ 5539 –
b) Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Friedhofs- und Bestattungsgesetzes – Drucks. 18/6878 zu Drucks. 18/6734 neu –
In beiden Punkten ist Frau Kollegin Enslin für die Berichterstattung zuständig. Ich darf ihr das Wort erteilen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Beschlussempfehlung des Innenausschusses zum Gesetzentwurf der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Änderung des Friedhofs- und Bestattungsgesetzes, Drucks. 18/5539, hierzu: Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 18/5764, lautet: Der Innenaus
schuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung abzulehnen.
Die Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Friedhofs- und Bestattungsgesetzes, Drucks. 18/6734 neu, lautet: Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und FDP bei Enthaltung von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unverändert anzunehmen. – Danke.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. – Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abg. Franz für die Fraktion der SPD. Redezeit: fünf Minuten pro Fraktion.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Muslime sind Teil unserer Gesellschaft. Muslime sind als Bürger in Hessen willkommen. Sie leben mit uns, und wie alle Menschen müssen sie auch einmal sterben. Wenn man gestorben ist und der islamischen Tradition und Religion verbunden war, dann möchte man gerne nach dieser Tradition beerdigt werden. Deswegen haben wir den Gesetzentwurf zum Friedhofs- und Bestattungsgesetz am 8. Mai in diesem Haus eingebracht.
Mittlerweile sind wir neun Monate weiter. Einiges hat sich getan. Ob es zum Guten oder Schlechten ist, werden wir gleich noch sehen.
Eines bleibt jedenfalls festzuhalten: Nach der Debatte in der Anhörung wurde wahrscheinlich auch den Mitgliedern der Koalition klar, dass wir mit unserem Gesetzentwurf ein Angebot für eine bessere Integration in Hessen gemacht haben.
Das ist erforderlich, denn Integration ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es ist eine Aufgabe, die nicht mit einem großen Wurf erledigt werden kann, sondern die mit vielen kleinen einzelnen Schritten angegangen werden muss. Einer dieser kleinen einzelnen Schritte ist dieser Gesetzentwurf, den wir vorgelegt haben.
Damals, während der ersten Lesung, wurde uns von der Koalition gesagt: Das braucht kein Mensch. Das ist nur übermäßiger Formalismus. Das brauchen wir nicht. – Er wurde in Bausch und Bogen abgelehnt.
Ich und auch die Mitglieder der SPD sind sehr froh darüber, dass Sie nach der Anhörung ein bisschen ins Grübeln gekommen sind. Denn die Anhörung hat eindeutig unterstrichen, dass unser Gesetzentwurf genau in die richtige Richtung geht.
Ich hatte im Herbst, also nach den Sommerferien, nach den Ankündigungen die Hoffnung, dass ein größerer oder ein in unsere Richtung gehender Gesetzentwurf kommen wird. Selbst wenn Sie gesagt hätten, dem Gesetzentwurf der Fraktion der SPD kann man nicht zustimmen, weil Mehrheit Wahrheit ist, könnte man das vielleicht noch nachvollziehen. Dass es dann aber ein so kleines Reförmchen wur
Trotzdem haben wir gesagt, dass wir uns bei Ihrem Gesetzentwurf der Stimme enthalten werden. Denn wir erkennen an, dass Sie zumindest das Problem gesehen haben und dass Sie da einen Ansatz bieten. Dass es da einen Ansatz gibt, ist also als gut zu bewerten.
Allerdings ist unser Gesetzentwurf wesentlich besser und kommt auch den Forderungen, die wir in der Anhörung sowohl von den islamischen Verbänden als auch von der katholischen oder der evangelischen Kirche gehört haben, näher. Es gab breite Zustimmung. Deswegen ist unser Gesetzentwurf hinsichtlich der Integration das bessere Angebot.
Ich kann nur feststellen, dass wir Ihnen einen Gesetzentwurf vorgelegt haben. Man kann die beiden Gesetzentwürfe gegeneinanderstellen. Wir wollen die Kommunen verpflichten, eine solche Ausnahmeregelung zu gestatten. Sie wollen, dass das auf Antrag geschieht. Wenn man etwas auf Antrag macht, ist man in einer gewissen Form Bittsteller. Wir wollen nicht, dass die Muslime, die Mitbürger sind, in einem solchen Fall zu Bittstellern werden.
Wenn Sie die Anhörung genau verfolgt haben, werden Sie wissen, dass das Argument am Anfang war: Die Kommunalen Spitzenverbände sind dagegen. – Ich behaupte einmal: Wenn Sie heute eine Abfrage zu Ihrem Gesetzentwurf machen würden – es muss in jedem Fall ein solcher Antrag gestellt werden, damit man einzeln die Genehmigung erhält –, dann, so glaube ich, würden die Kommunen heute eine ganz andere Stellungnahme abgeben, als sie das damals gemacht haben.
Insgesamt kann ich sagen: Der Gesetzentwurf der Fraktion der SPD ist der bessere. Zu Ihrem Gesetzentwurf werden wir uns der Stimme enthalten.
Den Änderungsantrag, den die GRÜNEN eingebracht haben, kann man wirklich nur unterstützen. Es geht um das Thema fairer Handel mit Grabsteinen und Grabeinfassungen. Das haben wir sofort aufgenommen.
Ich glaube, insgesamt ist das Paket, das Rot-Grün vorgelegt hat, auf jeden Fall besser als das, was Sie vorgelegt haben. – Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute beraten wir auch einen Vorschlag der Fraktionen der CDU und der FDP, die Sargpflicht in Hessen zu lockern. Dazu kann ich nur sagen: na endlich.
Die Aufhebung der Sargpflicht ist ein Schritt in Richtung Integration. Herr Kollege Franz hat das schon ausgeführt. Wer hier lebt, soll hier auch sterben und begraben werden dürfen.
Menschen mit muslimischem Migrationshintergrund müssen die Gräber ihrer Familienmitglieder in ihrer deutschen Heimat besuchen können. Die Entscheidung für ein Begräbnis hier ist ein entscheidender Schritt zur Identifikation mit der neuen Heimat. Dafür braucht es aber einen rechtlichen Anspruch.
Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich der Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP als eine nur unzulängliche Lösung. Er bleibt weit hinter den Erwartungen zurück, die von den verschiedenen Experten in der Anhörung des Parlaments zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN vorgetragen wurde.
Mitnichten gestattet die vorgeschlagene Regelung der Fraktionen der CDU und der FDP erstmals die Bestattung ohne Sarg, wie es im Begründungstext vollmundig versprochen wird. Das war auch schon vorher möglich. Gemäß § 18 Abs. 2 Hessisches Friedhofs- und Bestattungsgesetz konnte der Gemeindevorstand in der Vergangenheit auch Ausnahmen nach Anhörung machen. Das ist auch geschehen, wie einige Anzuhörende bestätigten. Das geschah aber eben nur in wenigen Einzelfällen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, das hat Sie dazu verleitet, der Meinung zu sein, eine Änderung des Hessischen Friedhofs- und Bestattungsgesetzes sei gar nicht notwendig. Es ist also erfreulich, dass Sie sich immerhin mit dem Thema noch einmal befasst haben.
Nach langem Nachdenken haben Sie diese kleine Gesetzesänderung vorgelegt. Es wäre aber auch gut gewesen, wenn Sie aus der Anhörung die richtigen Schlüsse gezogen hätten. Denn mit Ihrem Vorschlag wird es keine wesentlichen Verbesserungen geben. Sie wollen die Sargpflicht aus religiösen Gründen nicht grundsätzlich aufheben,
sondern das auch weiterhin in das Ermessen des Gemeindevorstands stellen, obwohl es keinen sachlichen Grund gibt, weiterhin an der Sargpflicht festzuhalten.
Weltanschauliche Gründe bleiben bei CDU und FDP gänzlich unberücksichtigt, obwohl das nach dem Grundgesetz auch geschützt ist. Das ist ganz und gar nicht zeitgemäß.
Zu einer modernen und weltoffenen Gesellschaft gehört es, die Pluralität und die unterschiedlichen Wünsche der Menschen, unabhängig davon, ob sie religiöser oder weltanschaulicher Natur sind, auch bei der Bestattung zu respektieren. Der vorgelegte Vorschlag der Fraktionen der CDU und der FDP wird dem nicht gerecht. Denn es kann kein rechtlicher Anspruch abgeleitet werden. Aber nur ein Anspruch, also etwas ohne Hürde, würde es den Muslimen er
Ich gebe Ihnen noch einmal zu bedenken: Muslime sind die zweitgrößte Religionsgemeinschaft in Hessen. Da müssen Sie sich doch endlich einmal bewegen.
Daneben wollen wir GRÜNE auch, dass die Kommunen die Möglichkeit haben, durch eigene Satzung zu beschließen, dass Grabsteine aus Kinderarbeit auf dem Friedhof nicht mehr verwendet werden dürfen. Herr Kollege Franz hat es schon vorweggenommen: Unser Vorschlag fand in der Anhörung einhellige Zustimmung.
Insgesamt muss ich feststellen: Der Vorschlag der Fraktionen der CDU und der FDP ist unzureichend. Er ist hoffnungslos gestrig und stellt zudem die betroffenen Menschen weiterhin vor die enorme Hürde, in einem Anhörungsverfahren die Ausnahme von der Sargpflicht beantragen und dies mit religiösen Gründen rechtfertigen zu müssen. Dies geschieht in einer sie persönlich sehr belastenden Situation.
Ich kann den Kollegen von den Fraktionen der CDU und der FDP nur sagen: Sie hatten nicht mehr die Kraft, einen modernen und zeitgemäßen Entwurf für ein Bestattungsgesetz vorzulegen, das als Gesetz einen echten Anspruch auf sargfreie Bestattung aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen gewähren würde. Da haben die Menschen in Hessen etwas Besseres verdient. – Ich danke Ihnen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))