Protokoll der Sitzung vom 16.06.2009

Fragestunde – Drucks. 18/444 –

Wir beginnen mit Frage 62. Herr Kollege Bocklet von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sie haben das Wort.

Ich frage die Landesregierung:

Welche Möglichkeiten sieht sie, insbesondere nach der Föderalismusreform, auf Landesebene Regelungen zu treffen, um Kinderbetreuungseinrichtungen zukünftig vor Lärmschutzklagen zu bewahren?

Herr Staatsminister Banzer.

Herr Abgeordneter, im Rahmen der Föderalismusreform wurde den Ländern zwar die Gesetzgebungskompetenz für verhaltensbezogenen Lärmschutz gemäß Art. 74 Grundgesetz eingeräumt, allerdings werden Kindertagesstätten nach allgemeiner Ansicht derzeit als Anlagen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – es ist halt so – behandelt. Darüber hinaus wird davon ausgegangen, dass Lärm, der aufgrund eines betrieblichen oder funktionalen Zusammenhangs mit einer Anlage entsteht,der Anlage zuzurechnen ist.

Daher bleibt aus der Sicht der Landesregierung der richtige Anknüpfungspunkt für eine effektive Schaffung von Rechtsklarheit weiterhin das Bundesrecht. Die Landesregierung wird daher im Laufe der Legislaturperiode eine Bundesratsinitiative mit dem Titel „Kinderlachen ist Zukunftsmusik“ zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes starten, um zu gewährleisten, dass Kinder als Bereicherung und nicht als Belästigung empfunden werden.

Auf der zuständigen Bundesebene wird außerdem darüber nachgedacht, durch Änderungen im Bauplanungsrecht Kindertageseinrichtungen generell auch in reinen Wohngebieten zuzulassen. Derzeit sind solche Einrichtungen nur in allgemeinen Wohngebieten zulässig und nur ausnahmsweise in reinen Wohngebieten. Auch auf diese Weise könnte die Zumutbarkeit von Kinderlärm betont und die Zahl der Klagesituationen im Stadium der Genehmigung von Kindertageseinrichtungen verringert werden. Die Hessische Landesregierung steht solchen Initiativen im Sinne der geplanten Initiative „Kinderlachen ist Zukunftsmusik“ ebenfalls positiv gegenüber.

Zusatzfrage, Herr Kollege Bocklet.

Herr Minister, von der Bundesregierung wurden nach der Föderalismusreform mehrere Stellungnahmen der Landesregierung abgefragt. Meine Frage an Sie: Ist Ihnen bekannt, ob die Position, die Sie eben vorgetragen haben,

mit der Position anderer Länder übereinstimmt, oder sind die Hessen die Einzigen, die diese Meinung vertreten?

Herr Staatsminister Banzer.

Die Einschlägigkeit des Bundesrechts ist weit überwiegende Meinung in der gesamten Jurisprudenz.

Frage 63, Frau Abg.Waschke.

Ich frage die Landesregierung:

Welche Auswirkungen auf die Planungen hat der von den Kollegen Arnold und Lenders in der „Fuldaer Zeitung“ vom 4. April 2009 angekündigte Antrag von CDU und FDP, die geplante B 87n für den Schwerlastverkehr sperren zu lassen und die Straße so klein bauen zu lassen, dass sie für den überregionalen Verkehr unattraktiv ist?

Herr Staatsminister Posch.

Frau Kollegin Waschke, um es so zu beantworten: Das wird sich zeigen.

(Heiterkeit)

Ich will das erläutern, denn hinter der Ankündigung steckt ein Problem, über das wir uns schon einmal unterhalten haben.

Zunächst einmal ist festzustellen: Bei der Planung der B 87n handeln wir im Wege der Auftragsverwaltung. Wir müssen dementsprechend die gesetzlichen Anforderungen einhalten, die der Bund vorgibt, wenn es um den Bau von Bundesfernstraßen geht.

Allerdings ist uns allen nicht unverborgen geblieben, dass es hier um eine Querung geht, die im Zusammenhang mit dem Biosphärenreservat steht. Deswegen gibt es in der Tat Gespräche darüber, ob im Planfeststellungsverfahren Entscheidungen herbeigeführt werden können, die den Ausschluss bestimmter Verkehre beinhalten.

Das ist nach der bestehenden Rechtslage prinzipiell wohl nicht möglich, weil eine Sperrung für bestimmte Verkehrsarten vom Umfang des Verkehrsaufkommens, von den damit verbundenen Emissionen etc. abhängt. Allerdings gibt es in anderen Rechts- und Planungsbereichen die Möglichkeit, bereits mit der Planfeststellung betriebliche Regelungen zu treffen. Ich stelle in der Tat Überlegungen an, ob man so etwas nicht auch im Fernstraßenrecht verankern könnte.Im Fernstraßenrecht ist es so:Die Straße wird gebaut, und alles, was den Betrieb auf der Straße anbelangt, unterliegt dem Straßenverkehrsrecht.

Hierüber führen wir gegenwärtig intern Diskussionen, die ich aber auch mit dem Bundesverkehrsministerium zu erörtern beabsichtige. Davon wird es abhängen – daher rührt der erste Satz meiner Antwort –, ob wir eine solche Möglichkeit realisieren können. Das wäre in der Tat Neuland, das wir dort betreten würden. Das ist rechtlich sehr, sehr schwierig. Ich habe versucht, es kurz zu umreißen. Das verbirgt sich hinter der Aussage, dass wir solche Änderungen angehen bzw. in die Überlegungen einbeziehen, um gegebenenfalls die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, so etwas zu machen.

Zusatzfrage, Herr Abg. Kaufmann.

Herr Minister, jenseits allgemeiner Unverbindlichkeit: Können Sie uns denn sagen, welche Plangeschwindigkeiten für dieses Straßenbauvorhaben nach den RAS jeweils vorgesehen sind?

Herr Staatsminister Posch.

Das Vorhaben B 87n wird ganz „normal“ eingeleitet, so wie jedes andere Planfeststellungsverfahren. Ich möchte aber die dargestellte Überlegung, die, wie gesagt, im Planfeststellungsrecht neu wäre, in Gesprächen mit dem Bund, in dessen Auftrag wir tätig sind, möglicherweise einer Lösung zuführen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist überhaupt keine Antwort!)

Zusatzfrage, Frau Abg.Waschke.

Herr Minister Posch,ich möchte doch noch etwas genauer nachfragen.Wie bewerten Sie die Rechtslage nach § 1 und § 7 des Bundesfernstraßengesetzes, wonach – nach Aussage des Bundesministeriums – für den Bund als Baulastträger jegliche Handlungsgrundlage entfällt, wenn die geplante B 87n in ihrer Nutzung eingeschränkt würde?

Herr Verkehrsminister Posch.

Frau Kollegin Waschke, ich habe gerade versucht, das darzustellen. Es wird die Auffassung vertreten, dass es nach der gegenwärtigen Rechtslage nicht möglich ist, im Planfeststellungsbeschluss betriebliche Regelungen der Art, wie ich sie eben erläutert habe, festzulegen. Nach gegenwärtiger Rechtslage geht das wohl nicht.

Ich überlege, ob wir im Planfeststellungsrecht, speziell im Bundesfernstraßenrecht, die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, bestimmte Verkehre – ob Lkw ab 12 t oder was auch immer – in bestimmten sensiblen Bereichen nicht auf den Straßen zu haben. Aber, wie gesagt, da betreten wir Neuland.

Man kann auch die Auffassung vertreten, nach der gegenwärtigen Gesetzeslage sei das möglich. Aber das ist wohl keine herrschende Meinung. Ich bin in Gesprächen mit dem Bund, um zu erreichen, dass so etwas möglicherweise realisiert wird.

Ich will auch den Hintergrund erläutern: Wir alle wissen, dass es Bedenken gibt, den Schwerlastern in dem sensiblen Bereich die Möglichkeit zu eröffnen, eine Abkürzungsstrecke zu nutzen. Wenn wir die rechtlichen Möglichkeiten hätten,das zu verändern,wäre es sicherlich vorteilhaft.

Zusatzfrage, Herr Abg.Al-Wazir.

Herr Minister,um noch einmal zum eigentlichen Kern der Frage zu kommen: Sie haben momentan nur die Möglichkeit, die Straße so zu planen, wie man heutzutage Bundesstraßen baut, nämlich möglichst gerade und mit bestimmten Mindestbreiten. All das, was dort angekündigt wurde, geht gar nicht.

Herr Kollege, das war keine Frage.

(Zuruf: Fragezeichen! – Heiterkeit – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch alles Ablenkung!)

Ich bin auch in der Lage,ein Fragezeichen herauszuhören, wenn der Satz nicht so betont wird.– Herr Kollege Al-Wazir, ich habe die Frage bereits beantwortet. Nach der gegenwärtigen Rechtsauffassung – ich habe das als „herrschende Meinung“ bezeichnet – geht das nicht.

Aber ich befinde mich in Diskussionen darüber, dass man entweder zu einer anderen Auffassung kommt oder die Rechtslage entsprechend ändert. Ich könnte mir vorstellen,dass eine Änderung der Rechtslage Ihren Intentionen – wobei wir beim Fernstraßenbau hin und wieder die gleichen Intentionen haben – durchaus entgegenkommen könnte.

Als Beispiel habe ich genannt: Es gibt andere Rechtsgebiete – etwa im Luftverkehrsrecht –, in denen wir so etwas bereits haben. Es werden im Planfeststellungsrecht betriebliche Regelungen mit vereinbart. Das wäre ein Novum. Ich führe gerade Diskussionen darüber. Ob es tatsächlich gelingt, das vorher hinzubekommen, bleibt abzuwarten.

Zusatzfrage, Frau Kollegin Waschke. Bitte schön.

Herr Minister Posch, ich frage Sie, warum Sie die Intention, die Sie gerade erläutert haben, nicht auch in dem Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP festgeschrieben haben; denn dort steht nach meiner Erinnerung genau das Gegenteil, nämlich dass die Koalition den Ausbau der B 87n forcieren will.

Herr Staatsminister Posch.

Ich habe gesagt, dass wir uns bemühen wollen, eine Rechtsänderung herbeizuführen. Gelingt das nicht, gilt selbstverständlich die Koalitionsvereinbarung.

Frage 64, Frau Abg. Müller.

Ich frage die Landesregierung:

Wie gedenkt sie die Anforderungen der EU-Richtlinie 2009/33/EG zur „Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge“ in Hessen umzusetzen?

Frau Staatsministerin Lautenschläger.