Weniger Sitzenbleiber sind besser als mehr Sitzenbleiber. Bestreiten Sie das, Herr Kollege Bellino? Bestreiten Sie das jetzt oder nicht?
Herr Kollege Bellino, jetzt reicht es langsam. Wenn Sie während der Rede dazwischenrufen: „Kommen Sie mal zum Ende!“, dann erinnere ich Sie einmal an Ihre Kinderstube.
So geht es nicht. Das ist die letzte Aktuelle Stunde. Ich bitte Sie, doch ein bisschen zuzuhören und auf den Plätzen zu bleiben, sodass der Redner verstanden werden kann. – Danke.
(Holger Bellino (CDU): Er hat mich auch nicht zu fragen, ob ich bei Trost sei, Frau Präsidentin! Das kann man nachlesen!)
Herr Bellino, würden Sie mitteilen, wenn Sie in der Lage sind, der Debatte zu folgen? Ich warte so lange.
(Günter Rudolph (SPD): Das kann dauern! – HansJürgen Irmer (CDU): Was soll diese arrogante Provokation? Sie müssen endlich mal runtersteigen von Ihrem Podest!)
Für jede Schülerin und jeden Schüler, denen wir die Erfahrung des Sitzenbleibens ersparen können, lohnt es sich, sich darüber bildungspolitisch Gedanken zu machen, wie wir das hinbekommen. Denn in der Tat ist es keine gute Erfahrung, wenn man eine Klasse wiederholen muss, wenn man aus seinem bisherigen Klassenverband herausgerissen wird, in einen neuen Klassenverband kommt, dort sich selbst integrieren muss, aber auch der Klassenverband die neuen Schülerinnen und Schüler integrieren muss. Das ist alles nicht die Speerspitze der Pädagogik, sondern das sollten wir nach Möglichkeit vermeiden. Darüber sollten wir uns doch einig sein, meine Damen und Herren.
Ich hatte eigentlich auch gehofft, dass wir uns in diesem Hause einig darüber sind, dass es in Hessen schon sehr viele Schulen gibt, die sehr erfolgreich auf das Sitzenbleiben verzichten. Das sind die integrierten Gesamtschulen. Aber das muss man offenkundig Schwarz-Gelb sagen, dass es in Hessen solche Schulen schon gibt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe der Abg. Hugo Klein (Freigericht) und Günter Schork (CDU))
Wenn es doch pädagogische Konzepte gibt, wie Schulen Schülerinnen und Schüler besser fördern können, dann ist es doch sinnvoll, dass man mehr Schulen ermöglicht, diese Förderprogramme umzusetzen. So einfach ist die ganze Debatte, wenn man den Popanz weglässt.
Wir GRÜNE vertreten in der Bildungspolitik ein klares Prinzip. Das gilt in vielen Fragen, und dieses Prinzip heißt: ermöglichen statt verordnen, also Schulen nicht etwas vorschreiben, keine Zwangsbeglückungen, wie sie sie 14 Jahre bei Schwarz-Gelb hatten, sondern sie in die Lage versetzen, neue pädagogische Konzepte zu verwirklichen, mit denen man dann auch auf das Sitzenbleiben verzichten kann. Was ist daran eigentlich falsch, frage ich jetzt, meine Damen und Herren.
Wenn man jetzt einen Strich darunter zieht und von der Kinderstube von Herrn Bellino absieht und davon absieht, dass Herr Schork die Arbeit der integrierten Gesamtschulen schlechtreden will, dann sind wir hier bei der Debatte, dass es gut wäre – –
Jetzt sagt Herr Schork auch noch, ich würde lügen. Ob das parlamentarisch ist, sei auch wieder dahingestellt, Herr Kollege Schork. Ich verstehe ja, dass Sie nervös sind nach dem, was Sie hier heute Vormittag in Sachen Biblis abgezogen haben.
Also netto: Wir sollten uns als Hessischer Landtag bemühen, mehr Schulen in die Lage zu versetzen, dass sie auf das Sitzenbleiben verzichten können, dass sie Schülerinnen und Schüler individuell fördern, dass Schülerinnen und Schüler nicht dieselbe Erfahrung des Sitzenbleibens machen. So einfach ist das. Ich hätte mir gewünscht, Schwarz-Gelb würde uns dabei unterstützen. Offenkundig ist das nicht möglich. Das ist einmal mehr der Beweis: Sie sind erschöpft und verbraucht. Ihnen fällt nichts mehr ein.
Vielen Dank, Herr Kollege Wagner. – Als nächster Redner hat sich Kollege Döweling von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege Wagner, wenn Sie meinen, dass sich die CDU hier in der Schulpolitik wahlkampfbedingt radikalisiere, dann bleibt doch festzuhalten, dass wir das entschieden zurückweisen. Das lasse ich auf unserem Koalitionspartner nicht sitzen.
Denn Grund für diese Debatte, die wir heute führen – ich glaube, es ist zu Recht eine Aktuelle Stunde –, waren Äußerungen des Kollegen Thorsten Schäfer-Gümbel, ob bedacht oder unbedacht, die für ein wirklich breites und in dieser Form schon einzigartiges Medienecho gesorgt haben, Äußerungen, in denen er sich über die Planung der SPD zu diesem Punkt ausgelassen hat und – wie auch Frau Kollegin Habermann – in den Raum gestellt hat, man könne auf das pädagogische Instrument der Klassenwiederholung verzichten.
Es hilft wie immer bei solchen Fragen – es ist ja sehr schnell eine Schwarz-Weiß-Debatte daraus geworden – der Blick in die aktuelle Gesetzeslage. Wir haben im Schulgesetz das Instrument der Klassenwiederholung klar geregelt. Es wird genauer definiert in der Verordnung zur Ausgestaltung des Schulverhältnisses. Dort finden Sie im Dritten Teil „Versetzungen und Wiederholungen“ unter § 17 die Grundsätze. Abs. 1:
Die Versetzung oder Nichtversetzung einer Schülerin oder eines Schülers ist eine pädagogische Entscheidung, die den Bildungsweg der Schülerin oder des Schülers mit der geistigen, körperlichen und sozialen Entwicklung in Übereinstimmung halten und der Lerngruppe einen Leistungsstand sichern soll,
der den Zielen der Bildungsstandards entspricht. Dabei sind die individuelle Lernentwicklung der Schülerin oder des Schülers ebenso zu berücksichtigen wie die Leistungsanforderungen der jeweiligen Jahrgangsstufe eines Bildungsganges.
Ich kann Ihnen sagen, die hessischen Lehrerinnen und Lehrer machen sich das nicht einfach. Als Einziger der hier Vortragenden habe ich schon selbst mit in Versetzungskonferenzen gesessen.