Protokoll der Sitzung vom 21.03.2013

Wenn man sich die Statistiken anschaut, stellt man fest, dass in Deutschland auf 5,9 % der Fläche ökologischer Landbau betrieben wird. Wir haben – prozentual vom Gesamtumsatz berechnet – Verkaufserlöse von 3,3 %. Frau Feldmayer, ob Sie das wahrhaben wollen oder nicht: Das ist eine Abstimmung mit den Füßen. Der Markt gibt im Moment nicht das her, was Sie anstreben.

Deshalb haben Sie diesen Antrag gestellt, dessen Inhalt im Übrigen einem Parteiprogramm der CDU entspricht.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Quatsch!)

Dazu wollen wir uns nicht weiter äußern, weil wir natürlich unsere eigenen Auffassungen in diesem Bereich haben.

Aber nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, dass wir im Moment eine Phase haben, in der wir etwas fördern, was wir so ähnlich – jetzt spreche ich einen ganz komischen Bereich an – auch im Kinderförderungsgesetz hatten. Wir haben in der Zeit nicht 100 %, sondern 40 % der Einrichtungen gefördert. Jetzt sind wir in der Landwirtschaft dabei – das ist das, was die CDU will –, 100 % der Betriebe zu fördern, nicht nur einige.

Wir wollen, wie gesagt, die Umstellung von der konventionellen auf die ökologische Landwirtschaft fördern, indem wir die Umstellungsprämie beibehalten. Wir wollen aber nicht dauerhaft Betriebe fördern, die – –

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mehr ökologische Leistung erbringen! Das ist doch Ihr Problem!)

Frau Hammann, danke, dass Sie das noch einmal auf den Punkt gebracht haben. – Es geht nicht an, dass wir Betriebe fördern, die dauerhaft subventionierungsbedürftig sind.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir müssen doch zusehen, dass diese Betriebe irgendwann marktfähig werden. Marktfähig sind sie aber bisher nicht geworden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In der Ökolandwirtschaft haben wir momentan Preise, die wesentlich höher liegen als die in der konventionellen Landwirtschaft. Das gleicht die Mindererträge aus. Aber wir sind an dem Punkt angekommen, an dem wir darüber reden müssen, ob wir mit dieser Bewirtschaftungsform eine Bevölkerung ernähren können. Das können wir nicht.

(Beifall bei der FDP)

Die Erkenntnis, dass wir das nicht können, müssen Sie endlich einmal verinnerlichen.

Wir werden uns des Weiteren überlegen müssen, welche neuen Maßnahmen wir zu treffen haben, um die Weltbevölkerung zu ernähren. Es ist doch nicht so, dass die Zahl der Menschen abnimmt, sondern wir werden viel mehr Menschen haben – zwar nicht in Deutschland, aber auf der ganzen Welt. Wir sind nicht allein auf dieser Welt. Deswegen stehen wir auch in der Verantwortung, mithilfe unserer wirtschaftlichen Kompetenz die Ernährung der Weltbevölkerung sicherzustellen.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen bitte ich Sie, mit dieser Augenwischerei aufzuhören, wonach wir allein mit der ökologischen Landwirtschaft die Weltretter, die Welternährer oder sonst irgendetwas sind. Das ist nicht so. Die Wahrheit ist, dass wir, wenn wir die konventionelle Landwirtschaft nicht hätten, ein Problem mit der Ernährung der Bevölkerung hätten. Erinnern Sie sich bitte daran, dass nach dem Zweiten Weltkrieg die Agrarunion gegründet worden ist – das war der Grundstein für die Europäische Union –, damit wir in Europa insgesamt nicht mehr Hunger leiden müssen. Deswegen ist die Landwirtschaft so gefördert worden.

(Beifall bei der FDP)

Nur daraus hat sich die EU entwickelt. Deswegen sind wir heute zusammengekommen. Nehmen Sie daher bitte zur Kenntnis, dass wir die konventionelle Landwirtschaft nicht verteufeln dürfen, sondern dass wir dankbar sein müssen, dass es sie gibt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Abg. Schott, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Willkommen im Jahr 1976. Die Rede eben entsprach nämlich ungefähr dem damaligen Kenntnisstand.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben es wirklich geschafft, mich sprachlos zu machen. Dazu gehört etwas.

(Heiterkeit bei der LINKEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das wäre schön! – Alexander Bauer (CDU): Das wäre ein Gewinn! – Weitere Zurufe von der CDU)

Von so viel Freiheit von jedweder Sachkenntnis bin ich beeindruckt. Am Rande habe ich auch noch einige Witze gehört, die ich hier zwar nicht zitieren möchte, von denen ich aber sagen kann, dass sie der Rede angemessen waren.

(Heiterkeit bei der LINKEN und der SPD)

Der ökologische Landbau ist eine besonders ressourcenschonende sowie umwelt- und tiergerechte Form der Landwirtschaft. Er leistet wesentliche Beiträge zum Schutz der Ökosysteme, zum Erhalt der Artenvielfalt, zum Klima- und Hochwasserschutz sowie zu vielem anderen mehr. Der ökologische Landbau ist ein wesentliches Element einer am Leitbild der Nachhaltigkeit ausgerichteten Agrarpolitik. Der Flächenanteil des ökologischen Landbaus wurde deshalb auch als Schlüsselindikator in die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen.

Wie aber fördert die Hessische Landesregierung den Ökolandbau? In der hessischen Nachhaltigkeitsstrategie müsste die Förderung des ökologischen Landbaus eine der wichtigsten Aufgaben sein. Das ist falsch gedacht. Substanzielle Beiträge zur Förderung des Ökolandbaus sucht man dort vergebens. Die hessische Nachhaltigkeitsstrategie ist nichts anderes als eine Werbekampagne mit dem Ziel, SchwarzGelb ein grünes Label zu verpassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Einst hatte das Land eine Vorreiterrolle im Ökolandbau inne. Inzwischen ist Hessen auf einen mäßigen 7. Platz unter 13 Bundesländern abgerutscht.

Des Weiteren sind die Ausgleichszulagen für besonders benachteiligte Gebiete in Hessen gekürzt worden.

(Peter Stephan (CDU): Das ist doch gar nicht wahr!)

Ein dringend notwendiger Aufschlag bei der Investitionsförderung für Ökobetriebe wird nicht gemacht. Die Vernichtung von ertragreichen Flächen durch Flächenversiegelung zugunsten des Verkehrs und neuer Einkaufszentren geht munter weiter. Es wird, auch wenn es weniger ist als vorher, nach wie vor versiegelt. Das ist keine Förderung, sondern ein Abbau.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich finde, eine Anfrage macht es deutlich: Die CDU-Fraktion hat im letzten Jahr eine Kleine Anfrage mit dem Titel „Ausstieg aus ökologischer Landwirtschaft“ gestellt. Wenn mit einem solchen Duktus gefragt wird – ich habe sie mir eben noch einmal durchgelesen –, weiß man doch, in welche Richtung das zielt.

(Beifall bei der LINKEN – Peter Stephan (CDU): Was steht denn da drin?)

Wir sprechen über eine grundlegende sozialökologische Strukturreform im Sinne einer ressourcenschonenden, sozial verträglichen und umwelterhaltenden Lebensmittelproduktion. Ich weiß nicht, hinter welchem Mond die Mitglieder der Landesregierung leben, dass sie nicht wahrnehmen, dass die Nachfrage nach umwelt- und sozial verträglich erzeugten Lebensmitteln das Angebot aus der heimischen Produktion übersteigt.

Natürlich ist der Anteil klein; aber er ist deshalb klein, weil nicht mehr da ist, nicht etwa, weil nicht mehr gekauft würde. Es ist doch nicht so, dass hier in Massen produziert und

dann, wie in vielen anderen Bereichen, auch massenweise wieder vernichtet wird.

(Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))

Wenn der Landesregierung der Schutz von Boden, Wasser, Klima, Biodiversität und kleinbäuerlichen Strukturen schon nicht wertvoll genug ist, sollten ihre Wirtschaftsfachleute wenigstens merken, dass Hessen durch diese Politik Wertschöpfung verloren geht, weil wir hier in der Zwischenzeit ökologisch erzeugte Lebensmittel aus allen möglichen Regionen Europas ein- und verkaufen müssen.

Frau Kollegin Schott, der Kollege Wiegel möchte Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen.

Nein, ich möchte meine Rede beenden.

Sie möchten nicht, gut.

Jedenfalls wird die Konkurrenzfähigkeit der hessischen Landwirtschaft auf diese Weise herabgesetzt, und wir laufen damit Gefahr, Arbeitsplätze zu verlieren. Ich stelle fest: Der Landesregierung fehlt der politische Wille, die Chance eines wachsenden Biomarktes für die hessischen Landwirte zu nutzen.

(Zuruf von der FDP)

Ganz anders entwickelt sich das Bewusstsein in der Gesellschaft. Immer mehr Menschen möchten, dass öffentliche Zuschüsse an die Landwirtschaft in Zukunft für gesellschaftlich wünschenswerte und sinnvolle Leistungen eingesetzt werden.

Die Menschen wollen nicht, dass Ferrero gefördert wird, weil da Kirschen drin sind. Die Menschen wollen, dass die Landwirte gefördert werden, die sinnvoll, die naturnah produzieren, die Lebensmittel auf den Markt bringen, die gesund sind und die wir auch essen wollen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Mario Döweling (FDP))

Die Menschen wollen keine dioxinverseuchten Eier. Sie wollen, dass auch die Biolandwirte kontrolliert werden.