Umso mehr verwundert es jetzt, dass es SPD und GRÜNE sind, die brav über das Stöckchen springen, das CDU und FDP ihnen hinhalten.
Natürlich haben Herr Kaufmann und Herr Schmitt recht, wenn sie betonen, dass es sinnlos ist, dass zukünftig nur eine Zweidrittelmehrheit ein vorläufiges Abweichen von der Schuldenbremse beschließen kann, zumal das Gesetz mit einfacher Mehrheit wieder geändert werden könnte. Von daher handelt es sich um einen irrationalen Vorschlag, der wahrscheinlich nur als Verhandlungsmasse dient.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN und von der SPD, darum geht es auch gar nicht. Es geht darum, dass FDP und CDU Rot-Grün hier am Nasenring durch die Manege ziehen wollen. Pünktlich zur Wahl wollen CDU und FDP Rot-Grün vor die Wahl stellen: Entweder ihr macht unsere Schuldenbremse mit, oder wir erklären euch im Wahlkampf zu Schuldenmachern und Vaterlandsverrätern. – Darum geht es doch, das ist der einzige Sinn dieses Gesetzes.
Statt aber einzufordern, was Sie, Herr Schäfer-Gümbel, als ach, so großen Erfolg verkauft haben, lassen Sie sich möglicherweise auf dieses Spiel ein. Wo ist denn die SPD, die einfordert, dass in dieses Gesetz auch die Einnahmenverantwortung aufgenommen wird?
Nein, diese Forderung ist nicht erhoben worden. Wir haben mehrere Obleutegespräche gehabt, in denen das nicht zum Ausdruck kam.
Man muss den Menschen tatsächlich erklären, was Sie nach der Wahl tun wollen. Sagen Sie doch endlich, in welchen Bereichen Sie so viele Ausgaben kürzen wollen, dass Hessen keine Schulden mehr aufnehmen muss.
Dazu sagen Sie hier kein Wort. Die Haushaltsberatungen zeigen es immer wieder, dass DIE LINKE recht hat. Ohne die Rücknahme rot-grüner Steuergeschenke unter Schröder und ohne eine Vermögensteuer wird die Schuldenbremse dem Land Hessen die Handlungsfähigkeit nehmen. Sie wissen aber auch, dass der ehemalige Bundesfinanzminister Steinbrück genau zu diesen Schritten letztlich nicht bereit ist. Alles, wofür die Hessen-SPD stehen will, wird auf Bundesebene an Steinbrück scheitern.
Ich bin gespannt, was im weiteren Verlauf der Debatte noch passieren wird. Immerhin haben die Regierungsfraktionen deutlich gemacht, dass sie – Herr Pentz hat es betont – zu Verhandlungen bereit seien. Ich kann Ihnen schon jetzt sagen, dass ich keine Möglichkeit sehe, dass meine Fraktion einem Ausführungsgesetz zur Schuldenbremse zustimmen kann.
Eine unsinnige Verfassungsnorm wird nicht dadurch weniger unsinnig, dass Details verändert werden. Die Schuldenbremse kann nicht funktionieren, schon gar nicht in schwierigen Zeiten. Sie wird nicht funktionieren, da können die Juristen in diesem Haus noch so oft betonen, dass die Verfassung es vorschreibt. Wenn die Verfassung vorschreiben würde, die Erde sei eine Scheibe, dann wäre das noch lange kein Grund, mit dem Planieren zu beginnen.
SPD und GRÜNE stehen in der Verantwortung. Sie waren es, die sich hingestellt und gesagt haben, dass die Verfassungsregelungen in Hessen sozial gerecht gestaltet werden könnten. Ich bin gespannt, wie Sie sich diesmal winden, um am Ende doch der Schuldenbremse zuzustimmen. Wir jedenfalls bleiben dabei: Schuldenbremse heißt Sozialabbau, auch unter Rot-Grün. – Danke.
(Beifall bei der LINKEN – Manfred Pentz (CDU): Euer Koalitionspartner! – Gegenruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte die Diskussion, die wir im Ausschuss führen werden, vor allem nach der Anhörung, nicht in irgendeiner Weise breit vorwegnehmen. Im Ausschuss werden mit Sicherheit auch die Einzelheiten zur Sprache kommen, die Sie, Herr Schmitt, und auch Sie, Herr Kaufmann, vorgetragen haben.
Herr Schmitt, eines sollten Sie aber bei dieser Gesetzesvorlage nicht durcheinanderbringen. Es handelt sich nicht um ein Haushaltsgesetz. Was Sie alles an Rahmenbedingungen für dieses Gesetz, beispielsweise zur Einnahmenverantwortung, fordern, hat in einem Gesetz, das einzig und allein die technischen Regelungen zur Ausführung der Schuldenbremse regelt, überhaupt nichts verloren.
Deswegen haben wir auch davon abgesehen, eine Überfrachtung dieses Gesetzentwurfs vorzunehmen. Der Gesetzentwurf regelt eben nur die technischen Dinge. Dabei handelt es sich um drei Dinge.
Das ist erstens das Quorum für die besondere Ausnahmesituation. Herr Kaufmann, ich gestehe zu, dass man dazu unterschiedlicher Meinung sein kann. Andere Bundesländer sehen das nicht und haben nicht die Befürchtung, dass mit einem Zweidrittelquorum Kuhhändel betrieben werden. Weder Hamburg noch Schleswig-Holstein hatte diese Bedenken, als diese Regeln sowohl in die Verfassung als auch in das Gesetz eingeführt worden sind.
Wenn wir es in Hessen so regeln, wie wir es regeln wollen, haben wir dagegen keine Bedenken. In diesem Land muss schon allein die Frage, wie hoch Schulden gemacht werden dürfen, sehr hoch angesiedelt werden. Dazu gehört ein entsprechend hohes Quorum. Das ist unsere Vorstellung dazu.
Zweitens. Das Konjunkturverfahren. Es ist richtig, dass man mit Konjunkturbereinigungsverfahren keine ausgiebigen Erfahrungen hat. Dafür ist im Gesetz eine permanente Überprüfung des Konjunkturverfahrens festgelegt. Aus diesem Grund haben wir uns auch nicht auf eine ganz spezielle Ausformung für die ewigen Zeiten dieses Gesetzes
festgelegt. Wir setzen darauf, dass man im Laufe des Verfahrens auch aus den angewandten Konjunkturbereinigungsverfahren lernt. Das ist auch richtig so.
Der letzte Punkt. Die Zeit bis zum Eintreten der Schuldenbremse muss geregelt werden. Dazu haben wir im Gesetz einen Abbaupfad vorgesehen. Der ist verbindlich.
Das waren die drei Dinge, die zu regeln waren. Sie sind geregelt. Ich will auf die technischen Einzelheiten, wie z. B. die Einrichtung von Kontrollkonten usw., gar nicht eingehen. Sie sind zu wesentlichen Teilen im damaligen gemeinsamen Antrag beschlossen worden.
Möglicherweise haben Sie dazu eine andere Sichtweise, wie man das hätte in einem Gesetzentwurf unterbringen können. Sie sind aber herzlich eingeladen, sich an der Diskussion über dieses Gesetz weiterhin zu beteiligen.
Selbst wenn Sie meinen, nicht als Initiatoren dieses Gesetzes mitwirken zu müssen, hindert es Sie doch nicht daran, Ihre Ideen und Ihre Verbesserungsvorschläge einzubringen. Mäkeln ist die eine Sache, machen ist die andere. Wir machen etwas, und deswegen gehen wir an die Arbeit. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kaufmann, ich möchte nur mit einem Vorwurf aufräumen, dass wir das gleich zu Beginn der Beratungen machen. Sie haben angesprochen, dass es im Vorfeld interfraktionelle Gespräche gab. Daran hat sich der eine oder andere beteiligt, es gab aber auch welche – ich schaue jetzt niemanden an –, die sich eigentlich gar nicht richtig beteiligt haben.
Welchen Schuh ich mir aber an dieser Stelle nicht anziehen lasse, ist, dass wir Ihnen nicht alle Möglichkeiten gelassen hätten bzw. dass Sie sich nicht überall hätten einbringen können.
Letzter Satz. – Jetzt herzugehen und sozusagen die Zweidrittelmehrheit des Quorums als Sollbruchstelle darzustellen, das ist schon sehr fragwürdig.
(Norbert Schmitt (SPD): Das hat Herr Kaufmann immer gesagt! Das ist unwahr! – Gegenruf des Abg. Manfred Pentz (CDU): Sie hätten sich beteiligen können! – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Ich war immer da! – Norbert Schmitt (SPD): Das ist unwahr! Das haben die GRÜNEN immer gesagt! – Holger Bellino (CDU): Das ist selektive Wahrnehmung! – Norbert Schmitt (SPD): Herr Kaufmann hat immer darauf hingewiesen!)
Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat sollte die Entscheidung, die wir bei dem Ausführungsgesetz zur Schuldenbremse zu treffen haben, keine Geltungsdauer von nur einem Jahr oder zwei Jahren haben, sondern sie sollte eine tragfähige Grundlage für die Finanzpolitik der nächsten Jahre, vielleicht sogar der nächsten Dekade sein.
Deshalb haben wir es uns in den Diskussionen in allen Fraktionen nicht leicht gemacht. Deshalb bedauere ich auch, Herr Kaufmann, dass Sie bei dem Versuch, Argumente finden zu müssen, warum Sie nicht mitmachen, sagen, wir hätten zwei Jahre lang nichts gemacht. Sie wissen genauso gut wie wir, dass wir in diesem Prozess zunächst einmal sehr intensiv schauen mussten, was beim Fiskalpakt auf europäischer Ebene passiert, dessen nationales Umsetzungsgesetz wir immer noch nicht final im Gesetzblatt stehen haben. Die Frage war: Gibt es möglicherweise Wechselwirkungen zwischen dem, was die europäische Ebene beschlossen hat, und dem, was wir hier zu tun haben? Deshalb hätte es gar keinen Sinn gemacht, mit dem Gesetzgebungsverfahren zu beginnen, bevor man weiß, was an der Stelle von der europäischen Ebene auf uns herunterkommt.
Meine Damen und Herren, zum Vorwurf interfraktioneller Gespräche als Alibi: Ich weiß nicht, wie viele Gespräche wir zu diesem Thema geführt haben. Ich glaube, jeder hatte Gelegenheit, sich umfassend einzubringen. Ich sage einmal sehr zurückhaltend: Auf das Eckpunktepapier, das wir im Dezember den Fraktionen gegeben haben, hätte ich mir von allen Fraktionen eine etwas intensivere Rückmeldung durchaus erwartet oder zumindest erhofft, als zwei Monate später gesagt zu bekommen: „Auf der Basis können wir nicht so richtig etwas sagen, macht doch einmal einen richtigen Gesetzentwurf.“
Deshalb wäre ich dankbar, wenn wir uns nicht auf an der Grenze zur Wahrheit befindliche Verfahrensvorwürfe beschränken würden, sondern uns wirklich darauf konzentrierten, an welchen Stellen im Entwurf wir Stellschrauben sehen, wo man noch diskutieren sollte und müsste, um nach der Anhörung möglicherweise zu modifizierten Ergebnissen zu kommen.
Der Vorschlag, der den Gesetzentwurf trägt, lehnt sich sehr eng an das an, was in dem seinerzeitigen interfraktionellen Beschluss festgehalten wurde. Wir haben damals gesagt: Die Ein- und Ausgaberechnung ist zunächst dafür da, finanzielle Transaktionen zu bereinigen. Wenn das Land z. B. ein Unternehmen verkauft, um Geld einzunehmen, können die Einnahmen aus dem Verkauf in Zukunft nicht mehr zur Senkung der Nettoneuverschuldung eingesetzt werden, weil gleichzeitig eine Vermögensminderung statt
Bestandteil des jetzigen Entwurfs ist, das künftig auch Zuführungen oder Entnahmen aus der Versorgungsrücklage herausgerechnet werden sollen – mit dem Argument, für die Zukunft exakt zu verhindern, dass das passiert, was in anderen Bundesländer geschehen ist, die ihre Versorgungsrücklage geplündert haben, um aktuelle Haushaltsprobleme zu lösen.
Das ist keine Eröffnung neuer Verschuldungsmöglichkeiten, sondern wir verhindern am Ende, dass die bestehenden Rücklagen dafür herangezogen werden. Wenn Sie genau gelesen haben, dann haben Sie in der Begründung den Hinweis gefunden, dass es das Ziel sein muss, die Zuführungen zur Versorgungsrücklage künftig aus strukturellen Überschüssen zu erwirtschaften.