Protokoll der Sitzung vom 07.07.2009

Herr Peuser!

Nur dadurch werden auch Gesetze mit Leben zu erfüllen sein. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das waren gediegene fünf Minuten. – Herr Frömmrich, Sie haben das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass wir, wenn es um den Brand- und Katastrophenschutz geht, in diesem Hause eine große Einigkeit haben. Es ist vielleicht einmal ganz schön für diejenigen, die hier als Besucher sind, zu sehen, dass in diesem Hause auch Gemeinsamkeit herrscht und dass man in diesem Haus gemeinsam an Gesetzentwürfen arbeitet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,im Großen und Ganzen ist das, was vom Innenminister vorgelegt worden ist, für uns unproblematisch.Wir sollten uns in der Anhörung intensiv über die einzelnen Punkte unterhalten. Es gibt ein paar strittige Punkte, die auch vom Landesfeuerwehrverband angeführt worden sind.Aber ich glaube, wir kommen in der Anhörung weiter.

Wir haben in der vorletzten Sitzung des Landtags eine ausgiebige Diskussion über Brand- und Katastrophenschutz geführt. Wir waren uns alle einig, wie wichtig Brand- und Katastrophenschutz ist und wie wichtig es gerade ist, dafür Sorge zu tragen, dass die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine gute Ausstattung haben und dass wir sie nach Möglichkeit unterstützen.Für diese Unterstützung ist natürlich ein gutes und ein modernes Brand- und Katastrophenschutzgesetz notwendig. Da sind wir mit dem, was hier von der Landesregierung vorgelegt worden ist, auf dem richtigen Weg.

Trotzdem möchte ich einige Anmerkungen zu einigen Punkten machen, auf die wir bei der Anhörung im Innenausschuss näher eingehen sollten.

Eine Frage ist bereits angesprochen worden, vom Innenminister und auch vom Kollegen Peuser: die Erhöhung der Altersgrenze von 60 auf 65 Jahre. In der Grundtendenz haben wir heute immer mehr ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger, die bereit und körperlich in der Lage sind, in diesem Bereich zu arbeiten. Ich könnte mir hier also durchaus eine Öffnung vorstellen.

Aber wenn ich mir die Stellungnahme des Feuerwehrverbandes zu diesem Aspekt anschaue, dann lese ich dort, eine Altersgrenze bis zum 65. Lebensjahr erscheint aus vielerlei Gründen nicht sinnvoll. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt bei diesem Punkt mit jenen, die als Fachverband tätig sind, also durchaus noch Diskussionsbedarf. Diese Diskussion sollten wir suchen.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Als zweiten Punkt möchte ich die persönliche Eignung ansprechen. Ich halte auch die Intention des Innenministeriums für richtig, dass wir schon darauf achten, wer in

unseren Feuerwehren tätig ist, insbesondere als Ausbilder. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Rechtsextreme gerade in kleinen Orten versuchen, Feuerwehren zu unterwandern. Hier ist ein Passus in den Gesetzentwurf hineingekommen, um dies auszuschließen.

Aber an diesem Punkt sollten wir das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Es gibt auch durchaus andere, die einmal mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind, und ich erinnere an den Grundsatz der Resozialisierung. Man sollte auch denen den Weg zurück in die Gesellschaft und zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht verbauen. Denken Sie an jemanden, der mehrfach beim Schwarzfahren erwischt worden und dann unter Umständen wegen Betrugs vorbestraft ist – es kann nicht sein,dass der künftig daran gehindert wird, sich aktiv bürgerschaftlich in seiner Kommune zu engagieren.

Ein weiteres Thema ist die Bereitstellung der Haushaltsmittel. Herr Innenminister, hier schaffen Sie eine neue Rechtsgrundlage. Wenn man sieht, dass Sie hier Haushaltsmittel für die Räumlichkeiten, eine altersgerechte Ausstattung und die Unterstützung von Ausbildungsmaßnahmen ins Gesetz hineinschreiben, so halte ich das im Grundsatz für richtig. Wir wollen eine gut ausgebildete Feuerwehr, wir wollen gut ausgestattete Räumlichkeiten, und wir wollen auch Ausbildungsmaßnahmen unterstützen. Aber ich freue mich schon auf die Stellungnahmen der Kommunalen Spitzenverbände dazu. Ich nenne nur das Stichwort Konnexität: Hier wird natürlich die Frage der Finanzierung aufgeworfen.

Was die Frage weiterer Vertreterinnen und Vertreter von Wehrführerinnen und -führern angeht, so halte ich es für eine richtige Entscheidung, das zu ermöglichen. Die Aufgaben werden immer komplexer.Aber gerade in den kleinen Gemeinden haben wir es oft damit zu tun, dass die Verantwortlichen nicht mehr vor Ort sind, wenn ein Einsatz erforderlich ist. Früher waren das oft Landwirte, die im Ort gelebt und gearbeitet haben. Heute ist das in vielen Orten nicht mehr möglich. Also ist es auch sinnvoll, eine weitere Vertretung zu ermöglichen.

Über die Frage der Auflösung von Gemeindefeuerwehren sollten wir vielleicht noch eine Sekunde länger nachdenken.Wie Sie wissen, bin ich ein leidenschaftlicher Anhänger von Orts- und Gemeindefeuerwehren. Die Argumente, die hier im Entwurf des Innenministers festgeschrieben sind, halte ich für vollkommen richtig. Wenn sich die Menschen nicht mehr mit ihrem Ort identifizieren, dann arbeiten sie dort auch nicht mit. Je weiter ich die Organisation vom eigenen Ort entferne, desto weniger Bereitschaft besteht gerade auch bei jungen Leuten, dort mitzuarbeiten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Deswegen ist dieser Ansatz dem Grunde nach richtig.Wir ermöglichen damit die kommunale Zusammenarbeit über Ortsgrenzen hinweg, was Zweckverbände angeht. Aber ob man nun unbedingt zu dem Mittel greifen muss, das im Gesetz zu verbieten, darüber möchte ich gern noch die Diskussion mit den Kommunalen Spitzenverbänden führen.

Herr Frömmrich, bitte zum Schluss.

Herr Präsident, vielen Dank, ich komme zum Schluss.

Zu Beginn habe ich es gesagt:Wir werden diesen Gesetzentwurf positiv begleiten. Ich glaube, wir sind damit auf dem richtigen Weg. Die näheren Dinge werden wir noch in der Anhörung besprechen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Frömmrich. – Als Nächster hat Herr Dr. Blechschmidt für die FDP-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Es besteht allgemeiner Konsens. Ich glaube auch, feststellen zu können, dass wir heute über d e n Tagesordnungspunkt des Ehrenamtes überhaupt reden, nämlich über das „Ehrenamt erster Klasse“, wie ich es einmal bezeichnen möchte.

Wer in Deutschland groß geworden ist und weiß, was Feuerwehren leisten, der weiß, was tagtäglich dort abgearbeitet und vorgehalten wird. Dabei sollen viele andere Hilfsorganisationen wie der Arbeiter-Samariter-Bund, DLRG, Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter und Malteser mit ihren Leistungen nicht vergessen werden. Davor müssen wir den Hut ziehen und feststellen, dass dieses Gesetz heute dem Ehrenamt wirklich helfen soll. Es ist für Hessen wichtig, dass es hier weitergeht. Das, was sich hier bewährt hat, muss weiter ausgestaltet werden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Der Dank geht deswegen an die zahlreichen Feuerwehrmänner, aber auch an die Mitarbeiter und ehrenamtlich Tätigen in anderen Hilfsorganisationen.

(Petra Fuhrmann (SPD):Auch an die Frauen!)

Danke, Frau Fuhrmann: ja, natürlich auch an die Feuerwehrfrauen.

(Petra Fuhrmann (SPD): Sehr gut!)

Für mich als Volljurist war es neu, dass dieses Gesetz erst 1998 verabschiedet wurde. Es wurde 2007 überarbeitet und muss jetzt abermals überarbeitet werden. Dazu haben wir heute die erste Lesung.

Es hat sich grundsätzlich bewährt. Trotzdem gibt es verschiedene Punkte zu verbessern und zu modernisieren. Einzelne Akzente haben meine Vorredner hierzu schon angeführt. Ich möchte mich hier auf vier Punkte beschränken.

Das ist zuerst der schon erwähnte Gesichtspunkt, die Gemeindefeuerwehren zu stärken. Der Feuerwehrmann vor Ort soll bestehen bleiben.Ich komme aus Oberursel.Dort hat jeder Stadtteil seine Feuerwehr. Das ist auch gut so und soll auch weiterhin so bleiben.

Ich halte es auch für gut, dass bei aller Nachwuchsförderung auch hier der Sachverstand gewahrt wird. Wir alle, die wir zu den Festen gehen, wissen, dass die Jugendarbeit im Lande Hessen sehr wichtig ist. Es ist auch richtig, hier von 62 Jahren auf 65 Jahre zu gehen und das zu erhalten, was mit der Seniorität verbunden ist – nämlich die Erfahrung in die Feuerwehren einzubringen.Die Nachwuchsar

beit ist wichtig, aber es ist umso wichtiger, die Erfahrung zu erhalten.

Ich meine, es muss noch ein weiterer Akzent hervorgehoben werden: Arbeitgeber, die Leute beschäftigen, die bei der Feuerwehr aktiv tätig sind, müssen privilegiert werden. Es muss ein Freistellungsanspruch für Übungen und Ausbildungsveranstaltungen gegeben sein. Das halte ich für eine moderne Feuerwehrarbeit für wichtig. Hier muss das Ehrenamt gestärkt und dem Gewissenskonflikt desjenigen vorgebeugt werden, der beim Arbeitgeber beschäftigt ist und sich in der Feuerwehr betätigt und der Allgemeinheit zur Verfügung steht.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Besonders hervorzuheben ist die Kostenfolge, die im Gesetzentwurf überschaubar mit einem Betrag von etwas über 30.000 c zum Tragen kommt.

Für mich und meine Fraktion sehr wichtig ist aber auch die Gleichstellung der Hilfsorganisationen mit den Feuerwehrangehörigen hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Absicherung. Die ist sehr wichtig, damit das alles funktioniert. Wenn man sich hier der Gefahr aussetzt, muss man in der Konsequenz zumindest versicherungsrechtlich abgefedert sein.

Damit komme ich zu einem Punkt, der vielleicht wirklich in der Anhörung nochmals eingehend erörtert werden sollte – vor allem aus meiner Sicht des Parlamentsneulings mit einer erst halbjährigen Parlamentserfahrung. Das ist das Thema Kostentragungspflicht. Das möchte ich gerne im Ausschuss debattiert haben. Sie ist sehr stark auf die Feuerwehr zugeschnitten, aber beim Arbeiter-Samariter-Bund, beim Roten Kreuz, bei der DLRG, bei Johannitern und Maltesern nicht in derselben Weise ausgestaltet. Darüber wird zu reden sein. Das hat auch etwas mit der Attraktivität eines Amtes zu tun – wie weit die Kostentragungspflicht erfüllt werden kann.

Das sind alles Diskussionsgesichtspunkte, auf die ich mich freue. Denn es gilt, das hochzuhalten, was ich eingangs dargestellt habe: Mit diesem Gesetzentwurf stärken wir das Ehrenamt. Das ist ein „Ehrenamt erster Klasse“. Dieses Land Hessen ist ohne Feuerwehr und Hilfsorganisationen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht vorstellbar. Deshalb wird dies auch eine gute Gesetzesberatung werden, mit einem hoffentlich allgemeinen Konsens. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank,Herr Dr.Blechschmidt.– Jetzt hat Herr Kollege Schaus das Wort für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon von meinen Vorrednern darauf hingewiesen worden, dass es sich hier um ein wichtiges und sehr umfangreiches Gesetz handelt, und zwar nicht nur für die betroffenen ca. 100.000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner und diejenigen, die im Rettungsdienst tätig sind, sondern natürlich wegen der entsprechenden Wirkung auch für die Bevölkerung selbst. Wer weiß nicht auch zu berichten, dass

die Feuerwehr, wenn es zu Einsätzen gekommen ist, mittlerweile für den Umweltschutz weit mehr leistet, als nur Brände zu löschen,denn deren Haupttätigkeit liegt auf einem sehr vielfältigen Gebiet.

Herr Minister, Sie haben sich in der Vorstellung des Gesetzentwurfs ausführlich mit der Feuerwehr auseinandergesetzt. Deswegen möchte ich ganz bewusst auch, und da knüpfe ich an meinen Kollegen Blechschmidt an, mit den Rettungsdiensten beginnen, weil ich der Meinung bin, dass es wert ist, deren Tätigkeiten im Katastrophenschutz genauso zu würdigen wie die der Feuerwehr. Dabei geht es mir nicht um eine Aufrechnung oder Anrechnung, sondern es geht darum, dass bei den betroffenen Verbänden und Organisationen das Gefühl entsteht, dass sie hier gleichwertig behandelt werden. An dieser Stelle habe ich in den Gesprächen, die wir in letzter Zeit mit den Verbänden geführt haben, den Eindruck gewonnen – ich sage es einmal vorsichtig –, dass leichte Zweifel vorhanden sind.

Herr Dr. Blechschmidt hat es angesprochen, und auch ich denke, dass es wichtig ist – sowohl mit dem Landesfeuerwehrverband als auch mit den Rettungsdiensten in den weiteren Beratungen im Ausschuss und auch in der Anhörung –,darüber zu beraten,wie man im Hinblick auf die Kostentragungspflicht bei Großeinsätzen sozusagen vorbeugend im Katastrophenschutz tätig wird, wie man hier eine Finanzierungsregelung treffen kann, die nicht zulasten der Rettungsdienste geht, die letztendlich diese Vorhaltungskosten tragen müssen. Ich glaube, hier liegt im Gesetzentwurf keine Veränderung vor. Der § 60 soll nicht verändert werden. Die Rettungsdienste selbst fordern aber für uns nachvollziehbar eine Veränderung, und dies wollen und, denke ich, müssen wir auch mit ihnen gemeinsam diskutieren,weil sich auch in unserer Hessischen Verfassung auf das Konnexitätsprinzip bezogen wird.

Das Vorgehen und die Erfahrung der Rettungsdienste bei ihrem Hilfseinsatz, ihrer Verpflichtung bei der FußballWM 2006 in Hessen, wo deren Kosten erst nachträglich ersetzt wurden, ohne dass es einen gesetzlichen Rechtsanspruch gegeben hat, sind dazu angetan, ihnen jetzt, wenn das Gesetz angepackt wird, auch eine gleichwertige finanzielle Zusicherung zu geben.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich denke, wir müssten mit den Rettungsdiensten auch darüber diskutieren, wie sie in den Kommunen und Landkreisen gemeinsam stärker in die Großschadenslagen einbezogen werden können, und es muss geschaut werden, welches Know-how sie haben und welches sie bereit und in der Lage sind, hier einzubringen.