Meine Damen und Herren,unter Punkt 5 des Antrags von CDU und FDP sind die fünf Säulen aufgeführt, auf denen unser Sozialwesen, unsere Ökonomie und unser Staat beruhen. Ich lese sie Ihnen vor: Privateigentum, Freiheit, Verantwortung,Wettbewerb und Solidarität.
Ich vermute einmal, dass sich hinter dem Begriff „Solidarität“ all das verbirgt, was wir mit Sozialversicherung und Sozialstaatsgebot meinen. Das nennen Sie aber nicht. Ich denke, Sie machen das aus einem guten Grund nicht.
Deswegen seien Sie daran erinnert, dass, entgegen der Offenheit der Wirtschaftsverfassung, das Sozialstaatsgebot ausbuchstabiert Bestandteil des Grundgesetzes, unserer Verfassung, ist. Wenn Sie diese vernachlässigen, bekommen wir eine solche Schieflage wie die, über die wir im Moment diskutieren und in der Unmengen von Menschen in diesem Land nicht mehr gut leben können. Sie müssen in Armut leben.
Ja, ich habe mir bei Ihrer Rede zwischenzeitlich überlegt, ob Sie sich auf den Antrag berufen, den Sie hier eingebracht haben; denn dort sind Dinge genannt worden, die Sie diesmal wohl bewusst nicht aufschreiben wollten.
Ich möchte aber noch einmal auf das eingehen, was der Kollege Frankenberger eben gesagt hat. Sie haben von ungezügeltem Kapitalismus,vom Fehlverhalten Einzelner – menschliches Fehlverhalten – und dem Missbrauch der Freiheit gesprochen. Herr Frankenberger hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es hier nicht um das Fehlverhalten Einzelner, sondern um einen Systemfehler geht. Es geht um den Systemfehler, den wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten in der Bundespolitik und leider auch in der Landespolitik zugelassen haben: Es ist der Blick darauf verloren gegangen, dass der Markt nicht dafür sorgt, dass das Sozialstaatsgebot eingehalten wird.
Ich kann wirklich nicht nachvollziehen, dass Sie weiterhin die Zurücknahme des staatlichen Handelns verfolgen, wenn wir doch deutlich sehen müssen,dass uns das Sozialstaatsgebot vorschreibt – ich verwende jetzt nicht unseren Plakatslogan,
sondern beziehe mich bewusst auf ein Wort des Vordenkers und früheren Bundeswirtschaftsministers Erhard –,
dass der Wohlstand für alle aktiv verteilt wird.Wir alle haben also die Aufgabe, aktiv dafür zu sorgen, dass das, was in unserem Land erwirtschaftet wird, allen Menschen gleichermaßen zur Verfügung gestellt wird,um allen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen. Das ist der Kern des Sozialstaatsgebotes unserer Verfassung.
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Walter Arnold (CDU): Überhaupt nicht! Das ist der Umverteilungsstaat!)
Es bedarf dazu unserer Meinung nach echter sozialer Grundrechte. Dazu gehören das Grundrecht auf Arbeit, das Recht auf soziale Sicherung, das Recht auf bezahlbaren Wohnraum, das Recht auf gesundheitliche Daseinsvorsorge sowie sicherlich auch ein Recht auf Migration.
Wir wünschen uns, dass diese Rechte gegenüber dem Staat einklagbar sind, damit wir eine solche Diskussion nicht mehr erleben müssen: ein Zurückziehen des Staates in einer Situation, in der uns das Zurückziehen staatlicher Regelungen in die größte Krise des neuen Jahrtausends geführt hat. Aber Sie vertreten weiterhin die Auffassung, der Markt regelt das schon – abgesehen von dem kleinen Anteil menschlichen Fehlverhaltens. Dem können wir nicht folgen.
Ich schließe mit einem Zitat, das ich im Zusammenhang mit einem weiteren Antrag, der von Ihren Fraktionen eingebracht wird, in der „HNA“ gelesen habe. Diesem Zitat kann ich mich voll und ganz anschließen. Dort steht:
Es geht um die grundsätzliche Frage, wie diese Gesellschaft leben will. Darüber sollte nicht allein der Markt entscheiden.
Noch eingegangen und an Sie verteilt worden ist ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 18/1111, zu dem Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Neuanfang für Opel – Grundstein für eine hessische Traditionsmarke gelegt, Drucksache 18/1110. – Herr Kollege Wintermeyer.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wilken, ich möchte zunächst mit Ihrem Redebeitrag anfangen; denn das war wieder einmal herrlich. Der Kollege Wagner hat Sie entlarvt. Ich finde es
schön, dass die GRÜNEN mittlerweile die LINKEN entlarven. Sie haben „Niemand hat die Absicht, …“ gesagt. Herr Kollege Wilken, wenn Menschen wie Sie diesen Satz verwenden, wissen wir, es steckt das Gegenteil dahinter. „Niemand hat die Absicht, …“ – da läuft es mir wirklich kalt den Rücken herunter.
Ich glaube, wir dürfen Sie jetzt als den Walter Ulbricht der hessischen LINKEN bezeichnen. Das ist wunderbar; das ist auch eine Auszeichnung.
Ansonsten nur noch ein Satz zu den Kollegen von der LINKEN und zu ihrem Wahlkampf: Sie haben in Deutschland Plakate mit dem Slogan „Reichtum für alle“ geklebt. Die Übereinstimmungen mit der Horst-Schlämmer-Partei, die auch überall mehr will, sind auffällig. Ernsthafter kann man Ihre Plakate wirklich nicht behandeln; denn all das, was Sie plakatieren, stimmt in keiner Weise mit dem überein, worüber wir heute hier reden.
Das ist auch der Grund,warum CDU und FDP diesen Antrag gestellt haben. Der Begriff „soziale Marktwirtschaft“ wird von den Mitgliedern vieler Parteien im Munde geführt. In den letzten Monaten haben, auch aufgrund der Wirtschaftskrise, gerade die LINKEN, aber auch Teile der Sozialdemokraten und der GRÜNEN die Worte „soziale Marktwirtschaft“ verwendet, aber durch ihr Handeln bewiesen, dass sie das Gegenteil wollen. Das wollen wir von der CDU und der FDP nicht. Das wollen wir verhindern.
Herr Kollege Arnold hat die Geschichte der sozialen Marktwirtschaft heute hier dargestellt. An einer Stelle will ich etwas ergänzen, denn das ist mir wirklich wichtig.
Herr Kollege van Ooyen, die Persönlichkeiten, die die soziale Marktwirtschaft konzipiert haben – das waren Ordoliberale und Neoliberale –, haben mit diesem System eine Antwort auf die Wirtschaftsordnung der Nazis gegeben. Herr van Ooyen, ich muss wirklich sagen: Die Diskriminierung der Ordoliberalen und der Neoliberalen,die Sie immer wieder vornehmen, zeigt, welch Geistes Kind Sie sind.
Jemand, der das diskreditiert, zeigt damit, dass er mit unserer demokratischen Grundordnung ein Problem hat. Darüber kann ich nur den Kopf schütteln.
Die Wirtschaftsordnung in Form der sozialen Marktwirtschaft ist eine der größten Errungenschaften, die unser Land hat. Ich gebe zu, dass ich verwundert bin, dass es neben unserem Entschließungsantrag noch zwei weitere Dringliche Entschließungsanträge gibt. Denn ich hatte eigentlich gehofft, dass sich zumindest die Sozialdemokraten und auch die GRÜNEN mit diesen Grundsätzen einverstanden erklären können.
Das,was wir dort formuliert haben,sollte eigentlich für jeden Demokraten, der diese Wirtschaftsordnung trägt, in Ordnung sein.
Herr Kollege Al-Wazir, es ist nicht so, dass die soziale Marktwirtschaft einen bestimmten Fokus hat. Die soziale Marktwirtschaft stellt den Ausgleich zwischen der Marktwirtschaft auf der einen Seite und einer Sozialordnung auf der anderen Seite dar.Es gibt keinen Schwerpunkt bei der
Ökologie oder in anderen Bereichen. Herr Kollege AlWazir, deshalb sollten Sie nicht versuchen, die soziale Marktwirtschaft in die ökologische Marktwirtschaft zu transformieren. Da gehört sie nicht hin. Nur die soziale Marktwirtschaft ist das Erfolgsmodell – kein anderes.
Ich will den Satz wiederholen, den ich schon vor einigen Monaten gesagt habe: Ich bin der festen Überzeugung, dass die soziale Marktwirtschaft und die Demokratie die zwei Seiten der gleichen Medaille sind. – Schauen Sie sich die Länder an, in denen es keine soziale Marktwirtschaft und keine freie Wirtschaftsordnung gibt. Herr van Ooyen, was sind denn das für Länder?
Das sind Länder wie China. Dazu gehört z. B. auch das Land, von dem Sie gelegentlich träumen, die ehemalige DDR.
Das waren Länder, in denen die Menschen keine Freiheit hatten,in denen die Menschen vom Staat unterdrückt und gegängelt wurden.
Jeder,der die soziale Marktwirtschaft bekämpft,stellt sich auch gegen die freiheitliche Ordnung unseres Landes.