Protokoll der Sitzung vom 08.10.2009

Die Verschuldung steigt um 130 Milliarden c. Wenn Sie die mittelfristige Finanzplanung der Bundesländer sehen – ich rate Ihnen, sich die anzuschauen –, selbst die der sogenannten reichen Länder, dann werden Sie darauf kommen, dass praktisch alle Länder in der mittelfristigen Finanzplanung von identischer Höhe der Verschuldung zwischen 2010 und 2013 ausgehen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Nordrhein-Westfalen hat z. B. 6,6 Milliarden c und hat auch für 2013 diese 6,6 Milliarden c unterstellt.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Interessant ist Hamburg!)

Wir haben einen Plan zum Abbau der Verschuldung auf 1,9 Milliarden c, in dieser Zeit also 1,4 Milliarden c weniger. Das ist das, was aus meiner Sicht mit großen Anstrengungen realistisch erreicht werden kann.Sie könnten hier zehnmal Beschlüsse fassen – ich wäre nicht bereit, dem Hessischen Landtag eine Planung vorzulegen, von der man sagen kann, dass sie der Realität nicht entspricht.

Herr Abg. Schmitt, ich bleibe dabei, ich brauche keine zehn Minuten, um eine mittelfristige Finanzplanung zu machen, die Ihren Anforderungen entspricht, so wie es damals bei Rot-Grün in den Neunzigerjahren gemacht worden ist, als nämlich gesagt worden ist:Wegen gewaltig erhöhter Steuereinnahmen und gewaltiger Minderausgaben werden wir schon im Jahre 1999 einen ausgeglichenen Haushalt haben. – Meine Damen und Herren, das ist doch ein Leichtes, die Steuereinnahmen hochzusetzen und bei den Ausgaben pauschale Positionen einzusetzen, wo Sie Minderungen machen wollen.

(Norbert Schmitt (SPD): Das machen Sie doch!)

Nein, das mache ich nicht. Das wäre Ihre Mentalität. Ich muss bei den Zahlen, die dem Hessischen Landtag vorgelegt werden, von dem ausgehen, was aus der heutigen Sicht der Dinge tatsächlich zu erwarten ist. Hoffnungen sind nicht zu etatisieren, Herr Abg. Schmitt,

(Beifall bei der CDU und der FDP)

und übrigens schon gar nicht von der Opposition, die in diesem Landtag – ich bitte die,die zuhören,das einmal zur Kenntnis zu nehmen – doch nichts anderes zu tun hat, als Anträge zu stellen, wo wir mehr Geld ausgeben sollen.

(Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt doch gar nicht!)

Hier kommen Anträge mit strukturellen Mehrausgaben in immer wieder beträchtlicher Größenordnung. Sie sind doch Lichtjahre davon entfernt, nur einen einzigen Vorschlag zu machen, wo Sie denn tatsächlich einsparen wollten.

(Petra Fuhrmann (SPD): Das ist schlicht die Unwahrheit!)

Wir machen das. Sie wissen auch, dass wir die Haushaltsstrukturkommission eingesetzt haben.Die Sparbemühungen zum Haushalt 2010 sind exorbitant. Die können sich sehen lassen.Auf die sind wir stolz. Deswegen werden wir auch den Haushalt in den nächsten Jahren in den Griff bekommen.

In dem Zusammenhang weise ich übrigens einmal darauf hin, dass Sie seit vielen Jahren immer wieder behaupten, dass Hessen sozusagen am Rande sei und wir das Land in den Ruin führten.Wir zahlen immer noch gewaltige – und zwar die meisten – Beiträge in den Länderfinanzausgleich, weil Hessen ein „strukturschwaches“ Land ist.

(Zurufe von der LINKEN:Ah!)

Wenn Sie die Kreditaufnahmebedingungen am Kapitalmarkt sehen, dann werden Sie feststellen, dass Hessen bei den Anlegern mit Abstand das bestgeratete Land aller Bundesländer ist, sodass wir doch noch sehr stolz darauf sein können, wie das Land Hessen insgesamt dasteht.

Der Antrag geht also ins Leere. Wir haben Schritte zum Abbau des Defizits bis zum Jahr 2013 vorgelegt, und bei riesigen Anstrengungen halten wir es für realistisch, das zu schaffen.

Der zweite Punkt dieses Antrags der GRÜNEN hat eine mittelfristige Finanzplanung zum Gegenstand. In diesem Antrag heißt es nämlich:

... die steuerpolitischen Rahmenbedingungen konkretisiert werden, die für eine ausreichende Finanzierung der staatlichen Aufgaben bei gleichzeitiger Rückführung der Nettoneuverschuldung notwendig sind.

Wissen Sie, was das bedeutet? Das bedeutet nichts anderes, als dass ich mir jetzt etwas ausdenken soll, wie man in den nächsten Jahren auf Bundesebene die Steuergesetze gestalten kann, um diese Zahlen einzusetzen. Damit bin ich wieder bei den zehn Minuten, die ich brauche, um den Haushalt dann in irgendeiner Weise in der mittelfristigen Finanzplanung voranzubringen – wenn ich mir etwas an steuerpolitischen Maßnahmen ausdenke, von denen ich glaube, hoffe, denke, dass sie kommen werden, und dieses hier etatisiere.

Herr Schmitt, das wird nicht stattfinden. Denn das hat mit der Realität der harten Planung von Haushalten nichts zu tun.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wenn es so wäre, dass durch Konjunkturbelebung, Steuergesetzänderung oder was auch immer sich veränderte Parameter ergeben, dann werden wir diese mittelfristige Finanzplanung Jahr für Jahr fortschreiben, wie das vorgesehen ist.

Meine Damen und Herren, es bleibt aber dabei: Es werden nur heute belastbare Fakten und Daten in die mittelfristige Finanzplanung hineingenommen und von diesem Finanzminister dem Hessischen Landtag zugeleitet.

Wenn Ihnen das nicht gefällt und Sie andere Vorstellungen haben, so mag das so sein.

Mir gefällt diese Entwicklung übrigens auch nicht,die sich jetzt abzeichnet.

(Beifall der Abg. Clemens Reif (CDU) und Torsten Warnecke (SPD))

Das will ich ganz klar sagen. Darüber brauchen wir hier doch gar nicht zu streiten.

Aber ich muss doch mit den Realitäten umgehen. Hören Sie deswegen doch bitte auf, an dieser Stelle solche Diskussionen zu führen. Wir können sie an anderer Stelle führen. Von mir aber werden Sie immer einen objektiven und auf dem heutigen Stand und Erfahrung basierenden mittelfristigen Finanzplan vorgelegt bekommen.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Das ist auch richtig so!)

Mein Ziel ist es, besser zu werden. Sie haben aber erst einmal den Anspruch, die Situation realistisch dargelegt zu bekommen.

Wenn Sie das nicht hören wollen, dann kann ich daran nichts ändern. Das Leben ist halt manchmal hart. Deswegen werden wir auch hart an dieser Sache weiterarbeiten. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank, Herr Finanzminister. – Nun hat sich in der Debatte Herr Kollege Kaufmann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nochmals zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wende mich jetzt vor allem an die Regierungsmehrheit: Haben Sie eigentlich gemerkt, dass Sie gerade eben eine Chance verspielt haben?

Eben hat die Kollegin Erfurth in großer Ruhe und sehr nachdrücklich versucht, Ihnen nahezubringen, dass eine Regierung – die in diesem Jahr im Bundesrat dem zugestimmt hat, dass wir spätestens ab dem Jahr 2020 keine neuen Schulden mehr machen dürfen, und zuvor den Auftrag haben, sie zu reduzieren; ich fasse das mit meinen Worten zusammen – doch wohl einen Plan entwickeln muss, wie sie dieses Ziel, das sie groß verkündet hat, erreichen will.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Natürlich!)

Meine Damen und Herren, dieser Plan liegt nicht vor.

Herr Kollege Milde, mit der Art und Weise, wie insbesondere Ihre Fraktion mit der Haudrauf-Rede vom Kollegen Schork hier losgepoltert ist, zeigt auch: Sie wollen Nebelkerzen werfen, denn Sie haben keinen Plan und möchten das möglichst verstecken.

Sehr verehrter Herr Finanzminister,das,was Sie hier eben von sich gegeben haben, war schlicht die Unwahrheit.

(Widerspruch bei der CDU)

Sie haben einen Finanzplan vorgelegt. Wir haben ihn alle noch in unseren Unterlagen, das ist die Drucks. 18/1055. Er ist noch nicht endgültig durch das parlamentarische Verfahren hindurchgegangen.Sie müssen nur dort hineinschauen. Dann werden Sie unter anderem feststellen, dass Sie globale Mehr- und Minderausgaben etatisiert haben, genauso wie globale Mehreinnahmen.

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Wir haben eine unmittelbare Erfahrung aus der jüngsten Zeit. Im vergangenen Jahr haben wir heftig mit Ihnen über die Konkretisierung der globalen Mehreinnahmen gestritten. Da kamen wunderbare Sprüche, nach dem Motto: Das ist erst bei der Finalisierung des Haushalts möglich.

Sehr verehrter Herr Finanzminister,es ging um den Haushalt 2009, um die Finalisierung der 500 Millionen c globaler Mehreinnahmen, die Sie schon im Jahr 2007 vor der Wahl in den Finanzplan für das Jahr 2009 hineingeschrieben haben. Das konnten Sie nicht darstellen. Am Ende waren es zusätzliche Schulden.

Wenn Sie jetzt erneut damit kommen, dann tun Sie genau das, was Sie gerade der Opposition glaubten vorhalten zu müssen – nämlich nur Dinge in den Finanzplan hineinzuschreiben, die keinen materiellen Hintergrund haben.

Sie haben wieder genau das Gegenteil getan – und erklären uns dann, wir würden von Ihnen einen nicht vernünftigen Plan fordern.

Meine Damen und Herren, in der Tat ist das ein wichtiger Streitpunkt, den man auch in Ruhe behandeln muss, nämlich ob diese Regierung jetzt schon plant – der Kollege Schmitt hat das einen geplanten Verfassungsbruch genannt –, sich an das, was sie gerade eben selbst in Berlin mit zustande gebracht hat, nicht zu halten, oder ob sie sich nur nicht traut, uns reinen Wein einzuschenken.

Es ist ausgeschlossen – wir haben versucht, das zu extrapolieren –, dass Sie bei diesen Raten der sogenannten Rückführung der Verschuldung dieses Ziel erreichen und im Jahr 2020 zu einer verschuldungsfreien Haushaltsaufstellung kommen.