Was haben Sie uns gerade über das Jahr 2013, also über das Ende dieser Finanzplanungsperiode, erzählt: Knapp 2 Milliarden c sind neue Nettokreditaufnahme plus 500 Millionen c nicht substanziierte globale Mehreinnahmen bzw. Minderausgaben – wie heißt das bei Ihnen so schön: „da besteht noch Handlungsbedarf“ – plus 400 Millionen c, die Sie von der kommunalen Seite in den Landeshaushalt zurückführen wollen. Sie landen damit erneut bei knapp 3 Milliarden c nicht finanzierter Ausgabenplanung am Ende dieser Periode.
Herr Kollege Milde, ich finde, dann sollte man diese Diskussion am Ende anders führen, als Sie es hier angelegt haben – wenn es darum geht, hier ernsthaft die Perspektive für die weitere finanzpolitische Entwicklung dieses Landes zu diskutieren, anstatt zu sagen: Ich brauche zehn Minuten, um eine neue Fassung meines Märchenbuchs zu schreiben. – Das wird dem gesetzlichen Auftrag von § 50 des Haushaltsgrundsätzegesetzes
und auch dem verfassungsrechtlichen Auftrag, der jetzt mit Ihrer Zustimmung ins Grundgesetz gebracht wurde, in keiner Weise gerecht.
Herr Finanzminister, insoweit würde ich Ihnen dringend anraten, vor Ihren Pflichten und gesetzlichen Aufträgen doch etwas mehr Respekt zu zeigen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Kaufmann. – Jetzt liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir sind also am Ende dieser Aussprache.
Der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN soll dem Haushaltsausschuss überwiesen werden. Soll der Dringliche Entschließungsantrag auch dem Haushaltsausschuss überwiesen werden? – Dann überweisen wir beide eben debattierten Anträge dem Haushaltsausschuss.
Antrag der Fraktion der SPD betreffend fehlende Entschuldigung des Ministerpräsidenten zum Eklat um die Verleihung des Hessischen Kulturpreises – Drucks. 18/ 1062 –
Hier wurden fünf Minuten Redezeit je Fraktion vereinbart. Erster Redner ist Herr Kollege Grumbach für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Manchmal gibt es im Landtag Anträge, zu denen man hofft, nicht reden zu müssen, weil der Anlass vorher aus der Welt geschafft wird. Das ist hier nicht der Fall. Ich glaube, wir müssen noch einmal einen Moment darüber nachdenken.
Anfangen will ich aber mit einem Dank. Ich will mich bedanken bei den vier – jetzt wieder – Preisträgern. Sie haben für den Hessischen Kulturpreis mehr geleistet als das gesamte Kuratorium und die Landesregierung,
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Zum Zweiten möchte ich gerne das Kuratorium ermutigen, sich ein Stück nicht von der Politik instrumentalisieren zu lassen.
Ich finde es schon ganz spannend, wie gestandene Menschen, die es gewohnt sind, ihre eigene Rolle sehr klar zu definieren, hier in ein Spiel geraten sind. Jeder von Ihnen, der sich dafür interessiert hat, hatte Gelegenheit, mit mindestens der Hälfte der Kuratoriumsmitglieder zu reden.
Es waren ganz spannende Einsichten,wie sie sozusagen in ein Spiel von Politik geraten sind, welches ihre Rolle im Prinzip eher schmälert.Wir haben eigentlich die Position, dass sich dieses Kuratorium in seiner Konstruktion ein Stück weit von Spielen, die im politischen Bereich laufen, unabhängig machen soll. Ich würde sie gern dazu ermutigen.
Dritter Punkt.Dieser hat etwas mit Verantwortung zu tun, und da schließe ich an die Rede an, die ich vor ein paar Wochen zum Thema Verantwortung gehalten habe. Hier ist an keiner Stelle Verantwortung übernommen worden. Zuerst herrschte Schweigen; und jetzt stellt sich die Frage einer Entschuldigung.Wenn man finanzielle Schulden hat – da wir den Tagesordnungspunkt vorher hatten –, kann man diese irgendwann einmal abbezahlen. Was aber hier passierte,war,dass die Landesregierung,insbesondere der Ministerpräsident, moralische Schulden auf sich geladen hat.
Er hat einen ganz renommierten Menschen in einer Weise diskreditiert, die nicht zu akzeptieren ist. Ich finde, es gehört dann auch dazu, diese moralischen Schulden gleich zu bezahlen.
Ich bin etwas entspannter als bei der letzten Debatte, weil derjenige, der die Zeitungen liest – das ist der Punkt, der mich bedenklich stimmt und der auch diesen Antrag ein Stück weit begründet –, sieht, dass diese ganze Debatte Herrn Kermani im Schnitt weniger geschadet hat als dem Ansehen des Landes Hessen. Das ist in der Tat ein Punkt, bei dem dieses Parlament noch einmal sagen muss, wofür es steht. Denn der Schaden ist angerichtet, und eine Entschuldigung würde ihn begrenzen. Ich habe mir einfach in Vorbereitung auf heute zwei Amtseide angeschaut. Im Amtseid der Mitglieder der Bundesregierung steht:
Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden... werde.
Ich schwöre, dass ich das mir übertragene Amt unparteiisch und nach bestem Wissen und Können verwalten... werde.
Das ist eigentlich schade, denn der Amtseid, den die Bundesminister schwören, würde dazu führen, Schaden
vom Lande zu wenden, und dazu – wenn der Schaden schon angerichtet worden ist –,dass der Ministerpräsident ihn zumindest begrenzen und sich bei Herrn Kermani entschuldigen würde. Deswegen haben wir diesen Antrag eingebracht. Ich bitte Sie an dieser Stelle, ihm zuzustimmen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Grumbach, ich glaube, man hat Ihnen ein bisschen angemerkt, dass Ihr Versuch, diesen Kulturpreis, wie ich finde, ohne alle Not parteipolitisch zu instrumentalisieren, fehlgeschlagen ist.
Ich bin sehr froh – das haben wir im Ausschuss mehrfach besprochen –, dass dieser Preis, zumindest vom Ende her gedacht, jetzt verliehen wird. Ich bin auch sehr froh, dass er an alle vier Preisträger verliehen wird. Und ich bin vor allen Dingen froh, dass ihn alle vier akzeptieren. Das war zugegebenermaßen im Verlauf dieses sehr sensiblen Prozesses nicht immer so absehbar.
Sie wissen auch – Sie sind jemand, der vorhin bei einem anderen Tagesordnungspunkt so intensiv das Hohelied der Aufklärung gesungen hat –, dass dies bis zum heutigen Zeitpunkt nicht immer ganz einfach gewesen ist.
Ich glaube, wenn man überhaupt von einer – in Anführungszeichen – Schuld des Kuratoriums sprechen kann, dann liegt diese auf einem ganz anderen Gebiet. Sie liegt meines Erachtens darin, dass wohl alle Mitglieder – ich kenne diesen Kreis nicht und gehöre ihm auch nicht an – die Sensibilität dieses besonderen Versuchs, dem der Kulturpreis 2009 unterlag, unterschätzt und auch die Preisträger in einem bestimmten Teil überfordert haben. Denn es geht nicht um einen Kulturpreis der bisherigen Art, sondern im Prinzip darum – da will ich Ihr Bild von der Aufklärung aufgreifen –, im Jahre 2009 die Ringparabel von Lessings „Nathan der Weise“ nachzustellen. Das war ein großes Wagnis; und wir brauchen gar nicht drum herumzureden: Dieses Wagnis ist auch nur teilweise gelungen.
Was ich allerdings – vielleicht im Unterschied zu Ihrer Einschätzung – angesichts der doch großen Sensibilität dieses Themas überhaupt nicht für verwunderlich halte, ist, dass man selbst bei so hochintelligenten, gestandenen Männern wie den ausgewählten Preisträgern gesehen hat, dass religiöse Überzeugungen auch immer eine sehr emotionale und affektive Seite haben, wie bei der Frage nach der wahren Religion oder – im speziellen Falle – nach der Bedeutung des Kreuzes des Christentums.Wenn man sich beispielsweise einmal vor Augen führt, welchen Wirbel der sogenannte Karikaturenstreit um Mohammed hervorgerufen hat, wundert mich das nicht. Das zeigt, dass man hier auf ein Gebiet gegangen ist, auf dem meines Er
Im Unterschied zu Ihnen bin ich der Auffassung, dass ein produktives Scheitern in Teilen dieses Prozesses nichts Verwerfliches und Schlimmes ist.Wir haben – ich habe das von Anbeginn an gesagt – am Ende die Situation, dass es eigentlich, etwas banal gesprochen, gerade noch mal gut gegangen ist. Ich meine – das haben Sie bei der heutigen Rede gespürt; die war ganz anders angelegt als damals, als wir hier das erste Mal darüber diskutiert haben –,dass sich diese Verletzlichkeiten eben am Ende nicht für politische Schlachten und schon gar nicht für Instrumentalisierungen eignen.
Wenn es zutrifft, was Kardinal Lehmann, wie ich finde, in einer bemerkenswerten Rede in Mainz gesagt hat, dass der interreligiöse Dialog mehr persönliche Begegnungen und ein noch tieferes Verständnis füreinander braucht – das haben wir das in diesem Prozess sehr schmerzhaft erlebt –, dann war es am Ende ein Sieg der Vernunft, nach einem sehr ernsthaften persönlichen Gespräch zwischen den vier Preisträgern, die diesen Kulturpreis meines Erachtens wirklich – gerade wegen der Lösung – sehr verdient haben. Ich finde, das Ergebnis ist ein Grund für Genugtuung und beileibe kein Grund für die Entschuldigung von irgendjemandem.
Vielen Dank,Herr Dr.Müller.– Als Nächste hat Frau Kollegin Sorge für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Müller, wir sind alle froh, dass das Kuratorium des Hessischen Kulturpreises doch noch beschlossen hat, den Kulturpreis nach dem Gespräch zwischen den Herren Korn, Lehmann, Steinacker und Kermani an alle nominierten Preisträger zu verleihen. Meine Damen und Herren, das ist gut so; und das war überfällig.
Die Aberkennung des Preises an Herrn Kermani war unnötig. Die Vorwürfe gegenüber Herrn Kermani waren rational nicht nachzuvollziehen, und die eigentlichen Gründe dafür liegen bis heute im Dunkeln. Zur Motivation der Aberkennung ist bis heute nicht erklärt worden, und damit ist es nicht geklärt.Es ist nach wie vor nichts geklärt, wer die Aberkennung des Preises im Kuratorium auf die Tagesordnung gesetzt und damit betrieben hat.
Kardinal Lehmann hat inzwischen öffentlich deutlich gemacht, dass er die Aberkennung des Preises an Herrn Kermani nie verlangt habe. Wenn das so stimmt – davon gehe ich erst einmal aus, und wenn hier nicht von anderer Seite Widerspruch kommt – dann muss die Aberkennung des Preises von jemand anderem ausgegangen sein. Es liegt nahe, dass Koch selbst die Aberkennung betrieben hat.