Protokoll der Sitzung vom 17.11.2009

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ihr Entwurf hat aus unserer Sicht mindestens zwei weitere Mängel. Den einen haben Sie angesprochen: den Flickenteppich bei den freien Berufen. Es ist in der Tat zutreffend, dass es die einen geregelt haben, die anderen nicht.

Wir sind der Auffassung, wir sollten die freien Berufe durch eine Entscheidung des Gesetzgebers dazu ermächtigen. Ob sie davon Gebrauch machen, entscheiden sie selbst.Wir sollten sozusagen in die Vorhand gehen.

Außerdem fehlt bei Ihrem Gesetzentwurf die Rückwirkung der Gleichstellung bei den Beamten.Wir haben darüber mehrfach diskutiert. Dies müsste unseres Erachtens noch aufgenommen werden.

Wir haben in der nächsten Woche ein ganz entscheidendes Datum vor uns: Es geht nicht nur um die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften, sondern auch um die weitere Gleichstellungspolitik. In der nächsten Woche steht der Entwurf eines Gesetzes der Länder Berlin, Bremen und Hamburg zur Änderung des Grundgesetzes – Aufnahme eines Benachteiligungsverbots aufgrund des Merkmals der sexuellen Identität in Art. 3 Grundgesetz – auf der Tagesordnung des Bundesrats.Wir halten es für zwingend notwendig,dass die Hessische Landesregierung diesen Gesetzentwurf im Bundesrat unterstützt, ihm zustimmt und mit dafür sorgt, dass diese Grundgesetzänderung auf den Weg gebracht wird. Auch das gehört zu der Gleichstellung von Schwulen und Lesben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich komme zum Schluss. – Die Gleichstellung der homosexuellen Lebenspartnerschaften steht mit diesem Gesetzentwurf unmittelbar bevor. Dies ist ein Erfolg unserer beharrlichen Gleichstellungspolitik. Es ist ein Erfolg der Vernunft, und es ist vor allem ein Erfolg für die betroffenen Menschen. Die dunkle Zeit der Diskriminierung neigt sich dem Ende zu. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Abg. Müller, FDPFraktion.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident! Die FDP nimmt den Gleichstellungsauftrag ernst. Wir schaffen mit diesem Gesetzentwurf die rechtlichen Grundlagen für eine umfängliche Gleichstellung im Beamtenrecht.Das ist ein großer Schritt,wie man, denke ich, feststellt, wenn man sich die Diskussion der letzten Jahre vergegenwärtigt.

Ich bin froh, dass wir diesen Gesetzentwurf heute einbringen können. Ich glaube, ich habe ihn im September für Oktober versprochen. Jetzt ist es November geworden. Aber ich denke, es ist richtig, wenn man sich die Zeit nimmt, die man braucht, um über einen Gesetzentwurf zu beraten.

(Beifall bei der FDP)

Der Gesetzentwurf sieht die Gleichstellung auch in den wesentlichen Bereichen Versorgung, Beihilfe und Besoldung vor. Die Gesetzentwürfe der SPD, der GRÜNEN und der Regierungsfraktionen liegen jetzt vor. Sie werden am 13. Januar in der Anhörung durch den Ausschuss weiter beraten.

Die Opposition hat bemängelt, dass zwei Punkte nicht enthalten sind. Das betrifft zum einen die Kammern. Ich muss ganz ehrlich sagen, Sie werden von den Liberalen nicht erwarten können, dass sie die Satzungshoheit der Kammern einschränken und per Gesetz vorgeben, dass eine Regelung eingeführt wird.

(Beifall bei der FDP)

Die Rechtsanwaltskammer und die Ingenieurkammer haben bereits eine Gleichstellung. Die anderen Kammern werden dies in eigener Zuständigkeit entscheiden.

Meine Damen und Herren, ich finde es zum anderen abenteuerlich, wenn hier sowohl von den GRÜNEN als insbesondere auch von der SPD kritisiert wird, dass in unserem Gesetzentwurf die Rückwirkung nicht enthalten ist. Es ist noch nicht so lange her – ungefähr ein Jahr –, dass die GRÜNEN hier einen Gesetzentwurf eingebracht haben, in dem die Rückwirkung ebenfalls nicht enthalten war. Dieser Gesetzentwurf wurde übrigens von Frau Hofmann ausdrücklich als sehr gut und sehr richtig gelobt. Vor einem Jahr war das noch kein Thema. Jetzt soll es ein Fehler sein, dass das nicht drinsteht.

Meine Damen und Herren von den GRÜNEN und von der SPD, es ist – jetzt lasse ich das Wort „relativ“ gleich weg – abenteuerlich, dass Sie hier vortragen, dies sei ein Problem.Vor einem Jahr wollten Sie das selbst so haben.

(Beifall bei der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir nehmen Anhörungen halt ernst, Herr Kollege!)

Es ist sehr schön, wenn auch die GRÜNEN lernfähig sind. Das ist ganz hervorragend. – Ich freue mich, dass wir diesen Gesetzentwurf heute einbringen können.Wir werden in der Anhörung am 13. Januar darüber diskutieren. Ich kann sagen, dass wir, nachdem wir hier schon zwei oder drei Jahre darüber diskutiert haben – ich erst seit einem Dreivierteljahr –,dieses Thema im Frühjahr nächsten Jahres endgültig abschließen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Dr. Wilken für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Volksmund weiß: „Was lange währt, wird endlich gut.“ Ich glaube, eine sehr viel länger dauernde Plenardebatte wäre nicht gut. Aber ich habe das nicht deswegen gesagt, sondern es auf den Gesetzentwurf bezogen, den Sie einbringen.

Herr Honka, wir haben Sie nicht aufgefordert, diesen Gesetzentwurf endlich vorzulegen, nur um Sie unter Druck zu setzen, sondern – Herr Müller hat es gerade gesagt – weil Sie versprochen haben, ihn einzubringen. Wenn Sie etwas versprechen, müssen Sie hier offensichtlich daran erinnert werden, dieses Versprechen zu halten.

(Florian Rentsch (FDP): Ihnen bestimmt nicht!)

Außerdem: Die Redewendung „Was lange währt, wird endlich gut“ gilt in Bezug auf Ihren Gesetzentwurf leider nur partiell.

(Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Danke schön!)

Herr Müller, Sie haben gerade noch einmal gesagt, Sie wollten die rückwirkende finanzielle Schlechterstellung bewusst nicht ausgleichen. Das haben Sie ganz deutlich gesagt. Auch die Argumentation, dass Sie die finanzielle Schlechterstellung jetzt noch ein Jahr länger nicht ausgleichen wollen, als es in dem Gesetzentwurf vorgesehen war, der in der letzten Legislaturperiode vorgelegt wurde, kann wohl nicht wahr sein. Sie sagen also, Sie hätten erkannt, dass es eine Ungerechtigkeit ist, Lebenspartnerschaften im Beamtenrecht nicht adäquat gleichzustellen, und Sie erklären gleichermaßen, diesen Rechtsbruch der letzten Jahre wollten Sie nicht ausgleichen.

Das ist der Kern dieses Konflikts, und wir werden uns dafür einsetzen, dass dies in den Beratungen immer wieder thematisiert wird. Ich denke, es wird auch in der Anhörung ein Thema sein, dass diese Schlechterstellung rückwirkend ausgeglichen werden muss.

Ich schließe meine Ausführungen für heute – auch weil es schon relativ spät ist.Wir sind nach wie vor der Meinung: Wie Menschen lieben und wen Menschen lieben, ist reine Privatsache und darf staatlicherseits weder in der einen

noch in der anderen Weise sanktioniert werden. – Danke sehr.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Justizminister Hahn.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich darf namens der Landesregierung feststellen, dass wir uns den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP nicht nur auf die Rechtsförmlichkeit, sondern natürlich auch auf den politischen Inhalt hin angeschaut haben und dass die Landesregierung diesen Gesetzentwurf sehr begrüßt.

Ich möchte darauf hinweisen, dass ich es nicht als besonders klug erachte, dass sich hierhin gestellt und das Motto gesagt wurde: Das war schon immer so gewesen. Die sind alle ein bisschen langsam – und überhaupt. In die Debatte wurde also das Reden mit erhobenem Zeigefinger eingeführt.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Aber wenn es doch stimmt!)

Herr Dr.Jürgens,ich spreche Sie jetzt sogar persönlich an. Dann wurde auch noch behauptet, dass Sie das schon immer gesagt hätten.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das hat er auch!)

Lieber Jürgen Frömmrich, es ist manchmal ein bisschen schwierig, sich mit dem Sachverhalt so auseinanderzusetzen, dass man ihn vereinfachen kann. Es ist nicht richtig, dass das Bundesverfassungsgericht schon die Auffassung in der ständigen Rechtsprechung hatte,die es mit der Entscheidung vom 7. Juli 2009 erstmals verkündet hat.

Es gab noch eine sehr markante Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes. Sie stammt aus dem Mai des Jahres 2008. Das war also gerade einmal ein Jahr vor der anderen Entscheidung. Herr Dr. Jürgens, damals wurde das Bild noch nicht so gestellt. Da ging es um die Beamtenversorgung.

Das Besondere an der Entscheidung vom 7. Juli 2009 ist, dass das Bundesverfassungsgericht erstmals deutlich gemacht hat, dass eine Bevorzugung der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften nicht logischerweise eine Benachteiligung der Bevorzugung der Ehe ist. Diese logische Argumentationskette ist aber wichtig, um zu verstehen, wie sich manche früher verhalten haben und wie sie sich heute verhalten. Herr Kollege Dr. Jürgens, das haben Sie so nicht gesagt. Vielmehr haben Sie von Anbeginn an gesagt, dass das nichts miteinander zu tun habe. Ich sage es noch einmal: Bisher war die verfassungsrechtliche – –

(Wortmeldung)

Wir haben eine Redezeit von fünf Minuten. Ich lasse keine Zwischenfrage zu.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie haben mehr!)

Sie brauchen auch nicht mit Zwischenrufen zu stören. Ich glaube, diese juristische Frage kann relativ einfach beantwortet werden.

Es war bisher die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes gewesen, dass, wenn man die gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften bevorzugt, das eine Benachteiligung der Bevorzugung der Ehe nach Art. 6 des Grundgesetzes ist.

(Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist falsch!)

Diese Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht geändert.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)