Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz zur Anpassung der Rechtsstellung von Lebenspartnerschaften – Drucks. 18/1405 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nicht ganz so kurz wie die beiden vorigen Tagesordnungspunkte bringe ich jetzt den Gesetzentwurf von CDU und FDP zur Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartner im hessischen Landesrecht in den Hessischen Landtag ein.
Aufgrund der Tatsache, dass wir gerade im September ausführlich über das Thema debattiert haben, ist das Thema in seinen Detailstrukturen allen ausreichend bekannt. Der eine oder andere – ja, ich habe es in der Presse vernehmen dürfen – hat sich darüber gefreut, dass jetzt auch wir unseren Gesetzentwurf vorgelegt haben.
(Demonstrativer Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Günter Rudolph (SPD): Endlich!)
Ich darf Ihnen dazu nur sagen, dass sich unsere Fraktionen, die Fraktionen von CDU und FDP, bei jedem Gesetzentwurf die Zeit zur Diskussion nehmen,die wir dafür brauchen, die wir für richtig halten, und den Gesetzentwurf dann einbringen, wenn wir es für richtig halten, und nicht, wenn es anderen gerade gefällt.
In diesem Sinne möchte ich nur einen Punkt ganz kurz anfügen, und zwar zum inhaltlichen Teil des Ganzen. Das durften wir auch schon der Presse entnehmen. Der eine oder andere hat sich beschwert: Ihr regelt gar nichts, was die freien Berufe angeht, mit den Kammergesetzen. – An der Stelle kann ich gleich in der ersten Lesung für unsere Fraktionen das Thema relativ deutlich abräumen. Wir wollten diesen Punkt nicht regeln, weil für die freien Berufe die Kammern ihre Satzungsautonomie haben. Sie konnten es schon immer regeln, wenn sie es regeln wollten. Sie brauchten dieses Gesetz nicht dazu.
Nur zwei Beispiele aus Hessen: Die Rechtsanwälte und die Ingenieure haben das bereits in ihren Kammersatzungen geregelt.Von daher brauchen wir das später gar nicht mehr aufzunehmen. Ein anderes Beispiel ist die Architektenkammer Hessen. Sie ist Mitglied des Versorgungswerks der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen. Dort ist bereits gesetzlich vorgeschrieben, dass sie es machen können, und sie haben es nicht gemacht.
Das heißt im Umkehrschluss: Wir brauchen es an der Stelle nicht zu regeln.Deswegen regeln wir es nicht.– Den Rest können wir in Ruhe im Ausschuss nach der Anhö
(Florian Rentsch (FDP): Heike, jetzt aber mal anders als in der Pressemeldung! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Ganz schön dreist!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der von FDP und CDU vorgelegte Gesetzentwurf zur Anpassung der Rechtsstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften kommt spät und ist halbherzig.
Nachdem CDU und FDP in Hessen jahrelang die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften blockiert haben, kommt nun sozusagen ein Minimalkonsens auf den Weg, der, wie Sie selbst zugegeben haben, eine sehr schwere Geburt war – wahrscheinlich auch auf Druck der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Es gibt die erneute Entscheidung vom 22.10. dieses Jahres, in der das Bundesverfassungsgericht die Ungleichbehandlung der Ehe mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft im Rahmen der Hinterbliebenenrente als verfassungswidrig gebrandmarkt und damit an seine bisherige Rechtsprechung angeknüpft hat.
Meine Damen und Herren, ich habe gesagt, dieser Gesetzentwurf greift zu kurz, vor allem in der Regelungstiefe. Ein Aspekt, den Herr Kollege Honka schon angesprochen hat, ist die Frage, warum etwa die freien Berufe in dem Gesetzentwurf überhaupt nicht mitgeregelt werden. Aber ich denke, dass die entsprechende Anhörung hierüber Klarheit schaffen wird. Ich weiß zumindest, dass die Betroffenen und Interessierten bereits ganz klar eine entsprechende Regelung gefordert haben.
Lange haben CDU und FDP hinter den Kulissen um diesen Minimalkonsens gerungen – ein Konsens, der für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger enttäuschend ist, die jahre- und jahrzehntelang bereits für die Gleichstellung in Hessen kämpfen und sich eingesetzt haben.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP,warum haben Sie es sich so schwer gemacht? Bereits vor einigen Wochen hat die SPD in diesem Hause einen Gesetzentwurf eingebracht, der ein moderner und umfassender Gesetzentwurf zur Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften ist. Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu, er ist besser. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie erinnern sich vielleicht: In der letzten Plenarsitzung im Oktober habe ich die CDU-Fraktion mit Blick auf die Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften aufgefordert, sich ein bisschen von ihrem Fraktionsvorsitzenden zu emanzipieren. Ich hätte, ehrlich gesagt, nicht zu hoffen gewagt, dass Sie so schnell und so gründlich dieser Anregung Folge leisten.
Mit Ihrem heutigen Gesetzentwurf stellen Sie die Positionen Ihres Vorsitzenden dahin, wo sie hingehören, nämlich ins gesellschaftliche und politische Abseits.
Sie wollen jetzt endlich auch die Lebenspartnerschaften von Schwulen und Lesben mit der Ehe gleichstellen. Damit folgen Sie der seit Langem von uns vertretenen Gleichstellungspolitik. Herzlich willkommen in der Gegenwart. Ich kann Sie dazu nur beglückwünschen.
Unseren ersten Gesetzentwurf dazu haben wir am 9. Mai 2007 vorgelegt. Diesen hat die CDU-Fraktion damals in zweiter Lesung vollständig abgelehnt, und die FDP hat ihn hinsichtlich der beamtenrechtlichen Gleichstellung bei Besoldung,Versorgung und Beihilfe abgelehnt.
Den zweiten Gesetzentwurf haben wir am 10. April 2008 eingebracht. Dieser wurde im Ausschuss wiederum von der CDU abgelehnt, und die FDP enthielt sich der Stimme. Wegen der Auflösung des Landtags fiel der Entwurf in die Diskontinuität.
In dieser Wahlperiode haben wir einen weiteren Gesetzentwurf vorgelegt, der die Gleichstellung umsetzen soll. Sie hätten – im Zusammenhang mit dem Informationsfreiheitsgesetz haben Sie vorhin der LINKEN empfohlen, das zu machen – über Änderungsanträge zu unserem Gesetzentwurf sehr viel schneller als durch einen eigenen Gesetzentwurf erreichen können, was Sie erreichen wollen, nämlich eine wirkliche Gleichstellung.
Ich vermute, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7.Juli 2009 nicht unwesentlich zum Sinneswandel in der Koalition beigetragen hat. Ihnen sind nämlich seitdem sämtliche Argumente gegen eine Gleichstellung abhandengekommen. Ich darf einmal daran erinnern: Noch in der Plenardebatte im Mai 2007 erklärte der Kollege Beuth – ich zitiere –:
Wir wollen keine volle rechtliche Gleichstellung, denn eine Gleichstellung unterliefe unseres Erachtens den besonderen Schutz von Ehe und Familie gemäß Art. 6 des Grundgesetzes.
Noch im Januar dieses Jahres, also noch Anfang dieses Jahres, hat der heutige Justizminister, Herr Hahn, in einer Antwort auf Wahlprüfsteine des Lesben- und Schwulenverbandes erklärt – ich zitiere auch hier –:
Eine völlige Gleichstellung mit der Ehe kommt vor der Garantie und dem besonderen Schutz der Ehe nach Art. 6 Grundgesetz nicht in Betracht.
Es ist verfassungsrechtlich nicht begründbar, aus dem besonderen Schutz der Ehe abzuleiten, dass andere Lebensgemeinschaften im Abstand zur Ehe auszugestalten und mit geringeren Rechten zu versehen sind.
Das ist genau das, was ich immer, in jeder Plenardebatte zu diesem Thema vertreten habe. Jetzt haben Sie es endlich auch verstanden.
Ein weiteres Argument gegen die Gleichstellung hat Herr Beuth in derselben Debatte angeführt – ich zitiere auch hier –:
Gleichgeschlechtliche Partnerschaften werden keinen generativen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit von Staat und Gesellschaft leisten. Daher können sie keine rechtliche Gleichstellung beanspruchen.
Ich habe schon damals darauf hingewiesen, dass aus unserer Sicht das Bestehen einer Ehe weder eine hinreichende noch eine notwendige Voraussetzung dafür ist, dass Kinder geboren werden. Jedenfalls hat das Bundesverfassungsgericht auch hier entschieden – ich zitiere –:
Andererseits leben in zahlreichen eingetragenen Lebenspartnerschaften Kinder, insbesondere in solchen von Frauen. Deswegen kommt das Bundesverfassungsgericht völlig zu Recht zu der Schlussfolgerung: Eine Benachteiligung der Lebenspartnerschaften ist von Verfassungs wegen unzulässig.